Ich habe über 70 Fernseher getestet und bin immer noch überrascht, wie oft ein wichtiges Detail beim Kauf unterschätzt wird

Helligkeit ist ein entscheidender Faktor beim Fernseherkauf, doch wie hell ist zu hell? Oder gibt es so etwas gar nicht? Und warum schert sich da anscheinend niemand drum?

Helligkeit ist der Messwert, den Hersteller immer wieder aufrufen, um ihre Fernseher miteinander zu vergleichen. Warum also die Käufer nicht? OLEDs waren jahrelang zu dunkel und werden es im Vergleich zu LCD-TVs auch bleiben, doch ist das ein Genickbruch?

Wenn ich mit meiner langjährigen Erfahrung anhand von dutzenden Testgeräten eins sagen kann, dann das: Schaut beim Fernseherkauf auf die Spitzenhelligkeit!

So wird Helligkeit gemessen: Die Helligkeit, die ein Display erreicht, wird ins Nits gemessen. Ein Nit sagt aus, wie viel Licht auf einen Quadratmeter Fläche ausgestrahlt wird. Damit entspricht ein Nit (1 nt) einem Candela pro Quadratmeter (1 cd/m²).

In der Regel gilt: Je höher die Anzahl der Nits, desto besser, aber auch der gewissermaßen gegenteilige Wert in Form der niedrigsten erreichbaren Helligkeit beziehungsweise des Schwarzwerts spielt eine wichtige Rolle.

Warum ist Helligkeit so wichtig?

In erster Linie lässt uns Helligkeit ein Bild leichter sehen. Je heller ein Bild, desto mehr Details erkennen wir. Ein knalliges TV-Bild ist für uns viel besser sichtbar als ein dunkles.

Bilder mit hohem Kontrast sehen für uns immer gut aus, denn Kontrast ist für das menschliche Auge am leichtesten zu erkennen. Ein helles Bild auf einem dunklen Hintergrund sticht für uns hervor; wir assoziieren das mit Qualität. Darüber hinaus tun wir uns viel leichter damit, Kontraste zu erkennen. Farbtreue lässt sich dagegen oftmals nur mit einem technischen Gerät messen.

Je mehr sich die Hautfarben der Damen angleichen, desto schlechter ist der Kontrast. Quelle: Burosch Je mehr sich die Hautfarben der Damen angleichen, desto schlechter ist der Kontrast. Quelle: Burosch

Darum ist SDR schuld

Helligkeit in 2023 hat einen ganz anderen Stellenwert als noch vor zehn Jahren. Der Grund: HDR. Vor HDR haben wir stets nur Material mit SDR, Standard Dynamic Range, gesehen - und diese ist heillos veraltet. Doch wir wussten es einfach nicht besser.

Der SDR-Standard wurde mit dem letzten Aushauchen der Röhrenfernseher entwickelt: 0,1 Nits waren das dunkelste Schwarz, 100 Nits hellste Weiß. 

Welche Werte ein Fernseher in diesen Bereichen schaffen kann, hängt stark vom verwendeten Display ab. Was der genaue Unterschied der einzelnen Display-Techniken ist, haben wir hier erklärt:

Heißt das, 100 Nits war das höchste der Gefühle? Nein, denn lediglich die Bildinformation betrug maximal 100 Nits. Wie der Fernseher damit umging, steht auf einem anderen Blatt.

Was haben Fernseher damals also gemacht? Sie haben die Informationen von 0,1 zu 100 Nits einfach in Perspektive gesetzt und der Skala verschoben. War etwasbeispielsweise auf 80 Nits programmiert, wurde es von einem Panasonic Plasma-TV mit einer theoretischen Spitzenhelligkeit von 500 Nits in 450 Nits ausgespielt. Das hat uns immerhin erlaubt, ein average picture level zu etablieren.

Warum mit HDR alles besser ist: Die Skala von 0,1 bis 100 Nits wurde durch HDR überholt. Heute wird High-Dynamic-Range-Bildmaterial in der Regel mit 1.000 Nits gemastert, also zehnmal so viel wie vor etwa 20 Jahren. Wenn’s nach Dolby Vision ginge, würden Bildsignale sogar mit bis zu 10.000 Nits durch Kabel kommen. Doch es gibt eine neue Baustelle.

Was ist mit Fernsehern, die die 1.000 Nits nicht schaffen? Das Display dampft die Videosignale ein - und verschiebt die Skala erneut. Das 1.000-Nit-Signal wird dann mit der Maximalhelligkeit des Fernsehers ausgegeben: Aus 1.000 Nits werden 700, aus 900 Nits 625 und so weiter. Der TV macht das Bild also absichtlich schlechter.

Bedeutet heller gleich heller?

Ja und nein. Fernseher haben Schritt für Schritt ihre Spitzenhelligkeit erhöht. Bei High-End-Geräten liegt der Standard zwischen 2.500 und 3.00 Nits, doch das HDR-Signal bleibt in der Post-Produktion bei gemasterten 1.000 Nits. 

Das ist kein Problem, denn: Mit mehr Spielraum nach oben verschiebt sich auch die Skala wieder. Der Fernseher hat mehr Möglichkeiten, das Material kontrastreicher auszuspielen - und hier kommen Umgebungslicht und das average picture level wieder ins Spiel.

Des Rätsels Lösung ist, in einem gedimmten Zimmer Fernsehen zu schauen, denn die wirklich hohen Nitszahlen braucht das Display für Highlights. Tatsächlich können große Bildschirme ein starke Helligkeit nicht über lange Zeit halten - und das ist gut, denn sonst brennen sie durch. 

Folgendes Szenario: James Bond steigt in der Karibik im Hawaii-Hemd gekleidet in seinen Aston Martin, die Sonne scheint aufs Chrom. Die Reflektion des Lichts auf der Motorhaube muss richtig knallen, denn sie ist hell. Der Rest des Autos muss nicht so hell sein. Tatsächlich DARF er gar nicht so hell sein wie Sonne. Wieso?

Quelle: MGM Quelle: MGM

Richtig geraten: Es geht um den Kontrast. Je größer der Unterschied zwischen einem hellen Objekt und den umgebenden Objekten ist, desto größer ist der Kontrast und damit die visuelle Wirkung.

Wenn euer Fernseher bei 700 Nits an seine Grenzen kommt und ihr zusätzlich noch bei strahlendem Sonnenschein einen Film schaut, säuft das Bild ab. Highlights werden stumpf, Kontraste flach. Deshalb: Achtet beim Fernseher-Kauf unbedingt auf die Helligkeit.

Am Ende kommt es auf den Fernseher an. Ihr wollt ja auch nicht, dass euch die Sonnen in Dune erblinden lassen. Deshalb ist es wichtig, wie smart ein Fernseher mit den Bildinformationen umgeht - und, Hand aufs Herz: Das tun teurere Geräte mit besseren Prozessoren viel mehr.

Wie viel Helligkeit ist zu viel?

Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Wenn ihr ein helles Wohnzimmer habt mit vielen Fenstern oder vielleicht sogar einen Outdoor-Fernseher haben möchtet, dann gibt es kein zu hell. Je höher die Decke, desto heller kann der TV werden.

Was ihr nicht wollt: Einen Fernseher, dessen Spitzenhelligkeit so niedrig ist, dass selbst in einem dunklen Raum der Kontrast zu gering ausfällt. Dazu gibt es übrigens Referenz-Testbilder von Burosch wie das folgende:

Quelle: Burosch Quelle: Burosch

Und dann ist da noch das OLED-Problem. Diese gelten stets als dunkler und damit weniger kontrastreich als LCD-Fernseher. Doch das stimmt nicht. Flaggschiffe von LG, Sony und Co. erreichen bis zu 2.500 Nits und wer sich einen solch teuren TV kauft, der weiß ihn in aller Regel auch in der richtigen Umgebung zu nutzen.

Tatsächlich bekommen OLEDs Kontraste sogar besser hin. Die organischen LEDs schalten sich bei Nichtgebrauch einfach ab und dunkler als aus wird auch ein LCD-Fernseher nicht (zumindest noch nicht).

Kurz und gut: OLEDs müssen gar nicht blendend hell werden, wenn die Kontraste zwischen dunklen Bildbereichen und Highlights groß genug sind. Das heißt: OLED-TVs sind nicht als Outdoor-TVs geeignet. Auch die Preise sprechen für sich.

Beliebter 4K-Fernseher mit Ambilight

Das Wettrennen um die hellsten Fernseher wird so schnell nicht entschieden werden. Selbst wenn OLEDs immer heller werden, trumpfen die LCD-TVs auf und sagen Ja, aber kannst du auch SO hell werden?. Die Hersteller spielen Fangen mit der Maximalhelligkeit, doch von den Käufern scheren sich da viele nicht drum. Wieso?

Mein Tipp: Wenn ihr einen Fernseher kauft und ihn viel nutzt, nehmt Geld in die Hand. Wo die Hersteller nämlich am ehesten sparen, ist bei der Hintergrundbeleuchtung. Und wenn die nicht mitzieht, habt ihr flache Kontraste und kein tolles Film- oder Gaming-Erlebnis.

Über Helligkeit kann man ganze Abhandlungen schreiben. Die Wahrheit liegt immer irgendwo in der Mitte, doch ein Fernseher mit hohen Spitzenhelligkeit ist nie verkehrt. Achtet ihr beim Fernseher-Kauf auf die maximale Helligkeit? Wie sieht das bei Monitoren oder Handys aus? Lasst es uns gerne wissen und diskutiert es mit uns in der Kommentarspalte.

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