Warum haben Smartphones so viele Megapixel - und ist das gut?

Mehr Bildqualität durch Megapixel? Warum haben Handys so viele?

Links: Das Samsung Galaxy S23 Ultra mit einer 200 Megapixel-Hauptkamera. Rechts: Die Sony Alpha 7R II mit »nur« 42,4 Megapixel. Schießt das Samsung-Handy daher bessere Fotos? (Bild: Samsung Sony) Links: Das Samsung Galaxy S23 Ultra mit einer 200 Megapixel-Hauptkamera. Rechts: Die Sony Alpha 7R II mit »nur« 42,4 Megapixel. Schießt das Samsung-Handy daher bessere Fotos? (Bild: Samsung / Sony)

Smartphones sind heutzutage nicht selten mehr Kamera mit Smart-Funktionen als ein Telefon mit eingebauter Kamera. Dabei fällt auf, dass diese oft extrem hohe Auflösungen besitzen - oft viel höher als bei professionellen Systemkameras. Warum ist das eigentlich so und bringt das uns etwas? Oder ist das nur Marketing mit großen Zahlen? 

Das Megapixel-Rennen: Quantität über Qualität

Was sind Megapixel? Megapixel repräsentieren die winzigen Bildpunkte, aus denen sich ein digitales Bild zusammensetzt. Eine höhere Anzahl an Megapixeln in einer Kamera ermöglicht prinzipiell eine detailliertere Erfassung von Informationen in einem Foto. 

Das Problem: Allerdings bedeutet dies gleichzeitig, dass mehr Bildpunkte auf einer begrenzten Fläche untergebracht werden müssen, was wiederum zu kleineren individuellen Pixeln führt.

Die Konsequenz davon ist, dass jeder einzelne Pixel weniger Platz hat, um Licht einzufangen. Das aufgenommene Licht muss digital verstärkt werden , was dann zu verstärktem Bildrauschen führt.

Darum sind Megapixel wichtig: Megapixel sind allerdings eine einfache Größe für Verbraucher, um Kameras zu vergleichen, weshalb die Hersteller in einen regelrechten Wettbewerb treten, um immer höhere Megapixel-Zahlen anzubieten und mehr Aufmerksamkeit zu erregen. 

Gerade bei früheren Kompaktkameras wurde oft eine hohe Megapixel-Zahl angepeilt, obwohl dies nicht zwangsläufig zu einer besseren Bildqualität geführt hat - oft eher sogar zu einer schlechteren. Die höhere Auflösung benötigte eine stärkere Rauschreduzierung, besonders bei schlechten Lichtverhältnissen, was den Detailgrad der Bilder wiederum schadet.

Die Sony HX60 ist ein gutes Beispiel hierfür: Sony hat ganze 20 Megapixel in den winzigen Sensor gestopft. Die Bilder sehen bei Tageslicht ordentlich gut aus, jedoch verschlechtern sie sich mit Abnahme von verfügbaren Licht schnell. (Bild: Sony) Die Sony HX60 ist ein gutes Beispiel hierfür: Sony hat ganze 20 Megapixel in den winzigen Sensor gestopft. Die Bilder sehen bei Tageslicht ordentlich gut aus, jedoch verschlechtern sie sich mit Abnahme von verfügbaren Licht schnell. (Bild: Sony)

Bei Smartphones haben sich die Megapixel lange in Grenzen gehalten, da Handys in erster Linie kompakt sein müssen und große Bildsensoren keinen Platz haben.

Und dann erschienen die ersten Handys mit Pixel Binning und entfachten das Megapixel-Rennen erneut. 

Das Pixel Binning-Verfahren: Qualität dank Quantität

Beim Pixel Binning, das übrigens bei jedem Hersteller anders benannt wird, werden mehrere benachbarte Pixel zu einem großen Pixel verrechnet und nur die »besten« Informationen verwendet. 

Bei Samsung nennt man die Technologie »Tetracell«. (Bild: Samsung) Bei Samsung nennt man die Technologie »Tetracell«. (Bild: Samsung)

So kann man das Problem, das mit hoher Auflösung auf kleinen Bildsensoren auftritt, umgehen. Damit Pixel Binning nicht in Bilder mit winziger Auflösung resultiert, ist eine höhere Megapixel-Zahl sogar notwendig. 

Diese Technik hat folgende Vorteile:

  • Lichtempfindlichkeit: Größere Pixel können mehr Licht einfangen, was zu besseren Aufnahmen bei schlechten Lichtverhältnissen führt.
  • Rauschreduktion: Durch das Zusammenfassen von Pixeln wird das Bildrauschen verringert, was zu schärferen und klareren Bildern führt.
  • Dynamikumfang: Pixel Binning ermöglicht einen größeren Dynamikumfang, also die Fähigkeit, sowohl in den hellsten als auch in den dunkelsten Bereichen eines Bildes Details zu erfassen.
  • Verlustfreier Digitalzoom: Dank der hohen Auflösung der Sensoren ist es möglich, die Fotos digital mit geringem Qualitätsverlust zu vergrößern. 
  • Hochauflösende Fotos: Viele Handys bieten auch eine Möglichkeit ein Foto mit voller Auflösung aufzunehmen. Gerade bei guten Lichtverhältnissen können beeindruckende Ergebnisse geliefert werden. 

Den Start hat 2012 das Nokia 808 Pureview mit beeindruckenden 41 Megapixeln gemacht. Nicht nur war die Auflösung extrem hoch für diese Zeit, es war auch eines der ersten Handys, das einen Sensor besaß, der fast 1-Zoll groß war. 

Beim 808 Pureview wurden 4 Pixel zu einem »Superpixel« zusammengefasst, was rauscharme 8 Megapixel-Fotos in einer besonders guten Qualität hervorgebracht hat. 

Seitdem verwenden immer mehr Handys dieses Verfahren.

Der Grund, warum so viele Handys so hohe Megapixel-Zahlen haben: Das Pixel-Binning ermöglicht die Vergrößerung der Pixel, was den Nachteil der kleinen Sensoren zum Teil ausgleicht. 

Hat Pixel-Binning Nachteile? 

Das Megapixel-Rennen ist deswegen wieder voll im Gange und Handys wie das Samsung Galaxy S23 Ultra besitzen schon Hauptkameras mit einer Auflösung von 200 Megapixel. Gerüchten zufolge arbeitet das Unternehmen sogar an einem 440 Megapixel-Sensor.

440 Megapixel: Samsung soll Bildsensoren mit absurd hoher Auflösung entwickeln

Eine höhere Auflösung bietet der Kamera zwar mehr Informationen, um sie für das Pixel-Binning-Verfahren zu verwenden, jedoch führt dies nicht zwangsläufig zu besseren Bildern. Für die Bildqualität spielen weiterhin folgende Faktoren eine Rolle:

Pixelgröße: Sensoren mit gigantischer Auflösung haben trotzdem winzige individuelle Pixel. Größere Sensoren mit niedrigerer Auflösung haben daher potentiell eine bessere Lichtempfindlichkeit und Rauschverhalten. 

Verarbeitungsleistung: Bei Sensoren mit sehr hoher Auflösung werden viele Daten generiert, die verarbeitet werden müssen. Das erfordert leistungsstarke Prozessoren und Softwarealgorithmen. Wenn diese Ressourcen nicht ausreichend sind, könnte dies zu einer schlechteren Bildqualität führen, selbst wenn Pixel-Binning angewendet wird.

Optik: Je höher die Auflösung ist, desto mehr spielt die Qualität der Optik eine Rolle. Ein Sensor mit höherer Auflösung betont die Mängel und Fehler des verwendeten Glases deutlich stärker.

Allerdings ist es möglich, dass das Pixel-Binning-Verfahren diese Nachteile zum Teil ausgleichen kann. Die Entwicklung auf diesem Gebiet bleibt weiterhin spannend. Vielleicht sehen wir bald die ersten Smartphones mit einem Gigapixel-Sensor? 

Warum haben Systemkameras kein Pixel-Binning?

Obwohl Pixel Binning bei Smartphones erfolgreich angewandt wird, ist es in der Welt der Systemkameras bisher weniger verbreitet. 

Das liegt wohl vor allem daran, dass in Systemkameras ohnehin größere Sensoren zum Einsatz kommen, die weniger Probleme mit Rauschen und Lichtempfindlichkeit haben. 

Das heißt, dass das Problem winziger Pixel weniger häufig auftritt und daher nicht ausgeglichen werden muss. Das heißt allerdings nicht, dass Pixel-Binning keinen Platz in der Welt der professionellen Fotografie hat.

Zum Beispiel hat Leica in zwei seiner Kameras diese Technologie bereits verbaut. Der deutsche Kamerahersteller nennt die Technologie »Triple Resolution” und sie kommt bei der Leica M11 und der Leica Q3 zum Einsatz. 

Die Leica M11 ist einer der wenigen Systemkameras, die Pixel-Binning verwenden kann. (Bild: Leica) Die Leica M11 ist einer der wenigen Systemkameras, die Pixel-Binning verwenden kann. (Bild: Leica)

Dabei hat der Nutzer die Wahl zwischen Fotos mit 60, 36 oder 18 Megapixel. Das Pixel-Binning ist dabei nicht auf JPEGs beschränkt, sondern auch mit RAW-Dateien möglich. 

Sind mehr Megapixel nun besser oder nicht? 

Nein, nicht immer. Hohe Megapixel-Zahlen sind trotzdem ein wichtiges Marketing-Werkzeug für die Hersteller. Wird ein 12 Megapixel-Foto, das ursprünglich von einem 440-Megapixel-Sensor stammt, besser aussehen als eines, das von einem 48-Megapixel-Sensor stammt? Auf den ersten Blick wahrscheinlich kaum. 

Megapixel sollten nicht die einzige Größe sein, nachdem man die Qualität einer Handykamera beurteilt. Sensorgröße, Optik und Prozessorleistung spielen ebenfalls eine große Rolle. Und dann kommt noch maschinelles Lernen und KI hinzu - aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte. 

Beurteilt ihr die Handykamera nach der Anzahl von Megapixeln? Ist das für euch überhaupt wichtig? Welche Eigenschaften muss eine gute Handykamera für euch haben? Seid ihr der Meinung, dass mehr Kamerahersteller sich Scheiben aus der Smartphone-Welt abschneiden sollten? Oder sollte »Computational-Photography« bei Smartphones bleiben? Teilt eure Gedanken mit uns in den Kommentaren! 

zu den Kommentaren (1)

Kommentare(1)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.