Das war´s schon mit der Frauen-Power?

Wenn Half Life 2 neben kleineren anderen Problemen eines hatte, war es das offene Ende- mitten im actionreichsten Moment plötzlich- popp, das war´s,...

von Bakefish am: 25.04.2014

Wenn Half Life 2 neben kleineren anderen Problemen eines hatte, war es das offene Ende- mitten im actionreichsten Moment plötzlich- popp, das war´s, Mr. Freeman. Doch die Geschichte ist ja noch nicht vorbei, wie uns die beiden Episoden lehren. Und da Half Life 2 mir wirklich Lust auf mehr gemacht hatte (und die Episoden sowieso in der Orange Box enthalten sind), hieß es gleich wieder: ran an den PC, die Weltenrettung ist noch nicht abgeschlossen.

Nun habe ich das Add-On nach einigen Stunden durchgespielt und finde: Es macht einige Dinge besser als das Hauptspiel, erreicht jedoch nicht ganz dessen Qualität. Warum, erkläre ich in der folgenden Rezension. Dabei beziehe ich mich natürlich auch auf das Hauptspiel.

 

„We´ll see about that!“

 

Nein, der G-Man kommt uns doch nicht in die Quere. Kurz bevor er uns wieder in Stase versetzt, erscheinen die mysteriösen Vortigaunts und retten sowohl uns als auch Alyx. Doch anstatt uns vom Dach der Citadel wegzubringen und zu einem scheren Gebiet zu führen, setzen sie uns einfach am Fuße des Gebäudes ab.

Als wir aufwachen, werden wir von Dog, dem „Haustier“ von Alyx, aus dem Schutt geholt. Na toll, denken wir uns, als wir die Citadel und die umliegenden Gebäude sehen. Sieht ziemlich ramponiert aus.

Während wir in der Citadel eine Hetzjagd nach Dr. Breen veranstaltet und anschließend ein Portal in die Luft gejagt haben, hat sich der Krieg zwischen den Rebellen und der Combine ausgeweitet. Die halbe Stadt liegt in Schutt und Asche, und erschwerend kommt jetzt noch hinzu, dass der Reaktor der Citadel unmittelbar vor dem Explodieren ist. Es gibt nur eine Möglichkeit, dies zu verzögern- wir müssen zurück in die Citadel und den Reaktorkern stabilisieren.

Die Flucht aus der Stadt, die danach beginnen sollte, geht allerdings vollkommen in die Hose. In der Stadt „gestrandet“, müssen wir uns eben zu Fuß durchbeißen. Bald schon erfahren wir, dass die restlichen Bürger der Stadt in Züge gesetzt und aus der Stadt herausgebracht werden. Dabei gibt es nur ein Problem- die restlichen Combine-Soldaten, die von ihrer Dimension nun abgeschnitten sind, machen keinen Hehl daraus, durch die Stadt zu ziehen und alles Menschliche, das ihnen vor den Weg läuft, umzubringen…

Tatsächlich schafft Episode 1 es, die Geschichte auf eine sehr spannende Art weiter zu erzählen. Zusammen mit Alyx hetzen wir durch die Stadt, ununterbrochen mit der Combine im Nacken und der Citadel, die bedrohlich im Hintergrund steht. Dabei ist die Geschichte deutlich düsterer erzählt als noch im Hauptspiel.

Am wesentlichen Erzählstil hat sich jedoch nichts geändert. Gordon ist und bleibt der schweigsame Hauptcharakter, das Reden übernehmen Alyx und die anderen Charaktere, die wir auch bereits aus dem Hauptspiel kennen.

Positiv fällt dabei auf, dass die Geschichte nicht mehr an einigen Stellen gestreckt wird, wie es noch im Hauptspiel der Fall war. Das gesamte Add-On über wirkt sie sehr dicht und damit noch spannender.

An sich gesehen wäre die Geschichte damit perfekt, doch begeht das Add-On den fundamentalen Fehler, den Half Life 2 schon hatte- das Ende. In diesem Fall geht es nicht nur (mal wieder) offen aus, sondern auch noch unspektakulär, im Gegensatz zum Hauptspiel. Dass mir unmittelbar nach dem Ende dann auch noch Werbung für die zweite Episode vor das Auge geführt wurde, finde ich ganz schön dreist. An dieser Stelle muss das Spiel daher einen recht großen Minuspunkt einstecken, obwohl der „Rest“ der Story wirklich gut ist.

 

Mit HEV durch BADABOOM

 

Vom eigentlichen Gameplay her hat sich so gut wie nichts verändert. Nach wie vor ballern wir uns durch linear angelegte Level, nehmen Medipacks auf, schleudern Gegnern Gegenstände mit der Gravity Gun ins Gesicht und müssen einige Passagen durch Geschicklichkeit überwinden.

Dabei fällt am stärksten auf, dass die Ausgabe der Waffen nun in einer anderen Reihenfolge abläuft. So erhalten wir am Anfang des ersten Kapitels die Gravity Gun und müssen uns, nur mit diesem Ding bewaffnet, durch die gesamte Citadel schlagen. Zwar erhält sie auch wieder einen speziellen „Effekt“ (Spieler des Hauptspiels wissen, was ich meine), doch hätte ich es an dieser Stelle wirklich schön gefunden, wenn ich auch einen Schießprügel als Alternative hätte mitführen dürfen. Erst im zweiten von insgesamt 5 Kapiteln erhalten wir die ersten Bleipumpen.

Dabei muss auch gesagt werden, dass eine „Waffe“ komplett wegfällt: Der Pheromon-Köder, mit welchem wir im Hauptspiel noch für eine Zeit unsere eigene Ameisenlöwen-Truppe mit uns führen durften, wurde nun entfernt. Zwar hat er im Hauptspiel nur eine recht kurze Zeit etwas gebracht, doch stieß es mir allein schon zahlentechnisch sauer auf, dass ein Add-On weniger Waffen bereitstellt als das Hauptspiel. Andere Waffen wie den Raketenwerfer müssen wir nur an sehr wenigen Stellen zwangsläufig benutzen.

Gibt es wenigstens neue Gegner? Nun ja… einen, nämlich den „Zombine“- einen Combine-Soldaten mit Headcrab auf der Rübe. Wer das jetzt einfallslos findet, kann beschwichtigt werden, denn dieser Gegner hat es in sich- einerseits ist er deutlich schneller als normale Zombies, teilt heftigere Schläge aus, schluckt auch deutlich mehr Kugeln und, last but not least, zieht immer mal wieder gerne Granaten und rennt mit diesen Dingern in der Hand auf uns zu. Und er klingt cool. Das war´s aber auch schon mit den neuen Gegnern. Während des Spiels fiel mir das nicht unbedingt negativ auf, etwas schade finde ich es trotzdem. Dafür ist der Zombine eben cool geraten.

Die restlichen Dinge, die das Add-On anders macht, kann man an einer Hand abzählen. Einerseits wurden die ziemlich aufgesetzt wirkenden Physikspielchen des Hauptspiels nicht mehr ins Add-On integriert. Schlimm ist das nicht, da so ein Kritikpunkt des Hauptspiels entfernt wurde.

Natürlich darf man hier auch nicht auslassen, dass wir nun ununterbrochen mit Alyx unterwegs sind, welche uns Feuerunterstützung leistet. Das kennen wir ja schon teilweise aus dem Hauptspiel, nur, dass es dieses Mal eben etwas länger andauert. Merkwürdig ist bloß, dass Alyx in Feuergefechten stets über unendlich viel Munition verfügt und in manchmal unsterblich ist, manchmal aber auch sterben kann. Insgesamt macht es nichtsdestotrotz sehr viel Spaß, mit ihr unterwegs zu sein.

Eine weitere Neuerung ist, dass die Taschenlampe nun deutlich länger benutzbar ist als noch im Hauptspiel. Da sie jedoch immer noch dieselbe Energie wie Sprinten und Sauerstoff unter Wasser verbraucht, ist es im Dunkeln immer noch kaum möglich, mit eingeschalteter Taschenlampe zu sprinten. Gut ist diese Neuerung trotzdem.

Zuletzt wurde das HUD geringfügig erweitert, und dies in etwas anderer Art als man denken mag- links und rechts um das Fadenkreuz stehen nun zwei schmale Anzeigen- die eine steht für unsere Lebensenergie, die andere für den Munitionsvorrat im aktuellen Magazin. Eine sinnvolle Neuerung, da man im Kampf so schneller und effektiver über diese Dinge informiert wird, anstatt auf den unteren Bildschirmrand sehen zu müssen. Diese beiden Balken konnte man auch schon im Hauptspiel im Menü aktivieren, nun kleben sie zwangsweise auf dem Bildschirm.

Überhaupt nicht verändert haben sich einige Geschicklichkeitsmomente, bei welchen wir mal wieder durch gefährliche Passagen schleichen, springen oder vorsichtig laufen müssen. Damit wird das eher actiongeladene Gameplay zwischendurch immer mal wieder aufgelockert.

Kurzum: Gameplaytechnisch hat sich so gut wie nichts geändert, außer einigen Feinheiten spielt Episode 1 sich genauso wie Half Life 2. Nicht, dass das schlecht wäre, allerdings hätten auch einige neue Dinge Platz gefunden. Auch, wenn der eine neue Gegner cool ist, im Endeffekt war mir das zu wenig. Gut ist das Gameplay trotzdem, da auch hier wieder Abwechslung und jede Menge Spaß vorliegt.

 

Apokalypse im Hintergrund…

 

Atmosphärentechnisch schafft Episode One es, den ohnehin schon ziemlich gut inszenierten Hauptteil noch zu übertrumpfen.

Die Sorgen und Ängste der Menschen sind jetzt, da alles zerstört ist, noch größer geworden. Sie haben nichts mehr, die Citadel steht kurz vor der Detonation, überall befinden sich marodierende Combine-Soldaten. An einer Stelle hören wir, wie sich mehrere Widerstandskämpfer im Flur unter uns unterhalten, eine sagt, dass es vielleicht doch keine so gute Idee war, zu kämpfen.

Abseits dessen ist die atmosphärische Grundlage des Add-Ons nicht mehr die Angst vor der Zukunft, sondern vor der Apokalypse. Die gesamte Zeit über steht die Citadel im Hintergrund, von einer dunklen und von Blitzen durchsetzten Wolke umgeben. Hinzu kommt, dass Antlions (die großen Insekten) sich in der Stadt niedergelassen haben und dass komplette Anarchie herrscht- Combine gegen Antlions, Antlions gegen Widerstandskämpfer, Combine gegen Widerstandskämpfer, Zombies gegen Antlions, alle Fraktionen bekriegen sich gegenseitig.

Und wir sind mittendrin, zusammen mit Alyx. Valve hat es an dieser Stelle wirklich geschafft, dass der Spieler Emotionen mit ihr verbindet und wir Spaß haben, mit ihr unterwegs zu sein. Wenn wir uns beispielsweise durch eine von Zombies verseuchte Tiefgarage begeben, merkwürdige Zombielaute hinter uns vernehmen, uns umdrehen und eine lachende Alyx sehen, die „Gotcha!“ sagt, wächst uns die Frau wirklich ans Herz. Im Gegensatz zu anderen Spielen verkommt sie also nicht zu einem bloßen Charakter mit Tittenbonus, sondern ist eine eigenständige, intelligente und witzige Frau (was nicht zuletzt auch an ihrer sehr schönen Vertonung liegen dürfte- in der englischen Version zumindest). Leider weisen viel zu wenige Spiele solche Figuren auf.

Also: Episode One ist ein atmosphärisches Meisterwerk mit sehr gut gestalteten Hauptcharakteren und einer wahnsinnigen Grundstimmung.

 

Aaah, es blendet…

 

Grafiktechnisch weist das Add-On Neuerungen auf, welche zwar eher klein sind, es aber in sich haben. Am auffälligsten dürfte die Integration des HDRR (High Dynamic Range Rendering) sein, welche dem Spiel schicke Beleuchtungseffekte spendiert. Haben wir uns eine recht lange Zeit im Dunkeln aufgehalten und gehen ans Tageslicht, sind wir im wahrsten Sinne des Wortes von dieser Schönheit geblendet und sehen eine Weile erst einmal nur weiß, welches dann abklingt. Dieser Effekt kommt auch dann zustande, wenn wir eine von der Sonne bestrahlte Fläche ansehen.

Natürlich werden uns auch wieder verschiedene Areale präsentiert- ob nun die Citadel, ein dunkles Parkhaus oder ein Bahnhof, optisch wird auch Episode One nie langweilig.

Zuletzt darf man auch nicht auslassen, dass die Gesichtszüge von Alyx nochmal überarbeitet wurden. So sieht ihr Gesicht nun noch realistischer aus und die Mimik noch besser. Schön!

 

Fazit

 

Episode 1 ist kein schlechtes Add-On, ganz im Gegenteil. Es hat einige negativ auffallende Aspekte des Hauptspiels entfernt bzw. verbessert und selbst einige gute Dinge noch weiter ausgebaut. Allerdings begeht es denselben Fehler wie das Hauptspiel- es serviert ein blödes Ende. Hinzu kommt noch, dass es insgesamt sehr kurz ausgefallen ist und auch kaum wirkliche waffen- wie gegnertechnische Neuerungen enthalten sind. Zwar kommt das Add-On auch ohne diese aus, allerdings hat es an dieser Stelle Potenzial verschenkt. Diese Aspekte ziehen die Wertung auf 83 Punkte und damit leicht unter die Wertung des Hauptspiels.

Nichtsdestotrotz wird jeder Fan des Hauptspiels auch seinen Spaß am Add-On haben und einige (wenn auch wenige) abwechslungsreiche, spannende Stunden erleben. Daher kann ich das Add-On nur empfehlen!


Wertung
Pro und Kontra
  • Spannende Fortführung der Geschichte...
  • Noch bessere Atmosphäre als im Hauptspiel
  • Alyx als Charakter
  • wechselnde Schauplätze
  • ... die allerdings wieder in einem doofen Ende mündet
  • kurze Spielzeit
  • kaum wirkliche Neuerungen

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 5, weniger als 10 Stunden



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