Dieses Spiel macht so viel falsch aber trotzdem so Spaß, wie es heute kein Spiel mehr schafft

Conquest of Camelot ist alt, und das merkt man dem Spiel an allen Ecken und Enden an. Die Spielerfahrung hebt sich für mich aber dennoch positiv von allem ab, was man heute so kennt.

Es gibt wahnsinnig viele Wege, in Conquest of Camelot zu sterben - und davon können sich heutige Titel durchaus eine Scheibe abschneiden, findet unser Autor Nils Raettig. Es gibt wahnsinnig viele Wege, in Conquest of Camelot zu sterben - und davon können sich heutige Titel durchaus eine Scheibe abschneiden, findet unser Autor Nils Raettig.

Ich habe unlängst mit einem sehr alten Adventure viel Spaß gehabt und muss euch vorwarnen: Es kann gut sein, dass das ohne eine rosarote Retro-Brille heute nicht mehr wirklich möglich ist. Aber trotz all seiner Fehler und eines Bugs, der mich fast in den Wahnsinn getrieben hat, hat das Spiel etwas ganz besonders an sich, das es in heutigen Spielen meinem Eindruck nach so nicht mehr gibt.

Ich bin jedenfalls erstaunt, viel Freude ich 32 Jahre nach dem Erscheinen von Conquest of Camelot noch mit diesem Sierra-Spiel hatte und ich glaube fest daran, dass es so manchen von euch genauso gehen kann, wenn ihr euch auf die zugegebenermaßen sehr veraltete Spielerfahrung einlasst. Aber Vorsicht beim Weiterlesen, solltet ihr den Titel selbst noch spielen wollen: Der ein oder andere Rätsel-Spoiler ist enthalten.

Meine Sorge vor mangelndem Spielspaß galt dabei nicht der hoffnungslos veralteten Grafik, sondern der Steuerung und dem Rätsel-Design. Um Dinge zu tun, wie einen Gegenstand aufzuheben oder ein Gespräch anzufangen, müsst ihr Texteingaben machen, statt einfach mit der Maus zu klicken. Außerdem sind Sierra-Adventures berühmt-berüchtigt für ihre teils unfairen Rätsel und tödlichen Sackgassen. Aber gerade diese Aspekte sorgen für eine heute kaum noch bekannte Spielerfahrung, die ich vermisse.

Dass uns nicht nur Spiele, sondern auch Filmklassiker etwa 30 Jahre nach ihrem Erscheinen noch überraschen können, zeigt übrigens das folgende Beispiel:

Filmfehler in Jurassic Park: Wie konnte ich diese Hand fast 30 Jahre lang übersehen?

Die gute, alte, schlechte Sierra-Adventure-Schule

Her mit dem Medaillon! Das klappt aber selbstverständlich nur nach exakter Texteingabe. Her mit dem Medaillon! Das klappt aber selbstverständlich nur nach exakter Texteingabe.

Conquest of Camelot hat jede Menge Probleme. An einer Stelle im Spiel müssen wir etwa wie oben zu sehen per Schwert ein Medaillon von einer mit giftigen Ratten verseuchten Mumie entfernen. Das ist allein deshalb etwas unfair, weil Excalibur zuvor nur als Waffe und nie als benutzbarer Gegenstand in Erscheinung getreten ist. Im Inventar taucht das Schwert auch nicht auf.

Noch ärgerlicher wird es aber, wenn die naheliegende Texteingabe Use sword with medallion nur dazu führt, dass der von uns im Spiel gesteuerte König Artus sein Schwert für den Kampf zieht und sonst nichts weiter macht. Erst wenn wir Use sword to take medallion eingeben, tut Artus das, was er soll.

Im Vergleich zu den Sackgassen, in die man sich unfreiwillig hineinmanövrieren kann, ist das aber noch gar nichts. Versäumen wir es beispielsweise relativ zu Beginn des Spiels, unserer tapferen Recken Gawaine zu retten, erklärt uns ganz am Ende der heilige Gral, den wir im Spiel suchen, für unwürdig und tötet uns. Wollen wir den Abspann doch noch zu Gesicht bekommen, müssen wir nun fast das gesamte Spiel erneut durchspielen.

Versteht mich nicht falsch, diese Art von Spieldesign wünsche ich mir in keiner Weise zurück. Aber dass man grundsätzlich sterben kann und auch auf unfaire Art und Weise, trägt sehr viel zu der bemerkenswerten Stimmung und Spielerfahrung bei, die Conquest of Camelot trotz seiner veralteten Grafik zu erzeugen vermag.

Eine bedrohliche Spielwelt, die entdeckt werden muss

Um diesen Kampf gegen Wildschweine zu gewinnen, muss man genau im richtigen Moment mit einem Speer per Drücken der Leertaste zustoßen, was sehr schnell in Frust enden kann. Um diesen Kampf gegen Wildschweine zu gewinnen, muss man genau im richtigen Moment mit einem Speer per Drücken der Leertaste zustoßen, was sehr schnell in Frust enden kann.

Der aus meiner Sicht entscheidende Aspekt dabei: Die Spielwelt von Conquest of Camelot ist ein stückweit unberechenbar, was ihre Erkundung so besonders macht.

Wenn ich jederzeit weiß, dass meiner Spielfigur sowieso nichts Schlimmes passieren kann und ich alle Interaktionsmöglichkeiten per Hot-Spot-Anzeige auf einen Blick sehe, dann nimmt das sehr viel Spannung und Entdeckerdrang heraus.In Conquest of Camelot muss ich dagegen auf alles gefasst sein und weiß nie, welche Gefahr im nächsten Bildschirm auf mich lauert.

Auf die wenigen und sehr schlecht zu bedienenden Kampfeinlagen, die es wie im Bild oben zu sehen im Spiel gibt, könnte ich zwar gut und gerne verzichten. Aber für mich ist diese Mischung aus dem eigentlich sehr gemütlichen Adventure-Genre mit einem hohen Grad der Bedrohung und vielen Möglichkeiten zu Scheitern etwas, das gerne wieder aufleben darf.

Ein Konzept, das angepasst werden muss

Ein entscheidender Bug, den vor mir (und jetzt auch vor euch) vielleicht nie jemand sah - 30 Jahre altes Sierra-Adventure Video starten 1:45 Ein entscheidender Bug, den vor mir (und jetzt auch vor euch) vielleicht nie jemand sah - 30 Jahre altes Sierra-Adventure

Auf zwei Dinge möchte ich dabei aber verzichten. Einerseits auf Bugs wie den im Video oben zu sehenden. Tritt er auf, kann man das Spiel nicht mehr beenden - was in meinem Fall besonders ärgerlich war, weil ich erst gar nicht bemerkt habe, dass es sich um einen Bug handelt.

Andererseits darf es nicht passieren, dass ich lange Passagen gezwungenermaßen komplett wiederholen muss, weil ich früher im Spiel etwas Wichtiges übersehen habe. Hier sollte man zumindest optional eine Form der Abkürzung bieten oder sicherstellen, dass höchstens kurze Spielabschnitte nochmal erneut angegangen werden müssen.

Letztlich zeigt mir Conquest of Camelot aber trotzdem nochmal sehr eindrucksvoll, dass eine tolle Spielerfahrung keine gute Grafik voraussetzt und dass auch ein altes Spiel mit sehr vielen Fehlern und fragwürdigen Design-Entscheidungen eine ganze besondere Spielerfahrung zu bieten haben kann, die man so heute kaum noch irgendwo findet.

Dass man sich nicht von schlechter Grafik beirren lassen sollte, zeigt auch das Beispiel von Thief: Dark Project, wie wir erst kürzlich in unserem folgenden Podcast diskutiert haben:

Link zum Podcast-Inhalt

Habt ihr selbst schon alte Adventure-Spiele oder andere Titel von damals lange Zeit nach ihrem Erscheinen nochmal ausprobiert? Falls ja, sind sie durchaus gut gealtert oder ist es euch schwergefallen, aus heutiger Sicht noch wirklich Freude daran zu haben? Schreibt es gerne in die Kommentare!

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