Blutzucker messen ohne Blut: Gibt es bald eine Apple Watch, die Diabetes erkennt?

Gestern noch in der Proof-of-Concept-Phase – morgen schon an eurem Handgelenk? Warum es noch etwas länger dauern könnte, bis eure Smartwatch den Blutzucker misst.

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Um die Frage aus der Überschrift aufzugreifen: Gibt es bald eine Apple Watch, die Diabetes erkennt? Die Antwort lautet: vermutlich nicht - zumindest nicht morgen oder nächste Woche. In naher Zukunft hingegen schon eher. Warum das so ist, erfahrt ihr nachstehend.

Blutzuckermessung mit Smartwatch: Fakt oder Fiktion? Jetzt ist auf verge.com ein ausführlicher Artikel von Redakteurin Victoria Song erschienen; in diesem setzt sich Song kritisch mit der Blutzuckermessung via Apple Watch auseinander – und zeigt auf, welche Schritte noch zu gehen und welche Hürden zu nehmen sind, bis die nicht-invasive Blutzuckermessung auf der Apple Watch ankommt. 

Volkskrankheit Diabetes: Manche Menschen bekommen es vererbt, andere erkranken im Verlauf des Lebens daran: Diabetes zählt zu einer verbreiteten Volkskrankheit. Auch Übergewicht und Bewegungsmangel können Auslöser sein. Zum Alltag der Betroffenen gehört es, ihren Körper regelmäßig mit Insulin zu versorgen (siehe hierzu auch den Info-Kasten). 

Was ist Insulin?

Sehr verknappt gesagt: Es handelt sich um ein Hormon.

Nahe am Alltag ausgedrückt: In eurer Mittagspause schnabuliert ihr ein Stück Pizza. Durch die Nahrungsaufnahme kommt Zucker verpackt in Kohlehydraten in eure Blutbahnen. Das Hormon Insulin sorgt dafür, dass das aufgenommene Zucker in eure Zellen transportiert wird.

Deshalb wird Diabetes als Zuckerkrankheit bezeichnet. Diabetiker haben in der Regel zu viel Zucker im Blut; der Blutzuckerspiegel ist aber stark davon abhängig, was betroffene Personen essen, wie viel sie sich körperlich betätigen - und wie viel Insulin gespritzt wurde.

(Nicht-)invasiver Eingriff: Sich regelmäßig in die Fingerspitze piksen, um ans körpereigene Blut zu kommen, gehört für Diabetiker zum Alltag. Man spricht hier auch von einem invasiven Eingriff. Es gibt aber auch das sogenannte Flash-Glukose-Monitoring, bei dem Betroffene einen Sensor am Oberarm tragen. Mit seiner aktuellen Entwicklung schickt sich der Hersteller aus Cupertino an, die nicht-invasive Blutzuckerüberwachung auf seine Smartwatch zu bringen. 

Zur Vorgeschichte: Am 24.02.2023 hat euch Kollege Patrick Schneider in einer Meldung nahe gebracht, wieso die Apple Watch längst mehr als nur ein modisches Accessoire ist – sondern auch der Gesundheit dient. Lest die Vorgeschichte bei uns.

Ist die nicht-invasive Messung bald möglich?

Wie funktioniert die Blutzuckermessung mit der Smartwatch? Kollege Schneider hat den Vorgang in seinem Artikel anschaulich erklärt (siehe Link oben). Mit einem Wort gesagt: Es wird die sogenannte Absorptionsspektroskopie genutzt. Das ist ein großes Wort für einen Vorgang, bei dem »ein Licht von einem Laser unter die Haut gestrahlt [wird], um die Konzentration von Glukose im Blut bestimmen zu können«. Allerdings ist dies ein Vorgang, der auch jetzt schon bei Smartwatches genutzt wird – etwa, um die Herzfrequenz oder den Sauerstoffgehalt des Blutes zu messen. Also: Erstmal nichts Neues. 

Absorptionsspektroskopie anders genutzt: Im Gegensatz zur Messung von Herzfrequenz oder Sauerstoffgehalt im Blut, wird bei der Blutzuckermessung nicht grünes oder roten LEDs verwendet – sondern infrarotes Licht.

Soweit zu den Grundlagen. Aber wieso wurde die Blutzuckermessung per Smartwatch nicht schon vorgestern als Funktion eingebaut?

Wen es bereits jetzt in den Fingerspitzen juckt, sich eine Smartwatch ums Handgelenk zu schnallen: Erlaubt uns, euch kurz mit einer kuratierten Auswahl an passenden Wearables zu belästigen. Danach geht's direkt weiter mit dem Artikel.

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Herausforderung No. 1

Das Signal ist zu klein. In ihrem Artikel zitiert Song einen Herrn namens David Klonoff; der ist Chefredakteur der wissenschaftlichen Fachpublikation Diabetes Science and Technology. Klonoff sagt: 

“Das Signal, welches wir bei der Blutzuckermessung zurückerhalten, ist sehr klein." 

Amateurhaft gesagt: Weil das empfangende Signal so klein ist, ist es schwierig, Glukose von ähnlich strukturierten Chemikalien im Körper zu trennen. Das empfangene Signal ist also mäßig vertrauenswürdig.

Herausforderung No. 2

Wasser verfälscht das Messergebnis. Und da unsere Körper zu einem Großteil aus Wasser bestehen, ist das relevant. John Mastrototaro, CEO von Movano (einem Technologieunternehmen mit Schwerpunkt auf Gesundheit), sagt dazu im selben Artikel:

“Wasser stört die Messungen bei optischen Verfahren [wie der Absorptionsspektroskopie]. Wenn sich die Wassermenge auch nur geringfügig ändert, kann das die Messung dramatisch beeinflussen.

Herausforderung No. 3

Betrifft externe Einflussfaktoren. Diese verorten sich sozusagen außerhalb einer Smartwatch. Neben der körperlichen Bewegung, wenn ihr eine Smartwatch am Handgelenk tragt; oder dem schlechten Hautkontakt, falls ihr die Smartwatch nicht ordentlich befestigt habt, könnte vor allem die Sonne der Endgegner für das visionierte Blutzucker-Feature sein. Wieso? 

Letztlich, so beschreibt es Song in ihrem Artikel, handelt es sich bei Infrarotlicht um Wärme. Für die in einer Smartwatch verbauten Sensoren ist es nun nicht immer leicht zu unterscheiden, ob die wahrgenommene Wärme vom Infrarotlicht der Smartwatch herrührt – oder doch von der Sonne, die an einem bullig heißen Sommertag runterknallt. Hier wird die globale Eskalationsspirale in puncto Klimakatastrophe nicht zugunsten der Smartwatch-Blutzuckermessung wirken.

Herausforderung No. 4

Für die Herausforderung mit den Sonnenstrahlen gibt es bereits eine Lösung: indem mehrere Lichtwellenlängen zugleich gemessen würden, wäre es für die Smartwatch möglich, die gemessene Licht besser zu unterscheiden. Das heißt: je mehr unterschiedliche Wellenlängen gemessen werden, desto besser würde die Blutzuckermessung arbeiten – weil die Smartwatch begreift: 

Oh! Dieser Lichtstrahl gehört zum infraroten Licht – und ist für die Messung relevant. Dieser Lichtstrahl gehört zur Sonne – und ist für die Messung irrelevant.

Herausforderung erkannt, Herausforderung gebannt? Nicht ganz. Denn: Um eine differenziertere Messung umzusetzen, müssten auch mehr Sensoren in die Smartwatch verbaut werden – womit die Entwickler Gefahr laufen, ein klobig-unhandliches Gerät zusammenzuschrauben. Oder aber: die ganzen Sensoren ziehen zu viel Strom – und machen die Smartwatch damit übermäßig von der Steckdose abhängig.

Einer, der mit Armbanduhren jeglicher Bauart bisher fremdelte, aber jetzt nicht mehr ohne seine Apple Watch 7 ins Bett möchte, ist Kollege Maxe Schwind. Erfahrt in seinem lesenswerten Testbericht, wie ihn das Wearable überzeugt hat.

Weitere Herausforderungen

In ihrem Artikel führt Song weitere Herausforderungen auf, die den Rahmen dieser Meldung sprengen würden. Eines von Songs Bedenken scheint aber besonders relevant: das mit einer nicht-invasiven Messung einhergehende Risiko. Kurz gesagt: Angenommen, die die Blutzuckermessung mittels Smartwatch ist fehlerhaft – und führt zu einer falschen Insulin-Dosierung. Was bedeutet das dann für Betroffene? Es bedeutet unter Umständen eine lebensbedrohliche Situation.

Patrick Poti
Patrick Poti

Meine Meinung: Bei der Umsetzung einer solchen Technik, die, bei erfolgreicher Umsetzung begrüßenswert wäre, sollte eine angemessene Sorgfaltspflicht Priorität haben. Sprich: Bei Entwicklungen, jene das Leben von Menschen nachhaltig beeinflussen, sind voreiliges Hurra!-Gejubel und Marketing-Superlative hinten anzustellen. Stattdessen gilt es, einen optimistischen Realismus an den Tag zu legen - und in die Entwicklung von Wearables.

Denn: Ja, Blutzuckermessung mit Smartwatch wäre großartig. Aber: Eine fehleranfällige Blutzuckermessung mit Smartwatch wäre katastrophal. Deshalb: Lieber warten, bis die Messung zuverlässig funktioniert. Song formuliert es in ihrem Artikel passend, wenn sie darauf hinweist: In der Medizin vollziehen sich Veränderungen nur sehr langsam – und das aus Gründen. Gute Gründe, die sich schützend vor die Gesundheit der Betroffenen stellen. 

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