Seite 2: Minecraft - Interview mit Carl Manneh - »Wir wollen klein, flexibel und schnell sein«

GameStar Plus Logo
Weiter mit GameStar Plus

Wenn dir gute Spiele wichtig sind.

Besondere Reportagen, Analysen und Hintergründe für Rollenspiel-Helden, Hobbygeneräle und Singleplayer-Fans – von Experten, die wissen, was gespielt wird. Deine Vorteile:

Alle Artikel, Videos & Podcasts von GameStar
Frei von Banner- und Video-Werbung
Einfach online kündbar

Unabhängigkeit, Youtube-Macht und Micro Transactions

Making Games: Eure Unabhängigkeit unterstützt euch dabei, diesen kreativen Freiraum und die sehr kurzen Wege beizubehalten. Würdest du sagen, dass solch eine Arbeitsweise auch für Studios funktionieren kann, die eben keine Indies mehr sind?

Carl Manneh: Im Moment blicken viele in der Industrie auf uns und schauen, wie es weitergeht. Ich habe das Gefühl, dass eine neue Ära angebrochen ist, was den möglichen Einfluss eines einzelnen Indie-Studios auf die Branche angeht. Wir wollen zwar auch unabhängig bleiben, erproben aber diverse Partnerschaften mit anderen Unternehmen. Das wird auch für uns ein Test sein, in wie weit sich dies am Ende wirklich auf die Kontrolle über unsere Spiele auswirkt. Die Partner, mit denen wir zusammenarbeiten, erkennen aber unsere Unabhängigkeit an und versuchen nicht, uns zu kontrollieren. Diese Partnerschaften können entsprechend auch für andere Studios funktionieren.

Minecraft - Screenshots ansehen

Making Games: Viel ist den vergangenen Monaten bei euch passiert: Ihr habt neue Leute eingestellt, ein zweites Spiel angekündigt und der Hype hat sich immer mehr verstärkt. Wie hat sich das Projekt Minecraft im Rückblick verändert und was hättet ihr lieber anders angepackt?

Carl Manneh: Schwierig zu sagen, weil unser Ansatz sehr auf der Iteration beruht. Wenn wir merken, dass etwas schief läuft, korrigieren wir es möglichst sofort. Natürlich ist es auch ein Lernprozess, immerhin sind wir ein ziemlich neues Unternehmen, das sehr viele Dinge anders angeht als »klassische« Entwickler. Wir haben daher keine Vorlagen, denen wir folgen, wir machen uns unsere eigenen. Es gibt niemand Externes, der uns sagt, wie wir etwas zu tun haben.

Normalerweise gibt es einen Geldgeber oder eine Mutterfirma, die eine Langzeitstrategie und Ziele vorgibt. Bei uns ist es genau umgekehrt: Wir wenden uns selbst an starke Partner, wenn wir ihre Kompetenz benötigen.

Making Games: Nehmen wir ein kleines Startup, das gerade ein Spiel entwickelt, das wirklich fantastisch und etwas Besonderes ist -- ganz wie in den Anfängen von Minecraft -- dann muss es trotzdem um die Sichtbarkeit kämpfen, sonst nützt das beste Spielkonzept nichts. Auf der Sichtbarkeits-Skala steht ihr derzeit auf der Stufe »Wahnsinn«, wie könnte unser kleines Studio das auch hinkriegen?

Carl Manneh: Minecraft unterscheidet sich schon in vielerlei Hinsicht von anderen Spielen, man kann vermutlich nicht eins zu eins diesem Bild vor Augen folgen. Ein paar Aspekte gibt es aber schon, die Minecraft zum Erfolg verholfen haben -- abgesehen vom originellen Gameplay selbst natürlich. Der wichtigste Punkt ist vermutlich, dass die von den Spielern erstellten Dinge in sich schon äußerst viral sind. Soweit ich weiß, sind bis Juni mehr als 1,7 Millionen YouTube-Videos zu Minecraft entstanden, das hat natürlich einen immensen Einfluss auf die Sichtbarkeit. Ein Entwickler muss sich also möglichst überlegen, welche Bestandteile seines Spiels danach schreien, verteilt zu werden.

Die MineStar-Kathedrale im Zeitraffer-Video Video starten 4:17 Die MineStar-Kathedrale im Zeitraffer-Video

Ein zweiter wichtiger Aspekt, den Notch auch von Anfang an verfolgt hat, ist zu wissen, wer genau die eigene Kernzielgruppe ist und wo ich diese antreffe. Er hat zum Beispiel einen Link zum Spiel in einem Entwicklerforum gepostet und dort Aufmerksamkeit generiert, von da an hat sich Minecraft wie ein Lauffeuer in diversen Foren verbreitet.

Und der dritte Punkt ist, eine sehr offene Kommunikation über die Entwicklung zu pflegen. Es geht um die vollständige Transparenz darüber, was man eigentlich alles macht. Denn die Menschen sind immer an den Hintergründen zu etwas interessiert, das sie mögen. Dem Grundsatz der offenen Kommunikation folgen wir bis heute, das ist wie unsere DNA. Jeder kann jedem unserer Designer über Twitter folgen und Details aus dessen Arbeit erfahren.

Making Games: Wie wichtig ist für euch die Offenheit in Sachen Business-Modell?

Carl Manneh: Markus war immer wichtig, dass jeder versteht, wie das Business-Modell funktioniert. Es war sehr transparent, dass die Leute Minecraft am Anfang zum halben Preis kriegen würden, dann mit 25 Prozent Rabatt und später zum Vollpreis. Jedem war klar: »Ich muss deutlich weniger zahlen, wenn ich die Entwicklung schon frühzeitig unterstütze.« Es fühlt sich an, als würde man ein Investment in die Zukunft eines Spiels tätigen und auch Mitspracherecht erhalten.

Making Games: Im Social- und Browsergame-Bereich ist es ja schon gang und gäbe, sehr stark zu iterieren und ein Spiel schon als Beta freizugeben und laufend Content nachzuliefern. Hat dieses »Work in Progress«-Modell auch irgendwelche Nachteile oder würdest du es jedem Entwickler empfehlen, so vorzugehen?

Carl Manneh:Ich würde nicht sagen, dass jeder so vorgehen muss, aber für uns funktioniert es während der eigentlichen Entwicklungsphase perfekt. Wir wollen natürlich, dass Minecraft auch nach der Veröffentlichung noch lange weiterbesteht und müssen dafür aber irgendeine Form der Finanzierung finden. Auch dann werden wir das Spiel kontinuierlich mit Services erweitern und eventuell Erlöse mit Third-Party-Entwicklern teilen. Nichts davon ist in Stein gemeißelt, aber es gibt definitiv Wege, ein Spiel langfristig zu finanzieren -- egal ob während der eigentlichen Entwicklung oder im Anschluss.

Texture-Mod-Trailer: Half-Life 2 in Minecraft Video starten 1:02 Texture-Mod-Trailer: Half-Life 2 in Minecraft

Making Games: Wie schaut es mit einem Free-to-Play-Modell und Micro Transactions aus, ist dies auch für Version 1.0 im Gespräch?

Carl Manneh:Wir haben schon darüber nachgedacht, am Ende geht es aber einzig und allein ums Gameplay. Wenn eine Sache spielerisch Sinn ergibt, dann wird die Idee auch nicht direkt verworfen. Micro Transactions passen nicht wirklich in unser Bild von Minecraft, weil wir nicht wollen, dass jemand ein besserer Spieler wird, nur weil er sich bestimmte Dinge kaufen kann. Bei Scrolls funktioniert dies schon eher, dort wird man zum Beispiel neue Scrolls kaufen können, die einem aber schlichtweg nur mehr Möglichkeiten eröffnen.

2 von 3

nächste Seite


zu den Kommentaren (22)

Kommentare(21)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.