Diabloklon zum Abgewöhnen

Man nehme: ein abgedroschenes Fantasy-Szenario, ein kompliziertes Charaktersystem, ein viel zu kleines Inventar für viel zu große Gegenstände und würze dies mit...

von - Gast - am: 14.08.2009

Man nehme: ein abgedroschenes Fantasy-Szenario, ein kompliziertes Charaktersystem, ein viel zu kleines Inventar für viel zu große Gegenstände und würze dies mit schlechter Grafik, Steuerung und Balance. Und fertig ist Dungeon Quest!

Die Programmierkunst des russischen Entwicklers Akella wird Ihnen schon im Hauptmenü präsentiert. Das ist nämlich nicht eine normale Auswahlliste, sondern ein Regal mit Gegenständen drin, wobei jeder Gegenstand für eine Auswahloption wie Speichern, Laden oder Spiel beenden steht. Die Folge: Man sucht sich tot.

Weiter geht es im Charakterauswahlmenü, wo Ihnen die Entwickler eine große Auswahl aus drei Charakterklassen (Magier, Krieger, Bogenschütze) einräumen. Das Aussehen lässt sich nicht verändern. Na ja, Chance vertan. Wir entscheiden uns für den Krieger, der besonders stark ist, aber weniger Punkte auf Gewandtheit und Klugheit hat (der Bogenschütze hat dementsprechend mehr Gewandtheit, der Magier hat mehr Klugheit).

Damit steigen wir ins Spiel ein und sprechen direkt die erstbeste Person an, die uns zum Hauptmann eines Lagers schickt. Schon vorneweg gesagt: Die Geschichte ist alles andere als nennenswert, da es nicht einmal Zwischensequenzen gibt. Na ja, Chance vertan. Auch schon auf den ersten Blick erschreckend ist die antiquierte Grafik. Zwar in 3D und mit frei drehbarer Kamera, aber veraltet und undetailliert.

Aber Grafik ist ja nicht alles und wir nehmen unsere erste Quest an. Wir sollen in einem Dungeon Larven kloppen. Aha, deshalb also Dungeon Quest! Direkt legen wir los. Und dann schon die nächste Kopf-auf-Tisch-hau-Situation. Man kann die Maus nicht beim Gehen gedrückt halten, sondern man muss jedes Mal neu klicken. Dafür müssen wir im Kampf nur einmal den Gegner anwählen, dann kloppt unser Charakter automatisch auf den Gegner ein.

Larven werden eindeutig unterschätzt. Denn wir haben große Mühe sie umzuhauen und sie zerstören sogar unsere Rüstung und unseren Dolch. Vor allem am Anfang ist das Abnutzungssystem eine Katastrophe, weil die Ausrüstung viel zu schnell kaputt geht, während Reparaturen und neue Ausrüstung beim Händler horrend teuer ist und man eher selten brauchbare Rüstungsteile findet. Auch ärgerlich: anfangs gehen viele Schläge daneben, sogar im Nahkampf. So wird Kämpfen zur Glückssache. Letztendlich gewinnen wir dennoch knapp.
Und raus geht es aus dem Keller. Blöd: Unser Charakter hat eine Ausdaueranzeige, die viel zu schnell sich leert. Obwohl wir in einem sehr kleinen Gebiet sind, ist die Ausdauer schon nach der Hälfte des Weges leer. Das bedeutet entweder warten oder sehr langsam weitergehen, ohne dass sich die Ausdauer wieder füllt.

Fast hätten wir noch unseren Levelaufstieg übersehen, der nur oben klein in der Ecke angezeigt wird. Die sind hier total wichtig! Von Titan Quest gewöhnt schauen wir im Charakterbildschirm nach und sehen, dass wir keinen einzigen Wert per Levelaufstieg steigern können. Auch nicht unsere Fertigkeiten. Damit sind Levelaufstiege nahezu nutzlos. Stattdessen steigern wir unsere Grundwerte und Fertigkeiten mit Büchern, die wohl besonders schwer sein müssen, wenn man mit Ihnen auch Stärke steigern kann. Die erhalten Sie zufällig bei Kämpfen und in Truhen oder beim „Händler“ (Sie handeln nicht direkt mit Personen, sondern mit Tischen, Waffenhalterungen und Kisten). Dadurch müssen Sie ständig hoffen, dass Sie die richtigen Bücher kriegen. Als Krieger hoffen wir natürlich auf Bücher für Stärke und für die Kriegerskills.
Übrigens kann man immer alle Fertigkeiten ausbauen, wer also Krieger ist, kann auch Magierfähigkeiten lernen. Die Unterschiede zwischen den Klassen beziehen sich also nur auf die ersten Grundwerte, sowie die erste erlernbare Fertigkeit und die Grundausrüstung. Später kann der Magier vielleicht sogar besser mit Schwert und Schild umgehen als so mancher Krieger.

Weiter geht es: Wir sollen in ein zweites Lager und dort mit dem Anführer sprechen. Dort hin zu kommen ist aber schon schwierig genug, da viele Tiere auf dem Weg Sie ziemlich schnell ziemlich platt machen können. Das bedeutet also höchste Vorsicht, ansonsten sind Sie schneller tot als Ihnen lieb ist und in diesem Spiel heißt tot gleich Neuladen. Außerdem fällt uns auf, dass es keine zusammenhängende Spielwelt gibt. Stattdessen gibt es nur (rechteckige) Gebiete, die immer neu nachladen müssen (die Ladezeiten sind aber noch im erträglichen Rahmen). Schlecht gemacht sind auch die Ränder, denn dort gibt es einfach nur Schwarz.

Zum Inventar ist nur eins zu sagen: höchst umständlich. Komfortfunktionen entfallen, die Gegenstände nehmen viel Raum im recht kleinen Inventar ein (sogar das Geld nimmt wie in Diablo 1 Platz weg) und das Inventar und die Ausrüstung des Charakters sind in zwei verschiedenen Fenstern. Setgegenstände gibt es nicht und besondere Gegenstände sind eher selten. Außerdem sind die ersten Rüstungsteile kaum zu gebrauchen, da sie sich schnell abnutzen und kaum zu Ihrer Verteidigung beitragen.

Wenn wenigstens die Quests da etwas taugen würden, aber oft läuft es darauf hinaus irgendwas irgendwo zu suchen. In einer Hauptquest im vierten Gebiet sollen wir etwa einen Goblinschamanen aufsuchen und töten. Im Übrigen soll der bereits verletzt sein, möglicherweise sogar tot. In diesem Gebiet finden wir zwar Goblinleichen und jede Menge Schamanen, aber nicht den richtigen. Auch im nächsten Gebiet ist er nicht zu finden. Des Rätsels Lösung: Der Schamane ist im aller ersten Gebiet, wie er auch immer dorthin gelangt ist. Kein Wunder, wenn man sich da tot sucht.
Wer auf Grund der ganzen Sucherei sich recht schnell hochlevelt hat teilweise später recht große Vorteile. Während nämlich anfangs die Gegner durch die Bank zu schwer sind, gibt es später auch zu leichte Gegner, die wir massenhaft umhauen.

Und noch mehr Murks: Man kann zwar zu ziemlich hohen Preisen Haustiere kaufen und Söldner anheuern, aber die sind ebenso machtlos gegen viele Gegner, wie Sie selber und sterben Ihnen extrem schnell weg.
Auch die Musik ist alles andere als toll. Sie kreiert keine tolle Atmosphäre und ist wenig dynamisch. Da sollte man doch lieber seine eigene Musik im Hintergrund anmachen. Ebenfalls skurril: Zwar sind ansich alle gesprochenen Texte auf Deutsch ziemlich mäßig vertont, aber die Kommentare des Helden wurden vergessen und bleiben auf (wahrscheinlich) russisch.
Beim Charaktersystem sollte man meinen, dass Stärke, Gewandtheit und Klugheit ähnlich wichtig sind. In Wirklichkeit ist aber Gewandtheit der wichtigste Wert, weil dieser Ihre Trefferwahrscheinlichkeit und die Chance für eine Parade erhöht. Die Stärke wirkt sich hingegen nur auf die Lebensenergie aus, Klugheit nur auf die Manaleiste (wenn man davon absieht, dass die Ausrüstung einen Grundwert an Stärke benötigt).

Als Fazit kann man nur sagen: Wer ein Action-Rollenspiel will, sollte sich Titan Quest zulegen, das deutlich hübscher ist. Oder Diablo 2, das deutlich ausbalancierter ist. Oder Silverfall, das ein deutlich interessanteres Charaktersystem hat. Oder Dungeon Siege 2, das ich nie gespielt habe, aber trotzdem besser ist. Hauptsache nicht Dungeon Quest.


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(5)
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