Das neue Gaming-Headset von Razer Kraken V4 Pro
kostet rund 450 Euro. Es kommt mit haptischem Feedback, einem Gimmick, das ich liebe, RGB-Beleuchtung, einer OLED-Control-Hub-Station und es ist kabellos. Hier wird sofort deutlich, dass Razer den Fokus auf Einzelspieler-Immersion und weniger auf kompetitive Herausforderungen legt.
In den zehn Jahren, die ich nun Gaming-Headsets teste, waren Modelle über 300 Euro in der Minderheit. 2024 gibt es zwar einen klaren Trend: Gaming-Hardware immer teurer – aber dennoch liegen die Preise meistens bei um die 200 Euro, wenn man ein solides kabelloses Gerät kauft.
Als Fan von haptischem Feedback bei Headsets und Basisstationen für Geräte, musste ich mit Razers neuem Flaggschiffmodell natürlich selbst einmal auf Tuchfühlung gehen – und bei dem hohen Preis habe ich das selbstverständlich ganz genau getan.
Mein Vorabresümee: Ich kann das teure Audioerlebnis nur wenigen von euch empfehlen, obwohl es abgesehen vom hohen Preis perfekt hätte sein können.
Transparenzhinweis: Razer hat mir das Kraken V4 Pro für den Test kostenfrei zur Verfügung gestellt. Razer hatte keinen Einfluss auf den Artikelinhalt und bekam keine Einsicht vor Erscheinen des Tests. Es bestand keine Verpflichtung zu einem Testbericht.
Einmal auf Anfang
Ohne Frage macht das Razer Kraken V4 Pro einen imposanten Ersteindruck. Im gewichtigen Hartschachtelkarton verbirgt sich nicht nur das Gaming-Headset, sondern auch eine OLED-Control-Hub-Station.
OLED Control Hub for the Win? Nicht wirklich
Über die OLED-Control-Hub-Station verbinden wir das Headset wahlweise kabellos mit unserer Konsole oder dem PC. Ein AUX-Port ist ebenfalls vorhanden.
Beim Anschließen flirrt eine Retro-Raumschiff-Animation, die an Space Invaders erinnert, über das Display. Da diese zwar schön aussieht, aber sonst nichts macht, kann der Mini-Bildschirm auch mit anderen Anzeigen belegt werden, wie zum Beispiel dem Akkustand.
Ein großes, toll geriffeltes Rad lässt uns an der Lautstärke des Headsets und anderen Einstellungen herumjustieren.
Da sämtliche Anpassungen aber auch direkt am Rechner über die ohnehin notwendige Software, oder am Headset selbst vorgenommen werden können, verstaubte die anfangs hübsche Station bei mir auf dem Schreibtisch allerdings schnell.
Ich konnte bis auf das bloße Vorhandensein an sich keinen echten Mehrwert feststellen. Anders als bei Headsets wie dem SteelSeries Arctis Nova Pro und dem Astro A50 Wireless, fungiert die Station nämlich ausschließlich als Steuer- und Verbindungsglied.
Eine Ladefunktion bietet diese Erweiterung nicht, womit ich persönlich sie unter reine Spielerei
verbuche. Diese Spielerei treibt jedoch den Gesamtpreis in die Höhe.
RGB-Beleuchtung an Headsets: Gutes Aussehen für andere
Zweifelsohne gehört die RGB-Beleuchtung bei den Razer Kraken V4 (Test) und V4 Pro Gaming-Headsets mit zu den schönsten, die ich bisher gesehen habe. Davon werde ich aber weder zu einer besseren Spielerin noch habe ich selbst etwas Optisches davon, denn ich selbst sehe sie nicht, während ich das Headset trage.
Bei Streamern oder Leuten, die nicht alleine leben, können aber zumindest die Umstehenden die Lichtshow genießen. Bei anderen Geräten mag ich RGB, an kabellosen Headsets schalte ich sie aber immer zugunsten der Akkulaufzeit aus.
Die fällt mit rund 50 Stunden ohne Beleuchtung und Vibration zwar solide aus, reduziert sich, wenn beides eingeschaltet ist, aber auf rund 13 Stunden (Herstellerangabe, die im Test bestätigt werden konnte).
Beim Mikro nichts gelernt
In meinem Test zum Razer Kraken V4, das nur wenige Monate vor dem V4 Pro erschien, bemängelte ich bereits das einfahrbare Schlauchmikrofon.
Rund 250 Euro mehr und ein paar Monate später, bekommt auch das Kraken V4 Pro ebendieses nicht abnehmbare Mikrofon, das sich nur mühselig zurück in die Ohrmuschel des Headsets schieben lässt.
Zudem muss in Relation zum doppelt so hohen Preis nun auch die Sprachqualität kritisiert werden. Für 450 Euro erwarte ich, dass meine Stimme in einer top Klangqualität wiedergegeben wird. Beim V4 Pro ist das nicht der Fall. Ich höre mich dumpf an.
Ein Pop-Schutz hätte dem Gerät außerdem gutgetan. Vermutlich hat Razer darauf verzichtet, damit man das Mikro einfahren kann – eine aus meiner Sicht wenig praxisorientierte Designentscheidung.
Razer setzt vermehrt auf Vibration
Ich bin ein großer Fan von haptischem Feedback. So groß, dass ich nur zu diesem Feature eine Kolumne geschrieben habe:
Wie ihr auch in dieser lesen könnt, gibt es aber auch Fallbeispiele, in denen ich davon abraten würde. Dazu gehören etwa Mehrspielertitel, weil Schritttöne manchmal durch die Vibrationsgeräusche überdeckt werden können.
Ähnlich wie beim Razer Freyja, einer Stuhlauflage mit haptischem Feedback, kommt dieses meiner Meinung nach am besten mit entsprechender Musik zur Geltung.
Im Test zum Razer Kraken V4 Pro jedoch überzeugte mich, anders als beim Razer Kraken V3 Hypersense und beim Razer Kraken V3 Pro, die Umsetzung der Vibrationen weder im Spiel noch beim Musikhören oder Serienschauen.
Ich startete ausnahmsweise mal nicht mit meiner Metal-Playlist, sondern mit softeren Songs von Audioslave und Soundgarden, bloß um festzustellen, dass ich selbst auf höchster und dynamischer Stufe praktisch keine nennenswerten Vibrationsverstärkungen wahrnehmen konnte.
Kein Problem, immerhin eignet sich Force Feedback ohnehin weniger für sanfte Musik. Der Wechsel zu Napalm Death, Carcass, Brujeria, Arch Enemy, Sepultura und Bloodywood brachte dann etwas mehr Stimmung auf die Ohren.
Insbesondere mit We Will Rise
von Arch Enemy konnte das Headset punkten. Während der Anfangssequenzen klang der Bass wie ein vorher nicht wahrnehmbarer zweiter Herzschlag auf den Ohren. Eine vollkommen neue musikalische Ebene wurde hör- und spürbar.
Den anschließenden Härtetest mit einigen Liedern von Tool
, die sich für mich vor allem dadurch auszeichnen, besonders facettenreiche, dynamische Bassebenen darzustellen, konnte das V4 Pro dann aber dennoch nicht bestehen.
Grundsätzlich konnte mich der Sound ohne Haptics beim Musikhören auch nicht wirklich vom Hocker hauen. Zu dem Preis hatte ich mehr erwartet.
Bei meinem Test zum Razer Kraken V4, das ich ebenfalls zu teuer fand, fragte ich mich, warum es ohne haptisches Feedback kommt. Immerhin hatten Modelle wie das Razer Kraken V3 Hypersense und das Razer Kraken V3 Pro dieses als festen Bestandteil integriert und sind wesentlich günstiger zu haben.
Damals wurde dies mit dem dadurch höheren Preis begründet und siehe da, diesen haben wir jetzt mit der Pro-Variante auch bekommen.
Insgesamt liefert das Razer Kraken V4 Pro tonal zwar durchweg solide ab, aber für 450 Euro ist solide nicht genug. Auch beim Spielen mit dem Headset stach trotz Sensa HD Haptics in Final Fantasy 16 nichts besonders positiv hervor.
Im Silent Hill 2 Remake ergab sich ein ähnliches Klangbild, trotz Sensa HD Haptics. Wie ich auch schon in meinem Update zum Razer Freyja Gaming-Kissen schrieb, wird das haptische Feedback mit Sensa HD Haptics in Zwischensequenzen nicht wiedergegeben, dafür aber in Kämpfen und wenn man eine Notiz aufhebt.
In Doom, mit dem ich damals auch das Kraken V3 Hypersense und das Kraken V3 Pro getestet habe, schnitten die älteren Geräte in meiner Erinnerung in Sachen haptischem Feedback deutlich besser ab, als der teurere und schwerere große Bruder V4 Pro und das ganz ohne Sensa HD.
Auch in Metal: Hellsinger wurde ich nicht wirklich vom Hocker gehauen. Was schade ist, denn genau für solche Spiele ist die verstärkende Vibration eigentlich bestens geeignet.
Das Feedback der älteren Modelle klang voluminöser und ließ in den drei Stufen eine bessere Abstimmung zu. Zudem sind beide Geräte für je unter 150 Euro zu bekommen.
Spezifikationen
- Verbindung: Kabel (USB und 3,5-Millimeter-Klinke), Bluetooth 5.3, 2,4 GHz-Funk über USB-C-Control-Hub
- Akkulaufzeit: bis zu 50 Stunden ohne Beleuchtung und haptisches Feedback mit 2,4 GHz-Verbindung / bis zu 13 Stunden mit Beleuchtung und Haptics sowie 2,4 GHz-Verbindung
- Beleuchtung: Ja, Razer Chroma RGB (anpassbar und abstellbar)
- Treiber: 40-Millimeter Razer Triforce Bio-Cellulose
- Frequenzgang: 20 Hz – 28 kHz
- Impedanz: 32 Ohm
- Kompatibilität: PC, Mac, PlayStation, Nintendo Switch, Steam Deck, Smartphones
- Mikrofon: HyperClear Super Wideband Mic (nicht abnehmbar, lässt sich aber einfahren)
- Mikrofonfrequenz: 100 Hz - 10 kHz
- Mikrofonsensibilität: -42 ± 3 dBV/Pa, 1 kHz
- Virtual Surround: THX Spatial Audio
- Software: Razer Synapse, Razer Chroma Sensa HD Haptics
- Variationen: Ohne haptisches Feedback unter Kraken V4
- Gewicht: 397 g
- Lieferumfang: Headset, OLED-Control-Hub, USB-C-Kabel, USB-A-nach-USB-C-Kabel, AUX-Kabel, Aufbewahrungsbeutel, Bedienungsanleitung
Preis und Verfügbarkeit
- Release: bereits erfolgt (24. Oktober 2024)
- Preis: 450 Euro (UVP)
So habe ich getestet
Ich hatte das Razer Kraken V4 Pro ungefähr einen Monat lang im Einsatz. Während der Zeit trug ich es viel bei der Büroarbeit, hörte Musik, schaute nebenher Serien und andere Videos und nahm täglich an Team-Meetings sowie anderen Voice-Chats teil. Nach Feierabend und an den Wochenenden spielte ich damit. Darunter waren viele kleinere Indie-Titel, der Rhythm-Shooter Metal: Hellsinger, Doom und, um Sensa HD testen zu können, Final Fantasy XVI und Silent Hill 2.
Zu wenig Spiele für Sensa HD
Razer Sensa HD Haptics könnte ein fantastisches Feature sein, wenn mehr Spiele (zur Razer-Sensa-HD-Haptics-Spieleliste mit den kompatiblen Titeln) es vollumfänglich unterstützen würden und wenn an der Umsetzung weiter gearbeitet wird.
In meiner weiter oben verlinkten Freyja-Kolumne bin ich bereits ausführlicher auf diesen Umstand eingegangen. Razer steht aber mit den Spieleentwicklern im Austausch. An Sensa HD Haptics wird also weiterhin geschraubt.
Solltet ihr euch das Razer Kraken V4 Pro kaufen?
Das Razer Kraken V4 Pro lohnt sich für euch, wenn ...
- ihr exakt die Eigenschaften dieses Geräts sucht: Haptisches Feedback, Beleuchtung, OLED-Control-Hub, kabellos
- eines eurer Lieblingsspiele mit Sensa HD Haptics kompatibel ist
- ihr auf mehreren Plattformen unterwegs seid
Alternativen zum Razer Kraken V4 Pro
- Razer Kraken V3 Hypersense/Razer Kraken V3 Pro (kabellos), wenn ihr kraftvolleres, weniger wummerndes Force Feedback zu einem Viertel des Geldes wollt.
- Logitech Astro A50, wenn ihr eine Basisstation wollt, die gleichzeitig als Ladeschale fungiert.
- SteelSeries Arctis Nova Pro Wireless, wenn ihr Wechselakkus wollt, die sich in eine Ladestation stecken lassen.
- Razer Kraken V4, wenn ihr die gleiche Beleuchtung zum kleineren Preis wollt.
Das Razer Kraken V4 Pro ist eine solide, aber zu teure Wahl. Für die meisten Interessierten gibt es bessere oder günstigere Alternativen, egal, ob es um die Basisstation als Gimmick, die Beleuchtung oder eben auch das haptische Feedback geht. Bei letzterem kommt die Konkurrenz erneut aus dem eigenen Haus. Wer aber exakt ein Gaming-Headset mit den speziellen Eigenschaften und genauso kombiniert, wie wir sie beim Kraken V4 Pro vorfinden sucht, bekommt ein qualitativ hochwertiges Gerät.
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