Wir haben vor wenigen Wochen darüber berichtet, dass Kalifornien zu viele Solaranlagen auf Dächern installiert hat. Der grüne Strom kann nicht genutzt und gespeichert werden, der Strompreis bricht regelmäßig ein und viele Megawattstunden gehen ungenutzt verloren.
Jetzt gibt es ein Update. The New York Times (TNYT) berichtete am 7. Mai 2024 über die neue Installation mehrerer Akku-Anlagen, die einen Teil der kalifornischen Haushalte auch nachts versorgen können. Ein Fünftel der Haushalte kann jetzt dank Akkustrom versorgt werden.
Warum ist das wichtig? Solarenergie wird tagsüber produziert. Allerdings verbrauchen die meisten Haushalte eher morgens und abends, vor und nach den Arbeitszeiten, den meisten Strom. Hier fehlt oft eine praxistaugliche Speicherlösung.
- Kalifornien setzt besonders stark auf Solarstrom und besitzt so etwas wie eine Vorreiter-Rolle.
- Wenn der Bundesstaat praxisnahe Lösungen findet, könnten diese Ideen exportiert werden.
- Aktuell setzt Kalifornien auf große Energiespeicher in Form von Akkus.
Das Problem: 2022 verlor der Bundesstaat rund 2,4 Millionen Megawattstunden an Strom, da weder das Netz noch Speichermöglichkeiten mit dem Solar-Ausbau mithalten konnte. Laut TNYT soll aktuell aber kräftig investiert und gebaut werden.
Video: So sieht ein Teil der neu gebauten Akkuspeicheranlagen in Kalifornien aus. Wie große Schiffscontainer oder XXL-Klemmbausteine werden sie aneinandergereiht und liefern in diesem Fall Strom für etwa 700.000 Haushalte (680 MW):
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Im Detail: Kalifornien installierte in den letzten 3 Jahren insgesamt 10.000 MW an Akkuleistung. Damit hat es laut TNYT nach China mehr Stromspeicher gebaut als anderswo in den USA und dem Rest der Welt.
- Aktueller Stand: Am 30. April 2024 lieferten diese Anlagen zwischen 19 und 21 Uhr große Mengen Strom.
- Etwa ein Fünftel aller Haushalte konnte so für einige Zeit mit bis zu 7.046 MW Leistung bedient werden.
- Das entspricht der Leistung von sieben großen Atomkraftwerken.
Helen Kou, Leiterin der US-Energieanalyse bei BloombergNEF, sagte in Bezug auf den Akkuausbau gegenüber TNYT:
Was in Kalifornien passiert, ist ein Vorgeschmack auf das, was in Zukunft mit anderen Netzen passieren könnte. Akkus verwandeln sich von einer Nischenanwendungen zu einem Energielieferanten für große Mengen erneuerbarer Energie in Spitzenbedarfszeiten.
USA sieht Zukunft in Akkuspeichern: Bis Ende 2023 installierten die USA landesweit insgesamt 16.000 Megawatt an Leistung. Laut einer Prognose der U.S. Energy Information Administration soll sich diese Zahl bis Ende 2024 sogar verdoppeln.
Apropos Stromspeicher: Unser Redakteur Dennis Ziesecke testet immer wieder sogenannte Balkonkraftwerke. Dieses Mal prüft er für uns eine Powerstation, dank der er auch nachts Solarstrom nutzen kann.
Sind riesige Akkuspeicher eine Lösung mit Vorbildfunktion für die Welt?
Können uns Akkuspeicher global bei der Bekämpfung des Klimawandels helfen? Mit dieser Frage hat sich der TNYT-Beitrag zumindest innerhalb der USA beschäftigt und kam zu einem interessanten Recherche-Ergebnis.
Eigentlich hätte die USA dank dieser Akkuspeicher – gefüllt mit grünem Sonnenstrom
– durchaus das Potenzial, weniger Strom aus Kohle- oder Atomkraft produzieren zu müssen.
In der Praxis nutzen Betreiber laut TNYT manchmal Kohle- und Gasstrom, um ihre Speicherkapazitäten auszureizen und so den Umsatz zu maximieren. Im Fall Kalifornien scheint es den allgemeinen Gasverbrauch zu verkleinern, welcher auf den tiefsten Stand seit sieben Jahren gefallen ist.
Laut BloombergNEF und TNYT konkurrieren die Akkuspeicher in den USA aktuell vor allem mit kleineren Gaskraftwerken, die zu Spitzenlastzeiten bei Bedarf zugeschalten werden können. Allerdings sei der Preis für diese Akkuspeicher nach wie vor zu teuer, um große, konstant Strom liefernde Gaskraftwerke durch Speicheranlagen zu ersetzen.
Grundsätzlich ist der Ansatz der Speicherung grüner Energien also richtig, um das Verbrennen von Öl, Gas und Kohle einzudämmen. Ob hier Lithium-Ionen-Akkus im großen Stil Abhilfe schaffen, ist aber fraglich.
Der Abbau von Lithium sollte neben dem hohen Preis ebenfalls kritisch betrachtet werden. Lithium wird laut dem Bayerischen Rundfunk größtenteils in Südamerika gewonnen.
Wissenswert: Dort wird das Alkalimetall mit dem salzhaltigen Grundwasser nach oben gepumpt, welches anschließend verdampft. Zurück bleibt ein Salzgemisch mit hohem Lithium-Anteil. Der BR schreibt dazu:
Die Herstellung von einem Kilogramm Lithium verbraucht mehrere hundert Liter Wasser, langfristig kann der Trinkwasserspiegel rund um die Fördergebiete sinken.
Denkbare Alternativen zu klassischen Lithium-Ionen-Akkus
Umweltfrage: Die meisten Speicheranlagen bestehen aus Lithium-Ionen-Akkus. Im Fall von Deutschland existiert eine Idee, Lithium in einer Mine im Erzgebirge abzubauen. Laut MDR soll ab 2028 soll die Förderung beginnen, doch es gibt auch hier Bedenken und Bürgerinitiativen gegen das Vorhaben.
Alternatives Material: Hier gibt es Ansätze wie sogenannte Flow-Akkus des Start-Ups ESS, die auf flüssige Elektrolyten setzen und bis zu zwölf Stunden Strom liefern sollen. Ein weiteres Unternehmen namens Form Energy forscht an Eisen-Luft-Akkus, die sogar 100 Stunden Strom liefern sollen.
- Alternativ könnte man grünen Strom in Wasserstoff umwandeln.
- Flüssigsalzspeicher könnten Solarstrom als Wärmeenergie zwischenspeichern.
Was denkt ihr? Sind Lithium-Akkus im großen Stil die Lösung, wie erneuerbare Energien sinnvoll zwischengespeichert werden können? Welche Speichermöglichkeiten kennt ihr noch? Welche davon haltet ihr für besonders sinnvoll? Schreibt es gerne in die Kommentare.
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