Das Schwarze Auge als Point&Click-Adventure?

Mit »Satinavs Ketten« hat Daedalic Entertainment erstmals das Pen&Paper Rollenspiel »Das Schwarze Auge« in einem...

von Geron1985 am: 01.09.2013

Mit »Satinavs Ketten« hat Daedalic Entertainment erstmals das Pen&Paper Rollenspiel »Das Schwarze Auge« in einem Point&Click-Adventure umgesetzt. Die anfängliche Skepsis, ob so etwas funktionieren kann, wich schnell einem Enthusiasmus, den ich schon lange nicht mehr beim Spielen eines klassischen Adventures hatte. Und der Erkenntnis: Ja, es funktioniert und es funktioniert sehr gut.

 

 

Rätsel

 

Das Kernelement eines echten Adventures sind die Rätsel. Daedalic hat schon in der Vergangenheit mit Titeln wie »The Whispered World«, »Edna bricht aus« oder »A New Beginning« bewiesen, dass sie dieses Element beherrschen, wie kaum ein anderer Entwickler der heutigen Zeit. Auch in »Satinavs Ketten« ist es ihnen wieder gelungen ein Rätseldesign auf höchstem Niveau in das Spiel zu integrieren. Stellenweise sind die Aufgaben, vor die der Spieler gestellt wird, sehr knackig und auch für erfahrene Abenteurer kommen so richtig ins Grübeln. Dabei bleibt das Spiel aber immer fair und logisch.

Ein kleiner Kritikpunkt ist, dass sich die Rätsel von Anfang bis Ende nur über ein paar wenige Screens erstrecken. Komplexe, ineinander verschachtelte Rätsel, wie die Älteren unter uns sie z.B. aus »Monkey Island 2« kennen, sucht man hier vergebens.

9/10

 

 

Story

 

Die Handlung von »Satinavs Ketten« braucht eine Weile, bis sie in Fahrt kommt. Dann kommt sie aber gewaltig und nimmt epische Ausmaße an, wie man sie sonst nur aus RPGs kennt. Die Geschichte nimmt im Verlauf des Spiels einige interessante und unvorhergesehene Wendungen, die die Situation für die beiden Helden Geron und Nuri völlig verändern. Dank dieser Ereignisse wird die Handlung niemals langweilig, das Erzähltempo ist hoch und die Geschichte zieht einen immer mehr in ihren Bann.

Gerade die junge, naive Fee Nuri wächst einem schnell ans Herz. Ihre Begeisterung für alles Neue, was sie in dieser für sie fremden Welt entdeckt, zaubert dem Spieler immer wieder ein Schmunzeln auf die Lippen. Doch man leidet auf ihrer und Gerons Flucht vor dem Seher auch mit ihr mit und entwickelt das dringende Bedürfnis, dieses unschuldige Wesen vor allen Gefahren der Welt beschützen zu wollen.

Leider bleibt Geron, in dessen Rolle der Spieler in der Geschichte schlüpft, relativ blass. Zwar kann man sich zu einem gewissen Grad ganz gut mit ihm identifizieren, doch charakterliche Tiefe bekommt er kaum. Dafür gibt es einen kleinen Punktabzug.

Sowohl bei dem Antagonisten, als auch den Nebenfiguren kann »Satinavs Ketten« aber wieder gut punkten. Der Seher, der alles daran setzt Nuri für seine finsteren Pläne in seine Gewalt zu bekommen, ist allgegenwärtig und eine ständige Bedrohung. Die Nebenfiguren, wie z.B. der Feenforscher Jacomo Nauta oder Ritter Zornbold fügen sich stets passend in Handlung und Szene ein.

Das Ende fällt dagegen leider deutlich ab. Ein kurzer, emotionsloser Abspann, mehr bekommt man leider nicht. Hier wäre definitiv mehr drin gewesen. Immerhin können alle Fans sich damit trösten, dass die Geschichte mit »Memoria« eine Fortsetzung bekommt. 

9/10

 

 

Atmosphäre

 

Daedalic schafft es auf unnachahmliche Art und Weise die wundervolle Fantasy-Atmosphäre von »Das Schwarze Auge« einzufangen. Die handgezeichneten Hintergründe sehen wunderschön aus und ich habe mich des öfteren dabei erwischt, wie ich einfach mal nur die Landschaft bewundert habe.

Leider sind die spartanischen Animationen und die fehlende Lippensynchronität zwei kleinen Schönheitsflecken auf der ansonsten fantastischen Grafik.

Die Sprecher in der deutschen Version sind überwiegend gut ausgewählt. Nur selten gibt es mal bei dem einen oder anderen kleinen Nebencharakter einen Ausreißer nach unten, ansonsten kann die deutsche Sprachausgabe aber voll und ganz überzeugen, was sehr dazu beiträgt, dass die Charaktere dem Spieler noch mehr ans Herz wachsen.

Der Soundtrack untermalt die großartigen Szenen nahezu perfekt. Die melancholischen Melodien ziehen den Spieler mitten ins Geschehen hinein und lassen einen nicht mehr los. Sie passen grandios zu der Geschichte um Nuri und Geron und geben ihr ein ganz besonderes Feeling, das einen auf emotionaler Ebene berührt.

Auch die Dialoge haben den typischen Fantasy-Touch und fallen zu keinem Zeitpunkt aus der Rolle. Sehr lobenswert ist hierbei auch, dass die Gespräche durchaus Tiefgang entwickeln können. Flache Soap-Unterhaltungen hat Daedalic gekonnt vermieden. 

10/10

 

 

Balance

 

Insgesamt ist es Daedalic sehr gut gelungen die Rätsel fordernd, aber stets fair und lösbar zu gestalten. Fortgeschrittene Adventurespieler und Genreprofis dürften sich hier pudelwohl fühlen. Leider sieht es bei Genre-Anfängern bzw. Einsteigern schon etwas anders aus. Hinweise sind spärlich gesetzt und Neulinge irren womöglich längere Zeit ziellos durch die Gegend.

Ebenfalls etwas schade ist, dass der Schwierigkeitsgrad nicht kontinuierlich ansteigt. Es gibt einige sehr knifflige Rätsel und Abschnitte, denen dann wieder eher leichte Kapitel folgen. Besonders der finale Abschnitt des Spiels ist dann doch relativ leicht zu lösen und eigentlich der einfachste Part des Spiels. Schade, denn ich hätte es mir genau anders herum gewünscht.

8/10

 

 

Umfang

 

Die Spieldauer ist für Adventureverhältnisse ganz ordentlich, wenn auch nicht überwältigend. Dafür kommt das Spiel in einer sehr schönen Pappschachtel mit Aufklapp-Cover, statt einer schnöden DVD-Hülle, mit der die Spieler von den meisten großen Publishern abgespeist werden. Auch in der einfachen Standart-Edition liegt dem Spiel ein schönes Poster bei, ein gedrucktes, 40-seitiges Handbuch, ein kleines Artbook, sowie der Soundtrack auf einer Zusatzdisc. Sehr vorbildlich, denn bei großen Publishern und den so genannten AAA-Titeln, muss man für solche Extras schon zu einer teuren Collectors-Edition greifen und selbst dann bekommt man meist nur einen Download-Key für den Soundtrack und ein Handbuch als PDF auf DVD.  

8/10

 

 


Fazit


44 von 50 Punkten -> 88%
 


Wertung
Pro und Kontra
  • Fesselnde Geschichte
  • Liebevolle Charaktere
  • Fordernde Rätsel
  • Wunderschöne Hintergründe
  • Atmosphärischer, melancholischer Soundtrack
  • Mäßige Animationen
  • Asynchrone Lippenbewegungen
  • Maues Ende

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(2)
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