Guter Spielfluss, aber...

Rezension: „Torchlight“ — Version 1.15 — Plattform: DVD

von ModuGames am: 19.04.2020

Torchlight gilt gemeinhin als ein toller (geistiger) Nachfolger zu Diablo 2, von einigen wird es rückblickend sogar als das bessere Diablo 3 bezeichnet. Und tatsächlich: Torchlight ist ein spielerisch überzeugendes Action-Rollenspiel — die Probleme liegen in anderen Bereichen.

Zweischneidige Präsentation

Torchlight verwendet einen stark stilisierten Comic-Look, den man am ehesten mit World of Warcraft oder Fable: The Lost Chapters vergleichen kann. Spielen dieser Art sagt man nach, dass sie besser altern als ihre Artgenossen mit realistischem Anspruch, und dies kann man auch bei Torchlight beobachten: Dank übertriebener Proportionen und satten Farben könnte es quasi als aktuelles Indie-Spiel durchgehen. Auch die Waffeneffekte sind knallig und schön anzusehen, dafür sind die Modelle selbst für die Maßstäbe des Jahres 2009 etwas zu polygonarm und die Umgebungstexturen zu verwaschen.

Ein Textblock — mehr Inszenierung sollte man im Spiel nicht erwarten.

Die Dialoge wiederum finden alle in drögen Zwischensequenzen statt, viele von ihnen sind nicht vertont. Zwischensequenzen gibt es auch nicht; der Soundtrack ist in Ordnung, aber auch nicht mehr. All das muss bei einem stark Gameplay-orientierten Spiel nicht großartig ins Gewicht fallen, allerdings muss Torchlight im Vergleich mit dem viel aufwendiger produzierten Diablo 3 ganz klar Federn lassen. Auch das Setting ist nicht gerade kreativ: So gerne ich auch Fantasy mag, muss ich doch sagen, dass die Welt von Torchlight nur wenige bis gar keine Alleinstellungsmerkmale besitzt — das hat man alles schon Dutzende Male in anderen Spielen gesehen, oft sogar deutlich besser.

Wer braucht schon Geschichten?

Torchlight hat eine Story. Wird zumindest gemunkelt, in der Praxis kann ich jeden verstehen, der behauptet, sie schlichtweg übersehen zu haben. Doch Spaß beiseite: Nach der Wahl der Klasse kommen Sie in Torchlight an, einer Minenstadt. Dort treffen Sie auf eine Gruppe von Abenteurern, die die Siedlung gerade gegen Monster verteidigen. Ist der Kampf gewonnen, machen Sie mit Syl Bekanntschaft, einer Abenteuerin, die im Verlauf des Spiels als Questgeber fungiert. Daraus entspinnt sich eine Geschichte um den Kampf gegen einen abtrünnigen Magier namens Alric, den primären Antagonisten des Spiels. Auch das Rätsel um die Ressource „Glutstein“, die von einer unbekannten Macht korrumpiert wurde, muss gelüftet werden.

Alles in allem reden wir hier über eine Story, die auf den oft beschworenen Bierdeckel passt. Die Charaktere sind langweilig, die Ausschnitte aus Alrics Tagebuch versuchen, spannend zu sein, scheitern aber daran, und das Finale ist antiklimaktisch. Laut meiner Ingame-Uhr ist der ganze Spaß nach acht Stunden zu Ende (es gibt allerdings die Möglichkeit zum Endlosspiel), aber teilweise fühlte sich sogar das zu langwierig an.

Von Skills und Sammeleskapaden

In Torchlight existieren drei Klassen: der Zerstörer (Krieger), die Bezwingerin (Fernkämpferin) und der Alchemist (Magier). Beim Levelaufstieg erhält man fünf Wertepunkte, die man auf die Kategorien Stärke, Geschicklichkeit, Magie und Verteidigung verteilen kann, sowie einen Fähigkeitspunkt. Jede Klasse verfügt hierbei über einen eigenen Fertigkeitenbaum mit jeweils 30 Fähigkeiten, die man wiederum jeweils in zehn Stufen ausbauen kann. Fähigkeitspunkte kann man jedoch auch erhalten, wenn man im Ruhm (erhält man für das Besiegen von Bossgegnern) ansteigt. In Torchlight gibt es neben den normalen Stufenaufstiegen nämlich auch Ruhmlevel, so war ich am Ende des Spiels etwa Stufe 32 und Ruhmstufe 15.

Es gibt vier Schwierigkeitsgrade: leicht, normal, schwer und sehr schwer. Ich habe es auf dem normalen gespielt, mit schwankenden Resultaten. Bis zur Hälfte des Spiels war quasi alles ein Spaziergang, da sich die Kombination aus den Skills „Zwei Waffen“ (60% Schadensbonus beim Führen von zwei Waffen) und „Hiebangriff“ (verursacht 149% des Waffenschadens pro Sekunde) als sehr effektiv herausgestellt hat. In der zweiten Hälfte wird Torchlight zwar anspruchsvoller, aber da das Spiel mit Heiltränken sehr inflationär umgeht, war auch dies keine wirkliche Herausforderung.

Da die Kämpfe ganz gut liefen, konnte ich mich dem schnöden Mammon widmen und habe viele Skills erlernt, die etwa mein gesammeltes Gold um einen gewissen Prozentsatz erhöht oder meine Preise verbessert haben. Man darf sich also vorstellen, wie ich mit Dollarzeichen auf den Augen durch die Dungeons unter Torchlight gelaufen bin, immer auf der Suche nach mehr Gold und wertvollen Gegenständen. Immerhin gibt es bei letzteren einiges zu entdecken: Ausrüstung existiert etwa in den Qualitätsstufen normal — verzaubert — selten — einzigartig, wobei letztere auch als Sets vorkommen, die Boni verleihen.

Das Spiel läuft rund

Der Spielfluss bei Torchlight ist wirklich sehr gut: Das Trefferfeedback fühlt sich befriedigend an, Angriffe und das Konsumieren von Tränken gehen komfortabel von der Hand. Zusätzlich stellt Ihnen das Spiel einen permanenten Begleiter zur Seite (entweder einen Hund oder eine Katze), der zwar auch im Kampf hilft, seinen wahren Nutzen aber an anderer Stelle entfaltet: Er kann eigenständig Items verkaufen. Quillt das Inventar des Helden also wieder mal über mit Gegenständen, übergibt man einige einfach dem Tier und per Knopfdruck rennt es zum Handeln in die Stadt. Natürlich dauert es, bis der Begleiter zurückkehrt (später im Spiel sogar mehr als zwei Minuten), aber die Vorteile sind deutlich.

Zumal noch eine Sache dazukommt: Teleportationsrollen. Diese öffnen nicht nur ein Portal nach Torchlight, sondern auch wieder eins zurück! Folglich kann man (fast) immer schnell ins Dorf zurückreisen, um dort zu handeln oder Quests anzunehmen, und dann genauso schnell wieder an seine alte Position im Dungeon zurückkehren. Diese beiden Features (Stadtportale und Begleiter) führen dazu, dass man quasi keine Gegenstände mehr aufgrund eines überfüllten Inventars zurücklassen muss.

Dass das eigentliche Inventar des Helden des Öfteren vollgestopft ist, hat nämlich vor allem damit zu tun, dass es in Torchlight Gegenstände gibt, die man erst noch identifizieren muss, also unbekannt sind. Dabei handelt es sich um alle Items mit Verzauberung. Um diese Identifizierung vorzunehmen, braucht man Identifizierungsrollen, die naturgemäß aber nicht so häufig vorkommen wie unidentifizierte Gegenstände. Von letzteren hat man also oft eine ganze Menge, aber niemand verkauft gerne Items, deren Werte man nicht kennt. Also macht man eben mal einen kurzen Stadtportal-Ausflug nach Torchlight, kauft sich dort die nötigen Identifizierungsrollen und das Problem ist gelöst. Die Preissteigerung beim Identifizieren wiegt auch die Anschaffungskosten der Rolle in der Regel mehr als auf. Wie gesagt, der Spielfluss ist hervorragend, aber gerade für erfahrene Action-Rollenspieler könnten diese Systeme zu leicht sein.

Wenig los in Torchlight

Was macht man eigentlich in der Stadt selbst? Wie bereits angedeutet, besucht man sie am häufigsten, um Dinge zu verkaufen. Es gibt aber auch drei Questgeber mit jeweils einer Aufgabe. Also natürlich nicht wirklich einer — rein quantitativ sind es genug —, aber sie geben einem jedes Mal die gleiche Nebenquest und tauschen dabei lediglich die Namen aus. Die Belohnungen sind in Ordnung, aber nicht der Rede wert.

Ansonsten gibt es noch einige NPCs, die Items verzaubern, sie zu stärkeren kombinieren oder Edelsteine aus gesockelten Gegenständen zerstören. Hierbei handelt es sich jedoch um Möglichkeiten zum Feintuning, die bei meinem Playthrough nicht nötig waren. Es gibt in der Stadt jedoch auch eine eigene Truhe, in der man seine Items aufbewahren kann. Die ist natürlich hervorragend, um seine einzigartigen Gegenstände zur Schau zu stellen.

Fazit

Torchlight macht es mir wirklich nicht einfach: Auf rein mechanischer Ebene funktioniert es erstmal tadellos und besitzt durch seine Comic-Grafik und die hervorragende Idee eines tierischen Begleiters einen gewissen Charm. Zumal es einen angenehmen Mittelweg zwischen Zugänglichkeit und Komplexität geht. Doch die Abnutzungserscheinungen treten schnell auf: Ewig dieselben Quests erledigen, ewig dasselbe Schema F — von der Hauptgeschichte will ich gar nicht erst anfangen. Wen sowas nicht stört, kann und sollte sich Torchlight aber einmal anschauen.


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



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