Klingt eklig, ist aber wahr. Dieser Computer verwendet menschliches Hirngewebe. Was auf den ersten Blick wie ein unethisches Frankensteinkonstrukt erscheint, macht aber irgendwo Sinn. Denn unser Gehirn ist ein extrem leistungsstarker Biocomputer, bestehend aus durchschnittlich 86 Milliarden Neuronen.
Die Idee, einen Computer mit menschlichen Zellen zu verbinden, ist zwar nicht neu. Da aber selbst traditionelle Supercomputer Hirnaktiviäten bisher nur im begrenzten Stil nachstellen können, ist die Weiterentwicklung solcher Konzepte nur logisch. Jetzt haben Forscher einen Computer mit sogenannten Organoiden getestet.
Ein menschlicher PC? Nicht aus China, sondern den USA
Laut Sciencealert nennt sich ein Ansatz dahinter passenderweise Brainoware. Es ist eine hybride Vermischung aus Hirngewebe und Chiptechnik und wurde von einem Team unter der Leitung des Ingenieurs Feng Guo an der Indiana University Bloomington entwickelt.
Der Biocomputer wurde mit Aufgaben wie Spracherkennung und der Vorhersage nicht linearer Gleichungen gefüttert und scheint zu funktionieren. Wer jetzt zurecht ethische Bedenken äußert: Das menschliche Gehirngewebe wurde keinem Menschen entnommen, sondern in einem Labor gezüchtet.
So sieht übrigens die Jobverteilung unseres Gehirns aus (via X):
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Wie funktioniert das als vereinfachte Vorstellung? Als Grundlage werden menschliche, pluripotente Stammzellen in verschiedenen Arten von Gehirnzellen entwickelt. Daraus entstehen dann laut Sciencealert dreidimensionale Mini-Gehirne (Organoide).
Pluripotenz: Das sind Stammzellen, die auf keinen bestimmten Gewebetyp festgelegt sind – daher können sie sich in alles Mögliche entwickeln, wie auch die verschiedenen Gehirnzellen.
Es ist also genau genommen kein echtes Gehirn, sondern ein von Menschen gezüchtetes Hirngewebe aus menschlichen Stammzellen. Hier wird also kein Kopf mit Drahtverbindungen in ein Goldfischglas gesteckt oder das kleine Gehirn aus Baldurs Gate 3 eingefangen.
Ein Computer nach menschlichem Vorbild – warum?
Um überhaupt eine Vorstellung zu bekommen, wie so etwas aussieht, haben wir einen kleinen X-Clip (ehemals Twitter) für euch. Er stammt zwar nicht vom Forscher Guo, zeigt aber, wie so etwas in die Praxis umgesetzt wurde:
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Der Computer stammt von der Firma Cortical Labs. Wer sich dafür interessiert, wie so ein Computer sogar Pong von Atari spielt, kann gerne diesen Artikel der Kollegen von Mein-MMO lesen.
Doch warum will man einen Computer mit menschlichen Zellen? Wie oben erwähnt, besteht das Gehirn aus Milliarden von Neuronen, die jeweils mit 10.000 anderen Neuronen verbunden sind und ständig miteinander kommunizieren.
Bis zu einer Billiarde Synapsen bilden so vereinfacht gesagt ein riesiges Netzwerk.
In den letzten Jahren wurde immer wieder versucht, sich der schieren Power des menschlichen Gehirns mit Hilfe von Algorithmen und künstlicher Intelligenz anzunähern. Das nennt man neuromorphes Computing. Dabei lernen analoge Chips vereinfacht gesagt nach dem Vorbild eines menschlichen Gehirns.
Das ist laut Sciencealert energieintensiv und zeitaufwendig. Zur Einordnung, wie komplex die Funktionsweise des menschlichen Gehirns ist: 2013 versuchten Forscher mit dem Supercomputer K von Riken, eine Sekunde lang die Aktivität von nur 1,7 Milliarden Neuronen darzustellen.
Dafür brauchte der damals schnellste Computer der Welt 40 Minuten – und stellte eine Gehirnaktivität von gerade einmal 2 Prozent dar.
Das sind die Vorteile eines hybriden
Computers
Computer wie Brainoware kommen natürlich auch noch lange nicht an die Kapazitäten eines menschlichen Gehirns heran. Allerdings zeigte sich in Tests, dass solche Ansätze durchaus leistungsstark sein können.
Der Test: Die Forscher fütterten Brainoware laut Sciencealert mit 240 Audioclips von acht verschiedenen männlichen Sprechern. Diese enthielten japanische Vokallaute. Der Computer konnte nach zwei Tagen Training den Sprecher mit einer Genauigkeit von 78 Prozent identifizieren.
Ein Logiktest: Außerdem gab man Brainoware die Aufgabe, eine Hénon-Karte vorherzusagen. Diese zeichnet sich durch chaotisches Verhalten aus. Vier Tage durfte der Computer unbeaufsichtigt lernen.
Am Ende stellten die Forscher fest, dass Brainoware die Karte mit besserer Genauigkeit vorhersagen konnte als ein traditionelles, künstliches neuronales Netz ohne eine Einheit für ein Kurzzeitgedächtnis.
Brainoware war etwas ungenauer im Vergleich zu Netzwerken mit einer Kurzzeitgedächtnis-Einheit – diese durften aber deutlich länger lernen. In nur 10 Prozent der KI-Trainingszeit kam Brainoware also fast auf die gleichen Ergebnisse.
Sehenswert: Noch mehr Hirn? In Darkest Dungeon 2 geht es manchmal gegen böse Riesenhirne. In diesem Clip seht ihr, wie wir dagegen verzweifeln:
Diese Schwierigkeiten und Möglichkeiten ergeben sich aus diesem Bio-PC
Gehirngröße
: In einem Beitrag des Magazin Nature wurde darauf hingewiesen, dass es nicht so leicht ist, diese Organoide am Leben zu erhalten. Die Zellen müssen in Inkubatoren gepflegt und gezüchtet werden – das wird mit zunehmender Größe immer schwieriger.
Ethische Forschungsfrage: Für schwierigere Aufgaben wird das laut dem Artikel aber nötig sein. Es bleibt also abzuwarten, welche technischen Errungenschaften sich aus diesem Ansatz noch ergeben werden und ob sich die Forschung auch zukünftig an ethische Rahmenregeln halten wird.
Chancen dieser Entwicklung: Laut Nature könnte es aber durchaus positive Verwendungsmöglichkeiten von Brainoware geben. Laut dem Magazin könnte man so neurologische Erkrankungen wie Alzheimer besser erforschen.
Lesenswert: Weniger Hirn, mehr Weltraum? Falls ihr wissen wollt, was eine rote SpaceX-Aurora ist, lest gerne diesen Artikel.
Was denkt ihr über diese hybriden Computer? Es wird zwar kein menschliches Gehirn im Frankensteinstil direkt entnommen, aber die Vorstellung ist für Autor Kevin trotzdem gruselig. Können Forschungen, die als Ziel zum Beispiel die Bekämpfung von Alzheimer haben, ethisch korrekt sein? Könntet ihr euch vorstellen, irgendwann so einen Computer daheim auf dem Schreibtisch stehen zu haben? Schreibt uns eure Gedanken gerne in die Kommentare.
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