Her Story – Krimi zum selbst entdecken

Was hab ich bisher übersehen? Nach welchem Stichwort noch nicht gesucht? Und ist das was ich glaube, wirklich die wahre Geschichte? Diese Fragen habe ich...

von wullewulle am: 16.08.2015

Was hab ich bisher übersehen? Nach welchem Stichwort noch nicht gesucht? Und ist das was ich glaube, wirklich die wahre Geschichte? Diese Fragen habe ich mir während ich Her Story von Indie Entwickler Sam Barlow oft gestellt. Denn selten hat es bisher ein Spiel verstanden eine so spannende Krimigeschichte für den Spieler zu erzählen, die mit einer innovativen Detektivmechanik sich aus der Masse heraushebt.

Her Story startet ohne Einführung mit dem Blick auf einen PC-Bildschirm, der anscheinend schon im letzten Jahrtausend im Einsatz war. Wer wir sind, bekommen wir (vorerst) nicht mitgeteilt. Eine Readme-Datei auf dem Desktop verrät uns, dass einer unserer Freunde uns anscheinend Zugang zur Polizeidatenbank verschafft hat, damit wir nach bestimmten Verhöraufzeichnungen suchen können. Leider sind diese insgesamt 7 Verhöre, aber leider in 271 Einzelclips zerfallen, die mal mehr mal weniger lang sind. In jedem der Verhöre wird dieselbe Frau an unterschiedlichen Tagen befragt, deren Mann anscheinend ermordet wurde. Jedes der Videos ist nicht in Spielgrafik, sondern von einer Schauspielerin gespielt und real aufgenommen. Die einzige Möglichkeit die Clips zu finden und die Geschichte zusammenzusetzten besteht in der Eingabe von Stickwörtern in die ebenfalls schon geöffnete Suchmaschine der Datenbank. Dabei gleicht das Spiel die eingegebenen Begriffe die den Wörtern ab, die die Frau in den Verhören benutzt. Aber zeigt immer nur die ersten fünf Treffer an. Somit kommt man mit einfachen eingeben von Namen und naheliegenden Wörtern wie „murder“ nichtmehr weit. Murder statt Mörder? Ja richtig, Her Story ist komplett auf Englisch, deutsche Sprache oder Untertitel gibt es nicht. Kreativität bei den Suchbegriffen und aufmerksames verfolgen der gefundenen Clips ist gefragt, um neue Hinweise zur Story und zu möglichen Suchbegriffen zu finden. Das Spiel hilft einem dabei nur sehr begrenzt: Bis auf ein flackern des Bildschirms bei besonders wichtigen Videos gibt es nur am Ende des Spiels, wenn man die (grobe) Lösung des Falles herausgefunden hat, eine Nachricht, mit der man das Spiel dann beenden kann. Ob man nun innerhalb von einer Stunde mit den richtigen Wörtern schnell auf die entscheidenden Clips stößt, oder sich in Nebenhandlungen verirrt und auch nach der dreifachen Spielzeit noch ein kein wirkliches Bild hat ist komplett dem Spieler selbst überlassen. Und genau hieraus entwickelt Her Story seinen speziellen Reiz. Der behandelte Fall erfindet ist zwar durchweg gut und nachvollziehbar geschrieben, wartet mit Wendungen und falschen Fährten auf, erfindet das Krimi-Rad aber nicht neu und Krimifans werden vieles so oder leicht anders schon mal gesehen oder gelesen haben. Aber die Interaktivität Stück für Stück selbst das Puzzle zu lösen, die Freude nach zig erfolglosen Suchbegriffen einen Treffer zu landen und dadurch wichtige Informationen zu erhalten, motiviert ungemein und ist bisher einzigartig. Es fühlt sich wirklich an, wie als würde man zur Abwechslung mal selbst der Detektiv sein, der den Fall mit Recherchearbeit löst, statt ihm dabei nur zuzusehen, oder auf festen Wegen zu wandern. Hier ist der Weg durch das Spiel nicht vorgegeben und jeder erlebt die Suche in der Polizeidatenbank ein kleines Stück anders. Damit erreicht Her Story ein unglaublich Dichtes Spielgefühl, was einen immer weiter suchen lässt. Ungemein hilfreich für das Verlangen immer tiefer in dieser Geschichte zu bohren, ist die gute Darstellung der Schauspielerin Viva Seifert, die in sämtlichen Videos die befragte Frau spielt. Positiv ist vor allem, dass sie den Spagat, schafft dem Spieler nicht durch übertriebenes Overacting zu viele klare Hinweise, was eigentlich da gerade abläuft, zu geben, aber dennoch durch ihr Schauspiel den Spieler nach längerem betrachten der Clips bei einigen Eigenheiten neugierig zu machen.

Selbst, wenn man irgendwann die wichtigsten Informationen zur Tat hat und das Spiel einem die Möglichkeit gibt zu beenden, verliert das Spiel keinesfalls schon seinen Reiz. Da es keine Auflösung von außen ist, muss man sich komplett alleine einen Reim auf das was man gefunden hat machen. Somit bleibt der Drang, wirklich alles zu verstehen, jedes Video in diesem Computer zu finden und jeden Handlungsstrang zu einem funktionierenden Ganzen zusammenzusetzen bestehen. Und bis ich auch wirklich jeden der 217 Clips gefunden habe, ist Her Story für mich sicher noch nicht abgeschlossen und nicht zuletzt wegen des unschlagbaren Preises (5€ auf Steam) sollte jeder Krimifan sich dieses Spiel einmal anschauen, denn es ist momentan vielleicht das Beste und Innovativste, was dieses Genre zu bieten hat.


Wertung
Pro und Kontra
  • Frisches Spieldesign
  • Spannende Handlung
  • Gute Schauspielerin
  • Überraschende Storytwists
  • Viel zu entdecken
  • Sehr kurze Spielzeit (aber dafür auch geringer Preis)
  • keine spielerische Abwechslung

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Weniger als 5 Stunden



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