SSDs beim Spielen in Gefahr? - Böse Gerüchte über Denuvo-Kopierschutz

Viele Spieler sind durch Meldungen über ein angeblich SSD-zerstörendes Kopierschutz-System bei Dragon Age: Inquisition verunsichert. Wir haben überprüft, was dran ist.

Dragon Age: Inquisition ist eines der wenigen Spiele, das »Anti-Tamper« von der Firma Denuvo zum besseren Schutz vor Raubkopien nutzt. Dragon Age: Inquisition ist eines der wenigen Spiele, das »Anti-Tamper« von der Firma Denuvo zum besseren Schutz vor Raubkopien nutzt.

Das in Dragon Age: Inquisition zur Verhinderung von Raupkopien eingesetzte Denuvo Anti-Tamper soll SSDs angeblich mit vielen Schreibzugriffen gefährden, zumindet wenn man nach diversen Berichten im Internet geht. Als Quellen werden unter anderem die Foren von RPGCodex, The Escapist oder Reddit genannt, wo teilweise behauptet wird, dass Dragon Age: Inquisition beim Spielen pro Sekunde etwa 15 MByte an Daten auf das Installationslaufwerk schreibt. In einer Stunde kämen so über 50 GByte zusammen, was die Abnutzung einzelner Speicherzellen von Solid-State-Laufwerken beschleunigen und ihre Langlebigkeit gefährden könnte.

Natürlich sorgen solche Behauptungen bei Spielern für große Bedenken, zumindest soweit es die Installation des Spiels auf eine Solid-State-Disk angeht. Aufgrund dieser zum Teil starken Verunsicherung haben wir uns das Ganze selbst angesehen, müssen aber gleich dazu sagen, dass Denuvo aktuell nur von sehr wenigen Spielen genutzt wird. Neben Dragon Age sind uns noch Lords of the Fallen und Fifa 15 bekannt, auf eine Anfrage bei Denuvo mit einer vollständigen Liste haben wir bislang noch keine Antwort erhalten und reichen sie dann gegebenenfalls nach.

Erwähnenswert ist außerdem die Tatsache, dass Denuvo Anti-Tamper selbst kein direkter Kopierschutz ist, also auch auch kein DRM (»Digital Rights Management«). Tatsächlich handelt es sich um ein System, das wie ein Schild für den eigentlichen Kopierschutz wirkt und diesen vor Veränderungen bewahren soll. Welches DRM ein Spiel einsetzt, ob beispielsweise das Steam-System oder das von Origin, ist dabei egal. Sollte ein DRM also tatsächlich eine solche Datenflut verursachen, wäre das zumindest nicht die Schuld von Anti-Tamper, das laut Hersteller Denuvo keine ständigen Schreib- oder Lese-Schreibzugriffe verursacht.

Unseren Messungen zufolge verursachen Denuvo-Spiele genau so wenig Datentransfer beim Spielen wie andere Titel auch, die angeblichen 15 MByte pro Sekunde werden nicht annähernd erreicht. Unseren Messungen zufolge verursachen Denuvo-Spiele genau so wenig Datentransfer beim Spielen wie andere Titel auch, die angeblichen 15 MByte pro Sekunde werden nicht annähernd erreicht.

Ebenfalls sehr wichtig: Hohe Schreibzugriffe zerstören ein Solid-State-Laufwerke in keiner Weise direkt, sondern steigern zunächst nur die Abnutzung einzelner Zellen. Um die binären Zustände »0« und »1« (ein Bit) darin speichern zu können, werden verschiedene Spannungszustände verwendet. Jede Zelle verträgt nur eine begrenzte Zahl von Spannungswechseln, generell ist es deshalb durchaus sinnvoll, unnötige Schreibzugriffe auf einer SSD zu vermeiden.

Der Controller einer SSDs kennt dieses Problem aber und verteilt die Schreibzugriffe über das so genannte »Wear Leveling« deshalb möglichst gleichmäßig auf die vorhandenen Speicherblöcke, wodurch einzelne Blöcke selbst bei einer angeblichen Schreibleistung von über 50 GByte pro Stunde nicht dauernd die Spannung wechseln müssen. Tatsächlich defekte Blöcke, die auftreten können, werden außerdem durch sonst nicht zugängliche Speicherkapazität mit Reserve-Blöcken ausgeglichen, dem sogenannten »Overprovisioning«. Wie gut dieses Mechanismen funktionieren zeigt beispielsweise ein Stresstest bei Techreport, in dem aktuelle SSDs so lange beschrieben wurden, bis sie tatsächlich defekt waren.

Alle getesteten SSD von Herstellern wie Corsair, Intel, Samsung und Kingston überlebten mit einer Schreibleistung von mindestens 700 Terabyte um ein Vielfaches länger, als es die Hersteller garantierten, einige Laufwerke liefen sogar noch nach einem Petabyte an geschriebenen Daten weiter. Umgerechnet auf die angeblichen 50 GByte pro Stunde bei Dragon Age: Inquisition käme man mit 700 Terabyte auf recht praxisferne 14.336 Stunden Spielzeit bis zum Ausfall der SSD, aber selbst die von den Herstellern angegebenen maximale Datenmenge reicht für langes Spielen aus: Bei der SSD 850 Pro garantiert Samsung etwa bis zu 150 TByte Schreibleistung, das ließe sich mit 50 GByte pro Stunde erst nach 128 Tagen Dauerzocken (!) erreichen.

Soweit die reine Theorie, die zumindest den Punkt der angeblichen SSD-Zerstörung widerlegt. Doch schreiben Spiele mit Denuvo Anti Temper eigentlich wirklich so viel oder oft auf den Datenträger, was natürlich nicht wünschenswert wäre? Zur Analyse haben wir uns mit HWInfo angesehen, wie viel Daten die Denuvo-Spiele Dragon Age: Inquisition und Lords of the Fallen im Vergleich zu Titeln ohne Denuvo wie Assassin's Creed Unity und Far Cry 4 tatsächlich auf den Installationsdatenträger schreiben.

Das Ergebnis: In allen vier getesteten Spielen liegen die Schreibzugriffe im Durchschnitt nicht einmal bei 0,1 MByte pro Sekunde, von den angeblichen 15 MByte pro Sekunde sind die Denuvo-Titel damit genau wie die anderen Spiele meilenweit entfernt. Die Gerüchte um zerstörte SSDs durch Denovos Anti-Tamper sind also sowohl in der Theorie als auch in der Praxis falsch und die Sorgen der Spieler unseren Testergebnissen nach unbegründet.

SSDs setzen verschiedene Mechanismen ein, um mit hohen Schreibzugriffen gut umgehen zu können. Aktuelle Modelle wie die SSD 850 Pro von Samsung kommen dadurch auf eine zugesicherte Schreibleistung von 40 GByte pro Tag im Garantiezeitraum, die man bei normaler PC-Nutzung nie erreicht. SSDs setzen verschiedene Mechanismen ein, um mit hohen Schreibzugriffen gut umgehen zu können. Aktuelle Modelle wie die SSD 850 Pro von Samsung kommen dadurch auf eine zugesicherte Schreibleistung von 40 GByte pro Tag im Garantiezeitraum, die man bei normaler PC-Nutzung nie erreicht.

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