Ring 4 im Test: Was taugt Amazons smarte Videotürklingel?

Nie mehr vom Sofa aufstehen, um zu sehen, wer gerade an der Tür klingelt? Smarte Videotürklingeln machen's möglich. Mirco hat die beliebte Ring 4 von Amazon einem Langzeittest unterzogen.

Die Ring 4 im Test - Was kann Amazons smarte Videotürklingel? Die Ring 4 im Test - Was kann Amazons smarte Videotürklingel?

Wenn’s bei mir Zuhause klingelt, gerate ich regelmäßig ins Schwitzen. Denn ich arbeite im Obergeschoss - bimmelt der Postbote, springe ich wie von der Tarantel gebissen vom Schreibtischstuhl und sprinte die Treppe hinunter. Manchmal haben es die Paketlieferanten nämlich verdammt eilig und flitzen schneller wieder davon, als ich “Halt, stopp!” rufen kann.

In solchen Fällen ist eine smarte Videotürklingel Gold wert. Denn sie leitet das Klingeln direkt auf mein Smartphone weiter. Obendrein sehe ich dank eingebauter Kamera, wer vor der Tür steht und kann sogar mit dem Besucher per Sprechanlagenfunktion kommunizieren.

Amazon gehört mit seiner Ring-Marke zu den Marktführern im Segment der Videotürklingeln und bietet eine breite Produktpalette, darunter auch die beliebte, weil flexibel einsetzbare Ring 4 Doorbell mit Akku. Ich hatte sie drei Monate lang im Einsatz - und würde sie nicht jedem empfehlen.

Ring Video Doorbell 4
Ring Video Doorbell 4
Die Ring 4 überzeugt vor allem durch ihre einfache Installation, Flexibilität (Kabel- oder Akkubetrieb) und nützlichen Funktionen, die teils aber nur im kostenpflichtigen Abo verfügbar sind. Wer bereits Echo-Geräte nutzt, bekommt hier eine sinnvolle Erweiterung seines Smart Homes. Kamerawinkel und Bildqualität sind jedoch verbesserungswürdig.
  • Einfache Einrichtung
  • Nützliche Pre Roll-Funktion
  • Kabellos (Akku) & kabelgebunden nutzbar
  • kostenpflichtiges Abo für alle Features nötig
  • Kamerawinkel suboptimal
  • verschachtelte App
  • Bildqualität etwas unscharf
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Design und Verarbeitung

Die Ring 4 unterscheidet sich äußerlich kaum bis gar nicht von ihren Vorgängern: Das Gehäuse besteht aus Plastik und wirkt gerade im Vergleich zu deutlich schmaleren Türklingeln wie Googles Nest Doorbell oder dem Pendant von Eufy klobig und altbacken. Immerhin könnt ihr den Look mit austauschbaren Faceplates euren Bedürfnissen anpassen. Die gibt’s in allerhand Farben und machen optisch einiges her - übrigens ebenso wie der beim Klingeln blau leuchtende Ring auf der Vorderseite.

Die Vorderseite lässt sich abnehmen und austauschen - Ring hat mehrere Farben im Sortiment. Die Vorderseite lässt sich abnehmen und austauschen - Ring hat mehrere Farben im Sortiment.

Trotz des Plastiks macht die Türklingel einen robusten Eindruck. Empfindlich ist lediglich die schwarze Oberfläche, in die auch die Kamera eingelassen ist. Der hier verwendete Klavierlack war bei mir schon nach dem Auspacken zerkratzt. Das soll bei einer Klingel aber nicht weiter ins Gewicht fallen.

Einrichtung, Bedienung und Funktionsweise

Die Einrichtung könnte kaum einfacher sein. Die Ring 4 kann sowohl per Akku als auch per Kabel betrieben werden. Wer seine bisherige Klingel austauschen möchte, braucht nur zwei Drähte anzuschließen und die Halterung anzubohren - und sich nie wieder Sorgen um das Aufladen der Batterien zu machen. Die Ring 4 greift dann auch auf eure vorhandene Türglocke zurück. Alle nötigen Werkzeuge und Schrauben liegen der Verpackung bei. Dank kurzer Videoschnipsel in der Ring-App, die durch den gesamten Einrichtungsprozess führt, ist die Videotürklingel binnen weniger Minuten einsatzbereit. 

Wer es flexibler mag oder einfach nicht in Tür oder Hauswand bohren möchte, betreibt die Ring 4 wie ich mit dem beiliegenden Akkupack und klebt sie sich an eine geeignete Stelle. Ich habe zwei Klebepads verwendet und sie in 1,20 Metern Höhe an meiner Haustür angeklebt. Selbst bei winterlicher Kälte und starken Schneestürmen ist bislang nichts passiert. Nachteil der kabellosen Variante: Ihr benötigt eine kompatible Glocke (zum Beispiel den Chime für 20 Euro) oder einen Alexa-Lautsprecher, sonst hört ihr das Klingeln nicht.

Mit Klebepads hält die Ring 4 auch ohne Bohren - dank Akku kann sie überall installiert werden. Mit Klebepads hält die Ring 4 auch ohne Bohren - dank Akku kann sie überall installiert werden.

Der Akku hält bei mir bereits seit über drei Monaten und hat noch knapp 30 Prozent Saft. Das ist zwar weit von der Herstellerangabe von einem halben Jahr entfernt, aber immer noch ordentlich und hängt stark von der individuellen Nutzung ab. So fressen zum Beispiel diverse Funktionen wie HDR, Live View oder die Bewegungserkennung mehr Strom.

Apropos: Abgesehen von Strom braucht die Doorbell 4 stetigen Kontakt zum heimischen WLAN, sonst bekommt ihr keine Push-Nachricht, wenn jemand vor der Tür steht. Erfreulicherweise erkennt sie neben dem weit verbreiteten 2,4-GHz-Netz auch deutlich flottere 5-GHz-Frequenzen. Im Smart Home-Bereich bei vielen Herstellern leider immer noch eher die Ausnahme als die Regel.

Einsatz in der Praxis: Kamera und Pre Roll

Wenn’s an der Tür klingelt, macht die Ring 4 genau das, was man von einer Videotürklingel erwartet. Der Gong ertönt über den Chime oder ein Echo-Gerät und auf meinem Handy werde ich per Push darüber informiert, dass Besuch auf Einlass wartet.

Allerdings muss ich erst aufs Display tippen und in die Ring-App wechseln, um das Gespräch zu starten. Je nach Verbindungsqualität beziehungsweise Entfernung dauert es schon mal ein paar Sekunden länger, bis ich mit meiner Postfrau kommunizieren konnte. Obendrein ruckelt die Videoübertragung manchmal, der Stream verläuft nicht lagfrei. Das geht besser. Verpasst habe ich einen Besuch aber mit der Ring 4 nicht mehr.

Auch auf der Apple Watch bekomme ich eine Push, interagieren kann ich damit aber nicht. Im Bild zu sehen: Die Privatsphärefunktion der App, mir der ich Bereiche schwärzen kann. Auch auf der Apple Watch bekomme ich eine Push, interagieren kann ich damit aber nicht. Im Bild zu sehen: Die Privatsphärefunktion der App, mir der ich Bereiche schwärzen kann.

Immerhin erkennt die Kamera sämtliche Bewegungen schon bis zu sechs Sekunden vorher (Pre Roll-Funktion) und feuert bei Bedarf eine Push-Nachricht. So entgeht mir nichts. Die Timeline in der App fasst alle Ereignisse inklusive aufgezeichnetem Clip übersichtlich zusammen. Auf diese Weise habe ich etwa gesehen, dass der Wind einen kleinen Blumentopf umgeworfen hat (und nicht die von mir verdächtigen Nachbarskinder).

Bei Bedarf erkennt die Kamera aber auch Personen unabhängig von anderen Objekten, sodass eben nicht automatisch bei jedem vorbeifahrenden Auto “Alarm” ausgelöst wird. Ein äußerst nützliches Feature, das allerdings in Deutschland eigentlich deaktiviert werden muss (siehe Kasten).

Videoüberwachung & Datenschutz - Das müsst ihr beachten

Videotürklingeln sind wie Überwachungskameras einzustufen. Heißt: Eine Überwachung des Eigentums ist zwar erlaubt, aufgrund der DSGVO solltet ihr aber alle Nachbarn und euren Vermieter informieren, wenn ihr eine Videotürklingel installiert. Bei der Ring 4 liegen dafür Aufkleber bei, die Personen vor der Tür auf die Videoaufzeichnung aufmerksam machen.

Unzulässig ist es jedoch, Aufnahmen von öffentlichen oder fremden Flächen zu machen. Ihr müsst sicherstellen, dass ihr Nachbargrundstücke entweder gar nicht im Blickfeld habt oder in der App mit schwarzen Balken unkenntlich macht. In jedem Falle solltet ihr alle Personen informieren beziehungsweise um Erlaubnis bitten.

Videotürklingeln, die sich ausschließlich nach dem Klingeln aktivieren, hat der Bundesgerichtshof erlaubt. Darunter fällt jedoch nicht die nützliche Pre Roll-Funktion, da sie bereits vorher Aufnahmen macht und diese beim Protect-Abo sogar in der Cloud speichert. Das verstößt gegen Datenschutz und Persönlichkeitsrechte. Strenggenommen darf man die Ring 4 daher in Deutschland nicht wie von Amazon beworben nutzen - es liegt an den Kunden, sich hier für ihr jeweiliges Land schlau zu machen.

Übrigens: Videos werden laut Amazon verschlüsselt übertragen und gespeichert, die versprochene Ende-zu-Ende-Verschlüsselung lässt aber zumindest bei mir noch auf sich warten.

Wenn ihr passend zur Videotürklingel übrigens auch gleich bequem vom Sofa aus die Tür öffnen wollt, braucht ihr ein smartes Türschloss. Wir haben das Nuki 3.0 im Test beleuchtet.

Video- und Audioqualität - Das geht besser, Amazon

So gut die Ring 4 Bewegungen erkennt, so sehr lässt die Videoqualität zu wünschen übrig. Denn trotz Full HD-Auflösung wirken die Bilder selbst bei Tageslicht unscharf. Die HDR-Funktion machte in meinem Test keinen Unterschied. Die schwarz-weißen Nachtaufnahmen der Infrarotkamera sind ebenfalls verwaschen, geben aber immerhin einen groben Einblick ins Geschehen vor der Haustür.

Zusätzlich getrübt wird der Gesamteindruck durch die bereits angesprochenen Ruckler bei der Videoübertragung. Den Hauptzweck einer Videotürklingel erfüllt die Ring 4 trotzdem. Auch wenn die Stimmen etwas blechern rüberkommen, sind sie jederzeit verständlich.

Mit HDR Mit HDR
Ohne HDR Ohne HDR

Ob nun mit oder ohne aktiviertem HDR - die Bildqualität ist selbst bei guten Lichtverhältnissen mäßig. Für den Alltag reicht das trotzdem. Für die Paketerfassung reicht der Abstand aufgrund des knappbemessenen Blickwinkels nicht - im Bild stehe ich zwei Meter von der Tür entfernt.

Die Kamera hat in meinen Augen aber ein größeres Problem als die Bildqualität - nämlich das Format. Amazon setzt bei der Ring 4 im Gegensatz zur Ring Pro 2 oder Arlos Video Doorbell nicht auf ein 1:1-, sondern auf das 16:9-Format. Das mag für Videoübertragungen und in der Zeitleiste angeschaute Clips funktionieren, ist für eine Videotürklingel aber suboptimal. 

Der Blickwinkel beträgt horizontal zwar 160 Grad, vertikal aber nur noch 84 Grad. Ich muss mich also entscheiden, ob ich lieber Gesichter oder den Bereich unterhalb der Haustür im Blick haben möchte. Beides geht nicht. Für mich, der als Tech-Autor viele Pakete erhält, ein echter Nervfaktor. Dementsprechend funktioniert auch die Paketerkennung nur halbherzig. Eigentlich soll mich die Ring 4 über in der Hand getragene oder vor der Tür abgelegte Pakete informieren. Für letzteres lässt sich sogar ein Paketbereich in der App festlegen. Blöd nur, wenn der nicht im Blickwinkel ist…

Die Nachtaufnahmen sind solide, Personen sind klar zu erkennen. Die Nachtaufnahmen sind solide, Personen sind klar zu erkennen.

Abomodell & App

Ebenfalls schade: Den vollen Funktionsumfang gibt’s nur im kostenpflichtigen Protect-Abo. Die ersten 30 Tage sind gratis, danach werden 4 Euro pro Monat fällig. Wer mehr als eine Kamera von Ring besitzt (auch herkömmliche In- oder Outdoor-Überwachungskameras), muss 10 Euro pro Monat zahlen. Im Jahresabo sind es immerhin noch 40 respektive 100 Euro. Kostenlos sind lediglich Live View, die Gegensprechfunktion sowie Benachrichtigungen bei Bewegungen. 

Folgende Funktionen gibt’s nur im Abo:

  • Personenerkennung
  • Paketerkennung
  • Videos speichern (in der Cloud, bis zu 180 Tage)
  • Videos herunterladen
  • Videos teilen
  • Live View-Widget bei Pushnachricht

In meinen Augen lohnt sich das Abo nicht, wenn ihr die Ring 4 als reine Türklingel verwenden wollt. Schade ist nur, dass ausgerechnet die Videoclips nur im Abo aufgezeichnet werden. Ihr seht in der Gratisversion also im Zeitstrahl der App keine Videos zu erkannten Bewegungen mehr.

Wie ihr seht, hält die App zahlreiche Funktionen und Einstellungsmöglichkeiten bereit, platzt allerdings auch fast aus den Nähten. Heißt: Übersichtlich geht anders. Auch nach mehreren Wochen suche ich mich in den teils verschachtelten Untermenüs fast tot. Dafür läuft die App jederzeit flüssig und stabil, was man im Smart Home-Bereich nicht immer behaupten kann.

Die App wirkt auf dem ersten Blick übersichtlich und läuft stabil, viele Funktionen sind jedoch in Untermenüs versteckt. Die App wirkt auf dem ersten Blick übersichtlich und läuft stabil, viele Funktionen sind jedoch in Untermenüs versteckt.

Für wen lohnt sich die Ring 4?

Die Ring 4 Videodoorbell macht nichts falsch und erfüllt ihren Zweck. Wenn euch das Design zusagt und ihr idealerweise schon einen Echo-Lautsprecher habt, bekommt ihr hier ein gutes Produkt. Ihr müsst aber Abstriche beim Funktionsumfang in Kauf nehmen, wenn ihr auf das Abo verzichten wollt. 

Wer nach einer Homekit-Alternative sucht, sollte sich die Videotürklingeln von Netatmo und Arlo anschauen. Immerhin lässt sich die Ring 4 via IFTTT zumindest rudimentär mit gewissen Funktionen wie Bewegungserkennungen kombinieren. Auch beim Thema Paketerkennung unterhalb der Tür kann ein Blick zur genannten Konkurrenz nicht schaden. 

Fazit von der Redaktion

Mirco Kämpfer
@khezuhl

Die Ring 4 ist dank ihres optionalen Akkubetriebs flexibel nutzbar und in erster Linie für alle interessant, die ohnehin schon im Echo-und-Alexa-Kosmos unterwegs sind. Die Einrichtung ist simpel, die Pre Roll-Funktion äußerst nützlich - in Deutschland aber strenggenommen nicht erlaubt und nur im kostenpflichtigen Abo verfügbar. 

Das Abo ist letztlich auch der Knackpunkt für mich, da die besten Features wie das Live Video-Widget hinter der Bezahlschranke liegen. Das ploppt auf meinem Handy auf, wenn es klingelt, sodass ich direkt sehe, wer vor der Tür steht. Ohne diese Funktion ist es ein Klick mehr. Ohnehin dauert der Verbindungsaufbau teilweise recht lange. Und mich stört das Breitbildformat. 

Die Ring 4 ist für den Preis von 200 Euro eine solide, zuverlässige Videotürklingel mit langer Akkulaufzeit, 5-GHz-Unterstützung und individuell anpassbarem Gehäuse. Ich würde sie jedoch nur mit dem Abo empfehlen - und Abos kommen für mich persönlich nicht infrage.

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