Quantensprung in der Medizin? Forscher drucken erstmals Hirngewebe aus

Per Drucker soll die Herstellung einfacher und präziser vonstattengehen. Außerdem könnte es uns ein tieferes Verständnis über unser Gehirn liefern und die medizinische Forschung voranbringen.

Unser Hirn ist hochkomplex. Es lässt uns Logik begreifen und ist für unsere künstlerische Ideen verantwortlich. Damit wir die Abläufe in unserem Denkorgan noch besser begreifen können, haben Forscher jetzt eine Druck-Technik entwickelt, um Hirngewebe realistisch nachzubilden. (Symbolbild; Quelle: Alones über Adobe Stock) Unser Hirn ist hochkomplex. Es lässt uns Logik begreifen und ist für unsere künstlerische Ideen verantwortlich. Damit wir die Abläufe in unserem Denkorgan noch besser begreifen können, haben Forscher jetzt eine Druck-Technik entwickelt, um Hirngewebe realistisch nachzubilden. (Symbolbild; Quelle: Alones über Adobe Stock)

Müssen wir uns in der Zukunft keine Sorge mehr vor einer Zombie-Apokalypse machen? Zumindest, wenn wir einen entsprechenden 3D-Hirn-Drucker und – kein Witz – Biotinte besitzen. Forscher der University of Wisconsin-Madison haben als erstes Labor der Welt funktionierendes, menschliches Hirngewebe gedruckt.

Mithilfe dieses Gewebes soll die Wissenschaft degenerative Krankheiten und neurologische Störungsbilder besser untersuchen können. Außerdem bietet diese präzisere Technik bessere Möglichkeiten für Medikamenten-Tests. Dazu gleich mehr.

Klingt ein bisschen nach Frankensteins Arbeitsplatz der Moderne: 3D-Hirn statt Organoid

Bereits in der Vergangenheit haben wir darüber berichtet, wie Forscher menschliches Hirngewebe züchten – mit dem Zweck, es als Computer zu verwenden. Dabei handelte es sich aber um Organoide.

Was sind Organoide? Oragonid ist gezüchtetes, aber kultiviertes Zellgewebe, welches sich dank sogenannter pluripotenter Stammzellen in Hirngewebe entwickelt. Pluripotent meint hier, dass sich Stammzellen in viele verschiedene Zellen entwickeln können.

Jetzt haben Forscher eine neue Methodik entwickelt, die Hirngewebe deutlich strukturierter und planbarer wachsen beziehungsweise drucken lässt:

Im Moment ist unser Drucker ein kommerzieller Tischdrucker. Wir können einige spezielle Verbesserungen vornehmen, damit wir bestimmte Arten von Hirngewebe auf Anfrage drucken können.

Das sagt Yuanwei Yan, einer der beteiligten Wissenschaftler der University of Wisconsin-Madison und Autor der Studie 3D-Bioprinting von menschlichem Nervengewebe mit funktioneller Konnektivität vom 01. Februar 2024.

Su-Chun Zhang, einer der Co-Autoren der Studie, erklärt in einer Pressemitteilung der Universität, was den Forschern dabei gelungen ist:

Wir haben die Großhirnrinde und das Striatum gedruckt und was wir herausgefunden haben, war ziemlich beeindruckend. Selbst wenn wir verschiedene Zellen gedruckt haben, die zu unterschiedlichen Teilen des Gehirns gehören, waren sie immer noch in der Lage, auf eine ganz besondere und spezifische Weise miteinander zu kommunizieren

Wissenswert: Falls ihr einen kleinen Exkurs machen wollt, welche Jobs eure Hirn-Areale übernehmen, wie zum Beispiel Emotionen oder die Sprache, dann schaut euch gerne diese übersichtliche Grafik an:

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3D-Druck-Hirn könnte Durchbruch für Medizin bedeuten

Den Forschern ist es also gelungen, mithilfe des Druckers nicht nur zusammenhangsloses Gewebe zu stapeln. Das Hirngewebe schafft es letztendlich zu kommunizieren - bildlich ausgedrückt verbindet es sich also untereinander. So etwas gab es bisher nur bei der Herstellung von Hirn-Organoiden.

Wie oben angesprochen bietet die Druck-Technik eine hohe Präzision und Kontrolle über die Art und Anordnung der Zellen, welche die Technik zur Herstellung von Hirnorganoiden oder Miniaturorganen nicht hergibt.

Hirngewebe mithilfe der Druck-Technik herzustellen, bietet neben der besseren Organisation laut Zhang einen weiteren Vorteil:

Unser Labor ist insofern etwas Besonderes, weil wir so ziemlich jede Art von Neuronen zu jeder Zeit herstellen können. Dann können wir sie fast jederzeit und auf jede gewünschte Weise zusammensetzen[…].

Außerdem ist diese Druck-Technik vielen Labors zugänglich, denn sie erfordert keine hochkomplexen Spezialdrucker oder Kultivierungsmethoden, um wachsendes Gewebe gesund zu halten.

Doch wozu betreiben die Forscher den Aufwand, um 3D-Hirngewebe zu drucken?

Spoiler-Warnung: Es dient (leider) nicht der Abwehr einer Zombie-Apokalypse, sondern fördert das Verständnis über unser Gehirn und wird die medizinische Forschung vermutlich beschleunigen.

Mit Biotinte gedruckt, um Alzheimer zu untersuchen

Vereinfachte Darstellung: Die Wissenschaftler nutzen laut dem Magazin Interesting Engineering beim Drucken aus pluripotenten Stammzellen hergestellte Neuronen, welche mit einem weichen Bio-Tinten-Gel in Schichten aufgetragen werden.

Neuronen: Sie sind die Kommunikatoren in unserem Gehirn und sorgen beispielsweise für die Weiterleitung und den Austausch von Reizen oder Informationen.

Laut Zhang sei das Endprodukt aber kein Hirnpudding, sondern bewusst weich und dünn gehalten:

Das Gewebe hat immer noch genug Struktur, um zusammenzuhalten, aber es ist weich genug, damit die Neuronen ineinander wachsen und miteinander sprechen können.

Das Endprodukt ist ein möglichst genaues Replika menschlichem Hirngewebes. Das bietet der Medizin eine neue, genauere Forschungsplattform.

Die Einsatzgebiet von 3D-Hirngewebe laut der Studie:

  • Wechselwirkung im Gewebe bei Alzheimer untersuchen
  • Medizinisches Testgewebe (Entwicklung neuer Medikamente)
  • Verständnis über Wachstum des Gehirns gewinnen
  • Erforschung der Signalübertragungen zwischen Zellen beim Down-Syndrom

Diese Technologie betrifft also viele Forschungsgebiete. Die Auswirkung dieser Erkenntnisse lässt sich also noch gar nicht abschätzen. So sagt Zhang laut Interesting Engineering in einer Mitteilung:

Es könnte die Art und Weise verändern, wie wir die Stammzellbiologie, die Neurowissenschaften und die Pathogenese vieler neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen betrachten.

Was denkt ihr über Hirngewebe aus dem 3D-Drucker? Natürlich geht das nicht einfach so und benötigt spezielle Tinte sowie Zellmasse anstelle von Kunststoffen – ein bisschen irre ist es trotzdem, oder? Wird diese Technik die medizinische Forschung revolutionieren? Etwas weitergesponnen: Denkt ihr, dass man vielleicht eines Tages Hirnareale drucken kann und so Krankheiten bekämpft? Schreibt uns eure Gedanken und Ideen gerne in die Kommentare und tauscht euch aus, was diese Technologie für Auswirkungen haben könnte.

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