Bekanntlich ist immer der Gärtner der Mörder. Doch so einfach macht es uns der Entwickler Ben Wanders (zuvor bei Studios wie Bioware und Visceral Games) in seinem Indie-Debütspiel nicht. Im Film-Noir-Adventure A Case of Distrust treffen wir auf unsympathische Barbiere, zwielichtige Barbesitzer, korrupte Cops und verruchte Jazz-Sängerinnen - und keinen einzigen Gärtner.
Natürlich schlüpfen wir in die Rolle eines hartgesottenen Privatdetektivs, allerdings wartet hier bereits der erste Twist der Geschichte auf uns: Phyllis Cadence Malone ist eine Frau. Eine Ex-Polizistin, die sich nun als Privatschnüfflerin in den kriminellen Gefilden der Stadt herumtreibt. Das sorgt im Kontext des Jahres 1924, in dem in den USA erst einige Jahre zuvor landesweit das Frauenwahlrecht eingeführt wurde, für einige Verwunderung.
Abseits der gelungenen gesellschaftlichen und feministischen Betrachtung dieser Zeitepoche dient das San Francisco der 20er Jahre vor allem als stimmungsvolle Kulisse für eine spannende »Whodunit«-Erzählung. Vor dem Hintergrund der landesweiten Prohibition in den Vereinigten Staaten blüht das Geschäft mit Selbstgebranntem und Schmuggelware. Als Malones erster Auftraggeber, der sich nach dem Erhalt eines dubiosen Briefes bedroht fühlt, tatsächlich umgebracht wird, wird sie mehr und mehr in ein Netz aus Lügen und illegalen Machenschaften der lokalen Mafia verstrickt, in dem jeder aus dem Umfeld des Opfers verdächtig scheint.
Das Notizbuch als zentrales Spielelement
Spielerisch bietet A Case of Distrust eine Mischung aus Visual Novel und Grafikadventure. Visual Novels sind mit hübschen Grafiken unterlegte Texte; auch in A Case of Distrust verbringt man die überwiegende Zeit mit Lesen. Zur Auflockerung können wir vereinzelt zwischen verschiedenen Satzanfängen wählen und bestimmen damit, wie der Erzähler die Geschichte fortführt. Die Unterschiede sind allerdings marginal und die Entwicklung der Story bleibt trotz dieser Auswahlmöglichkeiten sehr linear. Wie in einem Point-and-Click-Adventure wechseln wir zwischen den Orten und klicken dort mit der Maus auf Einrichtungen und Personen, um diese zu untersuchen oder Gespräche zu starten.
Malones Inventar besteht einzig und alleine aus ihrem Notizbuch. Das fungiert gleichzeitig als zentrales Spielelement. Alle aktuellen Ziele (»Welches Motiv hatte der Mörder?«), gefundene Beweise, untersuchte Gegenstände (»Auf dem Pokertisch lagen fünf Asse!«) und die wichtigsten Schlüsselaussagen der Befragten werden automatisch darin vermerkt. Verdächtige Objekte wie eine zerbrochene Vase oder ein leerer Pistolenhalfter an der Garderobe finden ihren Weg als Auffälligkeiten in die Notizen. Die verwenden wir dann in Gesprächen, um die befragten Personen gezielt darauf anzusprechen und ihnen so neue Informationen zu entlocken.
Besonders wichtig ist diese Technik, um Falschaussagen und Widersprüche aufzudecken. Die Sängerin im Club behauptet, sie kannte das Opfer nicht näher? Hat uns der Kunde im Barbiergeschäft da nicht kurz vorher verraten, dass er die beiden am Vorabend eng umschlungen tanzen gesehen hat? Nutzen wir dieses Wissen um die Unwahrheit der Aussage aufzudecken, erfahren wir den Aufenthaltsort des vermissten Barbesitzers.
So arbeiten wir uns von einer Person zur nächsten vor, fahren mit dem Taxi zwischen Jazzclub, Polizeistation, Tatort und einer Rennbahn durch die Gegend und dröseln den Fall Aussage für Aussage auf. Anspruch und Komplexität dieser Aufgabe bleibt bis auf das bewusst simpel gehaltene Tutorial auf einem gleichbleibenden, insgesamt sehr niedrigen Niveau. Der Fall und seine Auflösung werden wohl niemanden, der schon mal einen Krimi gelesen hat, vor Probleme stellen.
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