Ikarus Schicksal

Deus Ex: Human Revolution Director´s Cut Story: Wir schreiben das Jahr 2027, Augmentierungen (technische Verbesserung von Menschen) sind alltäglich...

von ck001 am: 04.01.2015

Deus Ex: Human Revolution Director´s Cut

Story:

Wir schreiben das Jahr 2027, Augmentierungen (technische Verbesserung von Menschen) sind alltäglich und eines der weltweit führenden Unternehmen auf diesem Gebiet ist Sarif-Industries. Eine zunächst nicht näher benannte terroristische Vereinigung verübt einen Anschlag auf ihren Hauptsitz, tötet führende Wissenschaftler und beinahe auch Adam Jensen, der nur durch Implantierung verschiedenster Augmente überlebt. Sechs Monate später widmet er sein Leben der Aufklärung der Ereignisse und deckt eine Verschwörung auf höchster Ebene auf.

Atmosphäre:

An jeder Ecke stellt das Spiel die Frage, wie viel Recht ein Mensch auf seinen Körper hat, ob es Ausbeutung oder Evolution ist und wie abhängig das die Menschen von den Konzernen macht, die sie nicht nur mit Augmentierungen, sondern auch mit Neuropozyn versorgen, einem Medikament, das eingenommen werden muss, um die Abwehrreaktion des Körpers zu unterbinden – damit stellt die Versorgung mit dem notwendigen Medikament auch eine Form der Kontrolle dar, aber die Geschichte von Deus Ex vergisst auch die allgegenwärtigen Mechanismen wie Medien und Politik nicht. Dabei liefert jede Partei vernünftige Argumente, auch wenn in ihrem Fahrwasser an sich gut gemeinte Ideologien pervertierte Versionen hervorbringen, die Menschen als Ware oder Abnormitäten sehen. Der ständige Konflikt begegnet Jensen überall und hinterlässt auch den Spieler mit Fragen. So kann man in der Nähe des Apartments einen Streit zwischen einem Pärchen mithören, die sich beide augmentieren ließen, doch sie betrog ihn und gesteht unter Tränen, dass sie nur wieder wissen wollte, wie es sich anfühlt, von einem normalen Menschen berührt zu werden. Oder in Hengsha, wo Zuhälter Prostituierte zu Augmentierungen zwingen, da dem zugeneigte Kunden bereit wären, mehr zu zahlen.

Hin und wieder blitzt auch Humor durch, wenn Kameras "BigBro" heißen, man den e-Mail-Verkehr an gehackten Stationen liest oder zwei Polizisten sich über einen Film der 80er unterhalten, in dem ein Polizist fast getötet wurde und nur durch eine riskante Operation überleben konnte, um nun - halb Roboter, halb Mensch, ganzer Cop - das Verbrechen zu bekämpfen.

Die Grafik bedient sich augenscheinlich bei Blade Runner und zeichnet ein düsteres Bildnis der Zukunft. Die primären Farben stellen Gold- und Brauntöne dar, was sehr elegant und auch zeitlos wirkt, ganz im Gegensatz zur Grafik, die schon zum Zeitpunkt der Veröffentlichung veraltet war. Untermalt wird diese düstere Variation des Zukunft von einem grandiosen Soundtrack, der das Spiel in all seinen philosophischen Facetten und Gedankenspielchen ebenso wie die ausgezeichneten Sprecher (zumindest der deutschen Version) zu unterstreichen und Hoffnung ebenso wie Bedrohung zum Ausdruck bringen vermag. Wer die Chance hat, sich den Soundtrack zu besorgen, sollte dies tun.

Gameplay:

Gespielt wird prinzipiell in der Ego-Perspektive, sobald Jensen hinter einer Wand in Deckung oder zum Nahkampf übergeht bzw. auch in Dialogen wechselt das Geschehen in eine 3rd-Person-Perspektive. Angesichts des hochwertigen Aussehens des Charakters nicht verständlich, denn Jensens Animationen im Kampf bzw. in Deckung sind gelungen; meines Wissens nach besteht seitens des Programmes keine Möglichkeit, eine permanente Außenansicht zu aktivieren (etwaige Mods ausgenommen).

Gemäß der Story verfügt Jensen nach dem Anschlag bereits über alle Augmentierungen, diese müssen jedoch erst nach und nach aktiviert werden, der Spieler kann hier den Fokus seiner Spielweise anpassen, seien es nun Implantate, die die Kampffertigkeiten verbessern oder jene, die seine Tarnung verbessern. Auch das Hacken (Schlösser, Kameras, Computer, Kampfroboter), die Tragefähigkeit und das Sammeln von Informationen (bspw. Aufenthaltsort und Anzeige der Reduktion der Alarmstufe des Gegners) kann verbessert werden, daneben gibt es aber noch weitere.

Jensen sammelt die in Rollenspielen üblichen Erfahrungspunkte und bekommt bei jedem Stufenaufstieg ein sogenanntes Praxis-Kit gutgeschrieben, womit er die Augmente aktivieren kann. Alternativ findet er sie auch in den Levels, erwirbt sie bei Verkäufern oder erhält sie als Belohnung für absolvierte Missionen. Erfahrungspunkte sammelt Jensen vorrangig durch das Ausschalten von Gegnern, allerdings wird hier klar die betäubende Methode der tödlichen vorgezogen; so bekommt man für einen tödlichen Kopftreffer 10 Punkte für das Ausschalten des Feindes und weitere 10 für den Kopftreffer. Wendet man hingegen die alternative Variante an, so werden weitere Punkte für "barmherzige Seele" addiert. Einerseits löblich, andererseits gibt das Programm dem Spieler durch diese Art der Belohnung auch eine gewisse Richtung vor, sofern der Spieler auf den Erwerb von Erfahrungspunkten aus ist – und wer wäre das nicht.

Es gibt allerdings auch noch andere Arten, sich hochzuleveln. Zum einen bekommt man Belohnungen nicht nur für das Ausschalten von Gegnern, sondern auch für das Vorbeischleichen, je nach Erfolgsgrad (ohne Alarmierung der Wachen bzw. ohne überhaupt entdeckt worden zu sein) unterschiedlich viel – am meisten Punkte wandern auf das Erfahrungskonto, wenn man als eine Art Ninja unterwegs ist. Zum anderen bekommt man auch für gründliches Absuchen der Spielwelt (sprich: die allerorts anzutreffenden und schlecht gesicherten Lüftungsschächte) Punkte gutgeschrieben.

Mit den Erfahrungspunkten kann Jensen wie gesagt seine Fähigkeiten ausbauen und u. A. auch in den sogenannten "Sozialoptimierer" stecken. Da ein durchaus großer Teil des Spiels Dialoge mit unterschiedlichen Antwortmöglichkeiten umfasst und der Ausgang der Konversationen Hinweise auf Verstecke, Codes, die Geschichte hinter den einzelnen Fraktionen oder Personen liefern kann und je nach Grad des Erfolges auch mit einer entsprechenden Anzahl an Erfahrungspunkten bzw. bei wichtigen NPCs mit Steam-Achievements belohnt wird, ist es durchaus ratsam, hier ein paar Punkte zu investieren. Die Augmentierung analysiert nicht nur die Gesprächspartner und weist auf Charakterzüge und Preferenzen hin, sondern stellt auch die Möglichkeit zur Ausschüttung von Pheromonen zur Verfügung, um Menschen je nach Charakterisierung zu beeinflussen; hierbei gilt es, den Gesprächspartner und die Stimmanalyse im Auge zu behalten, um die richtige Wahl treffen zu können. Eines vorweg, die Methode funktioniert nicht bei allen, zumindest ein Gesprächspartner konnte den Versuch abwehren; muss aber auch sagen, dass ich sehr selten darauf zurückgegriffen habe.

Das Leveldesign bietet dem Spieler mehrere Möglichkeiten, sein Ziel zu erreichen, der direkte Weg ist ebenso möglich, wie der Einbruch über eine gehackte Tür oder einen Luftschacht. Die Städte Detroit und Hengsha laden zum Erkunden ein, es warten einige Nebenmissionen und etliche – viel zu viele – versperrte Garagen, Safes, etc. darauf, geöffnet zu werden. Die Reaktion der Passanten ist meist Gleichgültigkeit, einzig gesondert abgestellte Wachleute reagieren, zuerst noch mit eine Aufforderung zur Unterlassung, sollte das nicht reichen auch mit Waffengewalt. Dass es niemanden, noch nicht mal Ladenbesitzer stört, wenn ich ihre Tresore ausräume oder in ihrem Laden herumschnüffele, schädigt durchaus die Atmosphäre.

Ein weiteres Manko: Wenn man Wachen auf die eine oder andere Weise erledigt, bleiben sie an Ort und Stelle liegen (sofern man sie nicht in eine dunkle Ecke zerrt) und auch das scheint niemanden abgesehen von anderen Wachleuten zu tangieren. Und so stimmig die Optik von Detroit und Hengsha gelungen ist, so statisch ist die Spielwelt an sich. NPCs bewegen sich nicht, Polizisten und Verhaftete warten geduldig – ja, worauf eigentlich? Die Welt verändert sich nicht, da lasse ich auch nicht gelten, dass sich die Ereignisse innerhalb weniger Stunden bzw. Tage abspielen. Das ganze erinnert mich sehr an Borderlands mit all seinen nichtstuenden und herumlungernden NPCs, aber Borderlands verfolgt auch ein eigenes Spielkonzept und die Welt von Deus Ex bietet an sich so viele gelungene Details, dass es nervt, wenn man merkt, wie starr sie präsentiert wird. So finde ich die unterschiedlichen Nachrichtensendungen mit Bezug auf aktuelle Ereignisse passend, dass sie sich bereits nach kurzer Zeit wiederholen und immer wieder die gleichen Sätze abspulen allerdings nicht.

Mit The Missing Link wurden nicht nur die Partikeleffekte überarbeitet, auch die Bosskämpfe können auch ohne zuvor etliche Punkte in Panzerung gesteckt zu haben gewonnen werden, indem man beispielsweise Geschützdrohnen hackt. Subjektiv sind die Bosskämpfe aber auch ohne Zuhilfenahme derartiger Mechaniken leichter geworden – wenn ich daran denke, wie sehr mich Barrett beim ersten Mal in die Mangel genommen hat, so ging es mir beim zweiten Durchlauf erheblich besser.

Übrigens können auch Waffen aufgerüstet werden, teils mit Universal-Upgrades, die auf mehrere Waffen passen (Schalldämpfer), teils aber auch mit speziellen Funktionen (z. B. ein Zielsystem, bei dem die Kugel immer wieder Kurs auf ein bereits anvisiertes Ziel nehmen – Das fünfte Element lässt grüßen).

Es kann jederzeit gespeichert werden. Die Spieldauer beträgt lt. Steam 36 Stunden – ich muss sagen, dass mir das etwas zu lange war, die Episode The Missing Link fügt sich nahtlos in die Geschichte ein und bietet eine interessante Story und stellenweise viel Backtracking, ich habe sie aber schon beim ersten Durchgang nicht vermisst, zumal nach Beendigung des Kapitels auch nicht mehr darauf eingegangen wird.

Technik:

Konfiguration: Win 7/64, Intel i5-750, Radeon HD5770 (Treiber 14.9) und 4 GB, Auflösung 1680 x 1050.

Hohe Einstellungen und DX11-Modus samt Tesselation ohne Probleme. Die Partikel-Effekte des Director´s Cut sind nett, das Hauptproblem stellen allerdings nach wie vor die Modellierung und Animation der Gesichter der zahlreichen Gesprächspartner dar. Die Texturen wurden meines Erachtens nach im Gegensatz zu den Partikeleffekten nicht verbessert. Die Gesprächspartner zappeln, sie wirken wie Marionetten an Fäden, was angesichts der Hintergrundgeschichte von Deus Ex durchaus passen mag, im Spiel stört es allerdings. Zudem benutzen mehrere NPCs oft auch die gleichen Animationen, wenn sie ihre Arme bewegen, besonders bei Jensens Boss David Sarif und seinem Gegenspieler der Humanitätsfront William Taggart sind sie mir ins Auge gestochen.

Die KI ist bestenfalls zweckmäßig. Öffnen sich Türen, wenn sie hinsieht, so reagiert sie darauf, andernfalls nicht (Ausnahme: The Missing Link, hier kontrolliert sie durchaus Türen, die eigentlich verschlossen sein sollten – sehr gut). Lt. Spieldesign verursacht das Bewusstlosschlagen eines Gegners weniger Geräusch als das gewaltsame Töten, daher reagieren Wachen nicht darauf, wenn es außerhalb ihres Blickfeldes geschieht, selbst wenn nur einen Meter hinter ihnen ein Kollege zu Boden geht. Auch seitlich verfügen sie über einen äußerst eingeschränkten Sichtradius, weshalb sie den Spieler erst sehr spät bemerken, wenn überhaupt. Das macht das Spiel zwar einfacher, wirkt aber sehr unglaubwürdig. Dafür verfügen sie über ein bemerkenswert (nerviges) Alarmsystem: Hat eine Wache Jensen entdeckt, wissen alle anderen auch sofort Bescheid – das macht das Spiel zwar wieder schwieriger, wirkt aber ebenso unglaubwürdig.

Jensen kann bei entsprechender Augmentierung auch Wände einschlagen, dieser Vorgang kann in Wirklichkeit nicht leise vonstatten gehen (besonders in einer Kanalisation), aber die KI reagiert dennoch viel zu selten.

Auch die Version 2.0 ist nicht frei von Bugs. Bei Gesprächen verändert sich mitunter abrupt der Kamerawinkel, die Sequenzen wirken also nicht flüssig. Die seltenen Render-Sequenzen sind allesamt sehr gut inszeniert, wirken aber auch sehr verwaschen und matschig.

Nervig fällt ein Bug aus, bei dem sich das HUD verschiebt und wichtige Informationen nicht mehr eingeblendet werden. Ein Neustart des Programmes behebt das Problem zwar, sollte aber in einer Version 2.0 nicht mehr vorkommen, zumal es bekannt ist. Hier muss ich einschränken, dass er bei mir nur im ersten Viertel immer wieder mal aufgetreten ist, im Rest des Spieles gar nicht mehr.

Abschluss:

Deus Ex: Human Revolution bietet ein interessantes Universum mit vielen philosophischen Fragen und interessanten Fraktionen mit nachvollziehbaren Motivationen, einem grandiosen Soundtrack und einer gelungenen Vertonung und ich will es mögen – aber all die Macken stoßen mir auf. Damit meine ich noch nicht mal die KI, was ihr an Intelligenz verwehrt wurde, macht sie durch die Anzahl der Wachen wieder wett. Nein, ich meine, dass das Spiel zwar jede Menge Atmosphäre und eine spannende Ausgangsgeschichte bietet, es aber als Ganzes zu starr wirkt; allerdings sind mir die Unzulänglichkeiten beim ersten Durchgang noch nicht so ins Auge gestochen. Das Universum an sich ist wirklich gelungen, doch manche Entscheidungen hinsichtlich des Designs trüben den Spaß.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafikstil düster und elegant
  • Animation der Figuren in der Spielwelt
  • Hintergrundgeschichte und -details
  • Hauptfraktionen mit nachvollziehbaren Motiven
  • Synchronisation
  • ausgezeichneter Soundtrack
  • lange Spieldauer
  • Augmentierungen
  • Grafikgerüst veraltet
  • verwaschene Zwischensequenzen
  • Animationen in Gesprächen
  • KI
  • HUD-Bug
  • sterile Welt

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(21)
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