Game Over: In diesem Spiel sterbe ich nach nicht mal einer Minute - und fühle mich großartig

Alex ist fast gestorben vor lachen, als er in Disco Elysium gestorben ist. Dieses Erlebnis hat ihn über den Tod (in Videospielen) philosophieren lassen.

Der Tod ist Alex ständiger Begleiter in Disco Elysium. Der Tod ist Alex' ständiger Begleiter in Disco Elysium.

Normalerweise will ich das nicht sehen. Wenn sich der Bildschirm dunkel färbt, die Musik einen enttäuschenden Ton annimmt und dann in großen Lettern da steht: Game Over. Diesmal kam es aber so plötzlich, so undurchschaubar, dass ich nach einem kurzen Schockmoment lauthals anfing zu lachen. Und den dämlichsten Tod meiner Videospiellaufbahn möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten.

Nach etlichen Lobeshymnen schafft es meine Kollegin Steffi nämlich doch noch, dass ich Disco Elysium spiele. Das ist nicht unbedingt bekannt für seinen hohen Schwierigkeitsgrad, durch Würfelproben hängt in dem Rollenspiel viel vom Glück ab - das ich jedoch nicht besitze.

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Bevor es richtig losgeht, muss ich noch fix die Charaktererstellung abschließen: Mein Cop soll hochintelligent und sozial fähig sein, aber dafür ein körperliches Wrack ohne jegliches Geschick. Ohne es zu wissen, war diese Entscheidung mein Todesurteil.

Das Spiel startet nach einer durchzechten Nacht mit einem deutlich zu hohen Alkoholanteil. Ich will meine Klamotten aufgabeln, mein erstes Ziel ist die herabbaumelnde Krawatte am Ventilator. Hochintelligent, wie ich nun mal bin, schalte ich erst die Todesfalle aus - sonst hacke ich mir noch den Finger ab, so ungeschickt wie ich bin. 

Der Ventilator kommt zum Stillstand, meine Chancen steigen laut Spiel auf 83 Prozent. Ich greife also unbekümmert zur Krawatte, doch plötzlich spürt meine Spielfigur einen stechenden Schmerz im Arm und in der Brust. Noch bevor ich irgendetwas relevantes in Disco Elysium getan habe, erleide ich an einem Herzinfarkt. Game Over.

Stur, wie ich nun mal bin, erstelle ich mir beim zweiten Versuch nochmal den exakt gleichen Charakter - viel im Kopf, aber null Muckis. Diesmal kann ich mir den Schlips sichern und mache das Licht unter dem Ventilator an. Das beißende Licht verträgt sich aber überhaupt nicht mit meinem verkaterten Körper.

Licht kann gefährlicher sein, als man denkt. Licht kann gefährlicher sein, als man denkt.

Statt es schnell wieder auszumachen, lasse ich es an. Der Körper gewöhnt sich schon noch dran, denke ich mir. Plötzlich spürt meine Spielfigur einen stechenden Schmerz im Arm und in der Brust. Noch bevor ich irgendetwas Relevantes in Disco Elysium getan habe, erleide ich an einem Herzinfarkt. Game Over - erneut.

Erst später habe ich verstanden, dass mein schwächlicher Körper dazu geführt hat, dass ich ständig nur mit einem Lebenspunkt in mein Abenteuer startete. Deshalb bin ich bei der kleinsten Verletzung direkt tot umgefallen.

Scheitern kann Spaß machen

Danach hat es in meinem (zugegeben nicht ganz so hochintelligenten) Schädel angefangen, zu rattern. Wie schnell und unvorhersehbar man doch sterben kann, wie wertvoll das Leben ist ... naja, vor allem aber über das Versagen in Videospielen. Das kann nämlich wirklich toll sein!

Ein völlig überraschender, revolutionärer Gedanke, ich weiß. Auch wenn das nicht wirklich eine neue Erkenntnis ist, schaffen es doch trotzdem einige Spiele, mit Game-Over-Screens nur zu frustrieren.

Für mich ist das Battle-Royale-Genre genau so ein Fall: Erst lande ich mitten im Nirgendwo, sammle minutenlang nur gelangweilt Waffen, um dann von einem Sniper ohne jede Chance in den Kopf geschossen zu werden. Bis ich dann wieder in einem Match und bei der Action bin, vergehen einige Minuten - super nervig!

Battle Royale und ich werden in diesem Leben vermutlich keine Freunde mehr. Battle Royale und ich werden in diesem Leben vermutlich keine Freunde mehr.

Die Kunst des Game Overs

Wenn das Scheitern aber einen Sinn hat, dann kann es unterhaltsamer sein als der Erfolg. In Disco Elysium ist es für mich der Humor, weil ich durch solche belanglosen Nichtigkeiten abkratzen kann. Soulslikes schaffen es, mit wachsendem Wissen und Können den Erfolg nach vielen Toden deutlich wertvoller darzustellen.

Roguelikes dagegen lassen mich den Tod wahrlich fürchten, weil ich meinen gesamten Fortschritt verliere. Dadurch ist der Game-Over-Screen zwar besonders frustrierend, das Spielerlebnis aber deutlich intensiver.

Mein persönlicher Favorit ist aber der Story-Zusammenhang. Hellblade: Senua's Sacrifice spielt mit den Erwartungen der Spieler gekonnt. Im nächsten Abschnitt erwartet euch ein Spoiler zum Spiel, also seid gewarnt.

Der Spieler spielt nicht Hellblade, Hellblade spielt den Spieler. Der Spieler spielt nicht Hellblade, Hellblade spielt den Spieler.

Nach jedem Tod wächst die schwarze Seuche auf ihrem Arm - wenn Senua zu oft stirbt, geht der gesamte Fortschritt drauf - aber das Spiel lügt! Es schürt stattdessen meine Furcht zu versagen, macht mich so paranoid wie Senua selbst es ist. Wie oft kann ich noch sterben, bis die Seuche meinen Spielstand killt?, frage ich mich schnell. Dabei wird mir der Spielfortschritt nie weggenommen.

Natürlich kann so etwas nicht in jedem Spiel umgesetzt werden, aber trotzdem wünsche ich mir solche kreativen Ansätze mehr. Game-Over-Screens, die mich amüsieren, motivieren oder sogar anlügen.

Versagt ihr auch gerne in Videospielen oder habt ihr noch nicht besonders viele Gedanken daran verschwendet? Und welcher Game-Over-Screen ist der beste: das unheilvolle You Died aus Dark Souls, das simple wasted aus GTA oder doch der musikalische Klassiker von den Super-Mario-Spielen? Schreibt es in die Kommentare, ich bin gespannt!

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Disco Elysium

Genre: Rollenspiel

Release: 15.10.2019 (PC), 30.03.2021 (PS5, PS4), 12.10.2021 (Xbox One, Xbox Series X/S, Switch)