AMDs Radeon R9 390X im Test läutet eine neue Radeon-Generation ein - zumindest dem Namen nach. Als AMDs (hypothetische) PR-Berater hätten wir allerdings dringend davon abgeraten, die R9 390X heute zu veröffentlichen. Denn die Bezeichnung R9 390X suggeriert klar eine neue Radeon-Generation, innerhalb derer die Radeon R9 390X nach dem gewohnten Namenschema das neue Topmodell sein müsste. Beides stimmt aber nur sehr bedingt und birgt daher die Gefahr, Neugierige und potenzielle Käufer (zumindest) zu enttäuschen.
Denn die R9 390X entpuppt sich im Test als eine R9 290X mit 8,0 statt 4,0 GByte GDDR5-Speicher. Der Hawaii-XT-Chip ist identisch, die für die 3D-Leistung entscheidende Shader-Anzahl bleibt mit 2.816 gleich ebenso wie die ROPS (64), die Textureinheiten (176) und der Fertigungsprozess (28 nm). Allerdings taktet AMD die R9 390X im Referenz-Design nun mit 1.050 statt 1.000 MHz minimal höher als die R9 290X - die meisten Hersteller werden die Taktraten aber sowieso noch etwas erhöhen.
Das Speicher-Interface ist mit 512 Bit bei R9 390X und R9 290X gleich breit, allerdings steigt die Speicherbandbreite bei der R9 390X auf 384 statt 320 GByte/s (R9 290X), da AMD den Speicher-Controller überarbeitet hat und so der effektive Speichertakt bei der R9 390X nun 6.000 statt 5.000 MHz beträgt.
DirectX 12 beherrscht die R9 390X entsprechend ebenfalls, allerdings nur im Feature Level 12_0 (dem wichtigsten) und nicht wie Nvidias aktuelle GTX-900-Serie mit Feature Level 12_1 und 12_2. Zwar wird das zu Lebzeiten der R9 390X in der Praxis mit ziemlicher Sicherheit für Spieler kaum negative Folgen haben. Schließlich sind die Optimierungen bei 12_1 und 12_2 relativ klein und kommen vermutlich erst in ein paar Jahren in relevanten Spielen zum Einsatz (Spiele werden in der Regel für eine möglichst breite Technikbasis entwickelt und die AMD-APUs in PlayStation 4 und Xbox One beherrschen ebenfalls kein DX12_1 und 12_2).
Aus PR-Sicht ist das jedoch ein größerer Nachteil, da Käufer besonders bei High-End-Karten nicht gern auf technische Features verzichten. Auf der anderen Seite erhalten Käufer der R9 390X im Vergleich zur ursprünglichen R9 290X zwar doppelt soviel Speicher, können davon aber höchstens im Crossfire-Betrieb (zwei Karten teilen sich einen Speicher-Pool) profitieren. Ansonsten dürften Spiele derart viel Videospeicher auch in einem Jahr nur in extremen Einstellungen nutzen (für die die R9 390X dann aber ohnehin zu langsam sein dürfte).
Die »neuen« 300er-Radeons basieren also auf alten Modellen und nutzen deren Grafikchips:
Radeon R9 390X (Hawaii XT / Radeon R9 290X)
Radeon R9 390 (Hawaii Pro / Radeon R9 290)
Radeon R9 380 (Tonga Pro / Radeon R9 285)
Radeon R7 370 (Curacao Pro / Radeon R7 265)
Radeon R7 360 (Bonaire Pro / Radeon R7 260)
AMD Radeon R9 300 und FuryX - Hersteller-Präsentation ansehen
Warum AMD die R9 390X sowie die kleineren Modelle vor den eigentlichen Topmodellen Radeon R9 Fury X und Radeon R9 Fury bringt, ist uns absolut unverständlich - zwar ist der Fiji-Chip der Fury-Modelle im Grunde auch nur ein aufgebohrter Tonga-Chip mit GCN-1.2, aber wenigstens dürfte der erheblich mehr 3D-Leistung als die 200er-Generation bringen.
Wer nun also auf die neue Radeon-Generation gewartet hat und im Grunde nur umbenannte Modelle der alten Generation mit doppeltem Speicher zu unverhältnismäßig hohen Preisen findet (die R9 390X soll etwa 430 Euro kosten, während es die R9 290X ab 350 Euro gibt), ist zu Recht enttäuscht - die in der (PR-)Branche gefürchteten Shitstorms haben sich schon an erheblich geringeren Ursachen entfacht.
Technische Daten
Grafikchip |
Hawaii-XT |
Hawaii-XT |
Hawaii-Pro |
Tonga |
---|---|---|---|---|
Chip-Takt |
1.055 MHz |
1.050 MHz |
1.000 MHz |
970 MHz |
Shader-Einheiten |
2.816 |
2.816 |
2.560 |
1.792 |
Textureinheiten |
176 |
176 |
160 |
112 |
ROP-Einheiten |
64 |
64 |
64 |
32 |
Videospeicher |
8,0 GByte |
8,0 GByte |
8,0 GByte |
2,0 / 4,0 GByte |
Speichertakt (effektiv) |
6,0 GHz |
6,0 GHz |
6,0 GHz |
5,5 / 5,7 GHz |
Speicherinterface |
512 bit |
512 bit |
512 bit |
256 bit |
Speicherbandbreite |
384 GByte/s |
384 GByte/s |
384 GByte/s |
182,4 GByte/s |
TDP |
275 Watt |
275 Watt |
275 Watt |
190 Watt |
Preis |
470 Euro |
430 Euro |
330Euro |
200 Euro |
Testsystem
Herzstück unseres Testsystems bildet der Intel Core i7 4770K, den wir auf 4,5 GHz übertaktet haben. Die vier Kerne samt Hyper-Threading und der hohe Takt sorgen dafür, dass der Prozessor nicht zum Flaschenhals wird und die Sapphire Radeon R9 390X Tri-X stets ihr volles Leistungspotenzial ausschöpfen kann. Die Speicherbänke des MSI Z87-GD65 Gaming Mainboards sind mit 16,0 GByte DDR3-1600 Arbeitsspeicher bestückt. Als Betriebssystem kommt Windows 8.1 zum Einsatz, das auf einer 512 GByte großen Samsung SSD 840 Pro Platz findet.
Die Grafikkarte muss sich in sechs DX11-Spielen beweisen (Anno 2070, Battlefield 4, Crysis 3, Grid 2,Rome 2 und Metro: Last Light). Alle genannten Titel testen wir mit maximalen Details in den Auflösungen 1920x1.080 und 2560x1.440. Außerdem überprüfen wir die Karte auch auf ihre 4K-Leistung hin. Bei den Benchmarks loten wir die Leistung sowohl ohne als auch mit vierfacher Kantenglättung sowie sechzehnfacher, anisotroper Filterung aus und nehmen den Mittelwert aus jeweils drei Messungen.
Der gemessene Stromverbrauch bezieht sich auf das gesamte System, während der Temperatur-Wert auf den Angaben von MSI Afterburner beruht. Wie laut die Grafikkarte wird, ermitteln wir in einem schallisolierten Raum über ein Messmikrofon im Abstand von 50 cm.
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