Asia-Kracher ohne Riesen-Augen dafür mit Tiefgang trotz Action

Wer heutzutage an Japano-Rollenspiele denkt, denkt wahrscheinlich vor allem an Final Fantasy, Figuren mit überzeichneten Augen und Anime-Serien auf RTL II.Wer...

von - Gast - am: 25.03.2008

Wer heutzutage an Japano-Rollenspiele denkt, denkt wahrscheinlich vor allem an Final Fantasy, Figuren mit überzeichneten Augen und Anime-Serien auf RTL II.


Wer heutzutage an Bioware denkt, denkt wahrscheinlich überwiegend an Baldur's Gate, Rundenbasierte, taktische Kämpfe und Heldengruppen.


Wer aber an Jade Empire denkt, der sollte das oben genannte schnellstens wieder vergessen, den der neue Geniestreich der Kanadier entführt den Spieler zwar nach Osten, allerdings ohne Riesen-Augen und Skill-Overkill


Der Anfang

Jeder Computer-Spieler weiß mit Sicherheit drei Dinge:

1.Außerirdische sind immer böse

2.Helden verlieren immer ihr Gedächtnis und

3. Ein friedliches Dorf wird nicht lange so friedlich bleiben.



Genau in so einem friedlichen ruhigen Dorf befindet man sich zu Beginn des Action-Rollenspiels Jade Empire, genauer gesagt im Dorf Zwei Ströme, auf einer kleiner Insel. Man spielt einen Schüler in einer Kampfschule, die von dem weisen und gerechten Meister Li geführt wird. Und natürlich ist man nicht einfach irgendein Schüler, man ist natürlich der beste Schüler und steht kurz vor seinem Abschluss. Aber, als ob man es nicht geahnt hätte, kommt doch wieder alles anders. Die geheimnisvollen Lotus-Assassinen angeführt von der noch geheimnissvolleren Hand des Todes attackieren das Dorf, entführen Meister Li und töten beinahe alle Schüler. Nur man selbst und zwei Gefährten überleben die hinterhältigen Angriff, und wie es sich für jeden Meisterschüler gehört wird erstmal der entführte Meister gesucht. Darüber hinaus gibt es allerdings noch eine größere Bedrohung: Überall im Jade-Reich tauchen Geister auf, der Zugang zur Totenwelt scheint durch irgendetwas blockiert zu werden. Der Schuldige ist nicht etwa irgendein mysteriöser Kuttenmagier sondern niemand anderer als Sun Hai! Der Name sagt ihnen nichts? Sollte er aber den Sun Hai ist niemand anderer als der Kaiser des Jadereichs und obendrein auch noch der kleine Bruder von Meister Li. Besagter Sun Hai hat es nämlich gewagt den Wasserdrachen, eine Göttin, zu töten um einer gewaltigen Dürre entgegen zu wirken. So löblich die Absichten auch waren, Götter tötet man nicht vor allem wenn sie nebenbei dafür zuständig sind die Toten ins Totenreich zu begleiten. Und das es überdies schwer fällt bei göttlicher Macht auf dem Boden zu bleiben versteht sich von selbst.

Bla, bla, bla

Also macht man sich in einer gefunden Flugmaschine auf in die Kaiserstadt doch mitten auf dem Weg stürzt man in der Nähe des Dorfes Tiens Anleger ab. Die Flugmaschine ist natürlich im Eimer und zu allem Überfluss benötigt man auch eine Windkarte um überhaupt in die Kaiserstadt zu kommen. Erfahrene Rollenspieler wissen natürlich bereits was zu tun ist: Dorf erkunden, Questgeber finden und Monster plätten. Doch nicht so vorschnell, denn in Jade Empire wird vor allem eines: geredet. Beinahe jeder Questgeber erzählt eine längere, manchmal interessante, manchmal berührende Geschichte. Zum Glück ist die deutsche Sprachausgabe sehr gut gelungen, wenn auch etwas schlechter als die englische. Schmerzlich ist hier, das das Spiel nicht multilingual ist, allerdings ist dies verständlich, da es ansonsten vermutlich mit 3 DVDs kommen würde. Wie gesagt: Hier wird viel gesprochen. Der Held selbst bleibt zwar über den ganzen Spielverlauf stumm (von gelegentlichen Ha’s und Urgh’s während des Kampfes mal abgesehen) aber nicht kommunikationsunfähig. In vielen Dialogen kann man mehrere Antwortmöglichkeiten wählen um das Gespräch in eine bestimmte Richtung laufen zu lassen. So lassen sich viele Quests auch gewaltfrei lösen. Beispiel gefällig? In Tiens Anleger finden wir im Teehaus einen riesigen Oger der den anderen Gästen durch seine Anwesenheit Angst macht. Doch anstatt sofort auf ihn einzuprügeln suchen wir erst das Gespräch mit ihm und finden heraus, dass er eigentlich ein sympathischer, wenn auch etwas dämlicher Kerl ist der nur hier ist weil er unabsichtlich seine Lieblings-Kuh getötet hat und sich nun nicht mehr auf den Hof zurücktraut. Nun haben wir zwei Möglichkeiten: Entweder suchen wir doch den Kampf mit dem Ungetüm oder aber wir überzeugen ihn davon, dass er keine Schuld trägt und die anderen Rinder ihn vermissen. Die Quests sind allesamt ziemlich abwechslungsreich und haben meist mehrere Lösungswege die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Führt man ein kontroverses Theaterstück in der Originalfassung auf, und riskiert den Zorn der Wachen oder zeigt man doch besser die zensierte Version und riskiert den Zorn, und damit die Hälfte der Belohnung, des Schreibers? Hilft man den ruhelosen Geistern endlich Ruhe zu finden oder erschlägt man sie einfach? Ja nach der gewählten Variante begeht man entweder den Weg der „offenen Hand“ oder der „geschlossenen Faust“. In der Hauptquest kann man sich immer wieder zwischen den beiden Wegen entscheiden, teils mit marginaler Auswirkung, teils mit einem vollkommen veränderten Questverlauf. Abseits der Quests merkt man aber wenig vom gewählten Weg, spezielle Quests oder Fähigkeiten für fleißige Verfechter einer Richtung gibt es nur selten.

Feuer, Faust und Schwert

Aber Wortakrobat hin oder her irgendwann muss man dann doch die Fäuste sprechen lassen: Mit Geistern und Menschenfressern lässt sich nicht gut diskutieren. Hier unterscheidet sich Jade Empire beträchtlich von den bisherigen Werken von Bioware. Denn anstelle von rundenbasierten Kämpfen wie in Knights of the Old Republic steht hier vor allem die Action im Vordergrund. Mir der linken Maustaste wird angegriffen, mit der rechten wird eine blockbrechender Angriff ausgeführt, mit der Leertaste geblockt, die Spielfigur wird mit der WASD-Steuerung geführt. Also alles nur stumpfes Tastengehämmer? Im Gegenteil! Denn so simpel das System auch scheint, so raffiniert ist es eigentlich.
Doch nun mal von ganz vorne. Es gibt drei Übergreifende Kampfarten: Magie, waffenloser Kampf und den Kampf mit Waffen. Zu jedem dieser Kampfarten gibt es verschiedene Stille: Bei der Magie gibt es neben der üblichen Feuer-, Eis-, Erd-, und Windmagie auch sehr mächtige Verwandlungsstile durch man sich beispielsweise in verschiedenste Tierdämonen oder einen Jadegolem verwandeln kann. Beim waffenlosen Kampf gibt es unter anderem langsame Stile, die mächtig Schaden austeilen und schnelle Stile, die zwar weniger anrichten aber dafür, wie der Name schon sagt, schneller sind. Schlussendlich gibt es noch den Kampf mit verschiedensten Stabwaffen, Schwertern und Säbel. Während Magiestile Chi verbrauchen, benötigt man zum Einsatz von Waffen sogenannten Fokus, der auch für eine Max Payne ähnliche Zeitlupenfunktion verwendet werden kann. Erlernt man einen neuen Stil, kann man ihn wie in Onlinerollenspielen an den Bildschirmrand legen und mit den Nummerntasten schnell auswählen. Und das ist auch bitter nötig, denn verschiedene Gegnertypen verlangen auch verschiedene Kampfstile. Geister sind beispielsweise immun gegen Schwerter und Stäbe, Dämonen sind magieresistent. Der Wechsel zwischen den Stilen klappt hervorragend und problemlos, Bioware hat bei der Xbox 360 Portierung vorbildliche Arbeit geleistet. Durch jeden getöteten Gegner (und jede erfüllte Quest) erhält man standartgemäß Erfahrungspunkte und steigt mit genügenden im Level auf. Spätestens hier dürften alte Dungeons & Dragons Veteranen empört abschalten. Denn in Jade Empire gibt es nur drei Werte die man erhöhen kann: Gesundheit, Chi und Fokus. Auch die Rollenspieltypische Itemjagd entfällt. Bis auf neue Stile kann man höchstens Edelsteine finden, die in Verbindung mit einem magischen Amulett zusätzliche Boni verleihen.

Wer, Wie, Was

Natürlich bleibt man im Spielverlauf nicht alleine, immer mehr Verbündete schließen sich einem auf seiner Suche an, aus ganz unterschiedlichen Motiven und Beweggründen. Die Helfer bleiben aber keine blassen Nebenfiguren sondern haben einen eigenen Hintergrund und eigene Gründe für die Mitreise. Der „schwarze Wirbelwind“ beispielsweise ist ein Bär von einem Mann, der schon mal alleine, nackt und besoffen eine ganze Festung angreift, das salomonisches Urteil vielleicht etwas zu ernst nimmt und eigentlich nur mitkommt in der Hoffnung möglichst viel Gegner zu verprügeln. Der krasse Gegensatz zu ihm ist die zierliche Morgenstern, eine Mitschülerin die euch von Anfang an begleitet. Man kann allerdings immer nur einen Gefährten einpacken, bevor man sich ins Abenteuer stürzt. Diese Wahl sollte man gut überlegen, denn ja nach der eigenen Spielweise bekommt man regelmäßig Schelte oder Lob von seinem Begleiter. Den schwarze Wirbelwind macht es beispielsweise eher unglücklich wenn man einer zünftigen Rauferei durch Worte Einhalt gebietet, Morgenstern wird durch ein Gemetzel abgeschreckt. Leider wirken sich die eigenen Taten kaum auf die Gefährten aus, egal wie böse ihr auch seid, gute Gefolgsleute werden euch nicht verlassen oder verraten (oder etwa doch?). So klasse die Kollegen auch sind, im offenen Kampf sind die meisten eher weniger hilfreich, glücklicherweise kann man ihnen auch befehlen sich aus den Kämpfen fernzuhalten und einen mit Heilung und Chi (der östlichen Variante von Mana) versorgt.

Grafik, Sound und Technik

Das original Jade Empire erschien bereits 2005 für die Xbox, allerdings hat Bioware die PC Fassung deutlich aufgehübscht. So reißt die Grafik zwar immer noch keine Bäume aus, ist aber jederzeit stimmig und fällt nie negativ auf. Außerdem läuft das Spiel auch auch Mittelklassesystemen einwandfrei. Auch beim Sound gibt es wenig zu kritisieren, die Sprachausgabe ist durchgehend professionell, genau wie die Musik die stets passend ist und das Asia-Flair gut rüberbringt.
Noch ein Wort zur Technik: Genau wie andere Bioware Spiele besteht auch die Welt von Jade Empire eigentlich aus (teils weitläufigen) Schläuchen, ein freies Erkunden der Welt ist also nicht notwendig. Das stört jedoch nur wenig, da die Schläuche dafür gut gefüllt sind und eigentlich kaum auffallen.

Der Tod und kein Ende in Sicht

Irgendwann landet man doch schließlich in der Kaiserstadt und, nachdem man kurz die örtlichen Lotus-Assassinen unterwandert, schlussendlich im Palast zum showdown mit dem wahnsinnigen Kaiser. Doch nach dem Kampf mit diesem ist noch lange nicht Schluss. Auf wenn des Team-Management und der rundenbasierte Kampf wegfällt, eines hat Bioware gleichgemacht wie in früheren Werken: Eine toll inszenierte, spannende und überaschende Story die einen von Beginn an mitreißt. Liebe, Misstrauen, Verrat und Mord inklusive. Wer wenn, wie, wann und warum ermordet, warum der Tod nicht das Ende ist und was es wirklich mit dem Kaiser, Meister Li, dem verschwundenen jüngsten Bruder der beiden, der ominösen Hand des Todes und dem Wasserdrachen auf sich hat enthüllt sich erst nach und nach bis zum fulminanten Ende. Davon gibt es natürlich nicht nur eines sondern gleich drei, wobei man dem wahren Endgegner den Kampf sogar ausreden kann. Mehrfaches Durchspielen ist durch das Gut-Böse Prinzip sowieso Pflicht, auch wenn man den Plot schon kennt.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: Zu jeder Zeit stimmig
  • Sound: Schöne Musik, profsessionelle Sprachausgabe
  • Balance: Viele Quests auch ohne Kampf lösbar
  • Atmosphäre: Wunderhübsches China-Flair
  • Bedienung: Perfekt spielbar auch mit Maus und Tastatur
  • Umfang: Mehrere Spielwege und Enden
  • Quests / Handlung: Jede Quest erzählt eine Geschichte / Lösungswege
  • Kampfsystem: Gegner verlangen verschiedene Taktiken
  • Charaktersystem: Jeder Character hat eine eigene Persönlichkeit
  • Items: Werte können durch Edelsteine erhöt werden
  • Grafik: schon etwas angestaubt
  • Sound: Englische Sprachausgabe noch besser
  • Balance: bestimmte Stile zu mächtig, Gefährten eher nutzlos
  • Atmosphäre: Nicht jedermanns Sache
  • Bedienung: -
  • Umfang: Für ein Rollenspiel etwas kurz
  • Quests / Handlung: Böse Charactere müssen kämpfen
  • Kampfsystem: Keine Teambefehle
  • Charaktersystem: Kaum Einfluss durch Taten auf die gEfährten
  • Items: Außer Edelsteinen keine Items vorhanden

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 100 Stunden



Kommentare(6)
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