Der Prozessor in eurem PC ist, selbst wenn er bereits einige Jahre alt sein sollte, ein hochkomplexes technisches Wunderwerk, das in der Lage ist unvorstellbar viele Rechenaufgaben pro Sekunde zu absolvieren. Dabei haben CPUs einen langen Weg der Entwicklung zurückgelegt.
Zeit für uns, einmal die acht besten Prozessoren für Gaming-Computer genauer anzuschauen. Und damit meinen wir nicht die jeweils vier schnellsten Modelle aus Intels und AMDs aktuellem Angebot sondern eine Führung durch die Entwicklung der Prozessorgeschichte. Wir beginnen im Jahre 1975, zu einer Zeit, als der Autor dieser Zeilen noch nicht einmal auf der Welt war - und trotzdem mehr als 10 Jahre später stark von einer eng verwandten CPU gamingtechnisch geprägt wurde..
MOS Technology 6502/6510 - die 8-Bit-Ära
Release: 1975, Hersteller: MOS Technologies, Taktfrequenz: 20 kHz - 4 Mhz, Transistoren: ca. 3.510
Wer in den 1980er-Jahren mit spieletauglichen Homecomputern Kontakt hatte, wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch mit dem MOS 6502 oder 6510 gearbeitet haben. Der günstig herzustellende 8-Bit-Prozessor 6502 steckte in den legendären Apple I und Apple II aber auch im Atari 800, dem Commodore VC20 und zeitgenössischen Schachcomputern. Noch bekannter hingegen ist der etwas modifizierte 6510: Diese CPU ist das Herzstück des Commodore 64.
Der ursprüngliche Chip, der MOS 6502, hingegen ermöglichte es der Garagenfirma Apple mit dem Apple I einen preiswerten Selbstbaucomputer auf den Markt zu bringen, der für viele Nutzer damals die erste erschwingliche Möglichkeit, an einen PC zu kommen darstellte. Intels 1974 eingeführte 8080-CPU wäre zwar schneller gewesen, kostete aber ungleich mehr. Doch einige Jahre später, wir überspringen den aus Macintosh und Amiga bekannten Motorola 68000, kam Intels Zeit auch bei Gamern.
Legendenstatus: Viele Spieleentwickler haben auf dem C64 ihre Karriere begonnen, andere sind durch den C64 zum Gaming gekommen. Dank Zusatzchips für Grafik und Sound bot der MOS 6510 dem 64-Kilobyte-Computer trotz einer Taktfrequenz von weniger als einem Megahertz (in der PAL-Version des C64) genug Leistung selbst für Anfänge von 3D-Grafik wie beim Klassiker Elite.
80386 - PC-Gaming erwacht
Release: 1985, Hersteller: diverse, Taktfrequenz: 12 bis 40 MHz, Transistoren: ca. 275.000
Mit 32 Bit (statt 16 beim Amiga) startete Intel 1985 ins 80386-Zeitalter. Zwar waren die seinerzeit weit verbreiteten 286er (vor allem auf Mainboards mit NEAT-Technologie) gar nicht viel langsamer als die ersten 386er, spätestens Anfang der 1990er erschienen aber diverse Spiele, die den 32 Bit Protected-Mode des 386ers erforderten und mit 16-Bit-Architektur nicht mehr liefen. Links 386Pro beispielsweise nutzte die zusätzlichen Möglichkeiten für eine deutlich höhere Auflösung im Spiel - 640x480 Pixel statt der sonst üblichen 320x240 Pixel. Bedenkt: 3D-Beschleunigung mit speziellen Grafikkarten war seinerzeit noch kein Thema.
Turboschalter: Viele PCs der 286er/386er-Ära haben einen prominent am Gehäuse platzierten Turbobutton. Dieser arbeitete allerdings anders herum, als man es intuitiv vermuten würde: Ein Druck auf den Turboschalter sorgte nicht für mehr sondern für weniger Leistung. Der PC taktete sich dann (auch im laufenden Betrieb) auf meist 8 MHz herunter. Das geschah aus Kompatibilitätsgründen zu alter aber noch verbreiteter Software für XT-Prozessoren, die Architektur vor den noch heute üblichen 80x86-CPUs.
Legendenstatus: Wer sich jahrelang mit den 4,77 Mhz eines XTs herumgeplagt hat, geriet mit dem 386er in einen Geschwindigkeitsrausch, selbst grafisch beeindruckende Spiele wie Wolfenstein 3D liefen flüssig! Das ist aus heutiger Sicht natürlich alles eher zum Kopfschütteln, aber wir hatten ja nichts, damals.
Pentium MMX - die Multimedia-Extensions
Release: 1995, Hersteller: Intel, Taktfrequenz: 133 bis 233 Mhz, Transistoren: ca. 4,5 Millionen
Taten sich die ersten Pentiums noch schwer gegen den 486 (vor allem die erstmals mit Taktmultiplikator zum Upgrade verfügbaren DX2 und DX4-Modelle, die bis zu 133 MHz erreichten), dominierten sie spätestens in höheren Taktraten (ab 166 MHz) und mit MMX-Erweiterung das Spielgeschehen.
Da der PC sich jetzt auch abseits von Nerd-Zimmern unter dem Label Multimedia unter der nicht allzu technikaffinen Bevölkerung verbreitete, brauchte es auch Leistung für Audio- und Videowiedergabe. Intel fügte dem Pentium einige neue Befehle hinzu, die alles, was mit Sound und Videos zu tun hat, besonders schnell abarbeiten konnten.
Das nutzten natürlich auch Spieleentwickler und beschleunigten Spiele wie POD (Planet of Death), das eines der ersten MMX-Games war - auch wenn die ebenfalls aufkommende 3D-Beschleunigung dank 3dfx Voodoo einige der von Intel angedachten Nutzungsszenarien überholte. Dank guter Performance und Taktraten war der Pentium MMX einige Jahre lang die bevorzugte Gamer-CPU. Es dauerte noch ein wenig, bis AMD wirklich großflächig angreifen konnte, der mit MMX-ähnlichen Multimediaerweiterungen 3DNow erschienene AMD K6-2 war es noch nicht.
Legendenstatus: Angesichts der eher schwachen Performance der Pentium-Konkurrenten von AMD (K5), IBM/Cyrix (5x86) oder Centaur (Winchip) wünschte sich seinerzeit fast jeder PC-Gamer einen MMX-Pentium. Legende genug, wie wir finden, zumal etwas wie die Multimedia-Extensions von MMX auch in heutigen CPUs steckt: SSE beschleunigt auch 2022 noch Bestandteile von Spielen.
AMD Athlon - Der Herausforderer
Release: 1999, Hersteller: AMD , Taktfrequenz: 500 Mhz bis 1,4 GHz, Transistoren: ca. 37 Millionen
Zwar war Intel mit dem Pentium 2 und vor allem 3 gut aufgestellt, doch dann erhob sich die seit längerem erste ernsthafte Konkurrenz auf Technologieführerschaft in Form von AMD. Dort ließ man den Chipspezialisten Jim Keller einen Prozessor entwickeln, der es nicht nur mit den CPUs des deutlich größeren Konkurrenzunternehmen aufnehmen, sondern sie im Idealfall auch schlagen sollte.
Der Athlon 500 erschien noch in der Modulbauweise des Pentium 2 und Pentium 3, primär, damit der Prozessorcache (der seinerzeit noch nicht direkt in der CPU steckte) nah am Prozessor sitzen konnte. Später schwenkte aber auch AMD wieder auf gesockelte Chips um.
Zur Jahrtausendwende dann der Paukenschlag: AMD brachte als erstes eine Athlon-CPU, den Thunderbird, mit 1.000 MHz auf den Markt, noch vor Intels ersten Gigahertz-Prozessor. Die sich im Anschluss mit einem zu früh und fehlerhaft veröffentlichten Pentium 3 mit etwas über 1.000 MHz zudem noch einmal blamierten. Intel brachte in der Folge zudem den Pentium 4 heraus, der sich mit der Zeit zu einem größeren Problem entwickeln sollte.
Legendenstatus: Dass AMD und nicht Intel das Gigahertz-Rennen der Jahrtausendwende gewann, war ein Paukenschlag. In den Jahren zuvor verschwanden viele Prozessorhersteller wie Cyrix und Via in der Bedeutungslosigkeit, AMD-Konkurrenz für Marktführer Intel war alleine schon eine preissenkende Maßnahme.
AMD Athlon 64 - Die 64-Bit-Ära beginnt
Release: 2003, Hersteller: AMD, Taktfrequenz: 2,2 bis 3,2 GHz, Transistoren: ca. 105,9 Millionen
Bis 2003 waren Gamer-Prozessoren reine 32-Bit-CPUs, das galt daher auch für das seinerzeit gängigste Betriebssystem: Windows XP. Als AMD mit dem Athlon 64 die erste Consumer-CPU mit 64 Bit (und ohne arge Performance-Probleme wie Intels gescheiterter Itanium) auf den Markt brachte, fehlte es daher erst einmal an passender Software inklusive eines 64-Bit-Windows.
Im Marketing klang 64 Bit nach verdoppelter Leistung, in der Realität liefen Spiele unter Windows XP 64 Bit und mit passenden Patches zwar etwas schneller oder optional grafisch ansprechender, die größere Revolution lag aber woanders: Erst 64 Bit-CPUs und passende Betriebssysteme konnten mehr als 4 Gigabyte Arbeitsspeicher ansprechen. Es dauerte noch ein wenig, bis das aber tatsächlich ein Grund zum Upgraden war.
Der Athlon 64 war für AMD eine erfolgreiche Prozessorlinie, die über Jahre mit Upgrades versorgt wurde. Bemerkenswert auch: Mit dem Sockel 939 fand auch Dualchannel-Speicherbestückung Einzug in den Gaming-Mainstream.
Legendenstatus: AMDs 64-Bit-CPU und der dazugehörige Befehlssatz setzte sich durch, letzten Endes musste Intel auf AMD zugehen um diesen Befehlssatz auch in den eigenen Prozessoren zu nutzen. Bis heute hat sich nichts daran geändert - ein wenig Athlon 64 steckt also auch 2022 noch in Gaming-PCs.
Intel Core 2 Duo E6600 - Mehr Kerne!
Release: 2007, Hersteller: Intel, Taktfrequenz: 2.400 MHz, Transistoren: ca. 291 Millionen
Drei Jahre konnte sich AMD mit Athlon 64 und den neuen Athlon X2-CPUs mit zwei Rechenkernen gut behaupten, bis Intel final und äußerst effektiv zurückschlug. Auf Basis der in Haifa entwickelten Notebookprozessoren mit Core-Architektur erschien 2006 der Core 2 Duo für den Desktop und beerdigte das leidige Kapitel Pentium 4.
Die Konkurrenz hatte dem Core 2 Duo wenig entgegenzusetzen, der aufgrund seines Preis-Leistungsverhältnisses sehr beliebte Mittelklasse-Prozessor Core 2 Duo E6600 (mit zwei Rechenkernen und 2,4 GHz aber ohne Hyperthreading) war der Zockenden neuer Liebling. Etwas später erschienen zudem noch die Core 2 Quad-CPUs mit vier Kernen.
Legendenstatus: Conroe, so die interne Bezeichnung des erstes Core 2 Duo für die Masse, verzückte damals fast die gesamte PC-Spielerschaft, so viel Mehrleistung gab es sonst nicht beim Generationswechsel. Und auch Dualcore-Prozessoren waren, nicht zuletzt aufgrund der vergleichsweise niedrigen Preise des E6600, sehr schnell Mainstream.
Intel Core i7 2600K - Der wohl bekannteste Quadcore
Release: 2011, Hersteller: Intel, Taktfrequenz: 3,40 bis 3,80 GHz, Transistoren: ca. 995 Millionen
Als Intel im Jahre 2011 die Sandy Bridge-Architektur einführte, gab es den nächsten großen Performancesprung. Vier Kerne waren dank Core i7-2600K bald etabliert, in diesem Falle sogar mit Hyperthreading für acht simultane Threads.
Der neu eingeführte Turbo Boost arbeitete noch eher zaghaft mit bis zu 3,80 GHz während der Basistakt bei 3,40 GHz lag. Aufgrund seiner guten Performance lassen sich auch heute noch viele Spiele damit zocken, auch wenn ein wenig Overclocking mittlerweile angebracht scheint. Aber trotzdem: Für einen mittlerweile 11 Jahre alten Prozessor schlägt sich der Core i7-2600K immer noch gut, etwas, was man von AMDs etwa zeitgleich erschienener Bulldozer-Architektur nicht unbedingt behaupten kann.
Legendenstatus: Im Gegensatz zu einigen später erschienenen Prozessoren wie den inzwischen stark abgespeckten Pentiums, beherrscht der Core i7-2600K sogar SSE4.2 und AVX. So starten einige aktuelle Spiele zwar auf dem 2011 erschienenen Oldie, nicht aber auf einem moderneren Pentium. Kein Wunder, dass sich der 2600K auch heute noch in einigen Gaming-PCs findet.
AMD Ryzen 9 5950X - fast schon dekadent...
Release: 2020, Hersteller: AMD, Taktfrequenz: 3,40 bis 4,90 GHz, Transistoren: ca. 10,39 Milliarden
So erfolgreich Intel mit Sandy Bridge, Ivy Bridge und vielen folgenden Brücken und Seen auch war (nicht zuletzt mangels ernsthafter Konkurrenz, da AMD Bulldozer sich als unrettbar erwies) auch war, ein wenig setzte die Bequemlichkeit bei weiteren Innovationen ein. Vier Kerne blieben eine lange Zeit der Status Quo im CPU-Bereich, einzig der Takt und die IPC stiegen mit der Zeit. Zumindest, bis AMD sich mit Ryzen zurückmeldete.
Hier war erneut Jim Keller, ihr erinnert euch, der vom ersten Athlon, mit am Werk und schon die erste Ryzen-Generation auf Basis der Zen-Kerne setzte mit erschwinglichen und konkurrenzfähigen Sechs- und Achtkernern Intel unter Druck. In der mittlerweile dritten Zen-Generation gibt bis zu 16 Kerne (32 Threads dank Multithreading) kombiniert mit auch ansonsten richtig viel Leistung.
Auch wenn (noch) nicht jedes Spiel solche Kernmengen ausreizen kann, wer den PC nebenbei auch für rechenintensive Arbeiten wie Videoschnitt einsetzt, freut sich über die vergleichsweise günstige Schwemme an Cores.
Legendenstatus bekommt der Ryzen 9 5950X von uns daher für seine Vorreiterrolle und Ryzen generell für ein geschicktes Chiplet-Design, das sehr flexible CPU-Lösungen wie eben den 5950X ermöglicht. Werft bei Interesse auch einen kurzen Blick auf die Transistormenge der CPUs - von ca. 3.500 Transistoren im MOS 6502 sind wir mittlerweile bei mehr als 10 Milliarden, die sich auf die Chiplets des Ryzen 9 verteilen. Ein beachtlicher Sprung und wir sind noch lange nicht am Ende der CPU-Entwicklung.
Mit welchem Prozessor habt ihr das PC-Gaming begonnen und erinnert ihr euch noch an den ersten Rechenknecht? Welche CPU ist euch am meisten im Kopf geblieben und habt ihr interessante Geschichten rund um den Prozessor, die ihr in den Kommentaren mit uns teilen wollt?
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