Der Wille aufzuhören
Doch irgendwann kommt auch bei der interessantesten Aufgabe der Punkt (bei mir zwei Monate nach Beenden des Studiums), an dem man die Lust verliert und aufhören möchte, weil man alles schon gesehen oder den stärksten Gegner besiegt hat. Also will man aufhören. Ich betone das Wort »will«, da sich das im Nachhinein als sehr viel schwieriger herausstellte, als ich dachte. Man kommt nicht mehr online, beschäftigt sich während des Tages mit anderen Dingen, bis … ja bis man von irgendetwas an das Spiel erinnert wird.
Das mag ein Werbespot, ein Bild, ein Satz oder einfach nur der Gedanke an einige Kollegen sein, die man kennengelernt hat. Und dann beginnt die Sucht erst wirklich, denn was dann passiert, ist nicht mehr normal. Man hat auf einmal das Verlangen, dass einem irgendetwas fehlt, man weiß nicht genau was, aber man weiß, dass man es braucht – wie der Raucher seine Zigarette nach dem Essen. Also loggt man sich trotz Widerwillen wieder einmalig ein – denkt man. Problem an der Sache ist, dass natürlich die Eindrücke wieder auf einen einprasseln: lieb gewonnen Freunde melden sich wieder, man wird gefragt, ob man wieder mit auf die Raids will, oder man entdeckt doch wieder etwas total Neues am Spiel, das ein Patch hinzugefügt hat.
Rückfall in den Teufelskreis
Erneut begann der Teufelskreis von vorne. Monat um Monat zog es sich dahin, ohne Ende in Sicht. Der Faktor zum Aufhören einer Sucht ist meist der Wille, endlich die Gewohnheit zu durchbrechen, und dass man bei seinem Bemühungen unterstützt wird. Beim meinem ersten Ausbruchsversuch (der übrigens 20 Tage andauerte) war das nicht gegeben, beim zweiten Anlauf fünf Monate später jedoch schon. Es wurde wieder langweilig – alles gesehen, alles gehört –, Schlussfolgerung: Spielen beenden.
Dieses Mal hatte ich jedoch die Unterstützung meiner Eltern und auch den Willen, endlich wegzukommen, denn eine Frage stellt sich immer wieder: »Will ich das für alle Zeiten machen? Spielen ohne Unterlass nur um des Spielens Willen?« Die Antwort war »Nein«. Am Anfang des Entzugs wurde anstelle des PCs einfach der Fernseher eingeschaltet, um vom PC abzulenken, oder vielleicht ein Video eingelegt. Mit der Zeit reduzierte sich der Anteil dieses Mediums jedoch Stück für Stück. Alles wurde über ein halbes Jahr hinweg wieder normal – wie beim Entzug eben. Freunde riefen wieder an, man ging wieder mal weg, entspannte sich beim Sonnen im Garten oder ging mal Skifahren im Winter.
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