Wenn Betriebssysteme reden könnten, dann würden sie sich nachts Schauergeschichten vom Postwagen des Todes erzählen. Denn das Gefährt trieb um die Jahrtausendwende bei Microsoft sein Unwesen - und hatte nur eines im Sinn: Windows 98 zum Absturz zu bringen.
Da Betriebssysteme aber keiner Sprache fähig sind (zumindest, soweit wir wissen), stammt die Horrorgeschichte stattdessen von Windows-Veteran Raymond Chen.
In dem Podcast Dave's Garage traf er sich mit einem weiteren Microsoft-Urgestein, dem Host Dave Plummer, und erzählte von dem mit mehr als 60 USB-Sticks bestückten Wagen, den man bei Microsoft nutzte, um Windows fit zu machen für den aufkommenden USB-Standard.
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60 USB-Sticks gegen Windows
Auch wenn es heute kaum greifbar wirkt: USB war nicht immer der weitverbreitete Standard, der er heute ist. Als der Bus-Standard rund um die Jahrtausendwende an Beliebtheit gewann, mussten also auch Rechner und Betriebssysteme dafür fit gemacht werden - darunter auch Windows.
Wie Chen in dem Podcast erzählt, gab es zum Testen der Robustheit von Windows 98 ein Mittel der Wahl. Dabei handelte es sich um den umfunktionierten Postwagen, auf dem sich mehr als 60 USB-Geräte verschiedener Modellreihen befanden. Diese waren über Hubs in Reihe geschaltet, sodass die Sticks, Mäuse, Tastaturen und Drucker über nur einen einzigen USB-Port an den PC angeschlossen werden konnten, wie Chen berichtet:
Du hast diesen einen Stecker an die Test-Maschine angeschlossen. Die ganze USB-Infrastruktur ist durchgedreht.
Das Ziel war klar: Windows an die Grenze treiben. Selbst unter diesen völlig überzogenen Bedingungen sollte das Betriebssystem nicht einknicken. Bis das gelang, waren Abstürze und Bluescreens offenbar aber die Regel und nicht die Ausnahme - weshalb sich die Monstrosität bald die Bezeichnung Postwagen des Todes
verdiente.
Beim Stresstest war das Entwicklerteam des Kernels dabei wohl alles andere als zimperlich. Chen berichtet von Testern, die die USB-Verbindung direkt wieder kappten, noch während Windows versuchte, mit der Masse an Geräten klarzukommen.
Verursachte der Wagen einen Absturz, war der Auftrag klar: Den Fehler im Kernel finden und dann beseitigen - und dann zusehen, wie ein anderes Problem für einen Absturz sorgte, so Chen:
Es ist dann nicht mehr auf die gleiche Weise abgestürzt. Herzlichen Glückwunsch, stattdessen ist es aus einem anderen Grund abgestürzt.
Seinen Zweck erfüllt hatte der Wagen erst, als man ihn verlässlich jederzeit vom Testrechner trennen konnte, ohne dass es zu Bluescreens bei Windows kam. Irgendwann war das Ziel erreicht - und der Testwagen wurde zur Legende, die (so vermuten wir) auch heute noch als Horrorgeschichte bei jungen Betriebssystemen für Schaudern und Gänsehaut sorgt.
Mehr zum Thema lesen: Beliebte Windows-Anmeldemethode konnte gehackt werden - der Angreifer arbeitet für Microsoft
Jetzt seid ihr an der Reihe: Kennt ihr noch weitere kuriose Geschichten aus der PC-Geschichte? Welche spannenden Rechnerstories fandet ihr so irrwitzig, dass sie die Community auf jeden Fall kennen sollte? Und hattet ihr zuvor schon einmal vom Postwagen des Todes gehört? Wir freuen uns auf eure Gedanken dazu wie immer in den Kommentaren!
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