Eine Perle von einem Rollenspiel

Trotz generell wohlgesonnener Bewertungen musste Dragon Age: Inquistion, dass neueste Werk der Rollenspielschmiede Bioware, einiges an Kritik einstecken,...

von Damdil am: 22.02.2015

Trotz generell wohlgesonnener Bewertungen musste Dragon Age: Inquistion, dass neueste Werk der Rollenspielschmiede Bioware, einiges an Kritik einstecken, insbesondere von eingeschworenen Fans. Die Messlatte legten sich die Entwickler hierbei selbst: Origins erschien 2009 und war nach Neverwinter Nights und Neverwinter Nights 2 das nächste Bioware-Rollenspiel, welches in einer nicht-isometrischen, europäisch-mittelalterlich gestalteten Fantasywelt angesiedelt war. Doch steckt hinter der Enttäuschung nicht weniger Fans pure Nostalgie, oder war früher tatsächlich alles irgendwie besser? Mehr dazu im Test.

 

Es war einmal in Ferelden

Das Schicksal meint es nicht gut mit den Bewohnern von Ferelden. Konnten sie sich vor nicht mal ein paar Jahrzehnten erst aus dem Würgegriff ihrer Nachbarn, dem mächtigen Reich Orlais (bitte französisch aussprechen) befreien, droht nun die nächste Katastrophe: Eine Verderbnis, so warnen die Grauen Wächter, wird das Land heimsuchen und, große Überraschung, nicht nur Ferelden, sondern letztlich Thedas, also die Welt in der Dragon Age angesiedelt ist, vernichten. Bricht nämlich eine Verderbnis aus, zieht die Dunkle Brut aus den Ruinen der alten Zwergenstädte angeführt von einem Erzdämon (ein fieser Oberdrache) an die Oberfläche und macht vor nichts und niemandem halt. Außer vor den Grauen Wächtern, einem Orden, der einzig und allein gegründet wurde, um diesem Treiben Einhalt zu gebieten. So erzählt es euch Duncan, ein Veteran aus den Reihen der Grauen Wächter, im stimmigen und düsteren Intro.

Natürlich habt ihr hier ein Wörtchen mitzureden, allerdings geht es erst mal an den Erschaffung eures Alter Ego. Hierfür wählt ihr zunächst zwischen Mensch, Elf oder Zwerg und eurer Klasse (Krieger, Magier, Schurke). Anschließend könnt ihr im ordentlichen, wenn auch eher spartanischen Charaktereditor eurem Charakter einen gewissen Feinschliff verpassen und verteilt die ersten Attributs- und Fähigkeitspunkte. Eure Attribute (drei pro Levelaufstieg) könnt ihr im Verlauf des Spiels übrigens frei verteilen, was durchaus zum experimentieren einlädt. So könntet ihr als Schurke theoretisch einen Großteil eurer Punkte in Stärke investieren, um schwere bis massive Rüstungen und Waffen anlegen zu können. Ob dies besonders sinnvoll ist, sei dagegen dahingestellt. Alle paar Levelaufstiege erhaltet ihr zudem einen Punkt, den ihr in „allgemeine“ Talente investieren könnt. So ist für den Hauptcharakter nicht unwichtig, an seinen Überredungskünsten zu feilen. Wer sich mit Kräuterkunde oder Giften auskennt, kann sich hier dagegen günstig mit Nachschub versorgen.

Ungewöhnlich ist die Auswahl eures persönlichen Hintergrunds: So könnt ihr entweder als kastenloser oder adeliger Zwerg ins Feld ziehen, oder euch für einen Stadt- oder Dalish-Elfen entscheiden. Lediglich Menschen dürfen nur einen Hintergrund von Adel wählen, Magier starten rassenunabhängig immer im Zirkel der Magier. Je nach Wahl verbringt ihr, zumindest als Erkundernatur, eine gute Spielstunde in einem spezifischen Prolog. Diese sind insgesamt sehr gut gelungen und vermitteln euch die ein oder andere Hintergrundinformation zu eurem Volk und eurer Herkunft. Diese sind auch nötig, um die Reaktionen anderer Person auf euren Charakter nachzuvollziehen. Als adeliger Mensch werdet ihr meist mit Respekt behandelt, als Zwerg seid ihr an der Oberfläche ein gewisses Kuriosum und als Elf stellt ihr letztlich einen gesellschaftlichen Außenseiter dar. Insgesamt wird hiermit einiges an Atmosphäre und Wiederspielwert geschaffen.

 

Alle Wege führen nach Ostagar

Ganz unabhängig eures Hintergrunds münden alle Prologe in Ostagar, einer Festung am südlichen Rande Fereldens. Als neuester Rekrut von bereits erwähntem Duncan sollt ihr hier euren Beitrag zum Kampf gegen die Dunkle Brut leisten, die idealerweise schon vor Ort vernichtend geschlagen werden soll.

Hier gibt es im Heerlager bereits eine ganze Menge zu entdecken: An allen Ecken und Enden bereiten sich Soldaten und Offiziere auf die kommende Schlacht vor, sei es mit Gebeten oder mehr oder wenigen warmen Worten. Wer möchte, kann hier bereits eine ganze Menge Hintergrundinformationen über die Welt von Dragon Age: Origins sammeln, sei es in Gesprächen oder über einen Blick in Bücher. Praktisch: Alle relevanten Informationen können im Codex später noch einmal nachgeschlagen werden. Dieser ist leider arg schmucklos und unübersichtlich geworden, wer einen alten Eintrag finden möchte, muss zum Teil etwas suchen. Ebenfalls schade: Während Ostagar noch an allen Ecken mit Leben gefüllt ist, wirkt selbst die Hauptstadt Denerim äußerst statisch. Hier scheint es, als würden alle Figuren lediglich darauf warten, von euch angesprochen zu werden.

Nach dem doch relativ geruhsam gestalteten Einstieg um eure Rekrutierung in die Reihen der Grauen Wächter werdet ihr nach einem grandiosem Story-Kniff (der hier natürlich nicht verraten wird) mit der eigentlichen Hauptquest betraut. Und diese verspricht, interessant zu werden.

 

Ein Vertrag sie zu knechten

Im Rahmen eurer Aufnahmeprüfung habt ihr nämlich nicht nur bereits eine nicht unbeachtliche Menge Dunkle Brut ins Grab geschickt, sondern gleichzeitig einige äußerst wertvolle Verträge der Grauen Wächter wiederbeschafft. Diese versichern euch die Hilfe der Zwergenkönige, der Dalish-Elfen und der Magier während einer Verderbnis. Logisch, dass ihr euch gleichzeitig noch um die Unterstützung der mächtigsten Partei, nämlich dem menschlichen Hochadel, kümmern sollt. Die Reihenfolge dieser Aufgaben und auch deren Erledigung werden euch übrigens zum Teil freigestellt.

Neben der Hauptquest warten noch eine ganze Reihe anderer Aufgaben auf euch. So könnt ihr eigentlich in jeder größeren Region des Spiels zumindest einige Nebenaufträge abgreifen. Diese sind natürlich nicht so monumental wie die Rettung Fereldens, können aber durchaus unterhalten, da sie meist eine kleine Geschichte für sich erzählen. So trefft ihr etwa auf eine hysterische junge Flüchtlingstochter, die jeglichen Kontakt zu ihren Eltern verloren hat und gleichzeitig noch ihren kleinen Bruder vermisst. Einige andere Nebenaufträge erhaltet ihr dagegen in schmuckloser Textform. Generische „Sammele-und-töte-Aufgaben“ erwarten den angehenden Helden zum Glück nicht.

Nicht nur während der Lösung eurer Hauptquest müsst ihr zahlreiche, zum Teil äußerst unbequeme Entscheidungen treffen. Soll etwa ein von einem Dämon besessenes Kind durch eure Hand sterben, oder versucht ihr, es mithilfe von (verbotener) Blutmagie zu heilen? Vertraut ihr auf die Hilfe der Magier, oder ist euch die Reise zum Magierzirkel zu langwierig? Nicht selten lösen sich solche Probleme nämlich auf die ein oder andere Weise, solltet ihr zu lange abwesend sein. Solche Entscheidungen beeinflussen angenehm den Verlauf der Story, allzu negative (Spät)Auswirkungen, wie beispielsweise in der Witcher-Reihe, werdet ihr selten bis gar nicht erfahren. Immerhin werdet ihr fast immer unmittelbar Zeuge der Auswirkung eurer Entscheidung. Wer allzu unzufrieden ist, kann eventuell einfach einen Speicherstand laden und muss nicht einen gesamten Storyabschnitt wiederholen. Die große Anzahl der Entscheidungen lädt trotzdem stark zum erneuten Durchspielen ein.

Auf einen exakten moralischen Kompass müsst ihr hierbei (glücklicherweise) verzichten. Für eure Entscheidungen sammelt ihr nicht etwa wie bei den Spielen der Mass-Effect-Trilogie Punkte in den Kategorien „gut“ und „böse“, sondern müsst unabhängig davon entscheiden, wie zufrieden ihr mit den Folgen eurer Entscheidung seid.

Sehr schön: Bei fast allen heiklen und weniger heiklen Fragestellungen schalten sich eure Gefährten in die Diskussion ein. Während etwa Ritter Alistair oder Bardin Lelianna Hilfsbereitschaft und Aufrichtigkeit schätzen, spottet Magierin Morrigan darüber, dass sich die Dunkle Brut bestimmt davon beeindrucken lässt, wenn ihr jeden Dorfstreit löst. Sollten eure Taten den Überzeugungen eurer Gefährten allzu sehr widersprechen, erheben diese eventuell sogar ihre Waffe gegen euch. Hierfür müsst ihr es allerdings schon sehr weit treiben!

 

Bitte red mit mir

Bioware-typisch verbringt ihr natürlich einen erheblichen Teil des Spiels mit Dialogen, in denen ihr nicht nur, wie oben beschrieben, bedeutsame Entscheidungen treffen müsst. Stattdessen könnt ihr mit einer Vielzahl an mehr oder weniger wichtigen Charakteren ausgiebig quatschen, wobei ihr euch fast immer zwischen einer recht breiten Palette an Antworten wählen könnt. Die Dialoge sind hierbei zum absolut größten Teil gut gelungen und teilweise recht amüsant, nicht zuletzt, weil ihr verbal auf Wunsch ordentlich austeilen können. Wer hier übertreibt wird jedoch nicht selten den abrupten Abbruch der Unterhaltung provozieren. Trotz ihrer Länge fühlt man sich eigentlich nie dazu verführt, einen Dialog zu überspringen. Allerdings nimmt man, zumindest gefühlt, eher die Zuhörerrolle ein. Dies liegt vor allem am stummen Hauptcharakter: Zwar kommt ihr in den Dialogen häufig zum Zug, da ihr jedoch lediglich die Textzeile eurer Wahl anklickt, ist euer Redeanteil logischerweise deutlich verkürzt. In Anbetracht der generellen Qualität der Gespräche ist dies jedoch ein verschmerzbarer Kritikpunkt.

Äußerst vorbildlich gelungen ist ebenfalls die Interaktion mit euren Party-Mitgliedern. Gemeinsam bieten euch eure Begleiter gute 1-2 Stunden Dialog, in denen ihr unter anderem die Lebensgeschichte eurer Gefährten ausleuchten könnt. Da Ritter Alistair unter der Fittiche der Kirche aufgewachsen ist, stellt sich doch die Frage, ob er überhaupt irgendwelche Bettgeschichten zum besten geben kann? Wieso wurde er von den Grauen Wächtern rekrutiert? Wer mit seinen Kumpanen auf gutem Fuß stehen möchte, sollte sich übrigens nicht allzu hämisch über deren Schicksale auslassen, da nicht nur eure Entscheidungen, sondern auch euer Verhalten im Gespräch beeinflussen, welches Ansehen ihr bei eurer Party genießt. Wer sich etwa über die Ansichten der recht religiösen Lelianna lustig macht oder gar blanke Abscheu für ihren Glauben ausdrückt, wird sich nicht gerade beliebt machen.

Durch die zahlreichen Geschenke, die ihr während eures Abenteuers entweder findet oder bei diversen Händler ersteigern könnt, habt ihr allerdings die Möglichkeit, ordentlich Eindruck zu schinden und zwar unabhängig davon, wie ihr euch zuvor verhalten habt. Dies ist generell eine nette Idee, macht es aber insgesamt etwas zu einfach, euch bei allen Begleitern beliebt zu machen, da ihr für die richtigen Geschenke deutlich mehr „Ansehenspunkte“ spendiert bekommt, als für nettes Geplauder. Immerhin: Nicht jedem wird jedes Geschenk gefallen. So wird sich Magierin Wynne deutlich weniger über Schmuck freuen, als Hexe Morrigan. Praktischerweise werden die Vorlieben eurer Begleiter in ihren Codexeinträgen vermerkt.

Doch warum sollte man sich überhaupt um sein Ansehen kümmern? Dies hat mehrere Gründe: Zum einen bekommen eure Mitstreiter Boni auf Attribute beschert, die mit zunehmenden Ansehen steigen. Zum anderen schaltet ihr (leider relativ wenige) zusätzliche Dialoge frei, die bei einigen Charakteren sogar in eine nett inszenierte Romanze münden. Schön: Die Textzeilen, die ihr hier auswählen müsst, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen, sind nicht gesondert markiert (wie etwa bei den Nachfolgern von Dragon Age: Origins). Wie bei eigentlich allen Dialogen ist hier etwas nachdenken gefragt. Obendrein erlangt über euer Ansehen Zugriff auf einige der Klassenspezialisierungen (z.B. Templer für Krieger) eurer Gefährten.

 

Viel Feind, viel Ehr'

Neben den zahlreichen Dialogen machen Erkundung und vor allem Kämpfe eine sehr großen Anteil der Spielzeit von Origins aus. So könnt ihr in allen Ecken und Enden der Spielwelt Truhen und Kisten plündern, was euch NPCs selbst in ihrem Eigenheim (leider) nicht übel nehmen. Die zum Teil recht weitläufigen Areale laden durchaus zum Erkunden ein, da vor allem Dungeons eher „schlauchförmig“ angelegt sind, ist es aber fast schon schwierig, nicht alle optionalen Abschnitte eines Gebietes zu finden. Um an den Inhalt geschlossener Truhen heranzukommen, benötigt ihr übrigens einen Schurken, der einige Fähigkeitspunkte ins Schlösser knacken investiert hat. Schade: In fast keiner verschlossenen Truhe findet ihr wirklich wertvolle Schätze, sondern größtenteils Ramsch, den ihr bereits aus normalen Kisten in großer Menge plündert. Praktisch dagegen sind die Erfahrungspunkte, die euch für jedes geknackte Schloss winken.

Untermalt werden eure Streifzüge durch Ferelden nicht durch den stimmungsvollen Soundtrack, sondern auch durch zahlreiche Kommentare und Gespräche eurer Gruppe. Diese sind durchweg gut gelungen und bringen an der ein oder anderen Stelle schon mal zum Schmunzeln. So wird beispielsweise sehr schnell deutlich, dass sich Hexe Morrigan und Ritter Alistair absolut nicht ausstehen können, da sie sich von Anfang an allerlei Gemeinheiten an den Kopf werfen. Nett: Je nach dem, ob und welche Romanze ihr wählt, liefern sich eifersüchtige bis schockierte Gruppenmitglieder fiese Wortgeplänkel. Unverständlich bleibt dagegen die Tatsache, dass diese Gespräche nur an einigen, festen Stellen ausgelöst werden (beispielsweise dem Eingang der Hauptstadt) und nur selten mitten während eurer Abenteuer, zumal Bioware wirklich eine enorme Anzahl an Gruppenunterhaltungen eingebaut hat.

In den meisten Gebieten könnt ihr, zumindest außerhalb der Städte, kaum ein paar Schritte tun, ohne Gegnergruppen zu begegnen. Dementsprechend sind Kämpfe äußerst zahlreich. Das ist allerdings kein Manko, da das Kampfsystem überzeugt und ihr euch, zumindest auf höheren Schwierigkeitsgraden, nicht allzu planlos ins Getümmel stürzen solltet. Bei der Bedienung setzt Origins hier auf klassische Elemente: Per Rechtsklick markiert ihr Gegner, die daraufhin vom ausgewählten Charakter mit Standardangriffen beharkt werden. Per Linksklick (oder auf Wunsch per Zahlentaste) löst ihr Fähigkeiten aus, die allesamt Ausdauer oder Mana „kosten“. Selbst gegen Ende des Spiels müssen vor allem Schurken und Krieger gut auf ihre Ausdauer achten, da sie sich im Kampf äußerst langsam regeneriert und sich nicht per Trank wieder auffrischen lässt. Schön anzusehen ist hierbei die recht brachiale Kampfchoreographie, die mit dem ein oder anderen Finisher aufwartet.

Die Balance zwischen den Klassen ist übrigens insgesamt gelungen: Krieger können aufgrund von massiven Rüstungen und einem großen Pool an Lebensenergie jede Menge Treffer einstecken, ohne allzu große Schäden davonzutragen, weshalb sie bevorzugt die Aufmerksamkeit ihrer Feinde auf sich ziehen. Gleichzeitig können sie ihre Fähigkeiten im Umgang mit sämtlichen Waffen (bis auf Zauberstäbe) steigern. Mit Zweihandwaffen oder zwei Einhandwaffen teilen Krieger zudem jede Menge Schaden aus. Schurken tragen lieber leichtere Rüstungen und können nur auf Bögen oder zwei Einhandwaffen zurückgreifen und setzen eher auf Finesse. So können sie Meister darin werden, Angriffen auszuweichen und richten am meisten Schaden bei Angriffen in den Rücken ihrer Gegner an. Magier können auf die mit Abstand breiteste Palette an Fähigkeiten zurückgreifen, nicht zuletzt, da es sinnvoller ist, Punkte in verschiedene Magieschulen, als Kampffähigkeiten zu investieren (so ist der Feuerball für jeden Magier praktisch, die Fähigkeit Schildschlag wird dagegen Zweihandkriegern nicht weiterhelfen). Gleichzeitig sind sie essenziell dafür, die haufig ziemlich großen Gegnergruppen zu kontrollieren: So können über die Fähigkeit „Schlaf“ alle Gegner im Radius der Fähigkeit kurzzeitig außer Gefecht gesetzt werden, der Feuerball wiederum grillt ganze Verbände an Fernkämpfern. Hierbei ist jedoch etwas Vorsicht angebracht: Viele Zauber mit Flächenschaden schädigen ebenfalls die eigenen Mitstreiter. Nicht zuletzt verfügen Magier über zahlreiche Heil-und Unterstützungsfähigkeiten. Zwar sind Magier verletzlich, da sie jedoch als einzige Klasse per Trank ihr Mana regenerieren können, sind sie insgesamt etwas zu mächtig. Entsprechende Vorräte vorausgesetzt, können sie ohne Pause ein wahres Zauberfeuerwerk abfackeln. Eure Vierergruppe sollte am besten von jeder Klasse mindestens einen Vertreter einplanen, allerdings könnt ihr auch mit exotischeren Kombinationen Erfolge feiern.

Damit ihr nicht alle Fähigkeiten per Hand auslösen müsst, könnt ihr für eure Gruppenmitglieder in der Taktikübersicht praktischerweise bestimmte Routinen vor planen. So könnt ihr euren Magiern befehlen, Verbündete zu heilen, sobald deren Lebensenergie unter 70% rutscht. Auch wenn es euch möglich ist kompliziertere Schlachtpläne aufzustellen, es ist insgesamt meist schon ausreichend, die Angriffe eurer Gruppe auf 1-2 Gegner zu fokussieren. Bei einigen Fähigkeiten ist es dagegen sinnvoll, diese stets manuell auszulösen, da ihr ansonsten Friendly Fire riskiert.

Schade: Schon relativ früh im Spiel stellen die meisten Kämpfe selbst auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad für Rollenspielveteranen keine allzu große Herausforderung dar. So findet ihr zum einen stetig bessere Ausrüstung, zum anderen lassen Levelaufstiege aufgrund der zahlreichen Kämpfe selten lange auf sich warten. Nicht zuletzt könnt ihr Unmengen an Heiltränken einpacken, ein auf Heilung und Unterstützung spezialisierter Magier macht das Spiel obendrein noch einmal etwas einfacher. Zwar ist es bei fataler Fehlplanung durchaus möglich, auch bei kleineren Kämpfen zu scheitern, wer den Bogen allerdings erst einmal raus hat, wird meist nur bei den größeren Bosskämpfen ins Schwitzen geraten. So ist es leider auch selten wirklich nötig, dass ihr auf euer Arsenal aus Giften und Tränken zurückgreift: Die meisten Gegnergruppen metzelt ihr auch ohne in kürzester Zeit nieder.

Apropos Ausrüstung: Recht untypisch bieten euch bei Origins nicht wenige Händler ziemlich mächtige und einzigartige Gegenstände an. Diese kosten zwar zum Teil ein kleines Vermögen, allerdings häuft sich Gold sehr schnell in eurem Münzbeutel an: Eigentlich überall findet ihr Gegenstände, die ihr verkaufen könnt und nicht zuletzt die zahlreichen Gegner hinterlassen enorme Mengen an Beute. Wer sein Geld nicht mit beiden Händen zum Fenster hinaus wirft, hat es also sehr einfach, an mächtige Gegenstände zu kommen.

 

Wie war das noch mal im Mittelteil?

So unterhaltsam viele Aspekte von Dragon Age: Origins auch sind: Vor allem im späteren Mittelteil zieht sich die ein oder andere Quest etwas. Dies liegt vor allem daran, dass eure Heldengruppe im Rahmen jeder Hauptquest in diverse Dungeons hinabsteigt, in denen ihr auf ihr, wie beschrieben, äußerst zahlreiche Gegnergruppen trefft. So spaßig die Kämpfe auch sind, unter anderem in den Tiefen Wegen der Zwerge kommt irgendwann das Gefühl auf, dass hier die Spielzeit künstlich in die Länge gezogen wird. So kämpft ihr euch durch wahre Heerscharen Dunkler Brut, danach durch einige untote Zwerge, um nun nach einem kleineren Bosskampf quasi noch einmal genau dasselbe zu tun, bis ihr euer Ziel endlich erreicht habt. Da bei den allermeisten Aufgaben das Verhältnis von Kampf und Story gut gelungen ist, bleibt dies insgesamt verschmerzbar.

Schade ist auch, dass die Bedrohung durch die Verderbnis selten wirklich greifbar und akut erscheint. Zwar trefft ihr auf euren Reisen über die recht sterile Weltkarte das ein oder andere Mal auf Gruppen Dunkler Brut, viel mehr passiert aber auch nicht. Auch lassen sich in den verschiedenen Städten keine Kriegsvorbereitungen oder ähnliches beobachten, nach dem Beginn eures Abenteuers wird auch keine Stadt mehr durch die Verderbnis verschlungen. Egal, wie lange ihr eure Zeit mit Nebensächlichkeiten vertrödelt, die Verderbnis bleibt trotzdem eher im Hintergrund, da ihr auf der Suche nach Verbündeten mit zahlreichen anderen Aufgaben betraut werdet. Hier durch geht leider einiges an Atmosphäre verloren, zumal ihr an einigen Stellen auf die Dringlichkeit eurer Aufgabe hingewiesen werdet, obwohl ihr tatsächlich alle Zeit der Welt habt.

Ebenfalls schade: Im Verlauf der Story kommen bei euren Kumpanen relativ wenige neue Dialogoptionen hinzu. Wer sich bereits Anfangs die Zeit genommen hat, alle Mitstreiter gründlich auszufragen, hat hier irgendwann nur noch relativ wenige Möglichkeiten zur Interaktion. Das eure Begleiter dann selbst vor Wendepunkten der Story nur noch ihre „Standardeinzeiler“ von sich geben(etwa kurz vor dem Finale), ist gleichermaßen unatmosphärisch. Zwar ist dies aufgrund der schieren Menge an Dialogen mit der Party Kritik auf hohem Niveau, hier wurde aber leider am falschen Ende gespart.

Immerhin: Das Storyende und der Epilog sind sehr gut gelungen, zumal es von euren Entscheidungen abhängig ist, ob das Finale tragisch abläuft oder euch ein Happy-End winkt. Natürlich gibt es zwischen diesen beiden Extremen noch einige Varianten, die beide Elemente enthalten. Wer also etwas seinen Denkapparat anstrengt, wird mit einem besonders befriedigenden Ende belohnt.

Motivierend bleiben dagegen auf lange Sicht die regelmäßigen Levelaufstiege und die ständige Suche nach besserer Ausrüstung, die ihr zusätzlich mit diversen Runen aufbessern könnt. Im Verlauf der Story kommt zudem die ein oder andere (meist recht kurze) persönliche Quest eurer Mitstreiter hinzu. Auch schön: Abhängig eures persönlichen Hintergrunds trefft ihr in einigen Gebieten auf alte Bekannte und könnt, in Bezug auf den Beginn der Story, alte Rechnungen begleichen.

 

Technik aus einem anderen Zeitalter

Zugegeben: Dragon Age: Origins ist technisch gesehen kein Meilenstein. Bereits zum Release 2009 war das Rollenspiel keine wirkliche Schönheit. So wirken insbesondere die Texturen in Außenarealen äußerst matschig, an vielen Stellen, etwa bei den Bodentexturen, wird zudem auf „platte“ 2D-Elemente gesetzt. Die Dungeons und andere Innenareale sind dagegen deutlich besser gelungen und mit Liebe zum Detail gestaltet. Einen Schönheitspreis gewinnt Origins hier allerdings ebenfalls nicht.

Überzeugen kann dagegen das generelle Artdesign. So wirkt z.B. die Hauptstadt Denerim in weiten Teilen angenehm mittelalterlich, da selbst hier viele Behausungen eher provisorisch und geflickt wirken. Hochglanz dagegen erwartet euch nur in den Anwesen des Hochadels. Die generelle Atmosphäre des Spiels lässt sich somit am besten als „düster bis heiter“ beschreiben. Das Äußere der verschiedenen Ausrüstungsgegenstände wirkt hier passend, auch wenn klare Fantasyelemente verbaut sind. Die recht ansehnlichen Charaktermodelle werten die Dialoge noch einmal auf, wobei allerdings die mittlerweile z.T. etwas steife Mimik der Figuren ins Auge fällt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Animationen wirkt auch die ein oder andere Geste etwas unrund. Kleiner Trost: Wie viele Spiele mit großer Fan-Community lassen sich in Origins mit zahlreichen Mods viele Ecken und Kanten des Spiels zum Teil deutlich abrunden(siehe auch „Exkurs in den Kommentaren“).

Leider kommt auch Origins nicht ohne Anleihen bei den großen Fantasyvorbildern aus: So sehen etwa die Monster der Dunklen Brut den Orks der Herr-der-Ringe-Saga teilweise erstaunlich ähnlich, zumal sie in Zwischensequenzen ähnlich in Szene gesetzt werden. Auch typische Klischees wurden leider zum Teil übernommen. So sehen fast alle Zwerge mit Bart einem Gimli nicht unähnlich und etwwa zwischen Elfen und Zwergen herrscht die altbekannte Hassliebe.

Abgesehen von diesen abgekupferten, zum Glück recht oberflächlichen Elementen, gelingt es Origins jedoch hervorragend, eigene Akzente zu setzen. So stellen Elfen nicht die typische allmächtige und unsterbliche Hochkultur dar, sondern wurden im Rahmen eines Religionskrieges fast vernichtet und leben nun zum Großteil in Armut als Bedienstete der Menschen. Bei letzteren stellt die an den mittelalterlichen Katholizismus angelehnte Kirche und allgegenwärtige Gottesverehrung ein eher untypisches Novum dar. Auch der Umgang mit Magiern ist in der Welt von Thedas für Fantasyverhältnisse untypisch: So werden diese von Kindheitstagen an strengstens von der Kirche und ihren Templern überwacht und führen ein Leben isoliert von der restlichen Gesellschaft.

Ebenfalls ausgezeichnet gelungen ist der bombastische orchestrale Soundtrack, der alle Situationen des Spiels passend untermalt. Ebenso gefällt die Vertonung der zahlreichen Dialoge. Diese ist übrigens auf Englisch UND Deutsch gut gelungen, wobei die englischen Synchronsprecher die Nase etwas weiter vorn haben. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass letztere beispielsweise den breiten Akzent der Bewohner Fereldens (wirkt irisch) und anderer Landesmänner, wie z.B. der sehr französisch angehauchten Orleasianer, deutlich besser vermitteln.

 

Fazit:

Zugegeben: Die Geschichte vom Untergang der Welt und deren Rettung ist nicht neu und wurde schon tausende Male aufs Neue erfunden. Generell bedient sich auch Origins bei der größtenteils etwas langsam in Fahrt kommenden Story an klassischen Elementen. Deren Inszenierung, die zahlreichen Wendungen und vor allem die große Anteilnahme des Spielers am Verlauf der Story machen dies jedoch größtenteils wieder wett. Auch das Drumherum kann überzeugen: Egal, ob in den ausgezeichneten Dialogen oder den spannenden Kämpfen, Origins unterhält auf höchstem Niveau. Einziges Manko sind einige Längen im späteren Mittelteil bei einer Gesamtspielzeit von guten 50 Stunden (und extrem hohem Wiederspielwert!), die u.a. durch die inflationäre Verteilung von Gegnergruppen in bestimmten Dungeons bedingt sind. Sehr überzeugend sind weiterhin die lebendige Party und die interessante Fantasywelt, in der die Story angesiedelt ist. Solche Rollenspiele werden (zumindest von Bioware) leider nicht mehr gemacht!

 

 


Wertung
Pro und Kontra
  • Story mit zahlreichen Kniffen...
  • Flotte und taktische Kämpfe...
  • Hohe Spielzeit...
  • Viele Dialoge und Interaktionsmöglichkeiten mit Partymitgliedern...
  • generell ausgezeichnete Dialoge
  • lebendige Party mit interessanten und vielschichtigen Charakteren
  • Hauptcharakter mit persönlichem Prolog
  • zahlreiche Ausrüstungsgegenstände
  • motivierende Charakterentwicklung
  • stimmungsvoller Soundtrack
  • zahlreiche verschiedene Enden
  • gelungenes Artdesign
  • düstere Fantasywelt
  • extrem hoher Wiederspielwert
  • ...die sich allerdings auch vieler äußerst klassischer Elemente bedient!
  • ...die für Rollenspielveteranen schnell zu einfach werden!
  • ...die zum Teil durch künstliche Längen entsteht!
  • ...mit wenig Nachschub zum Spielende hin!
  • Gefahr durch die Verderbnis wirkt nicht akut
  • größtenteils veraltete und schwache Technik
  • "Fantasyklischees"
  • einige Bugs
  • Begleiter lassen sich durch Geschenke zu einfach "kaufen"
  • Städte wirken kaum lebendig

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 100 Stunden



Kommentare(4)
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