Alte Stärken mit alten und neuen Schwächen

Wer Sacred kennt, der wird auch das Addon Underworld kennen, das etwa ein Jahr nach dem Hauptspiel erschien. Und das sollte alles schöner, größer und besser...

von - Gast - am: 02.01.2010

Wer Sacred kennt, der wird auch das Addon Underworld kennen, das etwa ein Jahr nach dem Hauptspiel erschien. Und das sollte alles schöner, größer und besser machen, zumindest verspricht die Verpackung bereits eine zu 40% größere Spielwelt, mehr als 30 neue Gegnertypen und zwei neue Charakterklassen, womit wir schon mal die generellen Daten abgearbeitet hätten. Das klingt schon mal ganz gut für ein Addon, aber was hat sich denn sonst verändert?

Zu Anfang…

…aber erstmal kurze Infos, wie man die Underworld-Kampagne überhaupt starten kann. Anders als etwa in Titan Quest kann man die Addon-Geschichte sofort anfangen, indem man einen Charakter aus dem Hauptspiel mit mindestens Level 25 in das Addon exportiert, wobei sich das eigentlich nicht richtig lohnt, weil die Geschichte des Addons direkt an das Ende des Hauptspiels anschließt. Alternativ kann man auch direkt einen der neuen Charaktere auf Level 29 für die Monsterhatz nutzen.
Bei den neuen Charakterklassen handelt es sich hierbei um eine Dämonin und einen Zwerg, die sich beide recht deutlich von den restlichen Charakteren unterscheiden. Die Dämonin zunächst einmal hat Flügel und kann die Fähigkeit erlernen zu fliegen, wodurch sie Gewässer leicht überwinden kann. Außerdem erlauben ihre Fertigkeiten verschiedene Kampfzauber, die aber mehr oder weniger zur Unterstützung dienen, um die Gegner im Nahkampf fertig zu machen. Dafür ist sie durch ihr unmenschliches Aussehen unbeliebt bei den meisten Bewohnern und den Händlern des Landes.
Der Zwerg hingegen kann sich entweder auf den Nah- oder Fernkampf verlassen, da er mit dicken Kanonen und ebenso dicken Äxten die Gegner umhaut. Als Fertigkeiten stehen ihm hierbei Nahkampftechniken sowie sehr mächtige Fernkampfangriffe zur Verfügung (z.B. ein Flammenwerfer oder ein Kanonenschuss).
Insgesamt sind die neuen Charaktere sehr interessant und heben sich angenehm von dem restlichen Charakteren ab, die für ein Fantasyrollenspiel noch recht konventionell wirkten.

Verheißungsvoll…

… geht es bereits zu Anfang los. Die bereits aus dem Hauptspiel bekannte Baroness Vilya wird in die Unterwelt von Ancaria entführt. Natürlich ist es Ihre Aufgabe, sie wieder zurückzubringen, sodass Sie direkt selbst in die Unterwelt gehen. Die Reise beginnt im versunkenen Reich der Zwerge und ein erster Blick auf die Karte macht schon deutlich, dass die Gebiete sehr, sehr groß geworden sind. Wer auf direktem die Hauptquests abklappert, sieht nicht besonders viel von der Welt.
Das hat zweierlei Auswirkungen. Einerseits sind die riesigen Gebiete ein Eldorado für Entdecker. Schade: Markante Orte gibt es nur sehr, sehr wenige, im Startgebiet etwa sieht es fast überall gleich aus mit Ruinenbruchstücken, kleinen Wäldern und vielen Flüssen. Das nimmt die Motivation, die Gebiete zu entdecken, zumal man oft keine Belohnung dafür erhält. Beispiel: In einer Höhle voller Würmer gibt es keinerlei Truhen zum Plündern, obwohl man recht lange gegen die Gegner kämpfen muss.
Andererseits fühlt man sich schnell in den Gebieten verloren. Zwar gibt es immer noch die Pfeile am unteren Bildschirmrand für angefangene Quests, sodass immer klar ist, wo man für die Hauptquests hin muss, aber gerade, wer nach Nebenquests sucht, verliert schnell die Orientierung, vor allem weil die Aufträge in den Gebieten etwas versteckt sind. Gerade im Vergleich zum Hauptspiel ist das etwas enttäuschend, denn dort gab es noch viele kleine Ortschaften, die man im Rahmen der Hauptquests besuchen konnte und von denen viele Nebenquests ausgingen. Das gleiche gilt für die obligatorischen Portale, die teilweise deutlich abseits der Wege liegen oder für Händler, die auf der Karte erst angezeigt werden, wenn man in ihre Nähe kommt.

Doppelt ärgerlich…

…ist nicht nur, dass viele Nebenaufgaben nicht nur kaum zu finden sind, sondern auch, dass diese eigentlich einen Tick einfallsreicher als noch im normalen Sacred sind. Anstatt einfach nur zu einem bestimmten Questziel zu gehen, muss man diesmal auch bestimmte Gegenstände finden oder Schreine aktivieren.
Das nützt jedoch alles nichts, wenn die Quests durch Bugs nicht funktionieren, und Bugs gibt es in Sacred: Underworld ärgerlich viele. Einerseits sind das Questbugs, wodurch man Aufgaben nicht lösen kann, andererseits kommt es zu unregelmäßigen Abstürzen, sodass manchmal sogar Spielstände zumindest zeitweise unbrauchbar gemacht werden. Des Weiteren gibt es noch viele weitere Ungereimtheiten, sei es, dass Gegner an Stellen stehen, die für den Spieler nicht erreichbar sind oder dass ich einen Händler nicht ansprechen, sondern nur angreifen kann oder dass es Höhleneingänge gibt, die man nicht betreten kann. Teilweise werden auch Questziele nicht richtig aktualisiert, zum Beispiel fehlt bei einer Hauptquest eine Markierung auf der Karte, sodass die Orientierung noch weiter erschwert wird.
Zusätzlich dazu hat das Addon einige Kinderkrankheiten aus dem Hauptspiel übernommen. So sind die Laufwege teilweise sogar noch länger geworden (gerade in der Hauptquest), viele Gegner wiederholen sich ständig, weil jedes Gebiet mit etwa drei Gegnertypen gefüllt ist (auf die alten Feinde wird hingegen kaum noch zurückgegriffen) und die Art und Weise, wie die Quests und die Aufgaben präsentiert werden, ist etwas knapp mit nur wenig vertonten Textfenstern und zwei Videos. Und nutzlose Belohnungen sind ebenfalls wieder inklusive.

Unausbalanciert…

… war bereits das Hauptspiel, da es größtenteils zu leicht war sich durch die Monsterhorden zu schnetzeln. Und direkt vorne weg: Das Addon ist nicht viel besser geworden. Aber kurz zur Erklärung: Da man mit unterschiedlichen Stufen einsteigen kann (mindestens Level 25, wer das Hauptspiel durchgespielt hat, kann aber gut und gerne über zehn Stufen noch darüber liegen), passen sich die Gegner in etwa Ihrem Level an, dass sie zwei bis drei Stufen über Ihnen sind, außer wenn man natürlich durch die Welt hetzt und nur das wichtigste erledigt. Das Prinzip funktioniert auch generell ganz gut.
Dennoch bleibt der Eindruck, dass es Spieler mit einem Charakter aus dem Hauptspiel es etwas leichter haben als jene, die es mit einem der vorgefertigten Charaktere versuchen. Logisch: Wer schon bereits über 30 Stufen lang sein Alter Ego hochgelevelt hat, weiß, wie er vorzugehen hat.
Wo das Hauptspiel noch oft zu leichte Passagen hatte, sind die Kämpfe in der Unterwelt nun deutlich schwieriger geraten, wobei Ascaron bei einigen Gebieten etwas übertrieben hat, wodurch diese nur im Schritttempo zu schaffen sind, was den Spielfluss leider stört. Im Grat der Hölle zum Beispiel ziehen einige Monster bis zu 1000 Lebenspunkte pro Treffer ab, sodass man selbst mit insgesamt knapp 5000 Hitpoints schnell ins Schwitzen kommt. Dies beschränkt sich aber meist nur auf einzelne (dafür teilweise sehr lange) Passagen, ansonsten lassen sich viele Gefechte mit geschicktem Einsatz der Fähigkeiten gut lösen.

Nach der Schelte…

… mal eine positivere Nachricht: Auch wenn das Spiel bereits über fünf Jahre auf dem Buckel hat, sieht noch ziemlich gut aus. Vor allem die 2D-Landschaften können sich sehen lassen, die insgesamt zwar immer aus den gleichen Versatzstücken gebaut ist und noch mehr optische Highlights bieten könnte, aber viele Gebiete wirken deutlich fantasievoller und abgedrehter als noch im Hauptspiel mit seinem ziemlich konventionellem Fantasylook. Nur in der Nahansicht verpixelt die Landschaft sehr stark.
Der Sound ist wieder auf dem gleichen Stand wie im Hauptspiel, will heißen: Die Musik ist stimmig, setzt aber manchmal falsch ein, die Charaktere sind von Profisprechern synchronisiert, aber viele Questtexte sind nicht vertont. Leider gibt es des Öfteren Soundbugs, wenn der Zwerg seine Kanonen abfeuert.
Auch die übliche Jagd nach Items und Erfahrungspunkten funktioniert wieder wie üblich problemlos. Dadurch, dass nun deutlich weniger Händler vorhanden sind, ist man nun mehr darauf angewiesen, was die Gegner für Gegenstände (vor allem Tränke) fallen lassen. Das ist ein Stück weit Geschmackssache, denn andererseits muss man wiederum lange Laufwege in Kauf nehmen um nutzlose, aber teure Ausrüstung zu verkaufen und gerade gegen Ende ist der Heiltrankvorrat knapp.
Was jedoch alles andere als missglückt ist, ist der riesige Umfang. Das Addon alleine kann über Wochen unterhalten…und das mit nur einem Charakter! Spielt man dann auch noch das Hauptspiel mit den neuen Charakteren, kann man auf viele, viele, viele, viele Stunden kommen.

Fazit

Eigentlich finde ich die neuen Charaktere richtig super und die Umgebungen sehen sehr stimmig aus. Andererseits sind die Gebiete sehr offen gestaltet, sodass ich einen Großteil mit Sucherei verbringe um Portale oder Nebenquests zu finden anstatt auf Dauer bei der Stange gehalten zu werden, was den Spielfluss etwas beeinträchtigt. Da spiele ich lieber das Hauptspiel mit den neuen Charakteren oder wahlweise Titan Quest oder Oblivion, je nach dem, ob ich mehr Lust habe auf ständiges Monstermetzeln mit funktionierendem Spielfluss oder auf eine offene Spielwelt mit tollen Quests. Trotzdem: Wer bereits Sacred hat und damit noch mal viele Stunden verbringen will, der kann gerne zum Addon greifen, denn der Umfang ist unschlagbar.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: recht detaillierte 2D-/3D-Grafik
  • Sound: Profisprecher, gute Hintergrundmusik...
  • Balance: generell in Ordnung, drei Schwierigkeitsgrade
  • Atmosphäre: einfaches Spielprinzip, fantasievolle Landschaften
  • Bedienung: Hack&Slay-Standard mit Komfortfunktionen
  • Umfang: sehr lange Spielzeit, zwei neue Charakterklassen
  • Quests: etwas verbesserte, interessantere Nebenquests
  • Charaktere: neue Charaktere ergänzen die alten
  • Kampf: Spezialfähigkeiten eher nötig, häufige Bosskämpfe
  • Items: neue Ausrüstungstypen, Sets, Sockelungen
  • Grafik: veraltet, verpixelt in der Nahansicht
  • Sound: ...die etwas unsinnig einsetzt, Soundbugs
  • Balance: schwankend, teilweise zu schwere Passagen
  • Atmosphäre: nervige Sucherei, wenige Gegnertypen, Bugs
  • Bedienung: sehr, sehr lange Laufwege
  • Umfang: -
  • Quests: öde Handlung, Belohnungen, versteckt in der Welt
  • Charaktere: Nahkampf immer noch sehr stark vertreten
  • Kampf: wieder häufig nur Totklicken
  • Items: -

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



Kommentare(1)
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