Seite 2: Legend of Grimrock im Test - Comeback des Kerkers

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Das Helden-Viergestiern

Die Charaktererstellung ist einfach und übersichtlich gehalten und somit ziemlich einsteigerfreundlich. Die Charaktererstellung ist einfach und übersichtlich gehalten und somit ziemlich einsteigerfreundlich.

Apropos Heldentrupp: Das Abenteuer geht man wahlweise mit einem vorgefertigten Quartett an oder erstellt die Charaktere selbst. Das übliche, für Nicht-Rollenspieler mitunter mehr als verwirrende Rassen- und Klassenkonstrukt wurde hier auf ein Minimum reduziert. Es gibt Krieger (Nahkämpfer), Magier (Fernkämpfer) und Schurken. Dazu kommen vier Rassen (Menschen, Minotauren, Echsenmänner und Insektoide), deren Wahl die genauen Werte bei den Fähigkeiten und Attributen bestimmt.

Und was machen unsere Protagonisten überhaupt so die ganze Zeit? Ohne frei bereisbare Oberwelt, ohne NPCs, Quests oder sonstige konkrete Aufträge? Nun, sie erforschen den Dungeon. Suchen nach Waffen, Essen und sonstigem Kram, lösen Rätsel und kämpfen gegen allerlei Ungetier und Untote.

Die Rätsel: Abwechslungsreich und kreativ

Das mag schlicht klingen, was Dungeon Crawler in aller Regel ja auch sind. Doch was die Entwickler daraus gemacht haben, ist aller Ehren wert. Die genretypischen Schlüssel, Wandschalter, Falltüren und Teleporter gibt es zwar auch in Grimrock reichlich. Allerdings kommt das Spiel fast komplett ohne Billigmechanismen Marke »Drücke/finde bei A dies und jenes, damit bei B die Tür aufgeht« aus. Die Puzzles sind abwechslungs-, einfalls- und geistreich, teilweise setzen sie sogar neue Maßstäbe.

Beliebte Mechanismen: Schalter Die Grimrock-Spielmechanik baut stark auf scheinbare Kleinigkeiten und Nebensächlichkeiten, die bei anderen Spielen vielleicht ein oder zwei Mal eine Rolle spielen. Hier hält es sich bis in Details besonders eng an sein Vorbild Dungeon Master. Folgend einige Beispiele wie etwa Knöpfe und (versteckte) Schalter. Mit ihnen werden vornehmlich Türen, Tore und bewegliche Mauern geöffnet oder geschlossen – kaum ein Geheimnis lässt sich ohne das Drücken mindestens eines Schalters entdecken.

Teleporter Zu Teleportern haben die Grimrock-Entwickler anscheinend eine besondere Zuneigung entwickelt. Kaum ein Level kommt ohne sie aus, nicht selten sind sie Dreh- und Angelpunkt von besonders kniffligen Rätseln. Mitunter müssen auch Gegenstände durchgeschickt werden, in Legend of Grimrock steckt also auch ein klitzekleines bisschen Portal.

Bodenplatten Bodenplatten wurden in Dungeon Master geradezu inflationär verwendet, meist um Türen zu öffnen. Gerne auch gleich mehrere, wobei das Tor dann nur nach einer bestimmten Kombination aufging. In Legend of Grimrock haben die Bodenplatten eher spärliche Auftritte, werden allerdings deutlich intelligenter in Rätsel eingebaut.

Fackeln Auch die Fackeln sind in Grimrock wieder mit von der Partie. Allerdings wurde der in Dungeon Master vorhandene Nervfaktor entschärft: Es sind genug Lichtquellen auf die Gänge und Wände verteilt, sodass man nur sehr selten eine Fackel mitnehmen muss. Außerdem erkennt man selbst bei völliger Dunkelheit noch fast alles. Als Ausgleich kommen die Fackeln nun auch in dem einen oder anderen Puzzle zum Einsatz.

Gehirnzwirbler sind ebenso dabei wie Reaktionstests, mal kommt es eher auf die kreative Ader und dann wieder aufs richtige Timing an. Manche Aufgaben bringen schon auf 2x2 Feldern den Denkapparat auf Hochtouren, andere ziehen sich über den halben Level. Dabei geht es meist ebenso anspruchsvoll wie fair zu - Frustmomente entstehen lediglich dann, wenn man gar nicht erst erkennt, sich schon mitten in einem Puzzle zu befinden. Und das kann durchaus vorkommen, denn mit Tipps und Hinweisen geht Grimrock äußerst spärlich um.

Retro-Inventar

Wohnen nach Wunsch: Diese kleine Halle ist mit Statuen und Holzfässern für Grimrock-Verhältnisse vergleichsweise üppig ausstaffiert. Wohnen nach Wunsch: Diese kleine Halle ist mit Statuen und Holzfässern für Grimrock-Verhältnisse vergleichsweise üppig ausstaffiert.

Als Belohnung für die Strapazen warten meist Geheimräume mit besonders wertvoller Ausrüstung. Was insofern nützlich ist, als dass »einfach so« vergleichsweise wenig herumliegt - seien es nun Waffen, Rüstungen und Essensrationen. Aufgesammelte Gegenstände landen im mit 21 Feldern nicht gerade übermäßig großen Inventar. Eine Sortierfunktion fehlt ebenso wie eine automatische Vergleichsfunktion bei ähnlichen Items. Säcke, Kisten und ähnliche Behälter lindern zwar die permanente Platznot und lassen sich als Behelfs-Sortierkästen verwenden, allerdings fehlt dann der schnelle Überblick.

Alles in allem verbringt man mehr Zeit als gewünscht mit der fummeligen Gegenstände-Herumschieberei. Auch deshalb, weil es trotz der Ausrüstungsknappheit mit Tränken, Pflanzen, Wurfobjekten, Schriftrollen, Zetteln und einigem mehr genug zum Sammeln gibt. Immerhin kann man auch genug wieder fallen lassen: Die Ausrüstung nutzt sich nicht ab und Händler gibt es auch keine, also gleich wieder weg mit nutzlosem Krempel.

Wer rumsteht, stirbt

Dass man viel in seinem Warenbestand herumwühlen muss, liegt auch an den mehr als knackigen Gegnern. So ist man beständig am Optimieren der angelegten Ausrüstung, da jedes noch so kleine Fitzelchen Angriffskraft und Rüstung die Chancen bei den Kämpfen erhöht.

Hintergrund: Dungeon Master Das von FTL Games entwickelte, 1987 veröffentlichte Dungeon Master setzte gleich in mehreren Bereichen Maßstäbe und war dem Rest der Branche teilweise Lichtjahre voraus: Es war das erste in Echtzeit ablaufende Rollenspiel durchgehend in 3D-Grafik (oder was damals als solche durchging) und setzte komplett auf eine Maussteuerung. Statt respawnender Gegnerhorden war jedes Monster eine Art Individuum, das auch von Falltüren verletzt und durch Gitter hindurch beschossen werden konnte. Alles in allem ein absolut bahnbrechendes Spiel, das etliche Nachahmer fand, unter anderem Westwoods Eye of the Beholder-Serie.

Dungeon Master: Chaos Strikes Back So avancierte Dungeon Master zum erfolgreichsten Atari-ST-Spiel aller Zeiten. 1989 erschien mit Chaos Strikes Back ein alleine lauffähiges Addon. Eigentlich schon viel zu spät, zudem bleib es bei der einen Erweiterung, obwohl eine ganze Latte geplant war. Der Hauptgrund für den schleppenden Nachschub war eine klassische Fehlentscheidung. Anstatt den Geldsegen für einen erhöhten Produktausstoß zu nutzen, verzettelte sich FTL Games mit der Umsetzung auf gut ein halbes Dutzend andere Plattformen. Das hielt das Team ausgeführt bis in die 90er Jahre hinein von der Entwicklung eines echten Nachfolgers ab.

Dungeon Master 2: Skullkeep Als Dungeon Master 2: Skullkeep 1995 endlich erschien, musste man konsterniert feststellen, dass Lichtjahre in der Spielebranche verdammt kurz sein können. Zwar wurde das Spielkonzept noch mal aufgemöbelt, unter anderem mit einer (kleinen) Oberwelt. Doch die Konkurrenz, vor allem in Form der beiden »echten« 3D-Abenteuer der Ultima Underworld-Serie, war inzwischen ihrerseits meilenweit voraus, außerdem herrschte im Rollenspielmarkt gerade eine Flaute. Das Mutterunternehmen von FTL Games wandte sich daraufhin anderen Geschäftsfeldern zu, der Entwickler schloss 1996 seine Pforten.

Eine wichtige Rolle spielt auch die Formation der Gruppe: Die vordere Reihe reibt den Gegner im Nahkampf auf, von hinten beackern Magier und Schurke den Feind mit Zaubersprüchen, Wurfgeschossen und Speeren. Trefferzonen existieren nicht, das Timing spielt aber eine wichtige Rolle. Es lohnt sich, ständig in Bewegung zu bleiben - so können die Helden den gegnerischen Angriffen ausweichen und die kurze »Auszeit« der Gegner wiederum für eigene Attacken nutzen.

Die durch siegreiche Scharmützel verdienten Erfahrungspunkte führen regelmäßig zu Levelaufstiegen, bei denen man Attributspunkte verteilen darf. So lernt man zwar keine Spezialangriffe (es gibt nämlich keine), verbessert aber die Werte der Protagonisten, spendiert ihnen mehr Lebenspunkte oder schaltet beim Zauberer neue Sprüche frei. Aber Vorsicht: Einmal vergebene Zähler sind weg, eine Umverteilung erlaubt Grimrock nicht.

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