In der heutigen Popkultur werden Vampire meist als liebestolle Außenseiter dargestellt, die schöne Frauen verführen, gegen die gaaanz wenigen wirklich 'bösen' Blutsauger kämpfen. Bloodlines macht es anders - nämlich besser.
Story
Zu Beginn des Spiels erweist sich der One-Night-Stand während des Liebesspiels als Blutsauger - und ehe man sich versieht, muss man sich je nach gewähltem Clan (Klasse) entweder als attraktive Vampirdame oder halbverwester Untoter durch die Nacht schlagen.
Während man zu Beginn des Spiels quasi im Dienste von Camarilla-Prinz Lacroix steht, wird man später zum Laufburschen der rebellischen Anarchen, der dämonischen Kuei-jin und des mysteriösen Tremere-Regenten Maximillian Strauß. Und ganz nebenbei kann man noch auf einen Serienkiller, eine grausige Seuche und ein tödliches Videoband treffen.
Aufgaben
Sowohl die Haupt- als auch die meisten Nebenquests zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf mehrere Arten gelöst werden können - ob man nun lieber schleicht, schießt oder kämpft. Zudem sind viele Quests von solch herrlich überdrehter Wahnsinnigkeit, dass es eine Freude ist. Lediglich eine - auf den ersten Versuch - nahezu unlösbare Nebenquest hat richtiges Nervpotenzial.
Aber ansonsten bieten die meisten Aufträge interessante Hintergründe und einige Abwechslung, auch mancher Schockmoment ist dabei.
Die Clans
In anderen Spielen heißen sie Klassen, bei Bloodlines sind es eben Clans. Die unterscheiden sich nicht nur durchs Aussehen, sondern auch durch spezifische Vor - und Nachteile. Richtig ausbalanciert sind die 7 Klassen aber leider nicht. So sind manche Aufträge mit einem Toreador extrem schwer, während man mit einem Tremere spielend durchläuft.
Zwei Clans unterscheiden sich aber (angenehm) stark von den anderen: die Nosferatu, die so aussehen als würden sie seit einem Monat verwesen, und die sich deshalb kaum unter Menschen aufhalten dürfen, sowie die Malkavianer, deren Wahnsinn Einfluss auf die Dialoge hat: Jedes Wort, welches man, wenn man einen Malkavianer spielt, ausspricht, versprüht diesen Wahnsinn. Oft weiß man allerdings selbst nicht, was man da eigentlich sagt - daher richten sich die Malkavianer eindeutig an seeeehr erfahrene Spieler.
Menschlichkeit & Maskerade
In Bloodlines kann man theoretisch jeden Unschuldigen auf der Straße anfallen und aussaugen - das sollte man aber unterlassen. Denn für jeden getöteten Unschuldigen verliert man an Menschlichkeit, und je weniger Menschlichkeits-Punkte man hat, desto wahrscheinlicher ist es, das die Spielfigur in Raserei verfällt und wild durch die Gegend läuft, wobei jeder angegriffen und ausgesaugt wird, der dem Vampir in die Quere kommt.
Neben der Menschlichkeit noch ein Grund, wieso man nicht auf offener Straße auf Unschuldige losgehen sollte: Sehen Unschuldige etwas Übernatürliches, bricht man damit die Maskerade, die Tarnung der Vampire. Für jeden Maskeradebruch verliert man einen Maskeradepunkt, und wenn man alle Maskerade- oder Menschlichkeits-Punkte verloren hat, verliert man auch das Spiel. Glücklicherweise kann man einmal verlorene Punkte durch Erfüllen gewisser Quests wieder dazugewinnen, einfacher ist es aber, gar nicht erst auf offener Straße über Unschuldige herzufallen.
Grafik & Sound
Die Grafik war, als das Spiel erschien, weit seiner Zeit voraus. Und auch heute wirkt sie noch sehr hübsch, auch wenn der eine oder andere Grafikbug auftritt.
Der Sound ist einfach toll und passt sich sowohl der Gegend als auch der Spielsituation an, auch die tollen, wenn auch englischen Sprecher leisten hervorragende Arbeit.
FAZIT
Vampire: The Masquerade - Bloodlines ist eines der besten Rollenspiele aller Zeiten. Aber es könnte das beste Rollenspiel aller Zeiten sein. Hätte Activision die Entwicklung nicht frühzeitig beendet, wäre die Spielwelt noch besser gefüllt, die Bugs vielleicht ausgemerzt, der Spaßfaktor vervielfacht, ebenso der Wiederspielwert.
Aber auch unfertig macht Bloodlines einen Höllenspaß, was an... nun, an beinahe allem liegt. Natürlich muss man das Szenario mögen - wer sich schon bei Twilight über jeden Blutstropfen zuviel beschwert, der ist hier falsch. Aber wer gute Rollenspiele mag, eine gute Handlung zu schätzen weiß und die fünf (!) verschiedenen Enden genießen will, den erwartet hier kein Spiel, sondern ein Erlebnis. Auch wenn keines der Enden einem One-Night-Stand mit Biss gleichkommt. ;-)
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