Ein Jahrhundert-Ereignis verspätet sich: Eigentlich hätte bereits im vergangenen Herbst ein Leuchtfeuer der besonderen Art in 2.700 Lichtjahre Entfernung losbrechen sollen. Doch während weltweit Profi- und Amateur-Astronomen auf die Nova mit dem klingenden Titel T Coronae Borealis warten, geschieht ... nichts.
Wir haben einen Experten gefragt, was schuld an der kosmischen Verspätung sein könnte und wo wir sie 2025 mit Glück am Himmel erblicken würden.
Wer ist unser Experte? Andreas Vogel ist Leiter des Olbers-Planetariums Bremen und Dozent für Celestial Navigation
an der Hochschule Bremen.
Was hat es mit T Coronae Borealis auf sich?
Alle 78 bis 80 Jahre kommt es zu einem Feuerwerk kosmischen Ausmaßes. Zuletzt beobachteten Forscher am 9. Feb. 1946 das für einige Tage währende Aufflammen. Ein sonst mit bloßem Auge unsichtbarer Punkt am Nachthimmel überstrahlt dann selbst den Polarstern. In dieser Kombination ist die Nova damit einzigartig:
Die Vorhersagbarkeit mit einer Periode von etwa 80 Jahren macht diese Nova so speziell. Im Schnitt kann man nur einmal im Leben solch ein Ereignis verfolgen. Wir kennen derzeit nur zehn solcher periodisch wiederkehrenden Novae und keine andere erreicht eine solche Leuchtkraft.
Andreas Vogel
Grund für die Explosion am Nachthimmel sind zwei Sterne:
- Ein weißer Zwerg: Das Überbleibsel eines Sternes – auch unsere Sonne wird dereinst so enden.
- Ein roter Riese: Die Endphase eines Sterns, bevor auch er zu einem weißen Zwerg schrumpft.
Der weiße Zwergstern, der mit seinem großen roten Bruder einen gemeinsamen Mittelpunkt umkreist, sammelt dank Gravitation Material auf seiner Oberfläche – vor allem Wasserstoff. Ab einer gewissen Menge kommt es zu einer explosionsartigen Selbstzündung, wenn die Wasserstoffkerne miteinander verschmelzen. Das Ereignis können wir noch hier auf der Erde sehen.
Beide Sterne überstehen das Ereignis unbeschadet. Der Vorgang beginnt von Neuem.
1:11
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Jahrhundert-Ereignis mit Verspätung: Woran liegt es?
Nicht nur aufgrund des Zeitplans rechneten Forscher schon im Herbst mit einer Rückkehr der Nova. Ihnen fiel auch eine Abdunklung auf – ein typisches Vorzeichen: »Ein Abfall der Helligkeit ging nach den vorliegenden Aufzeichnungen der bis heute letzten Nova voraus«, so Andreas Vogel.
Weshalb die Zündung dann doch ausblieb, wissen wir bisher nicht. Noch bewegt sich die Verspätung aber innerhalb des erwartbaren Zeitfensters. Als denkbare Gründe für die Fehleinschätzung kämen laut dem Forscher vor allem zwei Erklärungen infrage:
- Die Verdunkelung 1946 war Zufall.
- Eine Staubwolke hat sich zwischen uns und das Doppelsternsystem im Sternbild
Nördliche Krone
geschoben.
In den kommenden Monaten sei inzwischen quasi täglich mit der Nova zu rechnen, so Vogel. Wo genau ihr wann hinschauen müsst, um sie zu sehen, erklären wir euch hier genau. Ein Blick lohnt sich, denn ihr könnt der Wissenschaft wirklich helfen.
Übrigens: Ihr habt solch ein Szenario vielleicht schon mal in Star Trek gesehen. Entsinnt ihr euch noch an die TNG-Folge Die Macht der Naniten?
Mehr dazu findet ihr im verlinkten Text.
Unverzichtbare Amateur-Astronomie
»Moderne Amateur-Teleskope können Helligkeitswerte genauer bestimmen als die großen Hightech-Anlagen vor 40 Jahren«, ordnet er den technischen Fortschritt bei vermeintlich simplen Hobby-Geräten ein. Bei veränderlichen Sternen, wie T Coronae Borealis, oder auch bei Kometen und Asteroiden, seien Amateure eine unverzichtbare Hilfe für die professionelle Wissenschaft.
Der Grund ist simpel: Es gibt schlicht zu viele Objekte und schier unfassbar weite Bereiche des Sternenhimmels abzusuchen. Außerdem komme es auf eine möglichst zeitlich lückenlose Beobachtung der Nova an. Sollte sie aber 2025 erneut ausbleiben, wäre unsere Forschung wohl endgültig um ein Rätsel reicher.
Zum Trost ist eines gewiss: 2.700 Lichtjahre entfernt ist das Rätsel längst gelöst. Denn wir warten hier ja förmlich auf uraltes Licht, das seine Reise zu uns wenige Jahrzehnte nach der Gründung Roms antrat. Am Ursprung hat sich dieser kosmische Kreislauf aus Materialtransfer und Entzündung bereits dutzende weitere Male wiederholt.
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