Was den TV-Markt so unübersichtlich macht, wieso es jetzt noch schlimmer wird – und mögliche Alternativen

Dolby Atmos oder ISMF? Dolby Vision oder HDR10+? Und was war nochmal Motion Xcelerator Turbo Pro?

Wieso machen es die TV-Hersteller den Konsumenten so schwer? (Bild: Samsung) Wieso machen es die TV-Hersteller den Konsumenten so schwer? (Bild: Samsung)

Mit einer Nachricht letzte Woche sorgte Samsung für Unmut unter Bildschirm-Enthusiasten: Wenn ihr einen 2024er-OLED-TV kauft, bekommt ihr vielleicht ein WOLED-Panel oder vielleicht ein QD-OLED-Panel mit Quantum Dots. Grund für die OLED-Lotterie ist die Zusammenarbeit mit LG Display.

Tech Radar hat daraufhin beim südkoreanischen Tech-Riesen angeklopft und nachgefragt. Die Antwort fällt ernüchternd aus: 

»[...] Die OLED-Fernseher von Samsung bieten durchgängig ein erstklassiges Erlebnis und eine hervorragende Bildqualität, unabhängig von den spezifischen Panels, die in das Produkt integriert sind.«

Anstatt Klartext zu sprechen, bekamen die Kollegen also eine Antwort im Marketingsprech. Dabei hätte Samsung die Chance nutzen können, um für Klarheit zu sorgen - und das auf einem Markt, der vor Unklarheiten nur so strotzt.

Maxe Schwind
Maxe Schwind

Maxe testet und berichtet über Fernseher seit 2016. TVs sind für ihn ein faszinierendes Gebiet und die Landschaft hat sich in den letzten acht Jahren rasant weiterentwickelt, doch eines ist gleich geblieben: die Unübersichtlichkeit.

Unterschiedliche Sorten HDR, mehrere 3D-Audio-Standards und Marketing-Buzz-Words sorgen dafür, dass auch Maxe manchmal der Kopf schwirrt.

Bei den Gerätebezeichnungen fängt es an

Ich stelle euch die Frage, die ich auch schon Samsung, LG und Co. gestellt habe: Was spricht eigentlich dagegen, Fernsehern einen markanten Namen wie »Galaxy«, »Pixel« oder von mir aus im Sinne des geistigen Vaters iPhone »iTV« zu geben? 

Meiner Meinung nach würde das die Vermarktbarkeit immens erhöhen. Die meisten wissen, welches Handy sie besitzen, aber die wenigsten, welchen TV sie eigentlich im Wohnzimmer stehen haben – vor allem, weil die Bezeichnungen so kryptisch sind.

Ein Beispiel: Könnt ihr mir sagen, was »LG 65UQ9000PUA« bedeutet? Nein? Ich verrate es euch:

  • 65 steht für die Zollgröße.
  • U steht für die Auflösung: UHD. Stünde hier ein »S«, wäre die Bezeichnung »Super UHD« (das ist keine Auflösung, sondern eine Modellreihe).
  • Q steht für das Baujahr und bezieht sich in diesem Fall auf 2022. 2021 lief unter »P«, 2020 unter »N« und so weiter.
  • 9000 steht für die Reihe und das Modell. Je höher die Zahl, desto besser der TV.
  • P kann für ein Gerät aus Europa stehen; »A« kennzeichnet zum Beispiel einen TV für die USA.
  • U steht für den digitalen Tuner und gibt in obigem Beispiel den Hinweis auf ein Gerät aus USA, Kanada und Mexiko. Normalerweise steht der Buchstabe L für Europa.
  • A am Schluss steht für eine Zuordnung zu einem dedizierten Design.

Alles klar? Natürlich setzt sich die Modellnummer jedes Herstellers aus unterschiedlichen Buchstaben und Zahlen zusammen und bedeutet jeweils etwas anderes. Übersichtlich geht aber anders, weil man erst mal eine Legende braucht, um die Bezeichnung zu dechiffrieren.

Zugegeben: Der Gerätetyp ist nicht so wichtig beim Kauf wie die Features eines TVs, aber auch da gibt es Irrungen und Wirrungen. Lasst mich das anhand eines Beispiels aufzeigen.

HDR, aber welches?

Wir wissen alle: HDR macht ein richtig schönes, knackiges und kontraststarkes Bild. Darum haben alle modernen Fernseher diese Funktion. Doch HDR ist nicht gleich HDR. Folgende Varianten gibt es:

  • HDR10
  • HDR10+
  • HDR10+ Adaptive
  • Dolby Vision
  • Dolby Vision IQ
  • HLG

Wisst ihr, was welche Bezeichnung bedeutet und wie sie sich aufs Bild auswirkt? Ich weiß es, weil ich mich jeden Tag damit beschäftige, aber für jemanden, der nach Jahren einen neuen Fernseher kaufen möchte und nur weiß, dass HDR gut ist, ist das erst einmal völlig unersichtlich.

Das größere Bild: Wir brauchen nicht alle HDR-Modi und nicht jeder Film ist in allen HDR-Variationen verfügbar. Streifen mit dem eigentlich besseren Dolby Vision gibt es bei Amazon Prime Video beispielsweise zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels gerade mal elf Stück.

Sprich: Das Bessere ist nicht gleich besser, wenn ich es gar nicht nutzen kann.

Erklärungen zu den obigen HDR-Modi findet ihr übrigens in diesem Artikel:

Diesen Teil des Artikels könnte ich noch mit weiteren Beispielen ausschmücken, wie beispielsweise dem Unterschied zwischen Dolby Atmos, IAMF, DTS:X und Auro-3D oder durch HDMI unterstützte Formate wie ARC, eARC, CEC, VRR oder ALLM, wovon nicht jeder Konsument jede Funktion benötigt. Aber ich denke, ich habe meinen Punkt klargemacht.

Eine Sache kommt noch erschwerend zu all den Features und Akronymen hinzu.

Marketing an jeder Ecke

Ratet doch mal, was die folgenden Features machen:

  • Smooth Motion Drive Pro
  • XR Motion Clarity
  • Perfect Natural Motion
  • Motion Xcelerator Turbo Pro
  • OLED Motion Pro

Das Wort »Motion« ist des Rätsels Lösung: Das sind alles Bezeichnungen für Bildinterpolation, die jeder Hersteller anders bezeichnet. Dadurch werden Zwischenbilder eingerechnet; Objekte bewegen sich auf dem Schirm geschmeidiger.

Sucht man als Laie nach einem neuen Fernseher, wird man nicht nur durch einen Akronym-Dschungel gelotst, sondern es kommen auch noch Eigennamen von jedem Hersteller für bestimmte Funktionen hinzu – und dann weiß man oft nicht, ob man dieses Feature überhaupt braucht.

Selbst als Profi kommt man da zuweilen durcheinander.

Den in der Vergangenheit liegenden Move von Samsung, um den es im nächsten Artikelabschnitt geht, habe ich bis heute nicht verstanden – und das, obwohl ich dabei war, als er passierte.

QLED vs. OLED

Der Begriff QLED startete einst als Gegenentwurf zu OLED. (Bild: LG, Samsung, LittleBlue - adobe.stock.com) Der Begriff QLED startete einst als Gegenentwurf zu OLED. (Bild: LG, Samsung, LittleBlue - adobe.stock.com)

Samsungs Einstieg in den OLED-Markt kam vor zwei Jahren überraschend, denn der Hersteller hatte sich bis dahin beharrlich geweigert, TVs mit organischen Pixeln ins Programm aufzunehmen.

Also hatten sie stattdessen kurzerhand QLED aus der Taufe gehoben. Der Clou: QLED und OLED haben nichts gemeinsam, außer einen fast identischen Namen. Quantum Dots haben die Südkoreaner bereits viele Jahre vorher in ihren TVs verbaut.

Ich habe damals den Kopf geschüttelt, weil mir klar war, dass es absichtlich für Irritationen sorgen sollte. Plus: Es war ein weiteres Akronym, das Laien vor dem Kauf eines neuen Fernsehers zusätzlich verwirrte. Heute sind die Fronten geklärt, auch weil Hersteller wie TCL QLED als Bezeichnung übernommen und bekannter gemacht haben.

Und ob OLED oder QLED heute nun besser sind, steht nach wie vor zur Debatte.

Was sind die Alternativen?

Konkurrenz belebt das Geschäft, aber meiner Meinung nach haben Features und Akronyme und Bezeichnungen und Eigennamen eine zu hohe Flughöhe erreicht, als dass sie viele von uns am Boden noch erreichen könnten.

Modellbezeichnungen könnte man durch simple Eigennamen ersetzen (Loewe macht es mit einfachen Produktbezeichnungen wie »Loewe Tele.Vision 55« vor), aber das wäre nur die Spitze des Eisbergs.

Im Falle der Feature-Akronyme hilft vermutlich nur abzuwarten, bis sich der eine oder andere Standard durchgesetzt hat, sodass nicht verwendete Funktionen einfach durchs Raster fallen. Das löst das Problem wiederum nicht, wenn es um neue Features geht, die alle paar Jahre hinzukommen.

Dennoch wäre es wünschenswert, dass sich die Hersteller auf einheitliche Bezeichnungen einigen, wenn es um Funktionen wie die Bildinterpolation geht, die im Grunde stets (fast) das gleiche machen.

Den Marketingsprech werden wir wohl nie los, denn da werden die Hersteller immerzu versuchen, mit möglichst bombastisch klingenden Eigennamen für Aufmerksamkeit zu sorgen. Um das Recherchieren und Vergleichen kommen Käufer also nicht herum.

Was allerdings ganz sicher helfen würde: Transparenz. Die eingangs erwähnte Panel-Lottiere wäre beispielsweise ein Anfang, denn es macht einen Unterschied, ob der Samsung S90D in 65 Zoll 1.300 Nits Spitzenhelligkeit schafft und die 77-Zoll-Variante nur 1.000 Nits, weil ein anderes Panel verbaut ist.

Tech Radar hat einen Entschluss aus der Antwort von Samsung gezogen: Sie können die 2024er-OLED-TVs des Herstellers nicht mehr empfehlen, zumindest nicht, wenn sie die entsprechende Größe nicht im Testlabor hatten. Wenn nicht mal mehr die Profis so recht wissen, was sie befürworten sollen, dann ist es womöglich an der Zeit, umzudenken.

Wie empfindet ihr es, dass Samsung nicht verrät, welches OLED-Panel in den TVs verbaut ist? Seid ihr auch verwirrt durch die vielen Akronyme? Schreibt es gerne in die Kommentare.

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