Postal 3 im Test - Skandalös war gestern

Früher war Postal trashig und kontrovers. Postal 3 ist hingegen nur noch trashig – und im Endeffekt auch kein Postal mehr. Im Test klären wir, warum.

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Die Vorgänger von Postal 3können bei Spielern drei komplett unterschiedliche Meinungsreflexe auslösen. Die Palette reicht von »Grundgütiger, ist das brutal!« über »Haha, was für ein rabenschwarzer Humor!« bis hin zu »Gähn, wie langweilig!«. Im Endeffekt sind alle drei Aussagen gerechtfertigt, denn die in Deutschland indizierte Postal-Reihe des amerikanischen Entwicklers Running with Scissors war schon immer vor allem eines: Geschmackssache.

Und eine Frage der Perspektive. Im direkten Vorgänger von Postal 3 spielten wir eine Woche im Leben des Postal Dudes (der Hauptfigur) nach und bekamen jeden Tag verdächtig normale Aufgaben wie »Löse deinen Gehaltscheck ein« oder »Hole Milch«. Dabei war es möglich, die komplette Stadt Paradise zu erkunden. Und, wenn man das wollte, auch allerlei »Schabernack« zu treiben, indem man mit, nun ja, skurrilen Gegenständen die Zivilbevölkerung, nun ja, belästigte.

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Steam
Postal 3 können Sie entweder einen Key auf der Herstellerseite erwerben, oder Sie kaufen das Actionspiel regulär als Importversion im Einzelhandel. In jedem Fall müssen sie den Registrierungsschlüssel an ihr Steam-Konto binden. Ein Weiterverkauf wird dadurch unmöglich.

Bugs, Abstürze und Performanceprobleme
Postal 3 litt im Test unter zahlreichen Macken. Neben kleineren Bugs wie Kollisionsfehlern und Soundproblemen trüben vor allem gelegentliche Abstürze, in erster Linie aber massive Performance-Einbrüche auf mehreren Testrechnern den Spaß. So mussten wir trotz der betagten Grafik oft mit rund 15 Frames pro Sekunde auskommen. Beschwerden in Foren bestätigen, dass das Problem kein Einzelfall ist und sogar auf Highend-Rechnern auftritt. Hinzu kommen eine schwammige Steuerung, unpräzises Zielen und eine praktisch nicht vorhandene KI.

Erforderlich war Gewaltanwendung jedoch nur selten, etwa gegen bewaffnete Anti-Killerspiel-Demonstranten oder gegen Terroristen, die dem Dude ans Leder wollten. Das Leben in Paradise war eben alles andere als normal, sondern satirisch-überzeichnet bis derb-brutal.

Dank dieser Eigenheiten wurde die Postal-Serie schon immer kontrovers diskutiert. Trotzdem (oder gerade deshalb) hat sie sich eine Fanbasis erarbeitet, doch selbst die dürfte von den neusten Erlebnissen des Postal Dudes geschockt sein: Postal 3 entpuppt sich nur in einer Hinsicht als kontrovers. Nämlich bei der Frage, ob man’s besser verbrennen oder aus dem Fenster werfen soll.

Merkwürdiger Film mit Minispielchen

Die Handlung von Postal 3 zu erklären, grenzt eigentlich schon an Zeitverschwendung: Der Dude hat die Zombie-Apokalypse in seinem alten Heimatkaff Paradise überlebt und kommt mit seinem Hund Champ in die Stadt Catharsis. Das war's. Die Zeit, die der Anti-Held hier verbringt, sollen wir nun nachspielen, erzählt in Rückblenden. Die bestehen aus völlig zusammenhanglosen Szenen, in denen wir alberne Aufgaben erledigen sollen.

Katze Katzen können wir als wirbelnde Klauentornados benutzen. Dafür fällt der berühmte Katzenschalldämpfer flach.

Dachs Einen Dachs als Nahkampfwaffe haben wir auch noch nie gesehn.

Furzkanone Die »Furzkanone« legt andere Charaktere ruck zuck schlafen. Woher sie ihre Munition bezieht, wissen wir allerdings nicht.

Elektroschocker Mit dem Elektroschocker setzen wir Gegner und Passanten ohne Blutvergießen ausser gefecht. So wie es sich für einen Ordnungshüter gehört.

Hierzu versetzt uns Postal 3 in enge, überschaubare und voneinander völlig losgelöste Levels: das Polizeirevier, einen Pornoladen oder die tristen Gängen eines Forschungslabors, alles schön von Ladezeiten getrennt. Dagegen kommt einem Duke Nukem Foreverwie ein Open-World-Erlebnis vor.

In den wenigen Freiluftabschnitten kann die Stadt zwar im ersten Moment halbwegs überzeugen, spielerische Freiheit gibts aber auch hier nicht. In den wenigen Freiluftabschnitten kann die Stadt zwar im ersten Moment halbwegs überzeugen, spielerische Freiheit gibts aber auch hier nicht.

Wer gehofft hatte, er könne die Stadt Catharsis frei nach Kuriositäten abgrasen und gucken, was die Nachbarn im Kleiderschrank versteckt haben, wird bitter enttäuscht. Gradliniger als Postal 3 kann ein Spiel kaum sein. Nur in wenigen Fällen dürfen wir die teils netten, aber nie wirklich attraktiven Viertel der Stadt auf eigene Faust unsicher machen, um ein paar belanglose Aufgaben zu lösen. Häuser betreten können wir dann allerdings immer noch nicht.

Jeder Spielabschnitt wird durch kleine Videos eingeleitet (die übrigens rund 80 Prozent der Installationsgröße von 15 GB ausmachen). Diese Cutscenes gehören mit zum Besten am Spiel und dürften Freunden von albernem, schwarzem Holzhammer-Humor das eine oder andere Grinsen entlocken.

Allerdings schwankt das Niveau sehr stark und reicht von dummen und peinlichen AIDS-Witzen bis hin zu solider, aber nie wirklich tiefgründiger Gesellschaftskritik. Man bekommt fast das Gefühl, als wollten die Entwickler Uwe Bolls Postal-Film umsetzen, hätten sich aber beim Medium geirrt.

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