Call of Duty: WW2 im Test - Ein vielköpfiges Biest

Durch Call of Duty: WW2 gehen zwei Brüche. Ernsthafter Anspruch trifft auf Hollywood-Effektgewitter und eine mittelmäßige Kampagne auf einen großartigen Multiplayer. Ein kniffliger Kandidat für unseren Test.

Call of Duty: WW2 - Test-Video: Ein CoD mit Leib und Seele Video starten 12:28 Call of Duty: WW2 - Test-Video: Ein CoD mit Leib und Seele

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Alljährlich am 3. November rollt vermutlich eine Torte in Form eines Tiger-Panzers ins Büro von Infinity Ward, denn Call of Duty begeht seinen Geburtstag. In diesem Jahr knallen zeitgleich auch bei Sledgehammer Games in San Francisco die Korken, dort feiert man den Start von Call of Duty: WW2.

Exakt 14 Jahre nach dem Release des ersten Teils kehrt die Serie wieder dorthin zurück, wo für sie alles begann, an die Westfront des Zweiten Weltkriegs. Damals sicherten wir als Alliierter Soldat die Normandie, lieferten uns wilde Verfolgungsjagden in Jeeps und Lastwagen, zerbröselten mit Flak-Geschützen deutsche Stukas und nahmen sogar am Steuer eines Panzers Platz. Und heute?

Heute sichern wir als Alliierter Soldat die Normandie, liefern uns wilde Kübelwagen-Verfolgungsjagden, zerbröseln mit Flak-Geschützen deutsche Stukas und nehmen sogar am Steuer eines Panzers Platz. Klar, technisch sieht das inzwischen wesentlich beeindruckender aus als damals, doch spielerisch drückt CoD - trotz anderem Entwicklerteam - auch nach 14 Jahren noch die gleichen Knöpfe wie der erste Teil.

Unser finales Urteil
Nachdem wir nun auch die PC-Version von Call of Duty: WW2 ausgiebig spielen konnten und den Multiplayer unter Live-Bedingungen getestet haben, vergeben wir eine finale Wertung. Die deutsche Vertonung in der Kampagne ist solide, wenn auch nicht herausragend. Auch nach längerem Spielen macht der Mehrspieler-Modus mit seinen abwechslungsreichen Modi ausgesprochen viel Spaß und dürfte uns noch lange begeistern. Kleinere Schwächen in der Balance (sehr starke Sniper, knifflige Stranderoberung bei der Operation Neptun) sind zwar festzustellen, fallen aber nicht so stark ins Gewicht. Nach Server-Problemen zum Release läuft das Spiel auf dem PC unserer Erfahrung nach im Multiplayer ohne größere Probleme. Dem Gesamtpaket aus tollem Zombie-Modus, dem so umfangreichen wie launigen Mehrspieler und der Kampagne geben wir 81 Wertungspunkte.

WW2 ist aber nicht ganz frei von technischen Macken. Auf mehreren Systemen konnten wir unterschiedliche Fehler feststellen: ruckelnde Zwischensequenzen, verschwundene oder aufploppende Objekte im Level und sogar einige Abstürze waren zu beklagen. Gehäuft traten diese Probleme zwar nicht auf, dennoch ziehen wir deshalb zwei Wertungspunkte ab.

Eine persönliche Kriegsgeschichte

Um dem bekannten Setting eine frische Note zu verleihen, erzählt Sledgehammer in WW2 eine persönliche Geschichte. Wir erleben den Krieg aus den Augen von Ronald »Red« Daniels, von den Stränden der Normandie über die Befreiung von Paris bis nach Aachen und in die Ardennen. Sprünge zu anderen Kriegsschauplätzen, etwa der Ostfront, gibt es nicht, Charakterwechsel sind selten und stets auf kurze Abschnitte begrenzt. Dennoch gibt es genug Abwechslung.

In der Ardennen-Schlacht haben wir wirklich das Gefühl, Teil einer großen Schlacht zu sein, wenn die deutschen auf der anderen Seite des Feldes aus dem Wald gestürmt kommen. In der Ardennen-Schlacht haben wir wirklich das Gefühl, Teil einer großen Schlacht zu sein, wenn die deutschen auf der anderen Seite des Feldes aus dem Wald gestürmt kommen.

Statt das ganze Ausmaß des Kriegs zu sehen, erleben wir Einzelschicksale. Wir retten Zivilisten aus zerstörten Städten, haben Kontakt zu Mitgliedern des französischen Widerstands und auch an Daniels und seinen Squad-Mitgliedern gehen die Grausamkeiten des Kampfes nicht spurlos vorüber.

Wer jetzt ein Drama auf einer Stufe mit Band of Brothers oder Brothers in Arms: Hell's Highway erwartet, wird jedoch enttäuscht. Nur weil eine Figur nicht das klassische Klischee eines Helden erfüllt und die Story sein Handeln auch mal hinterfragt, ist sie schließlich noch kein vielschichtiger Charakter.

Ja, es gibt auch Momente in denen die Geschichte funktioniert. Gerade im Epilog, in dem wir (Achtung, Spoiler!) ein verlassenes Arbeitslager betreten, beweist Sledgehammer das nötige Fingerspitzengefühl. Man muss keine Leichenberge zeigen, damit der Spieler erahnt, was sich dort abgespielt hat. In den sechs bis acht Stunden Spielzeit vor diesem bewegenden Abschluss werden aufkommende Emotionen jedoch viel zu oft in einem Feuerwerk aus Action, Explosionen und taffen Sprüchen zerfetzt.

Fette Explosionen, hinter Deckungen kauernde Teammitglieder und natürlich die Knarre im Anschlag – die CoD-Rezeptur ändert sich auch in WW2 nicht. Fette Explosionen, hinter Deckungen kauernde Teammitglieder und natürlich die Knarre im Anschlag – die CoD-Rezeptur ändert sich auch in WW2 nicht.

Ein brachialer Bruch

Zu Beginn der Kampagne landen wir nach einer kurzen Sequenz an Bord eines Truppentransporters, in der uns das Spiel mit den übrigen Protagonisten bekannt macht, in einem Boot vor der Küste Frankreichs. Bei der anschließenden Landung lässt es das Spiel gleich richtig krachen: Maschinengewehrsalven peitschen durch den Sand, Granaten zerfetzen unsere Kameraden, verstümmelte Soldaten liegen am Strand. Das ist brutal, brachial und auch beeindruckend und geht dennoch nicht annähernd so unter die Haut wie vergleichbare D-Day-Szenen in Der Soldat James Ryan oder Medal of Honor: Allied Assault.

Die stimmen nämlich auch leise Töne an. Besonders die Atmosphäre im Boot vor der eigentlichen Landung ist gänzlich anders. In Allied Assault herrscht dort die pure Angst. Soldaten beten oder erbrechen sich, bevor das Chaos über sie hereinbricht. Solche bedrückenden Momente gelingen CoD: WW2 nicht. Hier wird lieber laut geschrien, als leise geweint.

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Damit das klar ist: Wir erwarten von Call of Duty kein tiefgründiges Antikriegs-Drama. So ein kompletter Bruch mit der Identität der Reihe würde wohl vielen Fans negativ aufstoßen. Doch WW2 treibt seine Michael-Bay-Momente allzu häufig viel zu weit, um noch als realistische Darstellung des Zweiten Weltkriegs durchzugehen, die es laut den Entwicklern sein soll.

Spätestens als in einer späteren Mission ein Panzerzug entgleist und uns in einer minutenlangen Sequenz um die Ohren fliegt, ist jede Immersion dahin. Statt gebannt mit Red Daniels mitzufiebern, sitzen wir vor dem Monitor und müssen über die Absurdität des Gezeigten einfach lachen.

Call of Duty: WW2 - Test-Version im Video: Was liefert der Weltkriegs-Shooter? Video starten 8:36 Call of Duty: WW2 - Test-Version im Video: Was liefert der Weltkriegs-Shooter?

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