AMD Ryzen: Tricksen Boardhersteller für höhere Taktraten auf Kosten der Lebensspanne?

Telemetriedaten des Monitoring-Tools HWiNFO geben Auskunft darüber, ob Ryzen 3000 und Co. vom Mainboard gemäß den Spezifikationen mit Energie versorgt werden oder nicht.

Einige AM4-Platinen sollen dem Ryzen-Prozessor absichtlich falsche Werte übermitteln, um die Taktrate zu steigern. Einige AM4-Platinen sollen dem Ryzen-Prozessor absichtlich falsche Werte übermitteln, um die Taktrate zu steigern.

Tricksen die Mainboardhersteller, um höhere beziehungsweise stabilere Taktraten bei den Ryzen-Prozessoren zu erreichen? Und verringert diese Praxis die Lebensdauer der CPUs? Das zumindest behauptet der bekannte Extreme-Overclockers »The Stilt« in einem Essay, der sich mit einer Erweiterung für das Monitoring-Tool HWiNFO befasst, die ebenjenen Missstand aufzudecken in der Lage sein soll.

Letztes Update: 9.6.2020
Neu hinzugefügt: Hinweise zur verwendeten Version von HWiNFO.

Wie genau werden die höheren Taktraten erzielt?

Dazu muss man zunächst wissen, dass sich Ryzen-CPUs für die AM4-Plattform bei der Leistungsaufnahme auf Telemetriedaten verlassen, die das Mainboard an den entsprechenden Co-Prozessor der CPU übermittelt. Der Co-Prozessor wiederum ist für die Einhaltung der von AMD vorgesehen Betriebsspezifikationen verantwortlich.

Das ist jedoch laut The Stilt genau die Schwachstelle, die Hersteller nutzen können, um die CPU außerhalb dieser Spezifikationen zu betreiben. Es ist eigentlich recht simpel: Dem Co-Prozessor werden schlicht falsche Daten übermittelt.

Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Der Ryzen 7 3700X hat eine TDP von 65 Watt und ein voreingestelltes Powerlimit von 88 Watt. Wenn das Board nun aber beispielsweise nur 60 Prozent davon (also 52,8 Watt) angibt, erhöht sich die Leistungsaufnahme im Standardbetrieb von 88 auf rund 147 Watt.

Ziel scheint es zu sein, die Taktraten einerseits auf einem stabil hohen Niveau halten zu können und nicht in ein Powerlimit zu laufen und andererseits höhere Übertaktungsspielräume beispielsweise für automatische OC-Mechanismen zu gewährleisten - was in der Summe höheren Taktraten gleichkommt.

100 Prozent, 71 Grad Bildquelle: HWiNFO/The Stilt)

75 Prozent, 77 Grad (Bildquelle: HWiNFO/The Stilt)

In der Praxis stößt die CPU dann zwar auch an einige andere Grenzen, zum Beispiel an ein Temperaturlimit, dennoch steigt die Temperatur wohl um einiges höher als es normalerweise der Fall sein sollte, was sich dauerhaft ungünstig auf die Lebensspanne einer CPU auswirken kann.

Wichtig für den Selbsttest: Um korrekte Messergebnisse zu erhalten ist es nötig, die CPU stabil nahe an der Auslastungsgrenze zu betreiben, beispielsweise mit Hilfe eines synthetischen Benchmarks wie Cinebench R20 oder auch Tools wie Prime95. Außerdem braucht es die aktuelle Beta-Version von HWiNFO.

Was es jetzt schon über die kommenden Ryzen 4000 zu erfahren gibt, könnt ihr im folgenden Artikel nachlesen:

Wie merkt HWiNFO dass etwas nicht stimmt?

Dazu wurden neue Telemetriedaten in die Software implementiert, genannt »CPU Power Reporting Deviation«. Diese geben die Abweichung der Leistungsaufnahme der Spannungswandler (VRMs) im Verhältnis zur CPU an. Laut The Stilt ist ein Wert zwischen 95 und 105 Prozent als normal anzusehen, alles darüber oder darunter sei auffällig.

Besonders die Werte unter 95 Prozent sind The Stilt zufolge interessant, da sie in Relation angeben, wie viel mehr Leistung die Spannungswandler an die CPU weitergeben als diese selbst es angibt. Der niedrigste Wert soll übrigens bei 50 Prozent gelegen haben, was bedeutet, dass die CPU theoretisch doppelt so viel Leistung hätte aufnehmen können wie vorgesehen.

Welche Boards sind betroffen? Dazu macht The Stilt keine Angaben, lediglich dass einige MSI-Platinen sich im normalen Rahmen bewegen sollen. Ihm zufolge beteuern die Boardhersteller selbst jedoch, nicht zu solchen Mitteln zu greifen und damit auch nicht die Lebensspanne der Ryzen-Prozessoren negativ zu beeinflussen.

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