Echtzeit-Strategie, das heißt heutzutage vor allem Starcraft 2. Natürlich nicht, weil es überhaupt keine anderen Spiele mehr im Genre gäbe. Aber über Blockbuster vom Schlage eines Command & Conquer dürfen wir uns nur noch selten freuen - von den altehrwürdigen Klassikern hat sich nur Starcraft gehalten. Umso bemerkenswerter also, dass Grey Goo von den Strategieveteranen von Petroglyph konsequent als Gegenentwurf dazu antritt. Wo die besten Starcraft-Spieler jede einzelne Einheit millimetergenau per Hand lotsen und mehrere hundert Aktionen pro Minute schaffen, will es Grey Goo bewusst unkompliziert angehen lassen.
Deswegen pfeift das Spiel unter anderem komplett auf aktivierbare Spezialfähigkeiten. Das Kalkül der Entwickler: Je weniger wir uns mit Kleinigkeiten herumschlagen müssen, desto mehr Zeit haben wir für große strategische Manöver und knallige Massenschlachten. Makro statt Mikro also, damit setzt sich Grey Goo am ehesten zwischen Command & Conquer und Supreme Commander. Auch nicht die schlechtesten Vorbilder.
Steam-Pflicht
Grey Goo muss über Valves Onlineplattform Steam aktiviert werden. Dazu ist eine Internetverbindung notwendig. Danach lässt sich das Spiel auch im Offlinemodus starten und über LAN im Mehrspielermodus spielen, ein Weiterverkauf ist allerdings nicht mehr möglich.
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Katalyst statt Tiberium
Vor allem das Erbe von C&C erkennen wir sofort, eine Partie geht genauso los wie schon vor 20 Jahren: Raffinerie hochziehen, Erntefahrzeuge zum nächsten Ressourcenfeld rumpeln lassen und mit dem Tiberium - äh, Katalyst! - die erste Fabrik anschmeißen. Ganz klassisch liegt der Schlüssel zum Sieg darin, uns möglichst viele Ressourcenvorkommen unter den Nagel zu reißen und die meisten Panzer pro Minute vom Stapel rollen zu lassen. Wer nicht abgehängt werden will, muss sich früh über die Karte ausbreiten und gleichzeitig dem Feind die Expansion verhageln.
Das hält die Partien angenehm dynamisch, aber Grey Goo bleibt dabei immer komfortabel. Gerade zu beschäftigt mit Kämpfen, um in die Basis zu schauen und neue Truppen in Auftrag zu geben? Kein Problem, auf Knopfdruck blenden wir jederzeit eine Bauleiste ein und klicken ein paar Extrabomber in die Warteschlange. Um neue Einheiten freizuschalten, schrauben wir vier verschiedene Technik-Anbauten an unsere Fabriken. Belagerungskanonen verlangen etwa eine Panzer-Erweiterung und eine Artillerie-Erweiterung, für ein Flakgeschütz kombinieren wir dagegen Artillerie und Luft.
Von Menschen und Schleimbatzen
Alle drei Fraktionen zimmern ihre Basis auf eigene Weise zusammen. Die außerirdischen Beta stellen zunächst Verteiler auf, je nach Größe bieten die zwei bis sechs Anschlussplätze für die übrigen Gebäude. Weil jede Fabrik nur von Technikerweiterungen am gleichen Verteiler profitiert, müssen wir unsere Produktionskapazitäten sorgsam planen.
Praktisch: Wir dürfen die Verteiler überall auf der Karte abwerfen und so ganz einfach Außenposten etablieren. Damit tun sich die Menschen deutlich schwerer. Alle ihre Gebäude müssen nämlich per Energieleitung an ihre Zentrale angeschlossen werden. Umso leichter haben sie es dafür, ihre Basis in eine waffenstarrende Festung zu verwandeln.
Und dann ist da noch das namensgebende Grey Goo: intelligente Nanomaschinen, die sich zu Gebilden aus grauer Masse zusammenschließen und dadurch wie dicke Schleimklumpen aussehen. Sie verzichten gleich vollständig auf Gebäudebau und beginnen das Spiel stattdessen mit einem Mutterschleim. Den dürfen wir frei bewegen und auf Ressourcenvorkommen pfropfen, die er dann genüsslich nuckelt. Hat er sich vollgefressen, spalten wir weitere Mutterschleime und kleinere Amöben ab.
Die Amöben mutieren zu Einheiten, mit den neuen Mutterschleimen breiten wir uns wie ein Parasit immer weiter auf der Karte aus. Es entsteht ein völlig eigenes Spielgefühl, wir sind gleichzeitig Jäger und Gejagter – auf der einen Seite in der Lage, aus jeder Richtung anzugreifen, auf der anderen Seite immer verwundbar, wenn der Feind unsere Mutterschleime aufspüren sollte. So müssen beide Seiten immer wachsam bleiben und die ganze Karte im Blick behalten.
Einheiten-Einheitsbrei
So vielfältig und interessant der Basisbau ist, so enttäuschend fällt dafür das Einheitenrepertoire aus. Die Menschen führen gerade mal zehn Truppentypen ins Feld, und zwar durch die Bank nur leicht veränderte Versionen ihrer Beta-Konterparts. Der Beta-Bomber äschert vielleicht ein etwas größeres Gebiet ein und der Menschenbomber schleudert seine Ladung präziser auf einzelne Ziele, aber darin erschöpfen sich die Unterschiede auch schon wieder. Echte Spezialeinheiten mit einzigartigen Funktionen bleiben die Ausnahme.
Das wandelnde Goo-Bollwerk zieht zum Beispiel automatisch die Schüsse aller umliegenden Feinde auf sich. Auch wenn das Makro-Spielkonzept aktivierbare Spezialfähigkeiten verbietet, wäre also mehr als genug Spielraum für spannende Truppen. Und davon hätten wir uns deutlich mehr gewünscht. So haben wir viel zu schnell das Gefühl, alles gesehen zu haben.
Immerhin erforschen wir jede Partie je eines von drei Upgrades in fünf Technikbereichen. Manche davon eröffnen tatsächlich neue Möglichkeiten, etwa Tarnung während der Bewegung für die Stalker-Mechs. Andere schrauben nur leicht die Werte nach oben, und für viele finden wir überhaupt keinen Nutzen. Zu allem Überfluss können wir unsere Einheiten auch noch kaum auseinanderhalten, die Menschen etwa setzen ausschließlich auf nahezu identische weiße Hovercraft-Panzer.
Nur die epischen Einheiten können wir unmöglich verwechseln, die ragen als einzige imposant über dem Schlachtfeld auf und bringen etwas Bombast ins Spiel. Jede Fraktion hat ihre eigene, die Beta etwa schmieden mit der Hand von Rhuk eine schwebende Festung. Die spuckt an der Front neue Mechs aus, jagt ganze Armeen per Raketenschlag in die Luft und bietet außerdem sechs Geschützplätze. Dort können sich kleinere Truppen einhaken, um vom Rücken der Hand aus nahe Feinde aufs Korn zu nehmen.
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