Civilisation V. Unagefochtener Riese des rundenbasierten Strategiespiels

Civilisation 5 kann trotz des stark beworbenen Nachfolgers weiterhin als der gelungenste und bisher beste Teil der ganzen Reihe gelten. Das Spiel überzeugt mit...

von Tjapka am: 19.02.2019

Zählt man Brettspiele zu den direkten Vorläufern der modernen Video-Strategiespiele, so können diese zu Recht als die älteste Form des modernen Spiels gelten. Sie können auf eine ca. 200 jährige Geschichte zurückblicken. Bereits die Kriege des 19. Jh. wurden zu Papier gebracht, mit Regeln für Truppenbewegungen versehen und auf einer Landkarte nachgestellt. Civilisation V reiht sich somit in eine lange, wenn nicht sogar die längste Ahnenreihe strategischer Spiele ein.

Das Ziel des Spiels ist denkbar einfach, wenn auch vielfältig und nur mit viel Geduld zu erreichen: Begleite und steuere eine Zivilisation deiner Wahl auf ihrem Weg durch die Zeitalter der Geschichte. Dabei verstanden es die Macher des Spiels glänzend, die Komplexität dieser Aufgabe einfach beginnen und dann langsam anwachsen zu lassen und dem Spieler somit auch das Gefühl des "Mitwachsens" zu vermitteln. Verteidigt man seine erste Siedlung zunächst noch gegen plündernde Barbarenhorden, so trifft man nach kurzer Zeit bereits auf andere Spieler, die den Kontakt zu anderen Zivilisationen suchen. Die eigene Stadt wächst und gedeiht, je nach Wunsch des Spielers in eine unterschiedliche Richtung. Die fünf groben Richtungen (Militär, Kultur, Religion, Diplomatie und Forschung) können zwar schwerpunktmäßig belegt werden, sie schließen sich aber keinesfalls aus und müssen von allen Zivilisationen bedient werden. Die Zeit des anfänglichen Stadt- und schließlichen Reichswachstum wird geschickt durch das Erkunden der Landkarte und das Bekämpfen der neutralen Barbaren überbrückt, sodass es nur selten zum stupiden Weiterklicken der nächsten Runde kommt. Besonders spannend wird es natürlich erst, sobald die ersten Konflikte zwischen Zivilisationen entstehen. Das Wettrennen um die besten Siedlungsplätze und Ressourcen auf der Karte und die möglicherweise aggressive Natur einiger Spieler führen schnell zu militärischen Konflikten auf der Karte, sobald die Chance auf Beute oder eine nur schwach verteidigte Stadt sich anbieten. Je weiter das Spiel voranschreitet, desto mehr gewinnen jedoch die anderen Bereiche des menschlichen Zusammenlebens neben dem Kriegführen an Bedeutung:

Kulturelle Errungenschaften ermöglichen den Zivilisationen aus einem Skillbaum neue Boni für ihr Reich freizuschalten und damit auch langfristig eine Strategie für sich festzulegen. Der dabei zur Verfügung stehende Kulturbaum besticht durch seinen nicht-schematischen, komplexen Aufbau. Er bietet besonders Anfängern einen wunderbaren Leitfaden für ihre Spielstrategie und macht für sie sichtbar in welche Richtung man seine Zivilisation entwickeln möchte ohne zu deterministisch zu sein. Vergebene Politiken können zwar nicht mehr Rückgängig gemacht werden, aber auch das Wildern in den verschiedensten Kategorien kann durchaus zum Erfolg führen, auch wenn Stringenz beim Ausfüllen einer gesamten Kategorie natürlich belohnt wird. Gerade dieses Feature lädt zum experimentieren und ausprobieren ein.

Auch die Religion belohnt den Spieler mit Boni, aber sie setzt vermehrt auf den direkten Wettbewerb zwischen den Religionsgruppen, sodass auch nicht militärische Konflikte entstehen. Leider ist das Religionssystem der am wenigsten ausgearbeitete Bereich und seine kurze Lebensdauer bis zur Aufklärung (die Religion verschwindet zwar nicht aus dem Spiel, verliert jedoch stark an Bedeutung) reduziert ihn als wenig langfristige Strategie auf ein Nebenprodukt, das man gerne mitnimmt, sich aber davor hütet all zu viele Ressourcen hinein zu investieren oder Spieler gar motiviert auf den Religionssieg zu spielen.

Ein weiterer enorm wichtiger Faktor für alle Zivilisationen, dem sich niemand entziehen kann ist die Forschung. Sie wird besonders durch die Größe des Reichs und der Anzahl der Bürger in demselben bestimmt. Die Forschung gewinnt ab der Mitte des Spiels enorm an Bedeutung, wenn Einheitentypen immer schneller aufeinander folgen und die Erträge der Städte immer umfangreicher werden. Die Unterschiede zwischen den Einheiten verschiedener Zeitalter sind enorm und können qualitativ kaum ausgeglichen werden, wodurch die Forschung von keinem Spieler wirklich vernachlässigt werden darf. Dieser Zwang nimmt meiner Meinung nach leider etwas zu große Auswirkungen, sodass hier keine Strategiewahl möglich ist. Auch die verschiedenen Forschungsstränge sind derart eng miteinander verwoben, dass hier kaum eine Wahl bleibt.

Mit zunehmender Spieldauer und dem Ausbreiten der eigenen Zivilisation und Forschungsfortschritt rückt die Welt stets ein Stückchen weiter zusammen. Nicht nur Spione, Archäologen und Kleriker verkehren zwischen den Staaten, sondern es gründet sich auch ein Weltkongress an dem alle Spieler teilnehmen. Werden zunächst gemeinsame Projekte oder kleine Einschränkungen beschlossen, gewinnt der Kongress zunehmend an Einfluss auf das Weltgeschehen und kann Spieler die auf der falschen Seite eines Bündnisses stehen isolieren und in eine tiefe Rezension stürzen. Die Beratungen gehen sogar so weit, dass über den Einsatz von Atomwaffen diskutiert wird. Über diese Versammlung ist schließlich einem einflussreichen Spieler auch möglich den diplomatischen Sieg durch eine Wahl zu erringen.

Mein besonderer Liebling des Spiels ist die KI. Sie schafft es immer wieder mich tief in das Spiel und seine Atmosphäre hineinzuziehen. Dabei helfen nicht nur die schönen grafischen Oberflächen mit ihren Sprüchen, die stets eingeblendet werden, wenn man mit anderen Spielern in Kontakt tritt, sondern auch ihr Verhalten. Natürlich weist auch diese KI in ihrer Strategie und ihrer Einheitensteuerung Macken auf, aber im Vergleich zu allen anderen mir bekannten Strategiespielen handelt es sich zweifellos um die am besten gelungene KI. Das liegt nicht nur an den wunderbar herausfordernden und wählbaren Schwierigkeitsgraden, sondern auch in der Entscheidungsfindung des Computers.

Als last but not least sollte die Andockbarkeit für modding begeisterte Spieler hervorgehoben werden. Neben unzähligen weiteren Völkern und großen Persönlichkeiten dieser Welt, existieren auch unzählige Regelsätze oder gar komplette Modifikationen des gesamten Spiels, die den Wiederspielwert des Spiels und die Begeisterung so vieler Menschen für dieses Spiel widerspiegeln.

Civilisation V lässt den Spieler den Auf- und Abstieg von Zivilisationen in der Geschichte der Welt in einer alternativen Erzählung miterleben und schafft es dabei eine größere Offenheit und Neugierde für andere Menschen und Kulturen zu wecken, die es hoffentlich auch über den Bildschirmrand hinaus in die Köpfe der SpielerInnen geschafft hat.

Dieses Spiel ist jeden Cent wert, den man in es investiert und hat über die Jahre seit seiner Veröffentlichung 2010 nichts von seinem Reiz verloren. Vielmehr stellt es seinen viel beworbenen Nachfolger Civilisation VI meines Erachtens weiterhin in den Schatten. Auch wenn dieser Titel mit seinen Add-Ons wahrscheinlich mit neuen Ideen endlich aufschließen kann, wird Civilisation V wohl viele begeisterte Anhänger halten können oder Rückkehrer mit einer weiteren Runde begeistern können. Wer sich zudem gerne mit historischen Themen auseinandersetzt, der sollte sich nicht davor scheuen auch ein neun Jahre altes Spiel zu erwerben.


Wertung
Pro und Kontra
  • dynamisches Spielgeschehen
  • wunderbare KI
  • anspruchsvolle Szenarien
  • große Auswahl wählbarer Schwierigkeitsgrad
  • Atmosphäre
  • Multiplayer kann unter gewissen Umständen extrem langsam werden (besonders bei langen Partien)
  • Multiplayer kann Synchronisationsprobleme verursachen, besonders bei unterschiedlich schneller PC Hardware
  • Gewichtung der Teilbereiche könnte noch einen Hauch Feintuning vertragen

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 100 Stunden



Kommentare(33)
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