4K-Handheld für Retrofans mit VR-Option: Pimax Portal ausprobiert

Auf einer Roadshow präsentierte Pimax einen neuen Handheld, der VR- und Retro-Fans gleichermaßen glücklich machen könnte. Wir haben ihn ausprobiert.

Das Unternehmen Pimax dürfte wohl nur VR-Fans ein Begriff sein - die Asiaten sind primär durch ihre hochauflösenden VR-Headsets und verschleppten Kickstarter-Versprechen bekannt geworden. Entsprechend skeptisch waren wir, als Pimax eine neue Kickstarter-Kampagne für kommende Hardware eröffnete, da bei Kickstarter oft das Problem besteht, dass die dort gezeigten Produkte noch sehr weit vom Release entfernt sein können.

Umso interessanter wurde es dann, als das Unternehmen eine Roadtour ankündigte, auf der die angekündigten Produkte tatsächlich auch angeschaut werden können. Grund genug, in den Zug nach Dortmund zu steigen, um dort im MRTV Headquarter einen Blick auf den Android-Handheld mit dem Namen Portal und die Crystal genannte neue VR-Brille zu werfen. Hier fokussieren wir uns nur auf Portal, Crystal haben wir einen eigenen Artikel gewidmet.

Schärfer als Switch und Steam Deck

Das kleine Handheld nutzt ein Display mit überschaubaren 5,5 Zoll. Die meisten Smartphones verwenden mittlerweile größere Bildschirme und auch Steamdeck und Switch kommen auf mehr Diagonale. Allerdings nicht auf eine höhere Auflösung: Das Steam Deck setzt auf ein 7-Zoll-LCD mit 60 Hz und 1.280x800 Pixeln, das Display der Nintendo Switch ist kommt auf 6,2 Zoll und 1.280x720 Pixel (die OLED-Switch hat 7 Zoll und stellt die Spiele weiterhin mit 1.280x720 dar), ebenfalls mit 60 Hz. Pimax Portal hingegen löst bei 5,5 Zoll Diagonale mit 3.840x2.160 Pixeln auf und bietet bis zu 144 Hz mit variabler Refreshrate.

Viele Smartphones sind größer - aber nicht bulliger. Portal ist ein wenig pummelig, liegt aber gut in der Hand. Viele Smartphones sind größer - aber nicht bulliger. Portal ist ein wenig pummelig, liegt aber gut in der Hand.

Der Portal wird in zwei (eigentlich drei) Displayvarianten angeboten: LCD und LCD mit QLED, MiniLED und HDR - die interessantere, aber auch teurere Option. Die dritte Variante konnten wir noch nicht ausprobieren: Der Portal XL nutzt ein 8,8 Zoll großes Display mit 2.560x1.600 Pixeln und 120 Hz. Allerdings ohne Option auf QLED und MiniLED-Hintergrundbeleuchtung - da geht dann doch ein wenig der Reiz verloren.

Bei dem Android-Handheld kommt ein ARM-Prozessor zum Einsatz. Der Qualcomm Snapdragon XR2 ist als Prozessor für VR, AR und Mixed-Reality entwickelt worden und basiert auf dem Snapdragon 865. Von reinen Smartphone-SoCs unterscheidet ihn unter anderem der Support für bis zu 12 unterstützte Kameras, was VR-Basics wie Inside-Out-Tracking, aber auch fortgeschrittene Features wie Eye- und Facetracking ermöglicht. Ein 5G-Modem ist ebenfalls integriert. Mit dem XR2 steht Portal deutlich mehr Leistung zur Verfügung als anderen Android-Handhelds wie Logitechs G Cloud. Gut dazu passt die Bestückung mit 8 Gigabyte Arbeitsspeicher. Je nach Modell gibt es dazu 128 oder 256 GByte Festspeicher.

Andock-Controller

Wie es sich für ein Gaminggerät gehört, gibt es zum Portal natürlich auch ein Controllerpaar. Das wird magnetisch an der Seite der Konsole befestigt oder (ebenfalls magnetisch) zusammengesetzt, um die Hälften zu einem größeren Controller zu transformieren. Mit 32 Buttons und einer vorinstallierten Software fürs Controllermapping von Android-Games ist der Portal umfassend ausgestattet.

Die Controller erinnern an Nintendos Joy-Cons und docken magnetisch an. Dabei war der Magnet zwar sehr stark aber nicht zu kräftig. Die Controller erinnern an Nintendos Joy-Cons und docken magnetisch an. Dabei war der Magnet zwar sehr stark aber nicht zu kräftig.

Die Controller erinnern an die Joy-Cons der Nintendo Switch und lassen sich ähnlich nutzen, da sie ebenfalls technische Spielereien wie einen Beschleunigungsmesser enthalten. Pimax verspricht auch Spiele für den Fernseher (mit dem sich Portal mittels eines Docks verbinden lassen soll), die die Bewegungssensoren ausnutzen - davon haben wir aber bisher nichts gesehen und glauben auch nicht so recht an viele speziell dafür geschriebene Programme.

Am Handheld angeschlossen übertragen die Controller Daten über eine feste Verbindung, sie können aber auch mittels Bluetooth komplett frei oder in Verbindung mit Zubehörteilen genutzt werden. Zubehörteile? Pimax schweben da Controller in Form von Sportgeräten vor, in die der Controller gesteckt wird. Aber auch die Controller der VR-Brille, in die sich die Portal-Konsole verwandeln kann.

Der GearVR-Trick: Vom Handheld zur Meta Quest

In der Anfangszeit der modernen VR-Brillen kooperierte Samsung mit Oculus (jetzt: Meta), um eine Halterung für die hauseigenen Galaxy-Smartphones auf den Markt zu bringen. GearVR war nicht viel mehr als ein simpler Controller mit Linsen für den VR-Blick – eine Halterung für das Smartphone, um simples VR erleben zu können. Qualitativ bestenfalls Einsteigerklasse, noch schlechter waren nur die zahlreiche Plastikhalterungen für beliebige Smartphones, die eine Zeitlang tatsächlich für echte VR-Brillen gehalten wurden und dem Ruf der Technologie einigen Schaden zufügten.

Portal VR erinnert an Samsungs GearVR oder Google Cardboard - ist technisch aber dank guter Bildqualität und 6dof-Tracking deutlich fortgeschrittener. Portal VR erinnert an Samsungs GearVR oder Google Cardboard - ist technisch aber dank guter Bildqualität und 6dof-Tracking deutlich fortgeschrittener.

Das lag neben der Bildqualität vor allem auch an der fehlenden VR-Bewegungsfreiheit mit nur 3 Freiheitsgraden. Im Grunde spielte man als am Boden festgetackerter Bernd das Brot. Pimax Portal hingegen setzt nicht nur auf ein anständiges und hochauflösendes Display nebst guten Linsen, sondern auch auf sechs Freiheitsgrade - 6dof, wie bei anderen aktuellen Brillen wie Quest 2 oder Pico 4.

Und tatsächlich war das VR-Gefühl mit dem Portal erfreulich gut für eine solche Bastellösung. Nichts, was Metas Quest 2 dauerhaft Konkurrenz machen würde, aber nah dran. Allerdings fehlt es hier aktuell an passenden Apps. Pimax selbst sucht zwar nach Entwicklern, kann aber noch nicht viel vorweisen. Theoretisch wären Quest-Portierungen denkbar, da auch die Meta-Hardware auf Android basiert und den XR2-Prozessor nutzt.

Dank der vier Kameras im Handheld, kann im VR-Modus die Position von Headset, Spieler und Controllern frei getrackt werden - nur so ist eine freie Bewegung im virtuellen Raum überhaupt möglich. Wie gut es funktioniert, wissen wir aber noch nicht. Dank der vier Kameras im Handheld, kann im VR-Modus die Position von Headset, Spieler und Controllern frei getrackt werden - nur so ist eine freie Bewegung im virtuellen Raum überhaupt möglich. Wie gut es funktioniert, wissen wir aber noch nicht.

Anstrengend waren dabei nur die Controller. Auch hier kommen die Joy-Con-Derivate der Portal-Konsole zum Einsatz, allerdings werden sie in Hüllen gesteckt, die sehr wie die Quest-Controller aussehen und auch einen entsprechenden Tracking-Ring aufweisen. Die Buttonanordnung und generell das Nutzungsgefühl waren aber extrem schlecht und die Controller fühlten sich eher billig an.

Handheld mit hoher Auflösung und viel Leistung, VR-Addon, Kintect-ähnliche Spiele am Fernseher - nimmt Pimax sich hier zu viel vor? Was meint ihr? Handheld mit hoher Auflösung und viel Leistung, VR-Addon, Kintect-ähnliche Spiele am Fernseher - nimmt Pimax sich hier zu viel vor? Was meint ihr?

Streaming mit Wifi6E oder WiGig

Fast noch praktischer war die Option, ein Modul für den 60-GHz-Funkstandard WiGig nachzurüsten. Zwar benötigt ihr damit Sichtverbindung zu einer entsprechenden Dockingstation, könnt dann aber latenzarm und mit erstklassiger Bildqualität Spiele beispielsweise vom PC auf den Handheld streamen. Alternativ funktioniert das natürlich auch per WiFi 6E oder 5G-Mobilfunk.

Latenzen und Bildqualität fallen bei der WiGig-Variante aber deutlich besser aus – sogar das flüssige Streamen von VR-Games ist damit realisierbar. Das beweist HTC bereits seit einigen Jahren mit dem Wireless-Adapter für die HTC Vive-Serie. Dieser arbeitet ebenfalls mit 60-GHz-Funk.

Hervorragend für Emulatoren

Es klingt seltsam, eine mit moderner Mobiltechnik vollgestopfte Hardware zum Emulieren älterer Konsolen oder Heimcomputer zu benutzen, funktioniert aber hervorragend. Das knackig scharfe Display sorgt für ein gutes Bild bei vielen Klassikern, kann auf Wunsch aber auch in einen nativen 1080p-Modus geschaltet werden.

Emulatoren wie Dolphin benötigen viel Leistung - der XR2-Prozessor allerdings ist schnell genug. Emulatoren wie Dolphin benötigen viel Leistung - der XR2-Prozessor allerdings ist schnell genug.

Der XR2-Prozessor bietet genug Rechenleistung, um auch aktuellere Konsolen zu emulieren. Aufgrund der recht klaren Rechtslage drucksten die Pimax-Mitarbeiter bei der Roadshow zwar etwas herum, sie wirkten aber in unbeobachteten Momenten sehr zuversichtlich, dass auch hardwarehungrige Emulatoren recht problemlos emuliert werden könnte.

Pimax Portal ausprobiert

Als Pimax via Kickstarter unter anderem einen Android-Handheld ankündigte, war vielen Beobachtern unklar, ob das Produkt überhaupt in absehbarer Zeit entstehen würde. Die Roadshow hat gezeigt: Portal existiert tatsächlich und funktioniert auch schon zu wichtigen Teilen. Das Spielgefühl war dank des erstklassigen Displays und der hohen Rechenleistung sehr gut und auf dem Niveau eines hochgezüchteten Gaming-Smartphones. Und auch die Ergonomie war in Ordnung, auch wenn ich die beiden Controller für etwas überladen halte.

Die beiden Joy-Cons, sorry, Pimax-Controller, haben einen guten Eindruck gemacht. Jedenfalls wenn man sie direkt am Handheld nutzt, in den VR-Controllern konnten sie nicht überzeugen. Die beiden Joy-Cons, sorry, Pimax-Controller, haben einen guten Eindruck gemacht. Jedenfalls wenn man sie direkt am Handheld nutzt, in den VR-Controllern konnten sie nicht überzeugen.

Die Idee eines an Cardboard oder GearVR erinnernden VR-Headsets zum Einstecken des Handhelds, aber mit aktueller Technik ist sogar richtig interessant. Für einen recht geringen Aufpreis aus Portal eine VR-Brille im Stile der Pico 4 zu machen ist durchaus verlockend – wenn Pimax es schafft, für ausreichend Software im Store zu sorgen.

Auch ohne speziell geschriebene Apps funktioniert Portal aber auch in der Kernkompetenz eines hochwertigen Handhelds. Natürlich bietet ein aktuelles Smartphone der Oberklasse vergleichbares, wer aber lieber ein dediziertes Spielgerät nutzt, um beispielsweise den Handyakku nicht zu überfordern oder um seine persönlichen Daten vom Spielgerät zu trennen, sollte Portal im Blick behalten.

Die oben liegenden Buttons lassen sich so schlicht nicht benutzen. Pimax argumentiert, der rechte Controller solle eh nur einen Joystick bieten und wir würden die Buttons gar nicht benötigen. Die oben liegenden Buttons lassen sich so schlicht nicht benutzen. Pimax argumentiert, der rechte Controller solle eh nur einen Joystick bieten und wir würden die Buttons gar nicht benötigen.

Das 4K-Display mit 144 Hz und vor allem dem guten Backlight-Dimming sorgt jedenfalls für beeindruckende Bilder. Auf der Roadshow zeigte sich zudem, dass viele Retro-Fans Portal ins Herz geschlossen haben.

Offene Fragen und Fazit

Auch wenn der Kickstarter von Pimax eine Lieferung schon im Januar 2023 verspricht: Es klingt ein wenig nach Wunschdenken. Zwar war der Handheld auf der Roadshow zu sehen und konnte ausprobiert werden, ganz fertig wirkte das Produkt aber noch nicht. Einen Blick auf die Software abseits bereits gestarteter und ausgewählter Spiele konnten wir beispielsweise nicht werfen. Auch arbeiteten die Controller angesteckt noch per Bluetooth statt wie final geplant per Direktkontakt.

Mit dem Steam Deck kann Portal trotz eines ähnlichen Preises aus Sicht eines PC-Gamers nicht mithalten. Für Streaming, Android-Games und Retro eignet es sich aber schon aufgrund des hochwertigen Displays sehr gut. Mit dem Steam Deck kann Portal trotz eines ähnlichen Preises aus Sicht eines PC-Gamers nicht mithalten. Für Streaming, Android-Games und Retro eignet es sich aber schon aufgrund des hochwertigen Displays sehr gut.

Im VR-Modus konnten wir nur eine recht einfache 3D-Szene sehen und kein vollwertiges Spiel ausprobieren. Ebenso lässt sich noch eher wenig zur Zuverlässigkeit des Controllertrackings im Alltag sagen. Die Anordnung der Buttons und Sticks auf den Controllern war zudem zwar für den Handheld-Betrieb okay, in die VR-Controller gesteckt fühlte sich die Buttonbelegung allerdings nicht gut an. Zudem erinnerte die Qualität der Controller-Halterungen für den VR-Betrieb eher an Kinderspielzeug.

Hier ist noch einiges an Arbeit nötig, weshalb wir aktuell eher von einer Kickstarter-Vorbestellung abraten würden. Erweist sich Pimax Portal bei Release als gutes Produkt, würde uns das sehr freuen. Auch wenn PC-Gamer nur bedingt Zielgruppe für Portal sind.

Ihr wollt schon heute eine neue VR-Brille kaufen? Unsere große Übersicht verrät euch, welches Modell am besten zu euch passt.

Findet ihr das Konzept des Pimax Portal überzeugend? Seid ihr vielleicht selbst Kickstarter-Unterstützer des Projekts? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!

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