Die Samsung und Apple Watch haben 60 Tage meinen Schlaf kontrolliert - Ein Schlafforscher tauschte meine Sorgen gegen neue Bedenken aus

Den Schlaf mittels Gadgets wie der Apple Watch oder Samsung Watch kontrollieren lassen, machen sicherlich viele Besitzer. Ich habe es getestet und einen Schlafforscher dazu befragt.

Die Samsung und Apple Watch haben insgesamt 60 Tage meinen Schlaf getrackt. (Hintergrund: Brilliant Eye, stock.adobe.com) Die Samsung und Apple Watch haben insgesamt 60 Tage meinen Schlaf getrackt. (Hintergrund: Brilliant Eye, stock.adobe.com)

Ich war Apple Watch-Träger der ersten Stunde - na ja, fast. Rund vier Monate nach Release habe ich mir die erste Smartwatch von Apple zugelegt. Zu dieser Zeit konnte die Uhr noch keinen Schlaf tracken. Das Feature kam samt Sensoren erst mit einer späteren Generation und watchOS-Updates.

Obwohl ich schon sehr viele Jahre eine smarte Armbanduhr am Handgelenk trage, bin ich bisher nicht auf die Idee gekommen, meinen Schlaf zu überwachen.

Aus Neugier habe ich mit der Apple Watch und Samsung Watch genau das jetzt nachgeholt und den Schlafforscher Dr. Albrecht Vorster dazu befragt. Soviel vorweg: Das Ergebnis hat mich persönlich beruhigt, allgemein gesehen aber erschreckt.

Schlaf tracken mit der Apple Watch Series 7 und Samsung Watch 5

Werfen wir zuerst einen Blick auf die zwei Smartwatches prominenter Vertreter.

Beide Uhren der Hersteller geben jeweils an, folgende Gesundheits-Funktionen für den Schlafbereich mit an Bord zu haben:

  • Überwachung der Schlafphasen: Die Uhren von Apple und Samsung zeigen mir eine Auflistung (samt Diagramm) der Wach-, REM-, Leichtschlaf- und Tiefschlafphasen an.
  • Messung des Blutsauerstoffs: Der Blutsauerstoffspiegel, auch als arterieller Sauerstoffpartialdruck (PaO2) bezeichnet, gibt Aufschluss über den Sauerstoffgehalt im arteriellen Blut. Es ist ein wichtiger Parameter zur Bewertung der Atemfunktion und des Gasaustauschs in den Lungen. Samsungs Health-App gibt an, dass die Überwachung des Blutsauerstoffs nur für Fitness- und Wellness-Zwecke gedacht ist.
  • Messung der Herzfrequenz: Die Herzfrequenz während des Schlafens ist ein wichtiger Parameter, der Informationen über die Herzgesundheit und den Schlafzustand liefert. Während des Schlafs durchläuft der Körper die oben genannten Schlafzyklen. Die Herzfrequenz kann sich während dieser Schlafzyklen verändern.

Die smarte Armbanduhr von Samsung verspricht außerdem das Aufzeichnen von Schnarchen, worauf der Schlafforscher später noch eingeht.

Beide Uhren habe ich für jeweils rund einen Monat meinen Schlaf überwachen lassen, um die Werte miteinander vergleichen zu können. Nennenswerte Abweichungen gibt es allerdings nicht.

Sowohl die Apple Watch Series 7, als auch die Watch 5 Pro von Samsung möchten mir eine »genaue« Auskunft darüber geben, welche Schlafphasen ich in der Nacht durchschlafen habe. In der jeweiligen App erhalte ich zur aufgezeichneten Nacht eine Auswertung:

Apple Watch Exemplarische Auswertung der Apple Watch Series 7.

Samsung Watch Exemplarische Auswertung der Samsung Watch 5 Pro.

Was mir bei der Auswertung der Daten allerdings Sorge bereitet hat: der Durchschnitt an Schlafstunden über die zwei Monate hinweg.

Im einen Monat waren es knapp unter 7 Stunden, im Monat darauf dann rund 7,1 Stunden Schlaf. »Ist das nicht viel zu wenig?«.

Hier zeigte sich mir das erste Problem solcher Gadgets samt Tracking: Man macht sich je nach Person zunehmend Sorgen - manchmal unbegründet, wie sich später herausstellen wird.

Generell konnte ich mit den Daten, die mir beide Uhren ausgespuckt haben, als Laie wenig anfangen. Zwar bieten beide Apps weiterführende Hinweise über die einzelnen Werte, aber weder finde ich Anhaltspunkte, wie genau sie gemessen werden, noch ob das mich bezogen nun »gut« oder »schlecht« ist.

Ich habe mir aus diesem Grund einen professionellen Rat eingeholt.

Das sagt Dr. Albrecht Vorster über die Schlafüberwachung mit Hilfe von Smartwatches

Dr. Albrecht Vorster

Dr. Vorster wurde 1985 in Köln geboren. Er absolvierte sein Studium der Biologie und Philosophie an der Universität Freiburg sowie der Université de La Reunion.

Seine Diplomarbeit schrieb er am Center for Sleep and Consciousness der University of Wisconsin, Madison. Seine Promotion über Gedächtnisbildung im Schlaf der Meeresschnecke Aplysia erfolgte an der Universität Tübingen.

Gegenwärtig ist Dr. Vorster Leiter des Swiss Sleep House Bern am Universitätsklinikum Inselspital Bern. Dort konzentriert er sich auf die Erforschung und Verbesserung des Schlafes von Krankenhauspatienten und Sportlern. Im Jahr 2020 entwickelte er die App 7Schläfer, für deren Konzept er verantwortlich ist.

Mehr Informationen findet ihr auf der Webseite: warum-wir-schlafen.de

Meine erste Frage an Dr. Albrecht Vorster: Können Smartwatches unseren Schlaf fördern?

»Ja und Nein. Das Tracken mit Hilfe solcher Gadgets kann dazu führen, sich zunächst einmal mit dem eigenen Schlafverhalten auseinanderzusetzen. Aber sie können auch dazu führen, den Schlaf überzubewerten oder sogar eine falsche Ängstlichkeit dem Schlaf gegenüber zu entwickeln.

Mit solchen Uhren können Maßnahmen ergriffen werden, um mehr zu schlafen, ja, aber es geht eigentlich mehr darum, die Qualität zu steigern als die Dauer.

Schlussendlich sollten wir uns darauf konzentrieren, unser Verhalten dem Schlaf gegenüber zu verbessern, sprich: Gleichmäßige Schlafenszeiten, Aufstehen beim Wachliegen, weniger Alkohol, mehr Sport. Auch Abend-Rituale wie ein Buch lesen fördern den Schlaf.«

Ich habe zwei Monate meinen Schlaf getrackt. Die Werte aus den Schlafphasen sagen mir als Laie nicht viel. Wie viel Aussagekraft haben die gesammelten Daten bei einer Smartwatch wie die der Apple Watch oder Samsung Watch überhaupt?

»Wenig Aussagekraft. Es ist schlichtweg kein Vergleich zu den Schlafdaten aus einem Labor. Schlafphasen werden anhand der Gehirnaktivität definiert. Am Handgelenk kann ich keine Hirnwellen messen. Das Handgelenk ist schlicht die falsche Stelle am Körper, um derartige Werte messen zu können, auch was die Sauerstoffsättigung betrifft.«

An dieser Stelle warf der Schlafforscher einen mir naheliegenden Vergleich in den Raum.

»Vergleichen wir es doch mit Fiebermessen. Keiner von uns beiden würde auf die Idee kommen, in der Handinnenfläche das Fieberthermometer anzusetzen und den angezeigten Werten auch noch Glauben schenken.«

Dr. Vorster holt weiter zur Blutsauerstoffsättigung aus:

»Ein ähnliches Problem sehen wir bei der Sauerstoffsättigung. Wearables messen die Werte am Handgelenk. Dabei wird Infrarotlicht von der Rückseite der Smartwatch durch die Haut in das Gewebe geleitet. Das Licht wird dann von den roten Blutkörperchen reflektiert.

Die Messungen sind allerdings längst nicht so zuverlässig wie Pulsoximeter am Finger, da die Finger viel besser durchblutet sind, auch verrutscht die Uhr am Handgelenk ständig, wenn sie nicht sehr fest anliegt.

Die Ergebnisse können außerdem durch Faktoren wie Hautpigmentierung abweichen. Dunkelhäutige Menschen sind demnach im Nachteil. Der Großteil dieser Wearables wird übrigens an jungen, weißen Männern getestet.

Eine wesentlich zuverlässige Messung erfolgt also am Finger. Aber nur wenige möchten solche Gadgets auch am Finger tragen.

Mit dem prominenten Oura Ring kommen wir der Sache schon näher. Allerdings weist auch dieses Produkt seine Schwächen auf. Die Abtastrate ist einfach zu gering.

Der Circul Ring von Bodimetrics eignet sich mit einer 100-Hertz-Abtastrate wesentlich besser. Dieses Wearable ist etwas klobiger und die Batterie reicht nur für eine Nacht.«

Der Circul Ring von Bodimetrics (Bild: Bodimetrics) Der Circul Ring von Bodimetrics (Bild: Bodimetrics)

Was soll mir die Sauerstoffsättigung eines solchen Gadgets generell sagen? Kann ich damit wenigstens irgendwelche Krankheiten an mir feststellen, beziehungsweise Signale wahrnehmen?

»Ein normaler Blutsauerstoffgehalt liegt in der Regel zwischen 95 Prozent und 100 Prozent. Wenn der Blutsauerstoffgehalt während dem Schlaf häufig um mehr als 3 Prozent abfällt, kann dies auf Atemaussetzer hinweisen, meist in Verbindung mit Schnarchen. Dies nennt man Schlafapnoe. Weniger als 5 Atemaussetzer pro Stunde gelten jedoch noch als normal.

Um genau zu wissen, wo das Problem liegt, müssten dazu noch weitere Sensoren am Körper angebracht werden. Daher ersetzen Wearables meist keine Diagnose aus dem Labor.«

Ich habe mit meiner Samsung Uhr eine Schnarcherkennung aktiviert, die mittels Audio mein Schnarchen erkennen soll. Wie gut funktioniert das und kann anhand dessen ein Warnsignal ermittelt werden?

»In dem Fall ist der Sound nicht unbedingt aussagekräftig. Es gibt tatsächlich auch »gesunde« Schnarcher und es braucht eben mehr, um Krankheiten wie Schlafapnoe festzustellen, zum Beispiel das Messen der Blutsauerstoffsättigung. Zusätzlich sind unsere Bewegungen und die Herzrate während des Schlafens und die Anzahl der Weckreaktionen wichtige Faktoren.«

Ich fasse zusammen: Wenn es um Schlaftracking geht, kann ich meine beiden Uhren in die Tonne werfen?

»Nein, das nicht. Denn Bewegungen tracken die Smartwatches heute sehr zuverlässig. Sei es beim Gehen, Joggen oder eben beim Schlaf. Warum geben mir diese Uhren keine Auswertung der Bewegungen pro Minute? Anhand dessen könnte man eine unruhige Nacht feststellen und auf einen unruhigen Schlaf schließen. Das macht die Apple Watch ja auch zum Teil.«

Was müssen die Smartwatches außerdem noch besser machen?

»Aktuell sind sie eine Blackbox. Keiner weiß, wie die Uhren auf die Daten kommen, die sie uns ausspucken. Natürlich werden die Hersteller uns das auch nie verraten, logisch. Aber mir als Schlafforscher fehlen die Rohdaten, die ich mir zum Beispiel in eine Excel-Tabelle exportieren kann, um diese adäquat zu vergleichen. Eine solche Funktion gibt es nicht und wird es vielleicht nie geben.«

Eine Sorge bleibt mir noch. Anhand meiner Daten konnte ich feststellen, dass ich innerhalb der zwei Monate im Durchschnitt 7 Stunden geschlafen habe. Ist das viel zu wenig?

»Da wären wir wieder beim generellen Problem dieser Tracker. Die Uhr kann dir nicht sagen, ob für dich 7 Stunden ausreichend sind. Das ist von Mensch zu Mensch einfach unterschiedlich. Hast du dich während dieser Zeit schlecht, erschöpft oder gestresst gefühlt?«

Weder noch.

»Eben. Für manche Menschen reichen schon 6 Stunden Schlaf am Tag, wiederum andere sind nach 8 Stunden noch erschöpft. Wenn du während dieser Perioden keine körperlichen oder mentalen Probleme feststellen konntest, besteht kein Grund zur Sorge.«

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Fazit: Das konnte ich mitnehmen

Zwar ist mein kleines Experiment anders verlaufen, als ich anfangs dachte, persönlich sehe ich es aber dennoch als Erfolg.

Das Gespräch mit Dr. Albrecht Vorster war sehr aufschlussreich und äußerst interessant. Während der zwei Monate der Aufzeichnungen habe ich selbst gemerkt, wie mich klammheimlich Sorgen um den eigenen Schlaf heimsuchten.

Diese Sorgen wurden jetzt allerdings durch neue Bedenken ausgetauscht. Viele Nutzer könnten die ausgegebenen Werte für bare Münze nehmen - ich habe es schließlich auch zu einem gewissen Grad.

Auf der anderen Seite liefern die Hersteller eben genau das, wonach Interessierte suchen: Gesundheitsfunktionen. Selbst günstige Modelle für 30 Euro bieten vermeintliche Funktionen fürs Schlaftracking.

Was habe ich daraus gelernt? Ein Satz ist mir im Gespräch mit Dr. Albrecht Vorster besonders in Erinnerung geblieben, nämlich meinen Schlaf durch andere Einflüsse zu verbessern und nicht durch smarte Gadgets.

Habt ihr, wie ich, auch die Apple Watch oder andere Wearables zum Schlafen getragen? Wie seid ihr mit den Daten umgegangen, die euch angezeigt wurden? Habt ihr bereits Alternativen wie den Oura oder Circul Ring ausprobiert? Welche Maßnahmen habt ihr ergriffen, um euren täglichen Schlaf zu verbessern? Teilt sie gerne unten in den Kommentaren!

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