Grafikkarte übertakten: Ist das sinnvoll und bringt es wirklich was?

Ihr wollt eure AMD- oder Nvidia-GPU übertakten, seid euch aber unsicher, ob es was bringt oder ob es sogar schädlich sein kann? Wir sagen es euch!

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Neue Grafikkarten sind aktuell nur schwer aufzutreiben und wenn, dann in der Regel zu extrem hohen Preisen. Manch einer mag da mit dem Gedanken spielen, seine betagte Grafikkarte einfach an die neuen Herausforderungen der Spielewelt anzupassen und zu übertakten.

Doch macht das Overclocking einer Grafikkarte überhaupt Sinn? Wie viel Performance lässt sich damit herauskitzeln und wie steht das in Relation zu Leistungsaufnahme und möglichen Schäden? Diesen Fragen gehen wir im folgenden Artikel nach.

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Was ist Übertakten und wie funktioniert es bei Grafikkarten?

Jegliche Art von Prozessor, also auch GPUs (Graphics Processing Units), basiert auf der Übermittlung und Verarbeitung von Signalen. Wie viel Information dabei übertragen und verarbeitet wird, hängt unter anderem von der Frequenz dieser Signale ab.

Frequenzen sind dabei nichts anderes als Taktraten. Werden diese gesteigert (übertaktet), erhöht sich damit auch die Informationsverarbeitung respektive die Performance.

Zahlreiche Tools helfen euch

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um eine Grafikkarte zu übertakten. Am einfachsten ist es aber, gängige Tools wie den beliebten MSI Afterburner zu nutzen.

Auch andere Hersteller bieten eigene Tools an. So etwa Asus mit GPU Tweak 2 oder EVGA mit PrecisionX. Mittlerweile stellen sogar AMD und Nvidia eigene Tools zur Verfügung, die in die jeweilige Software integriert sind:

  • AMD: Das Übertaktungstool ist Teil der regulären Treiber-Software Adrenalin
  • Nvidia: Bei Geforce-Grafikkarten findet ihr die Funktionen in der Zusatzsoftware Geforce Experience, die ihr bei der Treiberinstallation optional auswählen könnt.

Die wichtigsten Stellschrauben beim Übertakten: Es kommt vor allem auf Spannung, Taktrate, Lüftergeschwindigkeit, die Power- und Temperaturlimits an. Außerdem lässt sich mit den entsprechenden Programmen auch die Frequenz des Videospeichers übertakten.

Wie viel Performance lässt sich mit Übertakten herauskitzeln?

Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, denn jede GPU ist einzigartig, selbst wenn die Grafikkarte ein und dieselbe Bezeichnung trägt.

  • Die Güte der Chips kann stark schwanken, was sich auf das Übertaktungspotenzial oder auf die Temperaturentwicklung auswirkt, die ihrerseits zum Limit werden kann. Bei Letzterem hängt vieles von der Kühllösung ab (zum Beispiel Luft, Wasser oder auch Stickstoff).
  • GPUs werden seitens der Herstellers teils bereits übertaktet (entsprechende Modelle sind oft mit einem »OC« im Namen gekennzeichnet). Für das eigenmächtige Overclocking bleibt dann meist nur wenig Spielraum, obwohl auch hier gilt, dass sich die Chips in ihrer Güte unterscheiden und diese daher unterschiedliches Übertaktunspotenzial bieten.
  • Die Güte und Zahl der Spannungswandler unterscheidet sich je nach Grafikkartenmodell. Beim Übertakten ist es wichtig, dass die GPU mit ausreichend und vor allem gleichmäßig mit Spannung und Strom versorgt wird.

Benchmarks in Cyberpunk 2077

Ausgehend von normaler Kühlleistung, sprich Luft- oder Wasserkühlung, hält sich das Übertaktungspotenzial ohnehin in Grenzen. Mehr als 50 bis 75 MHz sind in vielen Fällen nicht drin, bringen dabei oft aber nur wenig spürbare zusätzliche Performance.

Wir zeigen euch das am Beispiel unserer Asus Rog Strix Geforce RTX 3080 Gaming OC und Cyberpunk 2077. Die wird nominell mit einem Boosttakt von 1.905 MHz angegeben. Diesen Wert übertrifft sie in der Praxis ziemlich leicht, im Schnitt liegt beim Spielen ein Takt von etwas unter 2.000 MHz an. Für den Test haben wir die Taktrate manuell limitiert:

Peformance in Cyberpunk 2077
unterschiedliche Taktraten

  • WQHD
  • 4K
2.025 MHz
80,4
46,4
1.965 MHz
79,8
45,8
1.905 MHz
78,2
44,5
1.815 MHz
75,8
42,9
1.710 MHz
72,6
41,0
  • 0,0
  • 18,0
  • 36,0
  • 54,0
  • 72,0
  • 90,0

Bis zu einer Taktrate von 1.965 MHz steigt die Performance noch spürbar an, danach flacht die Kurve rapide ab.

Nicht jedes Spiel reagiert gleich auf höhere Taktraten. In manchen Titeln können die Performance-Zugewinne durchaus höher ausfallen, zum Beispiel, wenn die Leistung mehr vom Takt als von der Zahl der Rechenkerne abhängt. Aber auch in diesen Fällen liegen die zusätzlichen FPS meist im niedrigen einstelligen Prozentbereich.

Leistungsaufnahme steigt rasant an

Die Mehrleistung bedarf beim Übertakten allerdings überproportional viel Energie respektive deutlich höhere Kühlleistung. Grund hierfür ist die Kernspannung.

Faktor Spannung: Für unseren kurzen, 30 Sekunden langen Test genügt es, über alle Taktraten hinweg eine konstante Spannung von 0,925 Volt anzulegen, da unser System dadurch nicht instabil wird. In der Praxis und für den dauerhaft stabilen Betrieb muss die Spannung aber ebenfalls angepasst respektive erhöht werden. Das wiederum treibt die Leistungsaufnahme sehr schnell in die Höhe, wie die folgende Tabelle veranschaulicht:

Durchschnittliche Leistungsaufnahme der GPU in Cyberpunk 2077
bei unterschiedlicher Kernspannung

  • 4K
2.025 MHz 1,05 Volt
430,5
2.025 MHz 1,00 Volt
402,3
2.025 MHz 0,925 Volt
362,2
  • 0,0
  • 88,0
  • 176,0
  • 264,0
  • 352,0
  • 440,0

Verändern wir die Spannung bei 2.025 MHz von 0,925 auf 1,0 und 1,05 Volt, schießt die entriegelte Leistungsaufnahme auf bis zu 430 Watt und reizt hiermit selbst das auf 120 Prozent erhöhte Powerlimit aus (eigentlich liegt das Limit unserer RTX 3080 bei 370 Watt). Die Temperaturen steigen dadurch ebenfalls massiv an.

Übertakten führt zu Instabilität

Es ist dabei wichtig zu wissen, dass mit Übertaktung generell höhere Instabilität einhergeht. Erfahrungsgemäß kann selbst eine gut eingestellte und per Stresstest validierte Übertaktung in manchen Szenarien zu Abstürzen führen.

Ein sehr sinnvoller Ansatz neben dem Übertakten kann das sogenannte Undervolting sein, also das Senken (statt Erhöhen) der Spannung. Was das ist und wie es funktioniert, könnt ihr unserem Plus-Guide nachlesen:

Ist das Übertakten schädlich?

Direkte Folgen wie zum Beispiel eine defekte GPU sind beim Übertakten heutzutage die Ausnahme. Moderne Chips verfügen über Sicherheitsvorkehrungen, die bei zu hoher Leistungsaufnahme oder Temperatur automatische runtertakten (throtteln) oder sich ganz abschalten. Das schlimmste Szenario ist daher in der Regel ein schwarzer Bildschirm oder ein Absturz eures Systems.

Die Belastung durch dauerhaftes Übertakten steht auf einem anderen Blatt. Auch Prozessoren unterliegen einem Verschleiß, der durch permanent hohe Temperaturen begünstigt wird. Da gewonnene Performance und zusätzlicher Strombedarf meist in einem schlechten Verhältnis stehen, raten wir für das Spielen eher vom Übertakten ab.

Erlischt durch das Übertakten die Garantie?

Einen Garantieverlust müsst ihr durch das Übertakten per Software in der Regel nicht befürchten. Es ist für die Hersteller schlicht kaum nachweisbar, ob ihr den Takt verändert habt. Zudem bieten Nvidia und AMD, wie oben beschrieben, selbst Übertaktungstools an, weshalb es hier nichts zu befürchten geben dürfte.

Übertakten ist prinzipiell auch per Manipulation des Video-BIOS möglich. Sollten dabei Schäden auftreten und ihr das BIOS nicht zurückflashen können, ist die Situation komplizierter. Wenn ihr übertakten möchtet, solltet ihr es daher besser per Tools als per BIOS-Flash tun.

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