Die versteckten Kosten von Fernsehern: Ihr zahlt am Ende mehr, als ihr vielleicht denkt

Fernseher sind in den letzten beiden Jahrzehnten drastisch im Preis gefallen. Das liegt nicht nur am technischen Fortschritt. Denn vor der Mattscheibe wird auch der Kunde zur Ware.

In meiner Kindheit in den frühen 2000ern war der Fernseher der Mittelpunkt unseres Wohnzimmers. Nach dem Abendessen durften wir Kindern etwa eine Stunde fernsehen, danach übernahmen meine Eltern mit der Tagesschau und dem Primetime-Programm um 20:15 Uhr. Und wenn Formel 1 und Biathlon übertragen wurden, saß die ganze Familie gemeinsam vor der Mattscheibe.

Die Bedeutung des Fernsehers spiegelte sich damals auch im Preis wider. Während an anderen Ecken gespart werden musste, durfte beim TV-Gerät gerne etwas mehr investiert werden. Und meine Familie war damit nicht allein. Vierstellige Europreise waren für Fernseher kurz nach der Jahrtausendwende keine Seltenheit.

Heute ist nicht nur die Bedeutung des Fernsehers als Informationsgerät und Wohnzimmer-Mittelpunkt geschrumpft. Wir Deutschen geben im Schnitt auch deutlich weniger Geld für den TV aus. Keine 600 Euro betrug der Durchschnittspreis für neue LCD-Geräte vor Pandemiebeginn.

Dabei sind in dieser Zeit die Fernseher nicht nur günstiger, sondern auch deutlich größer und bildschöner geworden. Neue Funktionen wie Internetanbindung und Sprachsteuerung kommen noch dazu. In den USA sind die Preise für Fernseher in den vergangenen 22 Jahren um 97 Prozent gesunken. Neue, hochwertige 4K-OLED-TVs gibt es bereits für unter 900 Euro. Das kann sich doch nicht rechnen?

Kein Geld mit Hardware, sondern mit Daten

Tatsächlich haben zum Preisverfall von Fernsehern auch technische Entwicklungen beigetragen. Neuerungen wie die Verwendung von Mother Glasses senken die Kosten des teuersten Teils neuer TVs - dem LED-Panel. Gleichzeitig ist der TV-Markt ein hart umkämpfter, mit geringen Margen von häufig gerade einmal sechs Prozent. Bereits 2013 sollen Hersteller laut WirtschaftsWoche kaum Gewinn mit dem Verkauf neuer Fernseher gemacht haben.

Dass sich das TV-Geschäft gerade im niedrigschwelligen Preissegment trotzdem noch lohnt, haben die Hersteller unter anderem der Verbreitung von Smart-TVs zu verdanken. Denn moderne Smart-TVs machen den Kunden zum Produkt. Während der Fernseher läuft, werden unablässig Daten über das Schauverhalten des Nutzers erhoben: Wer schaut? Was wird geschaut? Wann wird geschaut? Wie lange wird geschaut? Von wo wird geschaut?

Die Daten kommen dann ähnlich wie bei Suchmaschinen oder sozialen Netzwerken zum Einsatz, um personalisierte Werbung auszuspielen. Neben dem Verkauf von Filmen, Serien und Abos ein großer Teil der sogenannten Post-Purchase Monetization.

Dabei scheuen sich die Hersteller nicht, gegen die Datenschutzrichtlinien der DSGVO zu verstoßen, wie das Bundeskartellamt 2020 bemängelte. Durch den Verkauf von personalisierter Werbung anhand von gesammelten Kundendaten rentiert sich der vergleichsweise günstige Fernseher dann auch für die Hersteller.

Und es rentiert sich in großem Maße. So machte der auf vielen TV-Geräten vorinstallierte Streaming-Dienst Roku 2021 ganze 2,7 Milliarden US-Dollar Umsatz im Bereich Platform Revenue, welcher auch das Ausspielen von Werbung mit einschließt. Andere klassische Hersteller wie Samsung und LG, aber auch IT-Riesen wie Amazon und Google, verdienen so ebenfalls ordentlich mit.

In den Einstellungen könnt ihr die Datensammelei oft zumindest etwas einschränken. In den Einstellungen könnt ihr die Datensammelei oft zumindest etwas einschränken.

Was können Nutzer dagegen unternehmen

Dass Smart-TVs Daten über ihre Nutzer erheben, ist heute gängige Praxis. Sich im Voraus über die Datenschutzbestimmungen der Hersteller zu informieren, gestaltet sich laut Bundeskartellamt dank mangelnder Transparenz der Hersteller aber schwierig.

Trotzdem gibt es ein paar hilfreiche Tipps, mit denen sich das Datensammeln auch ohne vollständigen Fernseher-Verzicht reduzieren lässt. Dazu gehört etwas das Abstellen von Funktionen wie der Sprachsteuerung, wenn nicht auch biometrische Daten wie die Stimme Teil des Datenpakets werden sollen. Oft könnt ihr zudem weitere Einstellungen in den Optionen ändern, um die Datenerhebung einzuschränken.

Zuletzt solltet ihr Apps, die ihr nicht nutzt, von eurem TV-Gerät deinstallieren. Denn was nicht installiert ist, sammelt auch keine Daten. Oder ihr geht den letzten drastischen Schritt - und trennt euren Fernseher vom Internet. Das bedeutet dann aber auch das Ende von Netflix und Co.

Ihr habt euch die Stimmung auf Fernseher nicht verderben lassen und wollt trotzdem wissen, was sich neues auf dem Markt tut? Dann können wir euch diesen Artikel ans Herz legen: Ein Fernseher, der am Fenster klebt?

Habt ihr eurem Fernseher schon von Anfang an misstraut? Oder ist der TV als Datensammler für euch neu? Und wärt ihr bereit, mehr zu zahlen für einen Fernseher, den euren Daten nicht interessieren? Wir freuen uns auf eure Meinung in den Kommentaren!

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