DayZ - Standalone Version - Zwischen Hunger und Sadisten

DayZ ist als Standalone-Version über Steam im Early-Access-Programm spielbar - wenn auch nur sehr bedingt. Doch die Alpha ist schon jetzt ein Open-World-Paradies für Sadisten, Humanisten und Experimentierfreudige.

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DayZ ist eines dieser Phänomene, die kaum erklärbar sind und für deren Entschlüsselung so mancher Manager eines größeren Publishers wohl sogar einen Zombie-Biss in Kauf nehmen würde: Wie aus dem Nichts aber dafür mit reichlich Passion hat Dean Hall im Juni 2012 eine Modifikation für den Militär-Shooter ARMA 2 entwickelt, die innerhalb kürzester Zeit Millionen von Spielern begeisterte - und die Verkaufszahlen des Hauptspiels in ungeahnte Höhen schnellen ließ. Und das, obwohl das Projekt an diversen Fehlern krankte und sich aufgrund seiner MMO-Struktur irgendwie so gar nicht mit der genutzten Real-Virtuality-Engine vertragen wollte.

Nicht zuletzt auch aufgrund dieser Engine-Frage entschieden sich Hall und sein mittlerweile aufgebautes Entwickler-Team bei Bohemia Interactive gegen Ende des vergangenen Jahres, das bis dahin erreichte fast komplett über Bord zu werfen und aus dem Mod-Konzept ein Stand-Alone-Spiel zu machen, das auf einer an die MMO-Bedürfnisse angepassten Engine basieren würde.

Damit konnte der Entwicklungsleiter seine ursprüngliche Ankündigung, eine eigenständig lauffähige Version des Projekts bereits im Dezember 2012 zu veröffentlichen, zum Ärger einiger Spieler zwar nicht einhalten. Allerdings war er sich auch sicher, nur durch diesen radikalen Schritt genau das Spiel entwickeln zu können, das er von Anfang an plante.

Bezahlter Alpha-Test

Über ein Jahr und unzählige kritische Stimmen später ist nun eine erste Alpha-Version der Stand-Alone-Fassung von DayZ im Rahmen des Steam-Early-Access-Programms veröffentlicht worden. Preislich richtet sich das Ganze allerdings eher an Visionäre: 23,99 Euro werden für das dem Entwicklerteam selbst zufolge »mit ernsthaften Problemen« behaftete »Testumfeld« mit nur einigen »ausgewählten« Features aufgerufen. Im Preis inbegriffen sind aber immerhin alle zukünftigen Versionen des Spiels - Beta- (die noch über ein Jahr auf sich warten lassen wird) und finale Fassung mit eingeschlossen. Wer später einsteigt, zahlt übrigens für Beta und Release-Version jeweils ein paar Euro mehr, ähnlich wie schon bei ARMA 3.

Zyniker werden nun anmerken, schon ganz andere Preise für noch nicht einmal als solche deklarierte Alpha-Versionen bekannter Blockbuster gezahlt zu haben. Verfechter günstiger Indie-Titel wiederum könnten die 19,95 Euro "teure" Release-Version von Minecraft ins Feld führen, das sogar in seiner damals 9,95 Euro kostenden Alpha-Fassung spielerisch mehr zu bieten hatte, als die aktuelle DayZ-Stand-Alone-Alpha. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.

Schöne neue Zombie-Welt

Wer trotz (noch) fehlender Inhalte bereit ist, für rund 24 Euro am Alpha-Test teilzunehmen, erhält ein Spiel, das immerhin andeutet, wo die Reise in den kommenden Monaten und Jahren hingehen könnte.

Rein visuell hat sich im Vergleich zur auf der ARMA-2-Engine basierenden Modifikation einiges getan: Neue und detailliertere Charakter-Modelle, neue Texturen und generelle Verbesserungen an der Grafik dürften beim erstmaligen Einloggen in die apokalyptische Spielwelt von Chernarus (2.0) für Verzücken bei allen Freizeit-Überlebenden der Zombie-Seuche sorgen.

DayZ Modifikation So sieht das Original-Dorf aus der ARMA-2-Mod aus. Die Häuser stehen eher vereinzelt herum und sind zum Großteil nicht begehbar.

DayZ Stand-Alone Die überarbeitete Version des ursprünglich aus ARMA 2 bekannten Dorfes Polana.Es gibt deutlich mehr (begehbare) Gebäude und mehr Details.Außerdem wirkt die Vegetation realistischer.

Besonders hübsch: Die realistischer wirkenden und flüssigen Charakter-Animationen, die vom geschmeidigen Laufen über das Öffnen einer Wasserflasche bis hin zum Schälen einer Banane reichen, sowie verschiedene neue Lichteffekte. Hier scheinen blendende Sonnenstrahlen durch die Baumwipfel, dort taucht der Lichtkegel einer Taschenlampe ein verlassenes Gebäude in unheilvolles Licht. All das sorgt in Verbindung mit der Geräuschkulisse für eine recht stimmungsvolle Atmosphäre und zieht den Spieler vor dem Monitor intensiver in das Geschehen hinein, als es noch die Modifikation vermochte.

Allerdings scheinen die grafischen Verbesserungen, trotz Auslagerung verschiedener Berechnungen vom Client auf den Server, noch ein wenig auf die allgemeine Performance zu schlagen. Selbst mit Grafikkarten der Marke GeForce GTX 780 gibt es in den größeren Städten mitunter Einbrüche bei der Bildwiederholrate - trotz heruntergefahrener Details.

Worauf genau die gelegentlichen Performance-Einbrüche zurückzuführen sind, lässt sich nur vermuten. Gut möglich, dass es die unzähligen neuen Gegenstände sind, die Hall und sein Team in das Spiel integriert haben.

Harter Wiedereinstieg

Auch abseits solcher technischer Probleme kann es ein paar Stunden dauern, bis man mit DayZ wieder warm wird. So ging es zumindest dem Autor dieser Zeilen: Zuerst fiel mir die Orientierung schwer (kyrillisch war noch nie meine Stärke und die Orts-Einblendung beim Spawnen am rauschenden Meer gibt es nicht mehr), dann bin ich fast eine halbe Stunde lang an der Küste entlang gelaufen, ohne auch nur einen Zombie zu sehen, nur um dann im Landesinneren an Hunger zu sterben - natürlich nachdem ich meinen ersten und offenbar extrem raren Rucksack gefunden hatte.

Dann kam er aber doch noch, dieser typische DayZ-Moment: Bei Kamenka neu ins Leben getreten und anschließend getrieben von der Gier nach kaltem Stahl zog es mich zur neuen Militärbasis nördlich der Stadt. Mit M1A4 über der Schulter und Pistole im Brust-Holster fühlt man sich zwar deutlich sicherer - ist es aber ohne Munition nicht wirklich, wie mir wenig später zwei andere Spieler deutlich machen sollten. Die hatten es zwar überraschenderweise weder auf mein Leben noch auf meine Ausrüstung abgesehen, erprobten an mir allerdings zwei neue Spiel-Features unter Live-Bedingungen: Das Fesseln und die Zwangsverfütterung von vergammeltem Obst.

DayZ - Screenshots der Standalone-Version ansehen

Diese neuen Spielelemente lassen DayZ schon fast zum Sozial-Experiment mutieren und werden in den kommenden Monaten vielleicht noch zu Kontroversen führen. Es gibt jedenfalls nicht viele Spiele, die ihren Nutzern derartige Freiheiten geben und es ganz der Moral des Spielers überlassen, wie sie diese Mittel einsetzen. In der DayZ-Mod hatten sich beispielsweise Spieler zu einer Art Rotes Kreuz zusammengeschlossen und auf Hilferufe anderer reagiert. Andere Spieler nehmen hingegen Gefangene und lassen diese in Duellen um ihr Leben kämpfen. In solchen Situationen muss man wohl fast unweigerlich an den deutschen Psycho-Thriller Das Experiment denken.

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