Update am 20. September 2024: Die Pico 4 Ultra ist heute offiziell erschienen. Wir haben den Test deshalb noch einem neu hochgezogen.
Der Markt für Virtual Reality ist seit einigen Jahren recht langweilig – Meta dominiert mit Quest 2 und Quest 3 seit geraumer Zeit und lässt der Konkurrenz nur wenig Luft. Die Meta Quest 3 kam auch bei unserem Test gut an und verkauft sich offenbar auch nicht schlecht.
Keine große Überraschung, denn die Meta Quest 3 bietet ein gutes Rundum-Paket mit guter Bildqualität, spannendem Mixed-Reality-Modus und kompletter Kabelfreiheit. Vor allem der für ein autarkes Headset sehr wichtige Store ist mit zahlreichen Exklusivtiteln und so gut wie allen VR-Klassikern gefüllt.
Pico, das zum asiatischen Bytedance-Konzern (TikTok) gehört, wagt den Angriff auf den Marktführer trotzdem immer wieder.
Die vor zwei Jahren auf den Markt gebrachte Pico 4 ist immer noch ein guter Tipp für VR-Einsteiger und liegt technisch zwischen Quest 2 und 3. Jetzt ist die Pico 4 Ultra mit besseren technischen Daten und optionalem Bewegungstracking erschienen – natürlich haben wir sie uns genau angeschaut.
Transparenzhinweis: Bytedance hat mir die Pico 4 Ultra für den Test kostenfrei zur Verfügung gestellt. Der Hersteller hatte keinen Einfluss auf den Artikelinhalt und bekam keine Einsicht vor Erscheinen des Tests. Es bestand keine Verpflichtung zu einem Testbericht.
Technische Daten: Pico 4 Ultra vs. Meta Quest 3
Technisch hat die Pico 4 Ultra zur Meta Quest 3 aufgeholt und sie teils sogar minimal überrundet. Alle Details findet ihr im Akkordeon-Element, wir konzentrieren uns im Text auf die Unterschiede und Besonderheiten.
- Auflösung: Hier bietet Pico mit 2.160 x 2.160 sogar einen leichten Vorsprung gegenüber der Quest 3 mit 2.064 x 2.208 Pixeln. Auswirkungen hat der aber nur auf dem Papier, im Alltag ist er zu gering.
- Linsen: Beide Brillen setzen auf Pancake-Linsen, die gegenüber den beispielsweise bei Valve Index und PSVR2 genutzten Fresnel-Linsen eine klarere und deutlich überlegene Sicht bieten.
- RAM: Da kann Pico punkten: 12 Gigabyte vs. 8 Gigabyte bei Quest 3. Das sind 50 Prozent mehr Speicher, der beispielsweise für bessere Grafik genutzt werden könnte. Dafür benötigt es aber angepasste Apps im Pico-Store.
- Speicher: Während die Meta Quest 3 in Varianten mit 128 und 512 Gigabyte erschienen ist, bedient Pico ausschließlich die frei gebliebene Lücke mit 256 Gigabyte.
- Passthrough: Der ist bei Pico sichtbar besser dank zweier Kameras mit je 8 Megapixeln. Die Meta Quest 3 nutzt nur 4 Megapixel, was zu einem verrauschteren Umgebungsbild in Mixed Reality führt.
Spezifikationen: Pico 4 Ultra vs. Quest 3
Meta Quest 3 | Pico 4 Ultra | |
---|---|---|
Chip | Snapdragon XR2 Gen 2 | Snapdragon XR2 Gen 2 |
RAM | 8 Gigabyte LPDDR4x | 12 Gigabyte LPDDR5 |
Auflösung | 2.064 x 2.208 Pixel | 2.160 x 2.160 Pixel |
Refresh-Rate | bis zu 120 Hz | 90 Hz |
Linsen | Pancake | Pancake |
Kameras | 4 Megapixel | 8 Megapixel |
WiFi | 6E | 7 |
Preis | 529 Euro / 689 Euro (128/512 GB) | 599 Euro (256 GB) |
Preise und Verfügbarkeit
Die Pico 4 Ultra erscheint am 20. September zu einer UVP von 599 Euro im Einzelhandel, Vorbestellungen werden ab dem 06. September angenommen.
So habe ich getestet
Bytedance hat mir das Muster für zwei Wochen zur Verfügung gestellt. In der Zeit konnte ich das VR-Headset in einer Reihe von Spielen und Apps ausprobieren.
Fühlt sich an wie eine aufgemotzte Quest 3
Technisch sind Quest 3 und Pico 4 Ultra ebenbürtig mit leichten Vorteilen für Pico. Doch wie schaut es bei der Nutzererfahrung aus? Gut, durften wir im Test feststellen. Es fehlt die zugegebenermaßen sehr coole Raumscan-Animation und das liebevolle Tutorial von Meta, dafür erfreut die Pico 4 Ultra nach dem Einschalten das Auge mit spürbar lebendigeren Farben.
Doch vor dem Einschalten kommt das Aufsetzen und Anpassen an die eigene Kopfform. Dieser Punkt geht an Pico: Die 4 Ultra wird mit einem deutlich besseren Kopfgurt ausgeliefert als die Quest 3.
Statt eines wabbeligen Gurtes mit Klettverschluss gibt es einen stabilen Strap mit Drehrad für festen Sitz auf dem Kopf. Der Augenabstand kann zwischen 62 und 75 mm direkt aus der Brille heraus und mit Motorunterstützung eingestellt werden.
Bei Meta müsstet ihr für den Headstrap zusätzlich investieren. Zwar tut es auch ein preiswerteres Modell als der Deluxe Strap von Meta direkt, trotzdem sind das 30 bis 40 Euro die ihr bei der Pico 4 Ultra spart.
Allerdings drückt die Pico-VR etwas stark auf den Wangenknochen, wenn sie wirklich fest sitzen soll - das ist allerdings eine subjektive Beobachtung, jeder Kopf ist anders.
Licht kommt bei korrektem Sitz so gut wie keines mehr durch, nur ein Schielen nach unten zeigt ein wenig an der Gesichtspolsterung vorbeischimmernden Fußboden. Erfreulich ist auch, dass fast sofort ein klares Bild zu sehen ist, kein Vergleich mit dem Herumoptimieren des Sitzes einer Playstation VR2.
Ansonsten bleibt nur die Feststellung, wie gut Pico beim Kopieren der Benutzeroberfläche von Meta ist. Positiv ausgedrückt: Quest-Nutzer fühlen sich sofort heimisch. Da die Meta-UI aber durchdacht und gut nutzbar ist, urteile ich mit einem gnädigen besser gut kopiert als schlecht selbst gemacht
.
Darum sind wir hier: VR-Games mit der Pico 4 Ultra
Nach dem positiven Ersteindruck geht es natürlich als Erstes ans Ausprobieren der verfügbaren Spiele. Der Pico-Store präsentiert sich optisch ebenfalls nahe am Meta-Store, allerdings mit einer geringeren Menge verfügbarer Spiele und Apps.
Das ist tatsächlich auch das größte Manko der Pico 4 Ultra und war es auch schon beim Vorgänger. Der Store ist zwar nicht leer und es sollte jeder diverse interessante Spiele und Anwendungen finden. Einige Kracher fehlen aber dann doch.
Das ist kein Wunder sondern teure Taktik von Meta. Das Unternehmen hat in den letzten Jahren einige Entwicklerstudios gekauft und anderen Geld für Exklusivtitel zukommen lassen.
Spiele wie Assassin's Creed: Nexus VR oder Asgard's Wrath 2 könnt ihr daher nur mit einer Meta Quest spielen und nicht mit der Pico-Brille. Auch kommende potentielle Highlights aus den Batman- und Metro-Universen bleiben der Meta-Plattform vorenthalten. Das gilt übrigens auch für Beat Saber, den Hardwareseller vergangener Jahre.
Massenweise Spielenachschub dank PC-Link
Naja, fast zumindest, schließlich lässt sich auch die Pico 4 Ultra entweder per USB-Kabel oder Wi-Fi mit einem PC verbinden, um von dort mit VR-Games versorgt zu werden. Auch das ist ein bereits von Meta etabliertes Standardfeature, das Pico aber recht gut umgesetzt hat – kostenpflichtige Tools wie Virtual Desktop holen trotzdem noch mehr Bildqualität aus dem Stream.
Ein Pluspunkt für die Pico 4 Ultra ist aber der Support von Wi-Fi 7. An einem passenden Router unterscheidet sich die Funkverbindung damit nicht mehr spürbar von der Variante mit dem USB-C-Kabel.
Am PC sind dann alle darauf lauffähigen VR-Games auch mit der Pico 4 Ultra in sehr guter Bildqualität spielbar. Euer PC muss natürlich entsprechend Leistungsfähig für die benötigte Auflösung sein, mit ein paar Kompromissen könnt ihr aber auch mit einer Grafikkarte der letzten oder vorletzten Generation zocken.
Vor allem gut optimierte Titel wie Half-Life: Alyx oder grafisch eher anspruchslose Spiele wie Beat Saber erfordern keinen Highend-PC. Den solltet ihr allerdings haben, wenn ihr per Mod eigentlich nur für den Monitor gedachte Spiele in VR erleben wollt - die Hardwareanforderungen eines Cyberpunk 2077 oder Hogward's Legacy in VR schreien mitunter sogar nach noch gar nicht erhältlichen Grafikkarten.
Perfekt für Fitness: Universelle Zusatz-Tracker
Mit einem optionalen und 89 Euro teuren Upgrade, könnt ihr die Pico 4 Ultra noch etwas optimieren: Ein paar Tracker zusätzlich zu den die Umgebung beobachtenden Kameras im Headset bringen weitere Körperteile ins Spiel.
Und das ist wortwörtlich gemeint. Bindet ihr euch die Tracker mit den beiliegenden Gurten an die Beine, könnt ihr in Spielen wie Blade&Sorcery oder Social-Apps wie VR Chat auch eure Füße in VR sehen und nutzen. Das ist vor allem bei VR Chat ein lustiges Feature, mit dem skurrile soziale Interaktionen möglich sind.
Besonders profitieren aber Fitness-Apps davon, nicht mehr nur Kopf und Hände sorgfältig in VR getrackt zu haben. Tanzspiele und bewegungslastige Apps bekommen so einen Featureboost verpasst. Beziehungsweise: Sie könnten einen Featureboost verpasst bekommen, wenn die Entwickler die Tracker unterstützen.
Das ist bisher nur bei einer Handvoll Anwendungen der Fall, weitere sollen folgen. In welcher Menge und Qualität ist schwer abzuschätzen, die meisten VR-Entwickler konzentrieren sich schon aus Umsatzgründen auf die Meta Quest 3.
Wären die Tracker von Meta auf den Markt gebracht worden, ich hätte ihnen einen sofortigen Erfolg vorhergesagt. Pico hingegen fehlt es (primär im Westen) aber an Zugkraft, optionale Zusatzhardware zu etablieren, befürchte ich.
Überraschend bequem war die Inbetriebnahme der Tracker. Eine App in der VR hilft euch bei der einfachen Einrichtung und der erfreulich raschen Kalibrierung. Im Anschluss werden die Tracker sogar von SteamVR erkannt und unterstützt - wenn ein Spiel also die Vive-Tracker nutzen kann, geht das auch mit denen der Pico.
Beim Tracking und dem Funktionsumfang gibt es nur noch wenige Unterschiede zwischen den beiden Konkurrenten, einzig das Fingertracking für die controllerlose Nutzung hat Meta besser drauf. Mixed Reality lässt sich auch mit der Pico 4 Ultra gut nutzen. Bei der Akkulaufzeit herrscht ebenfalls Gleichstand, was angesichts von nur 2-3 Stunden Spielzeit mit einer Ladung keine sonderlich gute Nachricht ist.
Auch die optionalen Tracker machen einen sehr guten Job, sogar unter SteamVR am PC. Damit habe ich persönlich noch am wenigsten gerechnet. Die Tracker bieten viele Möglichkeiten für Entwickler - Waffencontroller, Sportgeräte, der Kreativität sind wenig Grenzen gesetzt. Nun müssen sie nur auch genutzt werden.
Solltet ihr euch die Pico 4 Ultra kaufen?
Die Pico 4 Ultra lohnt sich für euch, wenn…
- ihr eure Lieblingsspiele und -Apps auch im Pico-Store findet
- ihr von den optionalen Trackern schon jetzt Gebrauch machen könnt
- ihr eine Alternative zur günstigeren Quest 3 mit Extra-Speicher sucht
Mögliche Alternativen zur Pico 4 Ultra:
- Meta Quest 3, wenn ihr den Platzhirsch in der gleichen Preisklasse sucht
- Meta Quest 2, wenn ihr weniger ausgeben möchtet, ohne zu viele Kompromisse zu machen
- PSVR2, wenn euch Sony lieber ist als Meta und Bytedance – dann müsst ihr aber auf autarke Nutzung verzichten
Preislich spricht nichts gegen den Kauf der Pico 4 Ultra. Ihr bewegt euch bei dem VR-Headset in einer ähnlichen Preisregion wie bei der kleineren Quest 3 inklusive eigentlich zwingend nötigem Kopfgurt, bekommt dafür aber auch mehr Speicher. Was am Ende den Ausschlag für eure Kaufentscheidung gibt, sollte stattdessen das Softwareangebot bei Pico sein, denn hier hat Meta klar die Nase vorn.
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