Ob 2016 das Jahr der virtuellen Realität wird, darüber lässt sich trefflich streiten. Doch eines ist sicher: Ungeachtet der Diskussionen über VR werden in diesem und auch im kommenden Jahr unzählige VR-Systeme erscheinen. Neben den Platzhirschen Oculus Rift, HTC Vive und Sony Playstation VR buhlen auch unbekanntere Lösungen wie StarVR, Razer OSVR und Fove um die Aufmerksamkeit der potentiellen Nutzer.
Dazu gesellen sich Smartphone-Lösungen von Carl Zeiss, Samsung und mit Cardboard auch von Google – ja sogar Apple und Nintendo sollen angeblich bereits an VR-Lösungen arbeiten. VR-Benchmarks wie der Steam VR Performance Test von Valve sorgen zusätzlich für steigendes Interesse, auch wenn die Anforderungen an die Hardware je nach System relativ hoch ausfallen. Welche Vor- und Nachteile die kommenden VR-Lösungen dabei voraussichtlich zu bieten haben, stellen wir Ihnen in dieser Übersicht genauer vor.
Oculus Rift
Pro:
• Entwickler haben früh Erfahrungen mit den Developer Kits gesammelt
• hoher Tragekomfort, Brille ist kaum zu spüren
• Kopfhörer integriert, dennoch lassen sich auch eigene Kopfhörer nutzen
• Oculus finanziert selbst Spiele und hat mit Crytek einen bekannten Softwarepartner
• Gamepad und zwei Spiele als Beilage
Kontra:
• hoher Preis (741 Euro inkl. Versand)
• hohe Systemanforderungen
• kein Roomscale VR (zwar angekündigt aber optional)
• Motion-Controller erst später und nur optional erhältlich
Die Oculus Rift steht schon fast stellvertretend für alle VR-Lösungen, begann der aktuelle Hype doch schließlich erst mit der sensationell erfolgreichen Kickstarter-Kampagne der Rift im Jahre 2012. Der als Developer Kit 1 (DK1) verkaufte Erstling des ambitionierten Tüftlers Palmer Luckey überzeugte vielleicht nicht optisch und auch nicht mit einer tollen Bildqualität. Dafür gewann das Rift DK1 aber viele Freunde durch seine erstmals auch für Privatnutzer bezahlbare Mittendrin-Erfahrung. Gegenüber den seinerzeit aktuellen Videobrillen wie der Cinemizer von Zeiss sorgte vor allem der große Betrachtungswinkel (FOV, Field of View) für den Unterschied zwischen Mäusekino und Holodeck-Prototyp. Auch frühere VR-Lösungen scheiterten unter anderem an ihrem geringen Blickfeld.
Die Zeit der Entwickler-Sets ist lange vorbei, Oculus Rift hat den Einzug in den Massenmarkt begonnen und startete jüngst den Vorverkauf der Consumer Version (CV) der Oculus Rift. Mit 741 Euro für deutsche Kunden (inklusive 42 Euro Versand) fällt der Preis der VR-Brille deutlich höher aus, als von vielen gehofft, dennoch scheint man bei Oculus VR nicht enttäuscht von den Vorbestellzahlen – jedoch ohne Details zu nennen.
Setzte die populäre DK2 der Oculus Rift noch auf ein Display mit Full HD-Auflösung, wurde für die Endkundenversion massiv aufgerüstet. Zwei kleine OLEDs mit je 1.080x1.200 Bildpunkten kommen zum Einsatz, angesteuert mit 90 Hertz Bildwiederholrate. Wichtig dabei: Die Displays nutzen die »Low-Persistance«-Technologie, was für geringe Nachzieheffekte durch zu lange leuchtende Bildpunkte verantwortlich ist und so die »Motion Sickness« stark verringert. Zudem fallen bei den genutzten Displaytypen die Abstände zwischen den Pixeln weniger stark auf als noch bei den Bildschirmen der Entwicklermuster.
Entsprechend stört das vor allem bei der DK1 klar wahrzunehmende Fliegengitter-Raster nicht mehr so stark. Geschickte Softwareentwickler können VR-Spiele mittlerweile außerdem so designen, dass der Fliegengitter-Effekt kaum noch wahrgenommen wird. Dieser Fliegengitter- oder auch Screendoor-Effekt entsteht durch den geringen Abstand zwischen Auge und Display (verstärkt durch die Linsen der VR-Brillen). Die Abstände zwischen den einzelnen Bildpunkten sind dabei deutlich wahrnehmbar, als würde man durch ein Fliegengitter oder die Sichtscheibe einer Mikrowelle schauen. Abhilfe schaffen höhere Auflösungen oder Displaytechnologien, die geringere Pixelränder erzeugen, so wie Sonys RGB-OLEDs.
Mit der Oculus Rift wird eine Infrarotkamera ausgeliefert, die Bewegungen des Oberkörpers erkennt und in der VR umsetzt. So ermöglicht die Rift dem Nutzer auch ein vorsichtiges um-die-Ecke-schauen oder Blicke hinter Regale, zudem sinkt die Gefahr der Motion Sickness durch diese natürliche Steuerungsart.
Gesteuert wird bei der Rift vorerst via Gamepad, ein Xbox-One-Controller liegt jeder Rift bei. Natürlich können bei Simulationen auch entsprechende Steuerungsgeräte wie Joysticks oder Lenkräder genutzt werden. Der »Oculus Touch« genannte Bewegungscontroller erscheint indes erst später, angekündigt ist er für das zweite Halbjahr 2016. Einen Preis für das Controller-Paar hat der Hersteller jedoch noch nicht bekanntgegeben.
Im Gegenzug zu den klobigen Developer Kits ist die Oculus Rift CV1 sehr leicht und handlich geworden. Das Gewicht stört so gut wie gar nicht, auch dank der durchdachten Kopfgurte. Vom Gefühl her erinnert es eher an das Tragen eines Baseball-Caps als an das eines Skihelmes (wie noch bei der DK2).
Als Mindestanforderung für ein ruckel- und übelkeitsfreies VR-Erlebnis gibt Oculus PC-Systeme der technischen Oberklasse an: Ein Core i5 4590, 8,0 Gigabyte RAM und eine Grafikkarte wie die Nvidia Geforce GTX 970 oder AMD Radeon R9 290 sollten es minimal sein. Unserer Erfahrung nach sollte vor allem bei der Grafikkarte nicht gespart werden, eventuell gleich mit Blick auf die in diesem Jahr kommenden neuen Generationen Polaris (AMD) oder Pascal (Nvidia).
Neben dem Xbox-One-Gamepad, dem VR-Headset und einer Infrarotkamera liegt der Rift-Packung noch eine Fernbedienung sowie zwei Spiele-Vollversionen bei. Das comichafte Jump'n'Run Lucky's Tale sowie der Arcade-Weltraumshooter Eve: Valkyrie, letzteres ist auch mit einem überaus spaßigen Multiplayer ausgestattet.
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