Mehr als 200 Bücher auf Amazon sind mit ChatGPT geschrieben - und die Zahlen steigen

Auf Amazon eröffnet sich ein ganz neuer Buchmarkt: KI-geschriebene Geschichten fluten Amazon und müssen nicht einmal kenntlich gemacht werden. Wie denkt jemand darüber, der selbst Autor ist?

Für die einen geht der Traum vom eigenen Buch in Erfüllung, während andere die Hände überm Kopf zusammenschlagen: Von einer KI geschriebene Bücher sind eine vermeintliche Goldmine. Achtung, Spoileralarm: sind sie bisher nicht.

Vor ein paar Wochen berichteten wir über den YouTuber Martin, der ein Kinderbuch mittels KI geschrieben hat. ChatGPT lieferte ihm die Texte für 15 Kurzgeschichten, Midjourney die Illustrationen dazu. Die Bewertungen zum Buch auf Amazon sind gemischt. Aber damit endet die Geschichte noch nicht.

Vom zynischen Kapitalismus

Der Amerikaner Brett Schickler hatte dieselbe Idee. Der Handelsvertreter ließ ChatGPT eine Geschichte über ein Eichhörnchen schreiben, das eine gefundene Goldmünze in ein Eichel-Business reinvestiert - es entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

Laut eigener Aussage hat Schickler nicht einmal 100 Dollar eingenommen. Für ihn ist das jedoch ein Erfolg, der ihn animiert, weitere Bücher zu veröffentlichen. Aufwand und Ertrag stehen für ihn hier in einem guten Verhältnis. Seiner Meinung nach könnten Menschen mit genügend Ehrgeiz davon leben, entsprechend viel Output vorausgesetzt.

Subgenre: ChatGPT

Die KI ist erst seit November frei zugänglich, doch es existieren bereits etliche Bücher darüber, wie man sie nutzt. Im englischsprachigen Amazon gibt es sogar ein Subgenre nur für von ChatGPT geschriebene Bücher. Mittlerweile (Stand: Mitte Februar) werden über 200 Bücher dort zum Kauf angeboten und die Zahl steigt täglich.

Unseren Kollegen Nils hat ChatGPT übrigens unfreiwillig zum Autor mehrerer Bücher gemacht:

Einreichungen von Storys bei Magazin explodieren

Das renommierte und mit Preisen ausgezeichnete Sci-Fi-Magazin Clarksworld nimmt Texte von Autorinnen und Autoren an, um sie zu veröffentlichen. Nicht nur kann das ein Sprungbrett in die Branche sein, das Magazin vergütet jede gedruckte Geschichte mit 12 Cent pro Wort - ein gefundenes Fressen für Scammer, die Geschichten mittels KI schreiben.

Die Zahlen sprechen für sich: Die wegen Plagiatsbetrug gesperrten Einsendungen lagen im Oktober bei 5. Im Februar 2023 sind es bereits über 500. Wie sich Clarksworld vor betrügerischen Einsendungen schützt? Das wissen sie selbst nicht. Sie wollen die Einstiegshürde niedrig genug halten, damit jeder mitmachen kann, aber hoch genug, um Betrüger abzuschrecken. Zur Zeit ist das Sichten von Geschichten jedenfalls ein wahrer Albtraum.

Bedrohung für echte Autoren?

Vom Schreiben lassen bis zum Veröffentlichen in Amazons eBook-Bibliothek sind es gerade einmal Stunden. US-Fantasy-Autor Brandon Sanderson benötigt laut eigener Aussage vom reinen Schreiben über Lektorieren lassen und Setzen des Buches im Schnitt ein Jahr. Ist ein ganzer Berufszweig deswegen in Gefahr?

Selbst wenn langfristig KI-geschriebene Bücher den Markt fluten, dürften echte Autorinnen und Autoren nicht verdrängt werden. Leichte Kost wie Groschenromane oder Krimis besitzen ohnehin eine ähnliche Struktur, weswegen eine KI da höchstens unterstützend wirkt. Von einem echten Menschen geschrieben könnte sogar ein Prädikat werden.

5 Fantasy-Buchempfehlungen hat übrigens unser Kollege Peter für euch:

Wichtiger ist, dass Buchhändler und Amazon solche Bücher als von einer künstlichen Intelligenz geschrieben ausweisen, um Verwirrung vorzubeugen. Der Buchmarkt ist so groß, dass ein Bestseller von ChatGPT bis auf Weiteres wohl ein kapitalistischer Wunschtraum bleiben wird.

Maxe Schwind
Maxe Schwind

Ich bin selbst Autor, habe zwei Bücher über einen Verlag veröffentlicht sowie vier weitere und eine Kurzgeschichtensammlung in der Pipeline. Ein Buch mittels KI schreiben ist nett, ersetzt aber nicht den menschlichen Verstand - und damit meine ich nicht nur die technische Seite.

Ich bin auch zertifizierter Lektor und das Kinderbuch des YouTubers aus unserem früheren Artikel liest sich regelrecht gruselig. Grammatikalisch richtig, aber stilistisch wie von einem Kind geschrieben - sehr skurrile Mischung. Schreibstil wird KI anhand fester Regeln kopieren können, doch inhaltliche Zusammenhänge, Wendungen oder Cliffhanger entstehen nur und ausschließlich in Köpfen von Schreibenden. Das gilt ganz besonders für Buchreihen, wo die Handlung konstant aufeinander aufbaut.

Mittels KI ein Buch schreiben lassen, ist weder ein Easy-Money-Hack noch die Abkürzung zur Erfüllung eines Traums. Bücher schreiben braucht Zeit und Geduld - und vor allem eine menschliche Komponente, die eine KI nicht liefern kann. Wer wirklich seinen Namen auf einem Buchcover sehen möchte, der zieht den ganzen Prozess auch durch.

Ihr wollt mehr Artikel zu ChatGPT? Bitte hier entlang:

Bücher geschrieben von einer KI entwickelt sich zu einer Masche, um leichtes Geld zu verdienen. Glaubt ihr, das wird Erfolg haben? Schreibt ihr selbst Bücher oder fühlt euch inspiriert, ChatGPT eine eurer Ideen schreiben zu lassen? Könnte das den Buchmarkt nachhaltig verändern? Kommentiert fleißig und teilt uns eure Meinung mit!

Quellen: South China Morning Post, Arstechnica

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