Alles auf einem Blick:
- Die wachsende Wegwerfkultur bei elektronischen Geräten ist ein Problem.
- Forscher der Universität Chicago haben eine einzigartige Smartwatch entwickelt, die auf einem lebenden Schimmelpilz namens Physarum polycephalum basiert. Diese Smartwatch funktioniert nur, wenn der Pilz gefüttert wird.
- Wie könnten die Forschungsergebnisse in die Entwicklung zukünftiger Smartwatches beeinflussen?
Bei Apple-Fans ist die Apple Watch Ultra 2 aktuell heißbegehrt - und auch Google steht mit seiner Pixel Watch 2 in den Startlöchern.
Smartwatches haben sich längst als valide Alternative zur althergebrachten Armbanduhr etabliert - auch, wenn manche vermeintliche Smartwatches einfach nur »dumm wie ein Stein« sind.
Jetzt haben Wissenschaftler eine Smartwatch mit einem Schleimpilz erfunden. Aber wozu?
Die weltweit erste Smartwatch mit eingebautem Pilz
Das Problem mit dem Konsum: In unserer Wegwerfgesellschaft gehört es zur Tagesordnung, eigentlich funktionstüchtige Geräte zu entsorgen. Nicht, weil das Smartphone defekt ist, oder die Smartwatch den Geist aufgibt, sondern weil die nächste heranrückende Gerätegeneration den Konsumenten vorgaukelt: »Dieses neue, nigelnagelneue Gerät ist viel besser als dein alter Klump.«
Dass durch dieses Konsumverhalten Jahr für Jahr Unmengen von Elektroschrott produziert wird, ist kein Geheimnis - blenden viele allerdings aus. Laut Statista entstehen momentan jährlich über 50 Millionen Tonnen Abfälle durch weggeworfene Elektro- und Elektronikgeräte. In Deutschland landen pro Jahr über eine Million Tonnen Schrott an den Abfallmeldestellen.
Wie können wir als Gesellschaft also diesem Problem begegnen? Die Antwort: Pilze!
Um euch zu erklären, warum Pilze die Reaktion auf die Forderung für mehr Nachhaltigkeit sein können, müssen wir etwas ausholen.
Forscher bauen Smartwatch, die wie ein Tamagotchi funktioniert
Forscher von der Universität Chicago haben sich jetzt eine Möglichkeit überlegt, wie sich etwa Smartwatches verändern müssen, damit Kunden eine intimere und längerfristige Beziehung mit ihren Alltagsgeräten eingehen - anstatt Geräte immer wieder wegzuschmeißen und neu zu kaufen, wegzuwerfen und das neueste Gerät zu kaufen, und immer so weiter.
Der Clou dieser unkonventionellen Smartwatch: In ihrem Inneren befindet sich ein lebender Organismus. Genauer: Ein Schimmelpilz namens Physarum polycephalum.
Das Tamagotchi lässt grüßen: Eine solche Smartwatch funktioniert also so ähnlich wie ein Tamagotchi. Zur Erinnerung: Tamagotchis waren in den 90er und bis in die Nullerjahre hinein beliebte Spielzeuge. Auf dem Display der eiförmigen Geräte war ein digitales Haustier abgebildet. Dieses galt es zu hegen und zu pflegen - ansonsten starb das Tamagotchi.
Bei der außergewöhnlichen Smartwatch aus der Forschung funktioniert die Kernfunktion »Herzfrequenz messen« nur, wenn ihr den Schimmelpilz füttert - und damit am Leben erhaltet.
Und das funktioniert so: Der Pilz ist gut sichtbar an der Gerätehülle der Smartwatch angebracht. Sobald der Pilz mit einer Mischung aus Wasser und Hafer gefüttert wird, wandert er hinüber zur anderen Seite seines Gehäuses. Dadurch wird auch der Stromkreis geschlossen und die Funktion »Herzfrequenz messen« funktioniert.
Gänzlich ums Leben bringen könntet ihr den Schleimpilz jedoch nicht. Solltet ihr ihn eurer Pflege entziehen, könnten ihr ihn selbst nach Monaten oder sogar Jahren wiederbeleben.
Jasmine Lu und Pedro Lopes, die beiden Wissenschaftler hinter dem Forschungsprojekt, stellten sich folgende Frage: »Inwiefern verändert sich unsere Beziehung zu technischen Geräten, wenn wir mit unserem Verhalten über das Wohlbefinden eines Lebewesens entscheiden«.
Das sagt Pedro Lopes über die Erfindung:
»Forschung im Bereich Mensch-Computer-Interaktion zielt vor allem darauf ab, Vorgänger einfacher und schneller zu gestalten. Jasmine [Lu] war der Meinung, man müsse die Reibung erhöhen. [...] Es ist halb Kunstwerk, halb Forschungsarbeit. «
Zugegeben: Ein Schimmelpilz bietet nicht gerade viele Ansatzpunkte für Empathie und Bindung. An der Praxis erprobt haben die Wissenschaftler ihre Erfindung trotzdem.
Wie haben die Wissenschaftler ihre lebende Pilz-Smartwatch getestet?
Jasmine Lu und Pedro Lopes verteilten jeweils eine ihrer Lebend-Smartwatches an fünf Probanden. Behalten und benutzen sollten die Personen die Schleimpilz-Uhren für einen Zeitraum von zwei Wochen. Dabei bekamen die Probanden folgende Anweisungen:
- Erste Woche: Den Pilz füttern, bis die Funktion »Herzfrequenz messen« aktiviert wird.
- Zweite Woche: Die Fütterung aussetzen und den Pilz komplett austrocknen lassen.
Während des gesamten Experiments wurden die Teilnehmenden darum gebeten, ihre Gefühle in Bezug zur Smartwatch aufzuschreiben und einige Fragen der Wissenschaftler zu beantworten
Das Forschungsergebnis: Die Probanden gaben ihren Smartwatches Namen; baten Freunde darum, ihre Schleimpilz-Smartwatch in ihre Abwesenheit zu füttern; und während der zweiten Wochen verspürten die Probanden Trauer und Schuldgefühle gegenüber dem verkümmernden Pilz in ihrer Uhr.
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Dass Apple, Google oder andere Tech-Riesen mit ihrer nächsten Smartwatch-Generation ein Wearable mit eingebauten Fungus verkaufen, ist stark zu bezweifeln. Das Forschungsprojekt unterstreicht aber die Wichtigkeit emotionaler Bindung - auch und gerade im Technologiebereich.
Und wer weiß: Womöglich würden Kunden länger bei einem Gerät bleiben, anstatt die vermeintlich »alte« Smartwatch in den nächsten Elektroschrott-Container zu kloppen?
Übrigens: Neues gibt's zur Pixel Watch 2: Googles Smartwatch kriegt eine Reihe cooler Features
Was sagt ihr zu diesem Forschungsprojekt? Haben die Forscherinnen und Forscher der Universität Chicago nur einmal mehr gezeigt, wie stark Empathie im menschlichen Gehirn verankert ist oder lassen sich die Forschungsergebnisse sinnvoll in die Entwicklung einer neuen Serie von »lebenden« Smartwatches integrieren? Schreibt eure Meinung dazu gerne in die Kommentare.
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