Von diesem Unternehmen hängt die Zukunft der gesamten Halbleiterindustrie ab - und kaum jemand kennt es

Intel, AMD, Nvidia, Apple und Co. kennen die meisten. Doch was ist ASML? Dabei sind RTX 4000, RTX 3000, RX 7000, Ryzen 7000 und Co. ohne ASML undenkbar.

So sehen Mikrochips auf einem sogenannten Wafer aus. So sehen Mikrochips auf einem sogenannten Wafer aus.

Wohl die allermeisten haben irgendwann schon einmal von Intel, AMD und respektive oder Nvidia gehört. Die drei Unternehmen sind die mit Abstand bekanntesten Vertreter der Halbleiterindustrie der letzten Jahrzehnte – zumindest unter Spielern. Unternehmen wie Globalfoundries oder TSMC hingegen sind nur wirklich Interessierten ein Begriff. Gerade Letzteres spielt dabei jedoch eine ganz entscheidende Rolle bei der Fertigung von Computerchips, wenngleich auch etwas hinter den Kulissen.

Der taiwanische Auftragsfertiger stellt die Prozessoren für Intel, AMD und demnächst auch wieder für Nvidia her. Apple und Co. lassen die Chips für ihre Smartphones ebenfalls dort fertigen. Laut Statista hält TSMC bei den Halbleiterherstellern einen Marktanteil nach Umsätzen von über 50 Prozent.

Und dennoch ist der Gigant aus Taiwan lediglich der leicht aus dem Wasser ragende Teil des Eisbergs. Darunter, tief im Dunkel der Branche, schlummert ein wohl noch viel wichtigeres Unternehmen, ohne das unsere moderne Welt praktisch undenkbar wäre. Habt ihr schon einmal von ASML gehört?

ASML: Ein unbekannter Tech-Riese

ASML ist der weltweit größte Hersteller von Fotolithographiesystemen. TSMC und praktisch alle anderen großen Halbleiterproduzenten kaufen die Belichtungsmaschinen bei dem niederländischen Konzern mit Sitz in Veldhoven. Ohne die hochkomplexen Systeme lassen sich die mikroskopisch kleinen, integrierten Schaltkreise moderner Prozessoren nicht realisieren. Und ASML ist nicht nur in der Gegenwart der mächtigste Spieler auf dem Feld, das Unternehmen hält auch die Zukunft praktisch der gesamten Halbleiterindustrie in Händen.

Wer ist ASML?

ASML wurde 1984 als Joint-Venture der beiden niederländischen Konzerne ASM International und Philips gegründet. Zunächst hörte es noch auf den Namen ASM Lithography, ehe es in ASML umgetauft wurde. Ausgesprochen steht ASML für „Advanced Semiconductor Materials Lithography“. Das Unternehmen beschäftigt in über 14 Ländern, darunter auch eine Niederlassung in Tempe (Arizona), mehr als 28.000 Mitarbeiter und generiert einen Jahresumsatz von über 14 Milliarden US-Dollar (Stand: 2020).

Der nächste große Schritt bei der Chipfertigung

Mit dem aktuell noch weit verbreiteten Belichtungsverfahren (Immersionslithographie oder auch 193-Nanometer-Lithographie genannt) stoßen die Chiphersteller nämlich an unüberwindbare Grenzen. Trotz aller Tricks und Kniffe können die Schaltkreise kaum mehr weiter miniaturisiert werden. Der nächste große Schritt ist daher die sogenannte EUV-Lithografie (englisch extreme ultra violet lithography), die elektromagnetische Wellen mit einer Länge von 13,5 Nanometer nutzt. Moment, werdet ihr euch jetzt fragen, wir sind doch längst bei 7 Nanometer und darunter, oder?.

Die sogenannten Fabs zur Fertigung von Mikrochips sind Reinräume - jedes Staubkorn kann die Produktion stören. Die sogenannten Fabs zur Fertigung von Mikrochips sind Reinräume - jedes Staubkorn kann die Produktion stören.

Die Kurzantwort: Nein. Die Langantwort: In früheren Zeiten Stand die Bezeichnung des Fertigungsprozesses wirklich für eine bestimmte Strukturbreite, beispielsweise der gesamten oder halben Länge eines sogenannten Logikgatters. Das hat sich jedoch längst entkoppelt, mittlerweile sind 7 oder 10 Nanometer nichts weiter als Produktbezeichnungen, ähnlich wie RTX 3080 oder RX 6800 XT. Die tatsächliche Strukturbreite ist teils deutlich größer, als der Name den Anschein erweckt. Typischerweise sprechen wir eher von 30 oder 40 Nanometern, abhängig davon, was genau gemessen wird.

Wie kann es sein, dass mit 193-Nanometer-Lithographie Strukturen mit 30 oder 40 Nanometern gefertigt werden? Schauen wir uns dazu erst einmal an, wie Chips überhaupt hergestellt werden:

So werden Chips gefertigt

Auf eine Siliziumscheibe, besser bekannt als Wafer, wird Fotolack aufgebracht und durch Belichtung strukturiert. Die so entstandene lithografische Maske, die aus mehreren Schichten der lichtempfindlichen Fotolackierung besteht, erfüllt im weiteren Verlauf unterschiedliche Funktionen.

So können gezielt Materialien eingebracht, Schichten durch Ätzen bearbeitet und aufeinanderfolgende Prozesse nach Bedarf voneinander isoliert werden, ehe der Lack wieder entfernt wird. Im Folgenden werden diese Schritte mehrfach wiederholt, bis am Ende aus den unterschiedlichen Schichten, chemischen und physikalischen Prozessen ein integrierter Schaltkreis, ein Mikrochip, entsteht.

Um nun auf die Frage zurückzukommen: Dass die Strukturbreiten kleiner sind, als es das Verfahren mit seiner Wellenlänge von 193 Nanometern eigentlich zulässt, liegt an der sogenannten Mehrfachstrukturierung. Vereinfacht gesagt, werden die Strukturen versetzt zueinander aufgebracht, um die physikalischen Beschränkungen der Lichtquelle zu umgehen und Strukturbreiten jenseits der 193 Nanometer zu realisieren. Mit den Anforderungen immer kleiner werdender Strukturen stoßen aber auch Immersionslithografie und Aufösungsverbesserungsverfahren langsam an ihre Grenzen.

An dieser Stelle kommt wieder ASML ins Spiel. Um den Schritt von der Immersionslithografie hin zur EVU-Lithografie gänzlich zu vollziehen, braucht es entsprechende Maschinen. Und ASML hat die Nase in der Entwicklung ganz klar vorn. Das niederländische Unternehmen spielt also eine Schlüsselrolle bei den meisten aktuellen und kommenden Mikrochips der nahen und mittleren Zukunft, egal ob für den Computer, das Smartphone, das Auto und vielem mehr. Was wir in naher Zukunft bei den Prozessoren und Grafikkarten erwarten, erfahrt ihr im GameStar-Podcast:

Link zum Podcast-Inhalt

Auch bei aktuellen Chips respektive Prozessoren kommt durchaus bereits die EUV-Lithografie zum Einsatz. Allerdings nur in geringem Umfang, bei einzelnen Segmenten. Nicht aber im gesamten Prozess.

Belichtungsmaschinen sind teuer

Das EUV-Lithografiesystem ASML NXE 3400. (Quelle: ASML) Das EUV-Lithografiesystem ASML NXE 3400. (Quelle: ASML)

Das derzeit modernste Lithografiesystem auf dem Markt ist AMLSs Twinscan NXE:3600D. Es unterstützt Fertigungsprozesse von 5 Nanometer bis 3 Nanometer. Die Entwicklung der EUV-Lithografiesysteme dauerte beinahe zwei Jahrzehnte und kostete das Unternehmen eigenen Angaben zufolge sechs Milliarden Euro. Die Geräte sind daher auch in ihrer Anschaffung für die Halbleiterhersteller wie TSMC sehr teuer und kosten einen dreistelligen Millionenbetrag - im Netz wird immer wieder ein Betrag von 150 Millionen Euro genannt.

Kommt mit auf unsere Hardware-Zeitreise

Das ist unter anderem ein Grund, warum moderne Computerchips immer noch zu einem entscheidenden Teil mit Immersionslithografiesystemen (auch DUV-Lithografie genannt) und nur allerfeinste Strukturen mit EUV-Belichtungsmaschinen gefertigt werden. In den kommenden Jahren wird die EUV-Lithografie das bisherige Verfahren jedoch mehr und mehr verdrängen. AMSL entwickelt derweil weiter an der Techologie.

Deutsche Unternehmen stellen essenzielle Bauteile

Auch deutsche Unternehmen sind ganz entscheidend an der Entwicklung der EUV-Lithografie beteiligt. So stammen die von ASML eingesetzten Hochleistungslaser von Trumpf. Deren CO2-Lasersystem verwandelt pro Sekunde 50.000 feinste Zinntropfen in ein Plasma. Das so gewonnene EUV-Licht wird für die Belichtung der Wafer genutzt.

Die ausgeklügelte Optik wiederum stammt von Zeiss. Dabei kommen für die EUV-Lithografie keine Linsen zum Einsatz, da das Glas die extrem kurzwellige elektromagnetische Strahlung absorbiert, sondern hochpräzise EUV-Spiegel. Die sind so genau, dass deren größte Unebenheit auf die Größe Deutschlands skaliert nur ein Zehntel Millimeter beträgt.

ASML ist also nicht allein. Der niederländische Konzern ist zwar für das Gesamtpaket der Belichtungsmaschinen zuständig, ohne die beiden deutschen Unternehmen stünde aber auch ASML vor großen Problemen.

Kanntet ihr AMSL? Oder habt ihr von dem Unternehmen noch nie gehört? Und wie findet ihr solche Artikel generell? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!

zu den Kommentaren (52)

Kommentare(47)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.