Luxus-Hardware - Teil 1: Streifzug durch die Jahrzehnte

In jeder Hardware-Generation gibt es das eine oder andere überteuerte Stück Hardware, das man abseits jeder Logik unbedingt haben will. Wir sind durch die Jahrzehnte auf die Suche gegangen – und mehrfach fündig geworden.

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80387 Coprozessor als Ergänzung zu einem 386er-Prozessor: Ein zu seiner Zeit teurer Luxus, der in der Praxis nur wenige Vorteile gebracht hat. 80387 Coprozessor als Ergänzung zu einem 386er-Prozessor: Ein zu seiner Zeit teurer Luxus, der in der Praxis nur wenige Vorteile gebracht hat.

Welcher Technik-Enthusiast hat nicht schon einmal mit einem Glänzen in den Augen vor einem Stück faszinierender, aber unerschwinglicher Hardware gestanden? Vor allem in den Zeiten vor der allumfassenden Internet-Berichterstattung bildeten sich teils wahre Mythen um das eine oder andere Produkt.

Zugegeben, viele dieser Mythen konnten hauptsächlich deshalb entstehen, weil sich kaum jemand das ersehnte Gerät überhaupt leisten und ausprobieren konnte. Teils war das vielleicht auch besser so, denn nicht immer hat Luxus-Hardware auch das gehalten, was der Nimbus des Unerreichbaren versprach. Wir ignorieren in dieser garantiert unvollständigen Aufzählung ganz bewusst (Haupt-)Prozessoren und Grafikkarten (die in jeder Generation mehr oder minder unerschwingliche Topmodelle hervorbringen) und widmen uns bevorzugt den etwas exotischeren Gerätschaften.

Laserdisc und Coprozessoren

Musik kam früher aus dem Radio oder dem Schallplattenspieler, für Filme sorgte die Zimmerantenne und der VHS- oder Betamax-Player – analog, versteht sich. Im Jahr 1978 (ein Jahr nach Star Wars Episode 4) begann dann für Technikfans und Heimkino-Pioniere mit der Laserdisc endlich eine neue Ära. Auf den etwa schallplattengroßen Datenträgern, damals noch unter dem Namen »DiscoVision« bekannt, wurden die Daten von einem Laser abgetastet. Das versprach im Gegensatz zu Audio- und Videokassetten weniger Abnutzung beim regelmäßigen Gebrauch. Der heute noch geläufige Name Laserdisc wurde hingegen erst 1986 von Pioneer eingeführt.

Player waren teuer, die Datenscheiben schwer zu beschaffen und noch dazu nicht günstig. Dafür nutzten mutige Entwickler das Medium für neuartige Spiele wie das grafisch für damalige Verhältnisse überragende »Dragons Lair«. Laserdisc-Player fanden so ihren Weg aber eher in die Sperrholzverkleidungen von Arcade-Automaten als in die Wohnzimmer. High-End-Nutzer mit gut gefüllten Geldbeuteln schwärmten hingegen von der gegenüber VHS beeindruckenden Bild- und Tonqualität.

Eine Laserdisc im Größenvergleich zu CD und Mini-CD. Eine Laserdisc im Größenvergleich zu CD und Mini-CD.

Computerbesitzer Ende der 1980er Jahre hingegen waren froh über die langsam bezahlbar werdenden Festplatten, auf die gigantische Datenmengen im Megabyte-Bereich passten. Ein Luxusprodukt hingegen wurde von 386er-Nutzern immer wieder geheimnisvoll umschwärmt: Der mathematische Coprozessor, der sich auf vielen Mainboards in spezielle Sockel stecken ließ. Die teuren Chips für den meist leeren Erweiterungssockel vieler Mainboards sollten wahre Rechengenies sein, die sogar in Computerspielen für mehr Realismus sorgen konnten.

Das stimmte zwar, allerdings war die Anzahl Coprozessor-kompatibler Spiele sehr klein. Aus heutiger Sicht lohnt sich bestenfalls die Erwähnung des Flugsimulators »Falcon«, der den Zusatzchip zur Berechnung vereister Tragflächen nutzte - immerhin. Mit dem 486DX wurde der Coprozessor dann überflüssig, da Intel entsprechende Funktionen direkt in den Prozessor integrierte. Fehlte also nur noch die Gravis Ultrasound für feinsten Midi- und Digitalsound sowie eine Karte mit Tseng ET4000-Chipsatz für rasante PC-Action.

Neo Geo und Archimedes

Mit dem Neo Geo X Gold können Erinnerungen an Arcade-Games nacherlebt werden – obwohl man diesen teils besser den Glanz des Vergangenen lassen sollte. Mit dem Neo Geo X Gold können Erinnerungen an Arcade-Games nacherlebt werden – obwohl man diesen teils besser den Glanz des Vergangenen lassen sollte.

Spätestens nach dem Erscheinen von Chris Roberts Wing Commander begann für den PC die Ära als vielseitiges Spielgerät. Immer aufwändigere Grafiken und neue Spielkonzepte, die die gesteigerte Rechenleistung zu nutzen wussten, sorgten für einen Höhenflug des PC. Konsolen wie Segas Mega Drive erfreuten sich dagegen großer Beliebtheit bei allen, die nicht ständig mit MS-DOS kämpfen wollten.

Doch sowohl Konsolen- als auch PC-Spieler schauten neidisch auf ein 1990 erschienenes Gerät vom Automatenspezialisten SNK: das NeoGeo war zumindest aus technischer Sicht quasi ein Arcade-Automat für den eigenen Fernseher. Ein Motorola 68000-Prozessor kam zwar auch in Commodores Amiga zum Einsatz, das NeoGeo setzte aber auf Spielmodule mit für damalige Verhältnisse gigantischer Kapazität. Über 40 Megabyte passten darauf, in Zeiten von Disketten mit maximal 1,44 Megabyte Kapazität eine beachtliche Speichermenge. Spielen wie Metal Slug sieht man die durch den damals großen Speicher mögliche Detailverliebtheit an, noch heute wirken sie halbwegs ansehnlich.

Metal Slug schaut auch heute noch recht gut aus, vor allem in Bewegung. Metal Slug schaut auch heute noch recht gut aus, vor allem in Bewegung.

So beeindruckend das NeoGeo auch war, leisten konnte oder wollte sich seinerzeit kaum jemand eine Konsole für 600 DM, deren Spiele jeweils um die 250 DM (seltene Spiele kosteten bis zu 800 DM) und damit mehr als das Doppelte der Spiele anderer Plattformen kosteten. Da die NeoGeo-Hardware auch als Basis in zahlreichen Arcade-Automaten genutzt wurde, konnten begeisterte Technikfans aber immerhin für ein paar Groschen in der Spielhalle in exklusive Serien wie eben Metal Slug hineinschnuppern.

Nicht in die Spielhallen geschafft hat es ein eigentlich gar nicht für Gamer entwickelter Computer der britischen Firma Acorn: Der Archimedes setzt auf einen eher ungewöhnlichen Prozessor mit RISC-Architektur. Der damals etwa 3.500 DM teure Archimedes übertraf mit seinem gerade einmal 8 Megahertz taktenden Prozessor selbst teure Workstations, die kaum unter 20.000 DM zu haben waren. Das nutzte ein geschickter Programmierer namens David Braben aus und entwickelte mit »Zarch« ein beeindruckendes, schnelles und flüssig scrollendes Actionspiel für den Archimedes.

Zarch ist später unter dem Namen "Virus" auch auf anderen Plattformen erschienen, wirkte auf dem Archimedes aber immer etwas beeindruckender. Der damals so ungewöhnliche und schnelle Prozessor im Archimedes ist übrigens einer der ersten ARM-Prozessoren überhaupt gewesen. Heute steckt die Nachfolgearchitektur des Unternehmens in so gut wie jedem Smartphone und Tablet, aber auch in Routern und SSD-Controllerchips.

David Braben ist ARM ebenfalls treu geblieben - zwar gibt es keine ARM-Umsetzung seines neuesten Spieles Elite: Dangerous, mit dem Raspberry Pi brachte Braben aber einen günstigen und bei Bastlern sehr beliebten Minicomputer mit ARM-Chip auf den Markt – weit weg von der Luxus-Hardware, die der Archimedes damals war. Und auch das Neo Geo bekam eine Neuauflage für Retro-Fans in Form des Neo Geo X, einer mobilen Spielkonsole mit TV-Dockingstation. Im Inneren arbeitet dabei aber nicht mehr der Traumprozessor der Heimcomputergeneration, der Motorola 68000, sondern ein schnöder MIPS-Rechenknecht.

Im Inneren des Archimedes arbeitete der Vorgänger der heutigen Smartphone- und Tablet-Prozessoren. Im Inneren des Archimedes arbeitete der Vorgänger der heutigen Smartphone- und Tablet-Prozessoren.

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