Quest 3 ist teuer, wäre aber schon jetzt jeden Cent wert - gäbe es nicht dieses eine Problem

Mixed Reality und leistungsfähige Hardware für VR sind Kernargumente für den Kauf eines Quest-3-Headsets. Was bislang fehlt, sind Apps, die diese Vorteile nutzen.

Quest 3 wird wieder mit einem Textil-Kopfband ausgeliefert. Es sitzt aber etwas bequemer als bei Quest 2 Quest 3 wird wieder mit einem Textil-Kopfband ausgeliefert. Es sitzt aber etwas bequemer als bei Quest 2

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Meta kämpft derzeit mit rückläufigen Abverkäufen bei Hard- und Software. Einerseits weil Konkurrenten wie Pico und HTC ihre Strategie übernommen und Quest 2 technisch überflügelt haben. Andererseits, weil Impulse fehlen, die das Spielerlebnis für Entwickler und Kunden gleichermaßen interessant halten. Eine Lösung für dieses Problem muss her, und die neue Quest 3 soll sie bieten. Aber wie genau sieht Metas Lösung aus - und funktioniert sie auch?

Herausragend
Meta Quest 3
Meta Quest 3
Auf dem Papier legt Meta die Messlatte nur bedingt höher als vergleichbare Headsets. Features wie Augen-Tracking fehlen sogar völlig. Bei einem Preis von mindestens 549 Euro klingt das nicht besonders attraktiv. Trotzdem halte ich Quest 3 aufgrund des Gesamtpakets für das derzeit beste Stand-Alone VR-Headset. Die glaubhafte Einbindung von Mixed Reality, kompakte Controller, sehr gutes Hand-Tracking, eine riesige Software-Bibliothek und viele weitere vermeintlich nebensächliche Eigenschaften addieren sich zu einem großen Vorteil. Was jetzt noch fehlt, ist ein großer Stoß Software, der die neuen Features ausreizt.
  • Das beste Rundum-Paket aller aktuellen Stand-Alone VR-Headsets
  • Einbindung von Mixed Reality kann überzeugen
  • Grafik-Power dank aktuellem Snapdragon-Chip
  • Größte Software-Bibliothek auf dem Markt
  • Deutlich teurer als der Vorgänger
  • Es mangelt noch an Software, die alle Funktionen ausreizt
  • Kein Augen-Tracking
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Mixed Reality – der dringend nötige neue Impuls

Allem voran Mixed Reality (MR) – also das Vermischen der realen Umgebung mit virtuellen Grafiken – soll die Fantasie der Entwickler beflügeln und zugleich die virtuelle Realität erweitern. Bei einem Preview-Event in London stellte ich bereits mit Begeisterung fest, dass dieses Konzept aufgehen könnte. Nun, da Quest 3 erhältlich ist und ich dank eines von Meta gestellten Musters mehr als zwei Wochen damit verbringen durfte, festigt sich dieser Eindruck.

Zumindest, sofern irgendwann genug Spiele und Anwendungen bereitstehen, welche die Möglichkeiten von MR sinnvoll ausreizen. Bislang fehlt Quest 3 nämlich eine Systemseller-App, die Aufmerksamkeit erregt und Kunden bindet.

Ich kann wahrlich nicht leugnen, in den letzten zwei Wochen eine Menge Spaß mit Quest 3 gehabt zu haben, aber die meisten Spiele mit MR-Unterstützung hinterließen den Beigeschmack von Tech-Demos. Sie waren entweder sehr kurz oder sie versetzten einfach nur längst bekannte, stationäre VR-Spielerlebnisse in die Umgebung meines Wohnzimmers.

Pass-Through: farbig, plastisch und dreidimensional

Das ist bedauerlich, denn der neue Pass-Through-Modus, der dank Stereo-Kameras und Tiefensensor ein farbiges Abbild der realen Umwelt an die Augen weiterleitet, überflügelt selbst die Darstellung der erheblich teureren Quest Pro. Auch das HTC Vive XR Elite, das wir vor einem halben Jahr noch für seinen farbigen Pass-Through-Modus lobten, muss sich mit Abstand geschlagen geben.

Das dreidimensionale Kamera-Bild von Quest 3 mag nicht die volle Auflösung der neuen LCD-Screens ausreizen, was durch eine minimale Unschärfe zum Tragen kommt. Auch leichte Bildverzerrungen sind noch immer ein Thema, vor allem bei nahen Objekten. Doch es ist plastisch und in seinen Größenverhältnissen absolut korrekt. Ich kann beim Tragen des Headsets mit meinen Mitmenschen agieren und mich unbeschwert durch jedes Zimmer bewegen. Ich kann sogar Texte auf meinem Handy lesen.

Die Pass-Through-Ansicht überzeugt durch durch plastische Tiefe und gute Kontraste. Selbst Texte vom Handy lassen sich entziffern, sofern die Hintergrundbeleuchtung des Screens nicht zu stark ist. Die Pass-Through-Ansicht überzeugt durch durch plastische Tiefe und gute Kontraste. Selbst Texte vom Handy lassen sich entziffern, sofern die Hintergrundbeleuchtung des Screens nicht zu stark ist.

Zugegeben: Im Vergleich zur ideal ausgeleuchteten Preview-Umgebung in London ist die Helligkeit meines Wohnzimmers nicht sonderlich gleichmäßig, daher kriselt die Ansicht zunehmend mit schlechter werdender Umgebungsbeleuchtung. Aber das vermag den Spaß an Mixed Reality nicht zu mindern.

Im Gegenteil: Quest 3 ist das erste VR-Headset mit dem Potenzial, die reale Welt auf einem ernstzunehmenden Niveau mit der virtuellen zu verschmelzen. Es ist somit das erste Headset, das die Vision des Metaversums umsetzen kann.

Das Metaversum wird endlich greifbar

Warum den Zollstock auspacken, wenn ich Ikea-Möbel virtuell in der eigenen Wohnung aufstellen kann, bevor ich sie online bestelle? Warum Geschichtsbücher und Reiseführer wälzen, wenn eine virtuelle Kopie der Venus von Milo meine Küche ziert? Interaktive Wandbilder? Facetime mit den Avataren meiner Freunde, die auf meinem Sofa Platz nehmen? Für all das braucht es ein glaubhaftes Pass-Through, und Quest 3 liefert es.

Könnte es noch schärfer sein? Die Farben noch präziser und vielleicht mithilfe von HDR noch lebhafter? Klar, das wäre schön, zumal der verbaute LCD-Bildschirm noch immer kein sattes Schwarz produziert. Aber der wichtige erste Schritt ist endlich getan.

Nicht zuletzt, weil man die eigene Wohnung nicht mehr ausmessen muss. Quest 3 scannt auf Wunsch die komplette Umgebung selbstständig beim Draufschauen, erkennt dabei Wände, Möbel und andere Objekte und weist sie als feste Barrieren der Spielumgebung aus. Der Scan kann an einigen Stellen noch etwas grob ausfallen – beispielsweise bei weichen Textilien, Pflanzen und anderen geometrisch komplexen Gebilden.

Quest 3 scannt den Raum auf Wunsch selbstständig und hält Höhenunterschiede in 3D fest. Spiegelungen können jedoch fehlinterpretiert werden. Quest 3 scannt den Raum auf Wunsch selbstständig und hält Höhenunterschiede in 3D fest. Spiegelungen können jedoch fehlinterpretiert werden.

Er hat auch Probleme mit Spiegelungen. Beispielsweise hält der Tiefensensor die Reflexion im tiefen Schwarz meines OLED-Fernsehers für ein Loch in der Wand. Zusätzliche Korrekturen sind also noch immer nötig und möglich. Aber die Zeit des umständlichen Ziehens von Spielraum-Grenzen ist endgültig vorbei.

Es braucht von allem mehr

Theoretisch könnte das Metaversum schon heute den Alltag verändern. Praktisch beschränkt sich der Nutzen derzeit auf ein paar Meeting- und Workflow-Apps, sowie Ideen, die in den Kinderschuhen stecken. Einen bleibenden Eindruck hinterlässt dagegen die Vorzeige-Demo First Encounters.

Letzteres ist ein eindrucksvolles MR-Ballerspiel, bei dem man die Wände des Zimmers mit einer Laserpistole virtuell zu Staub schießt, um dahinter eine außerirdische Welt aufzudecken. Deren kugelförmigen Bewohner stürmen in den Spielbereich und sollen abgeschossen werden, was sie nicht tötet, sondern in Blasen sperrt und in ein Raumschiff verfrachtet.

Ein sehr spaßiges Erlebnis, weil man sämtliche künstlichen Umgebungsmerkmale so akzeptiert, als wären sie Theaterrequisiten. Sie werden bombenfest im Raum verankert, sodass jeglicher Paralax-Effekt in der simulierten Tiefe hundertprozentig authentisch herüberkommt. Pastellfarben oder nicht, man glaubt wirklich, hinter den Wänden eine außerirdische Welt entdecken zu können.  

First Encounters zeigt, wie spaßig und glaubhaft Mixed Reality sein kann. Leider ist diese Demo mit sechs Minuten Laufzeit ziemlich kurz. First Encounters zeigt, wie spaßig und glaubhaft Mixed Reality sein kann. Leider ist diese Demo mit sechs Minuten Laufzeit ziemlich kurz.

First Encounters ist allerdings mit sechs Minuten Spielzeit je Runde sehr kurz, ohne Tiefgang und auf Dauer repetitiv. Ein Spiel wie Demeo Battles, welches ein Dungeons-and-Dragons-Brettspiel samt Figuren und Würfel auf meinen Esstisch zaubert, vermittelt deutlich länger gute Unterhaltung, ist aber in immersivem VR keinen Deut langweiliger.

Ähnlich verhält es sich mit Musikspielen wie Samba de Amigo oder Synth Riders, welche die Symbole, mit denen ich rhythmisch interagieren soll, in die reale Welt verfrachten. Sie strömen aus einem virtuellen Loch in meiner Wohnzimmerwand. Nett anzusehen, aber ohne größeren Mehrwert.

Wenn überhaupt, sind es Multiplayer-Games wie BAM, die davon profitieren, dass ich aktive Mitspieler in meiner Umgebung sehe. Es steigert die Stimmung beim Feixen und bei hämisch-freundschaftlichen Drohgebärden. Nicht falsch verstehen: Wie First Encounters eindeutig zeigt, kann MR viel Spaß bereiten, nur gibt es derzeit keine Apps, welche die Idee sinnvoll ausreizen.

Gesteigerte Leistung in VR-Games

Solange passende MR-Erlebnisse fehlen, dürfte Quest 3 als immersives VR-Headset noch immer genügend Argumente auf Lager haben. Eine Handvoll Fakten spricht an dieser Stelle für sich:

  • 110 Grad horizontales Sichtfeld, also 15 Grad mehr als bei Quest 2
  • 30 Prozent höhere Auflösung als bei Quest 2 (2064 x 2208 Pixel)
  • Pancake-Linsen mit großzügiger Fokussierung
  • Geringfügig lebhaftere Farben und leicht verbesserte Schwarzwerte gegenüber Quest 2
  • Der neue System-Chip Snapdragon XR2 Gen2 hat doppelt so viel Rechenkraft wie sein Vorgänger
  • Mehr Arbeitsspeicher (8 GB)
  • Moderne Shader und sechzehnfache Texturkapazität heben das grafische Niveau von VR-fähigen Spielen erheblich

Neben Komfortverbesserungen wie dem um 40 Prozent geschrumpften Formfaktor und dem über ein Rädchen frei justierbaren Abstand für die großzügigen Pancake-Linsen sind es diese Hardware-Eigenschaften, die dem klassischen VR-Gebrauch am meisten Rückendeckung verschaffen.

Die neuen Controller kommen ohne Tracking-Ringe aus, sind aber genauso zuverlässig wie die früheren. Nur wenn man sie weit über den Kopf hält, werden sie ungenauer. Die neuen Controller kommen ohne Tracking-Ringe aus, sind aber genauso zuverlässig wie die früheren. Nur wenn man sie weit über den Kopf hält, werden sie ungenauer.

Das gilt auch für ältere Titel, denn sämtliche Quest 2-Games bleiben kompatibel und sehen dank der höheren Auflösung besser aus. 30 Spiele erhalten sogar kostenlose Grafik-Updates, die dem neuen System-Chip gerecht werden. Wer von Quest 2 auf Quest 3 umsteigt, sollte sich einige davon unbedingt ansehen, denn das Upgrade kann mitunter gewaltig ausfallen.

Hier ein paar prominente Beispiele:

  • The Walking Dead: Saints and Sinners
  • Hubris
  • Guardians Frontline
  • Red Matter 2
  • Golf+
  • Drop Dead: The Cabin  

Allem voran Red Matter 2 hinterließ in meiner Testphase auf der Quest 3 bleibenden Eindruck. Das beliebte Weltraum-Abenteuer sah schon auf Quest 2 fantastisch aus, aber jetzt kann es dank feiner Schatten, schärferen Texturen und einer höheren Auflösung bei konstanten 120 FPS mit der Version für Sonys PSVR2 mithalten. Beachtlich für ein Stand-Alone-Headset, wobei die Hardware von Quest 3 faktisch nicht an die Leistung der PS5 herankommt. Der Abstand ist nur geringer geworden. 

Das Weltraum Abenteuer Red Matter 2 sieht dank neuer 4K-Texturen, schärferer Schatten und schönerer Beleuchtung wahnsinnig gut aus. Das Weltraum Abenteuer Red Matter 2 sieht dank neuer 4K-Texturen, schärferer Schatten und schönerer Beleuchtung wahnsinnig gut aus.

Der Anschluss an einen PC, der deutlich schönere Grafiken generiert, geht derweil genauso einfach vonstatten wie zuvor, egal ob per High-Speed-USB-Kabel oder über das heimische Netzwerk. Meine Formel-1-Runden über Steam verliefen reibungslos, während Half Life: Alyx mich aufgrund hoher Bildschärfe zum erneuten Durchspielen einlud.

Ich hoffe trotzdem, dass weitere Stand-Alone-Titel mit verbesserter Grafik folgen werden. Da Quest 2 derzeit noch eine erheblich größere Nutzerbasis hat (und vermutlich noch eine ganze Weile unterstützt wird) besteht nämlich die Gefahr, dass die Kraft des neuen System-Chips zu lange ungenutzt bleibt.

Alles hat seinen Preis

Die Kehrseite der Medaille dürfte ein gesteigerter Platzbedarf beim Speicher sein. Sollten viele Spiele mit 4K-Texturen erscheinen, könnten die 128 GB SSD-Speicher der kleineren Ausführung auf lange Sicht knapp werden. 549 Euro verlangt Meta dafür. Verbesserte Hardware hin oder her, für Normalverbraucher ist das eine Summe, die hart an der Toleranzgrenze liegt. Noch viel tiefer im Enthusiasten-Budget liegen 699 Euro für eine Version mit 512 GB (und einer sechsmonatigen Mitgliedschaft beim Spiele-Abo Quest+).

Zumal es mit dem Headset allein nicht getan ist. Der fest verbaute Akku mag größer sein, hält aber aufgrund der gesteigerten Hardware-Kapazität keineswegs länger durch. Rund zwei bis zweieinhalb Stunden sind die Regel. Für längere Sitzungen wird eine Powerbase fällig - oder der arg überteuerte Elite-Headstrap samt Zusatzakku für gesalzene 150 Euro. Den gibt es auch ohne Extra-Batterie für 80 Tacken.

Der offizielle Elite-Strap ist wesentlich bequemer als das mitgelieferte Kopfband, kostet aber auch gesalzene 79 Euro. Dritthersteller dürften schon bald Alternativen anbieten. Der offizielle Elite-Strap ist wesentlich bequemer als das mitgelieferte Kopfband, kostet aber auch gesalzene 79 Euro. Dritthersteller dürften schon bald Alternativen anbieten.

Für den Tragekomfort sind beide empfehlenswert, sofern man nicht auf günstigere Modelle von Drittherstellern zurückgreift, denn ein alternatives Kopfband gehört definitiv auf die Einkaufsliste. Der mitgelieferte Soft-Strap sitzt zwar besser als sein Gegenstück bei Quest 2 und verursacht auch keine Nackenschmerzen mehr (obwohl Quest 3 sogar drei Gramm schwerer ist), aber komfortabel ist was anderes.

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