Gut aussehende Städtebausimulation mit so manchem Komfortmangel

City Life ist ein klassischer Städtebau-Simulator im Sim City-Stil, welcher sich durch ein paar Besonderheiten, wie den verschiedenen Bevölkerungsschichten,...

von - Gast - am: 27.08.2009

City Life ist ein klassischer Städtebau-Simulator im Sim City-Stil, welcher sich durch ein paar Besonderheiten, wie den verschiedenen Bevölkerungsschichten, versucht, von der Masse abzuheben. Auch wenn ihm dies nur teilweise gelingt, sollten Aufbaufans hier trotzdem unbedingt weiterlesen.

Was ist hier los?

Zu Beginn eines Sandkastenspiels sucht man sich eine Karte aus, die einem am ehesten dazu beschaffen scheint, die Stadt seiner Träume zu verwirklichen. Von zerklüfteten Cannons bis zu tropischen Stränden ist alles dabei. Nachdem die Karte geladen wurde, fällt einem sofort auf, dass man nicht bauen kann wo man will, denn die Karte ist in mehrere Sektoren unterteilt. Den ersten Sektor kann man sich gratis aussuchen. Wenn man dann anfängt, im späteren Spielverlauf an seine Grenzen zu stoßen, kann man gegen genügend Bares weitere Sektoren dazukaufen. Dies kann schon eine knifflige Entscheidung sein. Soll ich am Anfang einen recht ebenen Sektor wählen, der mir keine Probleme beim Bau meiner Gebäude bereitet, oder nehme ich einen Küstenabschnitt, welcher zwar weniger Landfläche hat und dazu vielleicht auch noch so manchen Berg beherbergt, wo man dafür aber am Anfang bereits andere Industrien, wie Fischereihäfen bauen kann, oder zu späteren Zeitpunkten auch Yacht- und Industriehäfen, die mir besondere Boni spendieren? Da man im weiteren Spielverlauf allerdings sowieso sämtlich Sektoren kauft, ist diese Entscheidung nur von untergeordneter Rolle.
Nachdem man sich für einen Sektor entschieden hat, muss man sein erstes Gebäude platzieren: Das Rathaus. Dieses ist am Anfang noch relativ klein. Allerdings wird das Rathaus in mehreren Stufen zu einem recht ansehnlichem Exemplar ausgebaut, je weiter ihre Stadt wächst. Dieses soll einen besonders motivieren, was leider nicht gelingt, da das Rathaus nach dem Bau absolut belanglos ist. Beim darauf klicken erscheinen weder irgendwelche Statistiken noch sonst irgend etwas, nur dass das Rathaus Geld verbraucht wird einem angezeigt, mehr nicht. Trotzdem erfüllt das Rathaus einen wichtigen Zweck: Es ist eine friedensstiftende Einrichtung. Hierzu später mehr.

Und was passiert dann?

Nachdem wir nun den Grundstein für unsere Traummetropole gelegt haben, geht’s es daran, uns die ersten Einwohner in die Stadt zu holen. In City Life gibt es sechs unterschiedliche Bevölkerungsgruppen, von denen einem am Anfang aber nur drei zur Verfügung stehen: Die Hippies, die Arbeiter und die Tagelöhner. Später im Spiel kann man dann noch die Trendsetter, die Schlipsträger und die Reichen frei spielen. Dummerweise harmonieren nicht alle Parteien miteinander, so dass wir ab Anfang an aufpassen müssen, wie wir unsere Stadt planen. Die Arbeiter und die Tagelöhner harmonieren hervorragend miteinander, können aber beide die Hippies nicht ausstehen. Hier kommen die friedensstiftenden Einrichtungen ist Spiel, die bei Grenzregionen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen für Ruhe sorgen. Anfangs ist dies aber noch nicht nötig. So bauen wir die ersten Fundamente für ein paar Einfamilienhäuser links und rechts des Rathauses, welches nun als natürlicher Schutzschild dieser beiden rivalisierenden Gruppen fungiert. Wie Sie gerade schon gelesen haben, legt man nicht wie in Sim City Bereiche fest, in denen die Bevölkerungsgruppen dann bauen können wie sie wollen. In City Life sagen sie genau, was gebaut werden soll: Ein Einfamilienhaus, eine Gießerei oder ein Basketballfeld. So entsteht das Stadtbild, welches Sie sich wünschen. Glücklicherweise gibt es aber doch etwas individuelle Freiheit: Die Wohnhäuser der einzelnen Parteien unterscheiden sich grundsätzlich voneinander. Die der Arbeiter werden in blauen Tönen dargestellt, die Tagelöhner in grau/schwarz und die Hippies in rot. So wissen sie immer, wer gerade wo baut. Und für jede Bevölkerungsschicht gibt es mehrere Häuseransichten, so dass das Stadtbild nicht nur von 3 verschiedenen Häusertypen dominiert wird. So entsteht eine schön kunterbunt gemischte Stadt.

War's das schon?

Wenn man glaubt, dass es reicht, seinen Bewohnern ein paar Fundamente und ein paar Arbeitsplätze zu servieren, der irrt. Kaum sind die ersten Bewohner in unsere schöne Stadt gezogen geht das Gejammere auch schon los. Denn die Bewohner haben Grundbedürfnisse, die gestillt werden wollen. Und ein Arbeitsplatz ist leider nur einer davon. Die Einwohner wollen Versorgung (= Einkaufsläden), Bildung (=Schulen), medizinische Versorgung (Ärzte und Kliniken) und noch einiges mehr. So bauen wir die gewünschten Gebäude und stellen fest, dass es ein neues Problem gibt. Die Grundschule stellt nur Hippies als Lehrer ein, die Arztpraxis nur Arbeiter. Da die im Hippieviertel liegende Arztpraxis dummerweise genau auf der anderen Seite der Stadt liegt, als das Wohnviertel der Arbeiter, ist es gar nicht so einfach diese mit einer Arbeitskraft zu besetzen. Und so lange das nicht passiert, ist auch das Grundbedürfnis „Gesundheit“ der Hippies noch nicht befriedigt. Bei der Grundschule im Arbeiterviertel ist es das gleiche. Denn jedes Versorgungsgebäude wirkt nur in einem gewissen Wirkungskreis. Sobald ein Gebäude nicht voll im Radius des versorgenden Gebäudes liegt, wird es ausgeschlossen. Was am Anfang noch relativ einfach ist, wird während des Spielverlaufes zur nervenden Pflichterfüllung. Wenn meine Hippies aus diesem ersten Viertel später einmal zu Trendsettern aufsteigen, ist auf einmal keiner mehr da, der den Kindern in der Schule was beibringt. Wenn das nächste Hippieviertel nun zu weit von dieser Schule entfernt ist, wird es schwer, noch eine Arbeitskraft für diese Grundschule aufzutreiben.
Kaum haben wir die Bedürfnissen der Einwohner in den Griff bekommen, da erzählt uns das Spiel auch schon, dass uns die Müllentsorgung „teuer zu stehen kommt“. Denn in City Life sind sie auch für die Stromproduktion und die Müllentsorgung verantwortlich. Beim Strom können wir uns z.B. entscheiden zwischen umweltfreundlichen aber wenig effizienten Windkraftanlagen, oder einem schönen großen Kohlekraftwerk, dass zwar für wenig Geld viel Strom liefert, aber dafür einen sehr schlechten Einfluss auf die Umwelt und damit die Wohnqualität hat. Beim Müll verhält es sich ähnlich. Entweder ich baue eine kleine Müllkippe, die anfangs zwar ausreicht, mit der Zeit jedoch schnell an ihre Grenzen stößt oder eine riesige Kläranlage, die mir anfangs gute Profite beschert, welche ich jedoch in massenweise Parkanlagen investieren muss, damit mir die Bewohner nicht wegen der schlechten Umgebung davon laufen.
Ein weiteres Problem sind die Tagelöhner. Diese unterste Bevölkerungsschicht hat den Vorteil, dass sie kaum Anforderungen stellt. Zu Beginn des Spieles sind sie noch absolut belanglos, aber mit der Zeit gibt es bestimmte Betriebe und Bedürfnisse, die nur von Tagelöhnern erfüllt werden können (nicht was Sie jetzt vielleicht denken, ich rede von der Pflege von Stadtparks ;-) ) Sobald man es geschafft hat, endlich ein paar Tagelöhner in die Stadt zu holen, damit diese die Parks sauber halten und den Müll wegschaffen geht der Ärger los. Sobald man neue Industrien für die Arbeiter baut, steigen die Tagelöhner im Rang auf und der gerade noch so schön gepflegte Park ist auf einmal am verdrecken und erfüllt nicht mehr das Bedürfnis „Umgebung“ dumm gelaufen. Wenn man nun aber einfach neue Wohnhäuser anlegt kommen auch wieder neue Tagelöhner in die Stadt. Dumm nur, wenn die neuen Häuer eigentlich für die Hippies gedacht waren, denen ich gerade eine lukrative Softwarefirma als Arbeitgeber gebaut habe. Denn Tagelöhner und Hippies vertragen sich, wie weiter oben beschrieben, nicht sehr gut und so kommt es zu ständigen Krawallen, die zwar kaum negative Auswirkungen auf das Spiel haben, trotzdem dem Nervfaktor zuzuordnen sind. Denn man kann seinen Einwohnern nicht vorschreiben, wo sie wohnen sollen/dürfen. Die einzige Abhilfe ist abreißen und neu aufbauen des Wohnhauses, in der Hoffnung, dass die Tagelöhner sich bis dahin was anderes gesucht haben.
Im weiteren Verlauf schaltet man dann die anderen drei Bevölkerungsgruppen frei und damit noch massenhaft weitere Gebäude zur Versorgung dieser.
Außerdem gibt es noch sogenannte „Sehenswürdigkeiten“. Das sind Gebäude aus der „realen Welt“ stammen, wie Big Ben oder der Sears Tower. Diese sind zwar sündhaft teuer, haben aber durchaus ihren Reiz. Einerseits stechen sie allein schon durch ihre Größe und ihr eigenwilliges Aussehen aus dem Stadtbild heraus. Außerdem gibt es Bonis durch den Bau. In Big Ben’s Umgebung sieht alles offensichtlich gleich viel schöner aus, deswegen gibt es einen Bonus auf die Umgebung. Der Sears Tower ist ein Arbeitgeber für die oberen 10.000 und holt so das investierte Geld automatisch wieder rein und spukt letztendlich stattliche Gewinne aus.
Eine richtige Langzeitmotivation gibt es aber leider nicht. Irgendwann sind alle Gebäude freigeschaltet und dann stampft man nur noch lustlos ein Wohngebiet und ein Industrieviertel neben das andere. Geld kommt durch die oberen Bevölkerungsschichten genug rein und das einzige Ziel scheint es zu sein, die komplette Karte mit Gebäuden zuzupflastern. Schade!

Und sonst so?

Tja, was kann man sonst noch so von City Life berichten? Zum einen wäre dort die hübsche 3D-Grafik, die das Spiel gut in Szene setzt. Der Ton kann dort leider nicht ansatzweise mithalten. Genretypisch ist die Musik gerade mal Fahrstuhlkompatibel, also kommen wir lieber gleich wieder zurück zur Grafik:
Man kann in mehreren Stufen in seine Stadt zoomen. Die tiefste Ebene kann man wohl als „Ego“-Perspektive bezeichnen. Man ist auf Augenhöhe mit den Bewohnern seiner Stadt und kann nun aus nächster Nähe seine Traummetropole bewundern. Auch wenn dies spielerisch absolut belanglos ist, macht es trotzdem Spaß durch das soeben hochgezogene neue Reichenviertel zu flanieren, wo einem ein Rolls Royce nach dem anderen entgegenkommt. Das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Denn für jede Bevölkerungsschicht gibt es nur wenige Texturen für Einwohner und Autos. Dieses Klonverhalten drückt etwas auf die Stimmung, das wird aber von den eindrucksvollen Gebäuden wieder wett gemacht. Das Hochhaus, dass man gerade noch aus luftiger Höhe hochgezogen hat, sieht von hier unten auf einmal ganz anders aus. Man sieht seine Stadt aus einer vollkommen neuen Perspektive und merkt auch hier erst die Höhenunterschiede, die einem in der normalen Ansicht kaum auffallen, wenn man nichtgerade versucht, eine Straße einen Berg hoch zu verlegen.
Apropos Straßen: Es ist in City Life ohne weiteres möglich, eine Straße nicht nur von oben nach unten und von links nach rechts zu bauen, sondern auch diagonal in mehreren Stufen. So kann man eine viel organischere Stadt kreieren, anders als die unnatürlichen Rasterstädte, die es in der Realität wohl nur in den Vereinigten Staaten zu „bewundern“ gibt. Leider hat dieses nette Gimmick einen riesigen Komforthaken. Es wird einem kein Raster beim Bau von Straßen auf dem Boden angezeigt. So baut man auf blauen Dunst seine Straßen kreuz und quer durch die Landschaft und stellt dann fest, dass die Häuser gar nicht so passen, wie man es gewollt hat. So hat man zwischen den verschiedenen Gebäuden häufig eine Menge Brachland, weil einem teilweise einfach nur 1 oder 2 mm zum Bau eines Gebäudes gefehlt haben: ärgerlich. Für die brachen Flächen haben sich die Entwickler zumindest eine Kleinigkeit einfallen lassen: In jedem Bedürfnis-Menü (sprich: Versorgung, Bildung, …) gibt es ein „Gebäude“ dass diese Lücken füllen kann, z.B. einen Zeitungskiosk für die Bildung oder eine Apotheke für die medizinische Versorgung. Diese sind keine statischen Gebäude sondern Nutzflächen, die sich den Begebenheiten anpassen und die Bedürfnissen in einem sehr kleinen Radius jeweils ein bisschen verbessern.
Noch erwähnenswert ist so eine Art Fernseher am unteren rechten Bildschirmrand, der einen über alles auf dem Laufenden hält. Falls also Stress zwischen zwei Bevölkerungsgruppen ausbricht, wird einem das hier sofort angezeigt und mit einem Klick auf den Fernseher gelangt man an den Unruheherd. Dies ist im Grunde ein komfortabler und ansehnlicher Weg, den Spieler über den Zustand seiner Stadt auf dem Laufenden zu halten. Einen kleinen Wermutstropfen hat das Ganze aber leider auch: Auch neu freigeschaltete Gebäude werden einem angekündigt, samt eines Renderbildes. Nur dummerweise sagt einem das Spiel nicht, um was für ein Gebäude es sich handelt. Man muss sich also erst umständlich durch die Baumenüs, die grundsätzlich gut strukturiert sind, klicken, um mit etwas Glück das neue Gebäude zu finden.
Die Entwickler haben auch den Tourismus mit ins Spiel aufgenommen, wahrscheinlich um etwas mehr Vielfalt in die Sache zu bringen. Den bemerken Sie aber überhaupt nicht. Es gibt nur ein schnödes Menü, dass Ihnen sagt, wie viele Leute in ihre Stadt reisen wollen, wie viele dies gerade tun und eventuell, wie viele freie Betten es gibt. Außerdem wird noch zwischen „normalen“ und „Luxus-“ Gästen unterschieden. Für diese stampfen sie einfach zwei verschiedenen Arten von Hotels in unterschiedlichen Ausbaustufen in Gegenden, die nicht gerade vor Schwerindustrie nur so wimmelt und schon ist das Thema erledigt.
Ähnlich geht es den öffentichen Verkehrsmitteln, die ihren Weg ins Spiel zwar gefunden haben, aber auch nur um sagen zu können, dass man sie drin hat. Sie sind absolut belanglos und kaum eine Erwähnung wert. Ein paar mehrspurige Straßen sind billiger und effektiver.

Das war’s nun aber, oder?

Eine Sache gibt es noch, die ich nicht unberücksichtigt lassen will: Ich habe mir 2006 das Original City Life gekauft. 2007 gab es eine erweiterte Version „City Life Deluxe“ und 2008 eine nochmals erweiterte Version namens „City Life 2008“. In beiden gab es jeweils neue Szenarios, neue Karten für den Sandkasten und am allerwichtigsten (zumindest für mich): viele neue Gebäude, um das Stadtbild noch vielfältiger wirken zu lassen. Warum ich das noch erwähne, obwohl ich nur das Hauptspiel besitze? Ganz einfach: Ein paar Wochen nach dem offiziellen Release der neueren Versionen hat der Entwickler Monte Cristo jeweils einen mehrere 100 Mb großen Patch veröffentlich, der den Besitzern des Hauptspieles die Inhalte der Erweiterungspakete spendierten. Und dies völlig kostenlos! Ich muss gestehen, dass ich dieses kundenfreundliche Verhalten, den Spieler für ein Spiel nicht mehrfach zur Kasse zu bitten, so bisher noch in keinem Spiel erlebt habe. Das rechne ich Monte Cristo bis heute hoch an, dass sie nicht „Die Sims“-typisch jeden Spieler für jede Erweiterung ihres Geldes berauben.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: detaillierte Häuser, mehrere Zoomstufen
  • Sound: keine
  • Balance: gute Lernkurve
  • Atmosphäre: Mittendrin, dank zoom
  • Bedienung: übersichtliche Menüs
  • Umfang: 2 kostenlose Erweiterungen
  • Missionsdesign: Es gibt immer was zu tun
  • KI: handelt (fast immer) logisch
  • Einheiten: 6 Bevölkerungsschichten
  • Kampagne: ist vorhanden
  • Grafik: Klonbürger
  • Sound: Fahrstuhlmusik ist einfach nicht schön
  • Balance: keine
  • Atmosphäre: keine
  • Bedienung: undurchdachter Straßenbau/kein Bauraster
  • Umfang: keine
  • Missionsdesign: im Sandkasten keine Langzeitmotivation
  • KI: Lässt Bewohner in falsche Gegenden ziehen
  • Einheiten: wenige verschiedene Texturen für diese
  • Kampagne: eintönige Ziele

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



Kommentare(2)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.