Das Internet soll seit 2016 tot und mit Bots ersetzt worden sein – klingt irrwitzig, könnte aber real werden

Bewegen wir uns auf eine Zukunft, in der die meisten Inhalte im Internet KI-generiert sind, und es mehr Bots als Menschen gibt?

Die Antwort: Bot. Wird es in Zukunft mehr Bots als Menschen im Internet geben? (Bild: fit_aitana über Instagram) Die Antwort: Bot. Wird es in Zukunft mehr Bots als Menschen im Internet geben? (Bild: fit_aitana über Instagram)

Kaum ein Thema war 2023 so relevant wie KI – künstliche Intelligenz. ChatGPT, der KI-Chatbot aus dem Hause OpenAI, hat einen Stein ins Rollen gebracht, der bis heute und in absehbarer Zeit nicht an Schwung verlieren wird. 

Aber was passiert, wenn wir die Kontrolle darüber verlieren? Was ist, wenn wir in Zukunft nicht mehr unterscheiden können, ob wir im Internet mit einer KI oder mit einem Menschen reden? 

Heute befassen wir uns mit einer eigentlichen absurden Internet-Verschwörungstheorie, die irgendwie unheimlich plausibel klingt: Sind im Internet mehr Bots als Menschen unterwegs? 

Bevor ihr weiterlest: In diesem Artikel behandeln wir die Dead Internet Theory - eine Verschwörungstheorie beziehungsweise ein Verschwörungsmythos. Sie ist natürlich Humbug, absurd und sollte nicht ernst genommen werden. Jedoch wirft sie ein paar interessante Fragen auf, die heute von hoher Relevanz sind. Um diese Fragen geht es heute.

Die »Dead Internet Theory«

Die Theorie vom toten Internet ist eigentlich genauso absurd, wie die Theorie von der flachen Erde. Sie entstand vor etwa drei Jahren in einem Forum mit dem Namen »Agora Road’s Macintosh Cafe« und wurde ausführlich vom Nutzer »IlluminatiPirate« beschrieben. 

Was daran so absurd ist? Die Theorie besagt, dass das Internet zwischen den Jahren 2016 und 2017 sozusagen gestorben ist und die meisten »Menschen«, die wir online auf sozialen Medien und anderen Plattformen sehen, nicht echt sind - sondern Bots. 

Der Autor der Theorie argumentiert, dass (ausgerechnet) das notorische Forum 4chan vor dieser Zeit deutlich aktiver war. Er nennt noch weitere Gründe, die allerdings alle nicht besonders aussagekräftig sind. Es ist eben eine Verschwörungstheorie. 

Doch jetzt ist es Ende 2023 und - Moment mal - könnte etwas an der Theorie dran gewesen sein? 

Der Aufstieg von KI 

Imperva, ein Cyber-Security-Unternehmen, veröffentlicht seit zehn Jahren jährlich ihren sogenannten »Imperva Bad Bot Report«. Eine Studie, die den Bot-Traffic des Internets überwacht, um so für mehr Sicherheit im Internet zu sorgen. 

Bad Bots sind solche, die für den Angriff auf Unternehmen und Privatpersonen programmiert wurden und dieser Bericht soll analysieren, welchen Anteil sie am globalen Internet-Traffic haben. Im Mai dieses Jahres hat das Unternehmen seinen Bericht für 2022 veröffentlicht. 

Das Ergebnis von 2022: Fast die Hälfte des gesamten Internet-Traffics bestand aus Bots: 47,4 Prozent, um genau zu sein. 30,2 Prozent stuft Imperva als bösartig ein. Außerdem hat der Traffic an Bots in den letzten vier Jahren stetig zugenommen.

2022 stammte fast die Hälfte des weltweiten Internet-Traffics von Bots. (Bild: Imperva) 2022 stammte fast die Hälfte des weltweiten Internet-Traffics von Bots. (Bild: Imperva)

Mit dem Aufkommen von KI und LLMs (Large Language Models) ist es zudem immer schwieriger einen Bot von einem echten Menschen zu unterscheiden. Leider steigt deswegen auch der Anteil an bösartigen Bots, die dank besserer KI immer erfolgreicher werden.

Aber wie weit sind wir von einer Welt entfernt, in der es immer schwieriger wird, echte Menschen von Bots zu unterscheiden? Gar nicht so weit.

Inzwischen gibt es sogar Social-Media-Influencer, YouTube-Kanäle, Streamer und sogar virtuelle Partner, die allesamt auf KI basieren. 

Drei Beispiele: 

Aitana Lopez ist zum Beispiel ein Instagram-Influencer, die gar nicht real ist, sondern KI-generiert. Trotzdem hat sie mehr als 200.000 Follower und verdient aktuell über 10.000 Euro im Monat. 

Neuro-Sama ist ein VTuber, also ein Streamer, der mit einem Avatar anstatt mit einer »echten« Facecam streamt. Der Unterschied zu anderen Vtubern? Sie basiert vollständig auf KI. Aktuell hat sie fast 500.000 Follower auf Twitch. 

Und dann haben wir Channel1.ai: Der weltweit erste Nachrichtenkanal, bei dem alle Nachrichtensprecher auf KI-basieren und jede Sprache sprechen können.

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Es ist zu erwarten, dass wir uns nur am Anfang dieser Entwicklung befinden. Experten vom »Copenhagen Institute for Future Studies« prognostizieren sogar, dass bis 2030 99 Prozent der Inhalte im Internet KI-generiert sein werden. 

Das Internet ist also nicht gestorben, wie es die »Dead Internet Theory« beschreibt, es könnte in Zukunft jedoch wohl wirklich dazu kommen, dass das World Wide Web stärker von Bots, als von Menschen besiedelt wird.

Was wird unternommen? 

Wir werden uns in Zukunft wohl zwei großen Herausforderungen stellen müssen: 

  • Welche Inhalte im Internet wurden von Menschen und welche von KI erstellt? 
  • Wer ist ein Mensch und wer ist ein Bot? 

Wir bewegen uns auf eine Zeit zu, in der Texte, Produktbewertungen, Videos, Bilder, Social-Media-Konten, Nachrichten und ganze Webseiten KI-generiert sind. Was ist echt und was ist falsch? Was ist wahr und was ist gelogen? 

Es gibt Hoffnung: Viele Unternehmen arbeiten an Methoden und Mitteln, die ironischerweise auch auf KI basieren, um KI-generierte Inhalte zu erkennen. 

Zum Beispiel gibt es erste Tools, die Texte erkennen können, die von KI-Modellen geschrieben worden sind. Leider sind diese noch nicht hundert Prozent zuverlässig. Auch Google und Microsoft arbeiten an KI-Erkennungs-Software für Bilder und Videos. 

Leider wird das alleine wohl nicht ausreichen. Die Erkennung von KI-Inhalten und Bots wird mit Sicherheit besser - aber KIs und Bots werden das auch. Medienkompetenz wird auch in Zukunft immer wichtiger, weshalb der richtige Umgang mit KI und dessen Möglichkeiten früh erlernt werden sollte. 

ChatGPT, Midjourney und Co: Wie KI unser Leben verändert (hat) Video starten 59:33 ChatGPT, Midjourney und Co: Wie KI unser Leben verändert (hat)

Meinung des Redakteurs

Duy Linh Dinh: Ich bin ein großer Fan von KI und was damit möglich ist! Ich halte es wirklich für eine der wichtigsten Innovationen im Tech-Bereich der letzten Jahre. Nicht nur ist sie äußerst nützlich, sie kann in allen Bereichen des Lebens eingesetzt werden - auch bei Spielen zum Beispiel.

In Tekken 8 lernt im Hintergrund eine KI euren Spielstil und kann so einen »Geist« von euch anfertigen, gegen den andere Spieler spielen können. So kann man gegen Bots spielen, die sich anfühlen, als wären es echte Menschen - genial! 

(Bild: Bandai Namco) (Bild: Bandai Namco)

Oder kennt ihr noch diese Support-Chatbots, die von vielen Unternehmen verwendet werden, die letztendlich nur dafür genutzt werden, zu einem echten Menschen weiterzuleiten? Die können nicht früh genug mit KI ersetzt werden, will ich meinen.

Trotzdem halte ich es auch für wichtig, dass die Schutzmechanismen sich genauso schnell weiterentwickeln wie die KI selbst. Stellt euch mal vor, Spieleentwickler würden ihre Online-Lobbys voll mit KI-Bots stecken, die sich zwar sehr realistisch verhalten, aber es den Spielern nicht verraten, dass sie gegen Bots spielen? Wie würdet ihr das finden? 

In anderen Bereichen, wie zum Beispiel bei Produktbewertungen, ist eine zuverlässige Erkennung von KI-Texten extrem wichtig. Ansonsten können wir zukünftig keinen Bewertungen mehr trauen. 

Trotz all dieser Ungewissheiten, oder gerade deswegen, bin ich sehr gespannt auf die Zukunft.

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