Vor über 35 Jahren lagerte jemand 7.000 Apple-PCs ein, um sie später zu verkaufen – doch Apple holte sie zurück und begrub sie auf einer Mülldeponie

Wir werfen einen Blick auf die traurige Geschichte eines der ersten PCs mit grafischer Benutzeroberfläche.

Der Apple Lisa hier mit oben angebrachtem externen Festplattenlaufwerk zu sehen. (Bildquelle: YouTubealker33) Der Apple Lisa hier mit oben angebrachtem externen Festplattenlaufwerk zu sehen. (Bildquelle: YouTube/alker33)

Erst vor Kurzem berichteten wir über 2.200 Computer, die 23 Jahre lang in einer Scheune Staub ansetzten, ehe sie auf Ebay verkauft wurden. Heute präsentieren wir euch einen ähnlichen Fall, der sich bereits vor über 35 Jahren zugetragen hat.

In den 1980er-Jahren hatte ein gewisser Bob Cook 7.000 übriggebliebene Lisa-Computer von Apple gekauft. Doch bevor er respektive seine Firma Sun Remarketing die Geräte an den Mann bringen konnte, griff Apple ein und ließ die Geräte verschrotten und begraben.

Was ist genau geschehen?

Der Reihe nach: 1983 brachte Apple Lisa auf den Markt. Lisa war einer der ersten Personal Computer, der mit einer Maus in einer grafischen Umgebung beziehungsweise Benutzeroberfläche bedient werden konnte.

Das Konzept hatte Apple nicht selbst erfunden, sondern per Aktiendeal von dem Unternehmen Xerox übernommen. Das hatte schon in den 1970er-Jahren mit grafischen Benutzeroberflächen experimentiert und bei einem Besuch Apple-Mitbegründer Steve Jobs in seinen Bann gezogen.

Lisa war trotz aller Innovationen jedoch kein Erfolg, sondern ein Reinfall. Das lag zum einen am enormen Preis von 10.000 US-Dollar – in Deutschland wurden 30.000 Mark aufgerufen. Zum anderen hatte das System eine Reihe von Problemen, wie Mac-History berichtet.

Lisa war nicht ausgereift

So war das Betriebssystem Lisa OS bereits auf Multitasking ausgelegt. Der verbaute Prozessor, ein Motorola 68000 mit fünf Megahertz, war damit allerdings überfordert. Auch das Diskettenlaufwerk wies technische Probleme auf und funktionierte nicht zuverlässig.

Insgesamt wurden nur 30.000 Stück (oder 80.000 laut einem Videobeitrag von The Verge, den wir ganz am Ende des Textes eingebettet haben) verkauft. Konkurrenz gab es zudem neben Rechnern von IBM auch intern durch den Macintosh für 2.500 Dollar, der 1984 das Licht der Welt erblickte. Ridley Scott inszenierte den legendären Werbespot dazu:

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Einstellung des Projekts Lisa und Verkauf an Bob Cook

1985 stellte Apple das Projekt Lisa dann endgültig ein. Allerdings waren noch rund 7.000 Stück davon gelagert. Da Apple diese Lisas nicht selbst verkaufen wollte, wandte sich das Unternehmen an einen alten Bekannten – Bob Cook.

Bob Cook wollte sich ursprünglich eine Existenz als Verkäufer neuer Apple-Produkte aufbauen. Da das Geschäft allerdings nicht so gut lief, ersann er eine neue Idee: Er verkaufte statt aktueller Produkte ältere Computer zu einem geringeren Preis.

Das Konzept demonstrierte er erfolgreich mit seiner Firma Sun Remarketing anhand des Apple III, einem weiteren Fehlschlag des Unternehmens. Insgesamt 3.500 Apple III übernahm er günstig und verkaufte sie zu ebenfalls relativ niedrigen Preisen weiter.

Die Lisas wurden aufgerüstet

Mit Apple Lisa hatte Bob Cook aber Größeres vor. Damit die Geräte, die technisch bereits überholt waren, mithalten konnten, ließ er sie aufrüsten. Selbst das Betriebssystem MacWorks Plus war völlig neu und dem aktuelleren OS Macintosh Plus des Macintosh entliehen.

200.000 US-Dollar flossen in die Generalüberholung, die neben dem Betriebssystem auch ein besseres Diskettenlaufwerk (für 800 KByte große Datenträger), einen vergrößerten Arbeitsspeicher (zwei MByte statt einem beziehungsweise einem halben MByte) und eine größere Festplatte (20 MByte) umfasste.

Den umgebauten Rechner nannte Sun Remarketing Lisa Professional. Doch ehe die Geräte tatsächlich verkauft werden konnten, schritt Apple 1989 überraschend ein und holte alle Computer zurück.

Offenbar hatte das Unternehmen eine Klausel in die Verkaufsverträge mit Bob Cook schreiben lassen, die das Recht einer Zurückholung beinhalteten.

Alle verbliebenen Lisas wurden vergraben

Wie aus dem unten eingebetteten Videobeitrag von The Verge hervorgeht, wurden alle 7.000 Lisas bei Sun Remarketing abgeholt und in Logan im Bundesstaat Utah auf einer Mülldeponie zerstört und begraben. Andere Quellen, wie Wikipedia und Mac-History, sprechen von 2.700 Geräten, die unter der Erde verschwanden. Die Diskrepanz können wir nicht erklären.

Dass die Geräte aber wie Jahre zuvor Ataris erfolgloses Spiel E.T. the Extraterrestrial einfach begraben wurden, daran besteht kein Zweifel. Apple selbst machte seinerzeit auch keinen Hehl daraus - zumindest nicht, nachdem eine lokale Zeitung über die Vorfälle berichtet hatte.

Warum hat Apple das gemacht?

Wie Apple selbst gegenüber der Zeitung im Jahr 1989 kundtat, soll die Zerstörung der Lisas gut fürs Geschäft gewesen sein:

Zeitungsausschnitt Hier zu sehen der Ausschnitt aus der lokalen Zeitung, der aus einem Interview mit Apple resultierte. (Bildquelle: YouTube/The Verge)

MacWorks Plus Hier zu Hier zu sehen MacWorks Plus von Sun Remarketing für den Lisa-PC. (Bildquelle: YouTube/The Verge)

In dem Zeitungsartikel heißt es, dass durch die Vernichtung der Computer das Unternehmen für jede 100 Dollar an abgeschriebenen Wert etwa 34 Dollar als Steuervergünstigung erhält.

Außerdem hätte Apple eigenen Angaben zufolge für den Service an den Geräten aufkommen müssen, auch wenn sie von Sun Remarketing verkauft und gewartet wurden.

Bob Cook glaubt das aber nicht. Er geht davon aus, dass Apple die Lisas einfach aus dem kollektiven Gedächtnis der Menschen streichen wollte. Ein Flop hätte womöglich nicht in das Bild gepasst, das Apple nach außen abgeben wollte.

So oder so ist das Verhalten Apples kritisch zu sehen, auch und insbesondere mit Blick auf die Umwelt. Schließlich hätten die Rechner nicht vergraben werden müssen und etliche Teile wären besser recycelt worden.

Offene Fragen

Unklar ist, ob Bob Cook für den finanziellen Aufwand, den die Aufrüstung der Lisas ausmachte, von Apple entschädigt wurde. Wie bereits erwähnt, bleibt auch die Frage nach der Diskrepanz zwischen 2.700 und 7.000 vergrabenen Lisa-Computern offen.

Eine mögliche Erklärung wäre, dass Bob Cook bereits einen Teil der überarbeiteten Lisas verkauft hatte. Das geht aus dem Dokumentarfilm von The Verge allerdings nicht hervor:

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Was haltet ihr von der Geschichte? Hätte Apple Bob Cook die Lisas einfach verkaufen lassen sollen? Oder könnt ihr gar nachvollziehen, dass das Unternehmen so gehandelt hat? Und was ist mit der umweltpolitischen Frage, Computer einfach zu verschrotten und zu begraben? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!

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